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Alt 02.04.2006, 16:00
Katinka1981 Katinka1981 ist offline
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Standard AW: Meine Mutter liegt im Sterben!!

hallo jessie,

schön von dir zu hören bzw. zu lesen. deine familiäre situation ist in der tat sehr verzwickt. könntest du vielleicht mal in ruhe mit dem freund deiner mama sprechen? meinst du, es hätte sinn, ihm zu sagen, wie du dich fühlst? dass es dich fertig macht, dass er dich ständig kritisiert? ihm sagen, dass du traurig bist?

war er denn schon immer so oder könnte es vielleicht auch mit der krankheit deiner mama zusammen hängen? hat er sich dadurch vielleicht verändert? viele menschen wissen ja nicht, wie sie damit umgehen sollen und werden dann manchmal richtige "kotzbrocken"... wie geht denn deine mama damit um? kann sie mit ihm sprechen?

meine mama hatte auch einen freund, seit ungefähr 5 jahren. bei uns lief es allerdings etwas anders. er hat sich die letzten 3 jahre rührend um meine mama gekümmert und wirklich alles für sie getan. die 2 wochen, die meine mama im hospiz lag, war er eigentlich rund um die uhr bei ihr. er hatte sich frei genommen. ich musste weiterhin arbeiten, so dass mir meistens nur ein paar stunden am tag blieben um bei ihr zu sein... das war mir eine sehr große hilfe und so sollte es ja eigentlich sein. es ist ohnehin eine so schwere zeit für alle, so dass man eigentlich an einem strang ziehen sollte. meinst du nicht, dass euch beiden ein gespräch weiterhelfen würde? es ist wirklich fies von ihm, wie er euch behandelt... aber vielleicht ist es auch einfach seine hilflosigkeit?!?

ich muss kirsten zustimmen, versuch deiner mama zu sagen, dass sie gehen darf wenn sie es möchte. ich weiß aus eigener erfahrung, dass es unendlich schwer ist, aber ich glaube auch, dass es ganz wichtig für deine mama ist. meiner mama hat es sehr sehr viel bedeutet, das hat sie mir gesagt. ihr freund hat total geklammert, hätte diese worte die anfangszeit auch nicht über seine lippen bekommen, er hat lange zeit nicht verstanden, dass sie in absehbarer zeit sterben wird. meine mama sagte dann mal zu mir, dass sie noch nicht gehen kann, weil er noch nicht bereit dazu ist. daraufhin habe ich mit ihm gesprochen und habe ihm gesagt, dass er mit mama darüber sprechen soll. kurze zeit später hat er das auch getan und ihr gesagt, dass sie nun gehen dürfe und er sein leben meistern wird (darüber hatte meine mama sich die meisten sorgen gemacht) ich habe es damals nicht so gemeint, als ich gesagt habe, sie darf gehen, aber ich musste es sagen, weil es für mama wichtig war. und ich habe mir klar gemacht, dass ich nicht so egoistisch sein darf und sie um alles in der welt bei mir zu behalten.

du wirst merken, wann der zeitpunkt gekommen ist... ich weiß nicht woran, aber ich habe es gemerkt. ich konnte aufgrund von pfeifferschen drüsenfieber und mandelentzündung einige tage nicht bei ihr sein, war dann an einem dienstag nur für eine viertel stunde bei ihr (weil ich immernoch tierisch krank war) und bin an dem tag das erste und einzige mal aus dem zimmer gegangen, weil ich mich vor meiner eigenen mama erschrocken habe und weinen musste. sie hatte geschlafen, wie eigentlich immer in den letzten tagen und als ich reinkam wurde sie wach. als es einige zeit gedauert hatte, bis sie mich erkannt hatte, fragte sie: "mausi, was macht dein hals?" sie war bis zum letzten tag völlig klar und das hat sehr weh getan. am mittwoch war ich wieder nicht bei ihr, weil ich mit 40 fieber auf der couch gelegen habe und nichts machen konnte. in der nacht von mittwoch auf donnerstag bin ich um 0:48 uhr aufgewacht und hatte geträumt dass mama gestorben ist... donnerstag morgen um 7:15 klingelte dann unser telefon und meine tante erzählte mir, dass mama gestorben ist. ich war nicht bei ihr, als sie gestorben ist, aber ich habe mir deshalb auch noch keinen vorwurf gemacht. ich glaube, mama wollte es so, sonst hätte sie auf uns gewartet... eine schwester war bei ihr. das war am 16.03.06, es ist also erst gute zwei wochen her. die zeit ist seitdem geflogen... ich habe alles alleine organisiert, aufgrund des labilen zustandes von ihrem freund, war er mir bis heute leider überhaupt keine unterstützung... insgesamt hat ihre krankheit knapp 3 jahre gedauert, wobei die letzten 3 monate das schlimmste war, was ich erlebt habe.

meine mama hat seit anfang januar nicht mehr essen und trinken können. sie hat am anfang 2-3 mal täglich gespuckt, war immer wieder im krankenhaus, da sie völlig ausgetrocknet war. wir haben es immer wieder mit allen möglichen dingen versucht, aber alles kam postwendend wieder raus. wir haben geglaubt, es läge an der chemo, die sie anfang januar noch bekommen hat, aber wie sich später rausstellte, drückte einer ihrer vielen tumore gegen die magenwand und wuchs schließlich auch in den magen rein. das löste die übelkeit aus. die ärzte haben sämtliche mittel, die es gibt ausprobiert. nichts hat ihr geholfen. ende januar platzte dann mitten in der nacht, einer ihrer tumore im unterleib. sie hätte es fast nicht überlebt... nach 4 tagen intensiv kam sie in die uniklinik zur bestrahlung. damit wollten sie den geplatzten tumor verkapseln. das funktionierte soweit auch. mittlerweile spuckte mama zwischen 10 und 15 mal am tag (ich habe überhaupt keine vorstellung, wie man sich wohl fühlen muss, wenn man das über wochen hat). sie hat im februar komplett augehört zu essen und zu trinken, wurde nur noch künstlich ernährt. am 28.02.06 haben wir sie dann in ein hospiz gebracht und die zeit dort war wirklich wunderschön! die menschen dort waren so herzlich und lieb, auch zu uns angehörigen, das ist wirklich toll... auch wenn es die tatsache nicht besser gemacht hat, dass mama zum sterben da war die letzte woche vor ihrem tod hat sie aufgrund der ruhigstellung durch das morphium gar nicht mehr gespuckt...

es ist alles so unwirklich. ich kann dir noch gar nicht sagen, wie ich mich fühle bzw. was ich fühle... ich habe im moment noch das gefühl, dass mama ein paar wochen weg ist, aber irgendwann wieder kommt und alles wieder gut ist. sie fehlt mir unheimlich und es vergeht keine stunde, in der ich nicht ständig an sie denke.

aber genug von mir, ich hab ja schon nen halben roman geschrieben... ich freue mich, wenn du dich wieder meldest :-)

ich drück dich

deine katharina

Geändert von Katinka1981 (02.04.2006 um 16:12 Uhr)
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