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Alt 15.11.2004, 22:08
Gast
 
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Standard Meine Mama wird sterben....

Meine Ma ist gestern mittag gestorben... Ich bin noch ganz benebelt, irgendwie kann ich gar nicht so richtig traurig sein, denn sie mußte den letzten Tag so leiden, daß ich ihren Tod bis jetzt nur als Erlösung empfinde. Sie kriegte auch noch Lebermetastasen und scheinbar auch ein ausgewachsenes Magengeschwür und hatte seit Samstag nachmittag so extreme Schmerzen, daß selbst hohe Morphindosen nichts geholfen haben. Sonntag vormittag haben wir sie dann doch noch in's Krankenhaus gebracht (bzw. bringen lassen, bin das erste mal in meinem Leben in einem Krankenwagen mitgefahren), wo sie eigentlich - nach unserem Willen - an einen Morphiumperfusor angeschlossen hätte werden sollen. Aber die dämlichen Ärzte (sorry) wollten unbedingt noch weiter Diagnostik betreiben und sie nochmal röntgen und ultraschallen, bevor sie ihr Medikamente geben. Ich hab versucht, sie zu überzeugen, ZUERST die Schmerzen zu lindern, danach können sie ja gerne so viele Rö.-Bilder machen, wie sie wollen, aber sie meinten, sie müßten erstmal wissen, was die Schmerzen verursacht. Eigentlich auch logisch, aber zur Diagnose sind die dann gar nicht mehr gekommen, denn als Mutti endlich nach dem röntgen auf ihrem Zimmer war und der ganze Trubel um sie herum verklang, starb sie...
Ausgerechnet in dem Moment waren mein Bruder und ich nicht da, ausgerechnet als sie ging waren wir draußen. Als wir wieder reinkamen stand meine Tante auf dem Flur und sagte uns, daß es vorbei sei, daß Mutti gegangen wäre... Aber wir sollten ruhig nochmal reingehen und uns verabschieden. Sie lag ganz friedlich, ihre hektische Atmung und ihr schmerzverzerrtes Gesicht waren weg, aber an ihren Händen bildeten sich bereits Leichenflecken. Ich dachte nur, daß ich da raus muß, ich wollte mir den toten Körper meiner Mutter nicht weiter ansehen, verabschiedet hatte ich mich 1000 mal vorher schon - jeden Abend, wenn ich zu Bett ging verabschiedete ich mich von ihr mit dem Gedanken, daß sie am nächsten Morgen vielleicht schon nicht mehr wach würde.
Heute war die Frau vom Beerdigungsinstitut da und hat alle Formalitäten mit uns geklärt und morgen kommt die Frau, die auf der Trauerfeier die Rede halten wird. Am Samstag ist die Trauerfeier.
Im Moment erschrecke ich mich selbst mit meinem kühlen, abgeklärten Verhalten. Ich hab natürlich geweint, aber ich hab das Gefühl, daß ich während ihres Leidens genug geweint habe und einfach keine Tränen mehr habe - vor allem jetzt, da es ihr endlich nicht mehr schlecht geht! Endlich muß sie nicht mehr leiden, endlich sind die Schmerzen zuende und die Ängste, endlich muß sie sich nicht mehr sorgen, endlich muß sie keine schlaflosen Nächte mehr durchstehen... Warum soll ich jetzt weinen?! Es geht ihr gut, da wo sie jetzt ist.
Der einzige Grund zur Trauer ist, daß sie nun nicht mehr bei uns, bei mir ist, aber ich denke, das werde ich erst in den nächsten Wochen so wirklich bewußt wahrnehmen und realisieren. Denn in letzter Zeit, auch bevor diese ganze Arzt-und-Krebs-Odyssee losging, war sie ja schon sehr introvertiert und lustlos und wollte kaum noch irgendwas unternehmen oder tun.
Und nun fürchte ich mich erst recht vor Weihnachten, auch wenn das dieses Jahr bei uns wohl ausfallen wird, wird uns dann wahrscheinlich so richtig klar, daß Mutti nun weg ist und nie wieder zu uns zurück kommt...
Tina 13.Fee@web.de
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