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Alt 16.11.2008, 19:26
here_comes_the_sun here_comes_the_sun ist offline
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Standard AW: und noch eine traurige Tochter

Liebe Dorle,

danke für das Kraftpaket. Das mit der Psychoonkologie ist ´ne gute Idee, die gibt´s in der klinik bestimmt. Ich muß halt aufpassen, daß ich mich auch nicht überengagiere und überprotektiv werde; scherzhaft haben meine Mutter und ich mich zu ihrer "Rechtsanwältin" erklärt (d.h. ich vertrete ihre Interessen in der Klinik und setze mich ggf. auch vehement dafür ein, fachliche Beratung etc.). Außerdem bin ich ihre "Pressesprecherin" (ich gebe die Infos über ihren Zustand und den Stand der Dinge an den Rest der Familie und Freunden weiter). Ferner bin ich ich die momentan entscheidene Bezugsperson für all ihre Ängste, Befürchtungen und Gefühle, denn außer meinem kleinen Bruder gibt´s keine weiteren engen "Verschworenen" und mein Bruder hat noch einen gewissen "Welpenschutz". Somit bekomme ich alles unfiltert ab, versuche aber für sie stark zu sein und mich vor ihr zusammen zu reißen. Aber als Tochter habe ich da auch einiges zu bewältigen und es ist echt hart, wenn sie dann über aktives Sterben nachdenkt. (Obendrein bin ich ja auch noch berufstätige Mutter mit einem Pubertierenden, einem Präpubertierenden und einer Erstkläßlerin...) Ich darf mich eben nicht für alles verantwortlich fühlen und muß meine Ressourcen gut einteilen, damit dann auch welche da sind, wenn´s dringend erforderlich wird.
Aber so wie heute früh die Sonne durchblitze, so war der Tag auch heute: Wir haben offen über all diese Dinge geredet, und nachdem sie gestern wegen der Drainage und der damit verbundenen Schmerzen einfach nur noch fertig war (und der netten Bettnachbarin, die ihr breit erzählte, welche Hölle = Chemo noch auf sie warte...), geht´s ihr heute schon viel besser und sie ist wieder optimistischer. Ich habe ihr auch nochmal erklärt, daß jede Chemo anders bzgl. Nebenwirkung ist, daß es gute Begleitmedikamente gibt und das auch jeder sie anders verträgt. Für die einen ist es die Hölle, andere gehen zwischen den Zyklen sogar arbeiten. Und dann habe ich sie an die Freundin meiner Tochter erinnert, die mit 4 Jahren eine Chemo wegen Leukämie verkraften mußte und alles gut bewältigt hat. Und ganz wichtig: Als wir über alles nochmals geredet haben, habe ich ihr nicht nur gesagt, daß ich darauf achten werde, daß sie nicht unnötigt gequält wird, sondern daß all diese Entscheidungen sie letztendlich selbst trifft und ich hinter jeder ihrer Entscheidungen stehen und sie unterstützen werde, auch, wenn ich das vielleicht anders sehe oder es mir sogar weh tut.

Um´s kurz zu machen: Die Sonne wird schon wieder kommen und alles wird gut...

Danke, daß mich meine Ängste und Gedanken hier so los werden durfte.

Liebe Grüße, Sun.
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"Wende dein Gesicht der Sonne zu,
dann fallen die Schatten hinter dich"
(Afrikanische Weisheit)
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