Thema: Ignoranz
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Alt 06.12.2008, 18:17
Rebellin Rebellin ist offline
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Standard AW: Ignoranz

Hallo J.F.

ja, du hast recht. - Aber da kommt jetzt wieder meine rebellische Frage: Und wie WIRD man wie ein Fels in der Brandung? - Mit Krebs?
Mit Selbstsuggestion? Medidation?
Und dann kommt wieder die nächste Chemo, und alle wollen was von mir. Werde ich dann einfach nur noch "oooohmmmmm" sagen?
Grins! Jetzt muss ich selber lachen.
Danke, Du bringst mich wenigstens auf lustige Gedanken.

Nein, im Ernst, ich finde ich sehe durchaus ganz viel Positives, die Blümchen, die Schneeflöckchen, der Teller Spaghetti, jeden Augenblick (ihr kennt das ja), ... und ich sehe mich als ziemlich zähe Kämpferin, die in gesundem Egoismus auf sich schauen kann, aber genau so für andere da ist.
Aber im Endeffekt brauche ich da auch jemanden, oder zwei oder drei, die eben mal KEINE Sprüche machen. Auf die Dauer hält das doch kein Krebspatient aus.

Ja sicher komme ich mir sogar dämlich damit vor, eben wie ein kleines Kind, dass mit dem Fuss aufstampft und ruft: "Und ich will auch mal!"
Doch was will das kleine Kind? - Einfach ein bisschen Liebe und Zuwendung. Von den eigenen Leuten.

Der Gedanke, dass ich mein ganzes soziales Umfeld deswegen "streichen" muss, erschreckt mich. Ich finde es eben auch nicht die richtige Lösung. (Jetzt denke ich wieder an die anderen, siehst du?) Natürlich verbinde ich mein Leben mit dem Leben da draussen, mit den anderen. Weil ich mich nur als Sandkörnchen von vielen sehe, und wir nur zusammen den weissen Hawaii-Strand ergeben. Ich sorge mich um die Probleme der anderen, weil ich auch will, dass es ihnen gut geht. Da gehöre ich aber eben auch dazu: Wenn es mir gut geht, dann geht es auch den anderen gut. Und daher kann ich mir nicht vorstellen, dass die Leute wollen, dass es mir NICHT gut geht!
Öhm! Verstehst Du, was ich meine? - Genau darum bemühe ich mich ja, die Leute nicht zu sehr zu belasten, nehme Rücksicht, ... aber wenn dann mal die Frage kommt, wie's mir geht, ... oder wenn ich meine Therapien habe, ... ist denn das so schwer, da mal für mich da zu sein, OHNE Sprüche und OHNE Forderungen an mich?

Im Grunde denke ich, dass es diese Leute sind, die da Hilfe brauchen (im Verstehen). Aber das schaff ich nicht alleine. Und würde ich ihnen sagen: "Geh doch mal zu einer Beratungsstelle.", dann würden die MIR den Kopf abreissen.
Nein, sie sehen nur: ICH habe den Krebs, also ist es MEIN Problem.

Ich schaffe mir Inseln für mich. Dauernd. Tue dies, tue das. Zu meiner Entspannung. Meinem Wohlbefinden. Ich glaube, niemand geht dann so lieb mit mir um, wie ich selbst mit mir. (Bin ja geübt darin, als Krebspatientin seit über acht Jahren.)
Aber dann knallt man mir wieder einen Spruch hin, eine Ignoranz, eine Belehrung oder eine Forderung an mich, ... und schon bin ich wieder das kleine Kind, das verletzt worden ist.
Man muss natürlich sehen, dass dies jetzt - seit meiner Diagnose letzten September - schon über einem Jahr so geht. Die Grenze ist schon längst erreicht, wo ich es nicht mehr ertrage.
Ja. Inseln bauen, dann wieder ein's auf die Kappe kriegen. Wieder eine Insel bauen, dann wieder ein's auf die Nase kriegen. Wieder Insel bauen, ... usw.

Im Grunde muss ich mich "einbunkern", wenn ich wie ein Fels in der Brandung werden will. (Mit dem "einbunkern" krieg ich keine Sprüche, keine Forderungen, keine Ignoranz mehr.) Nur auf mich selbst konzentriert. Keine Telefone mehr, keine Gespräche mehr. Aber dann auch keine "Hilfs-Gesuche" und kein "Wollen" mehr von mir.
Okay. - Nur hab ich Angst, dass ich dann in die totale Einsamkeit abrutsche.

Rebellin

PS. Ich weiss, es ist für Euch hier auch nicht leicht, mir zu helfen. Zum einen kennt ihr das Problem selber, und zum anderen macht das Problem allgemein ohnmächtig. - Ich bin halt jetzt grad so ein Spezialfall-Single, der von nirgendwo Stütze kriegt. Das ist echt hart. Ich suche auch dauernd nach Lösungen. So wie ich jemand anderem helfen würde, der in meiner Situation stecken würde. - Aber hier fällt mir eben selber kaum noch gross eine Lösung ein.

Sagte mir letzthin jemand meiner Leute, ja das wäre doch gut, wenn ich ausschliesslich nur mit der Psychiaterin darüber rede. Das ist dann ja eben eine Fachfrau. Und die Aussenstehenden, so sagte diese Person, können das halt nicht nachvollziehen, die können da nicht wirklich helfen.
- Spürst Du das, wie das "verdreht" ist? Diese Person hat absolut nicht verstanden, dass ja eigentlich nicht ich ein Problem mit dem Umgang habe, sondern die LEUTE!
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