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Alt 19.06.2016, 08:36
Somebody_Else Somebody_Else ist offline
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Standard AW: Immuntherapie (mit nivolumab)

Hallo Finke,

meine Frau hat insgesamt 12 Gaben Nivolumab bekommen. Die Therapie hat bei Ihrem Vulvakarzinom zunächst super gewirkt. Die Ärzte waren überrascht, wieviel kleiner der Tumor geworden ist. Allerdings lies die Wirkung irgendwann nach und der Tumor wurde wieder größer. Zudem traten gegen Ende der Therapie auch starke Nebenwirkungen auf. Nivolumab verhindert die Immunsuppression von Tumorzellen. Sie können sich also nicht mehr vor dem Immunsystem verstecken. Allerdings wirkt das Medikament in gewissem Maße auch auf gesunde Zellen. Diese werden dann vom Immunsystem auch als Feind erkannt und angegriffen.
Bei meiner Frau machte sich dies durch krampfartige Bauchschmerzen bemerkbar. Allgemein sind wohl die Schleimhäute (z.B. Magenschleimhaut) besonders anfällig für diese Nebenwirkung. Durch Kortison (Dämpfung der Immunantwort) konnten wir es aber wieder in den Griff bekommen. Interessanterweise regt Kortison auch massiv den Appetit an, was bei Krebspatienten natürlich immer wünschenswert ist.
Gegen Ende der Therapie wurde das Nivolumab mit einer leichten Bestrahlung kombiniert da eine Bestrahlung den Tumor besonders anfällig für die Wirkung der Nivolumab macht. Hat auch funktioniert. Leider auch nur zeitlich begrenzt. Die Nebenwirkung der Bestrahlung waren irgendwann zu stark und standen nicht mehr in Relation zur Wirkung. Die Radiologen waren aber erstaut wie gut schon eine geringe Strahlendosis unter Nivolumab wirkt.
Die Nivolumabtherapie ist nun schon seit einigen Monaten aufgrund nachlassender (ging am Ende gegen Null) Wirksamkeit beendet. Sowie alle anderen Therapien auch. Austherapiert .

Dennoch war die Therapie mit Nivolumab eine positive Erfahrung und hat am Anfang sehr gut gewirkt. Besonders wenn man bedenkt, dass zu diesem Zeitpunkt alle konventionellen Therapieoptionen ausgeschöpft waren.
Die großen Pharmakonzerne haben wohl auch noch einige andere neue Immuntherapeutika in der Pipe, sodass Betroffene aktiv nach Studien fragen sollten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man meist eine schnelle und kompetente Antwort von den Unternehmen erhält.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Kampf mit der Krankenkasse. Bei meiner Frau wurde die Therapie als off-label Therapie beantragt. Heißt man wendet eine Therapie auf eine Indikation an, für die die Therapie eigentlich nicht gedacht ist. Kann man den Erfolg der Therapie nachweisen, zahlt die Kasse. Gegen Ende der Therapie war das eine echte Haarspalterei. Die Kasse wollte nur noch bezahlen, wenn gewisse Tumorbereiche bestrahlt werden. War wirklich ein langes hin und her. Am Ende sind wir dann doch auf den Kosten von drei Gaben sitzengeblieben. Macht ca. 2200 €/ Gabe bei 40 kg Körpergewicht. Die Kosten sind übrigens proportional zum Körpergewicht. Eine 80 kg Person zahlt also 4400€ pro Gabe. Ipiliumab ist übrigens noch viel teurer.
Aber Geld ist ja nicht alles...

Wenn man in eine Studie kommt, werden die Kosten in der Regel vom beauftragenden Unternehmen bezahlt. Meiner Erfahrung nach, ist es aber schwer in solch eine Studie zu kommen da meist sehr enge Einschluss- und Ausschusskriterien für die Studie existieren.

So, genug geschrieben. Ich hoffe ich konnte mit diesem Bericht Informationssuchenden weiterhelfen
Viele Grüße,

Somebody Else
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