Einzelnen Beitrag anzeigen
  #18  
Alt 18.01.2013, 08:31
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.519
Standard AW: inoperables Bronchialkarzinom

Guten Morgen liebe Sanni,

es tut mir so leid... Ich sehe dich und deine Eltern geradezu vor mir, denn ich weiß ja nur zu genau, wie sich das anfühlt. Es mach tmich unglaublich traurig zu lesen, dass deine Mama so arge Schmerzen hatte, dass ein Notarzt nachts kommen musste...

Was deine Frage zur Rücken-OP betrifft: als Tochter eines ehemals Betroffenen muss ich ganz klar sagen, dass eine solche OP eine Katastrophe für deine Mama wäre. Ihr gesundheitlicher Allgemeinzustand ist schlecht, sie ist sehr schwach und hat solche Schmerzen. Zudem dürfte sie wegen des Bronchialkarzinoms wohl auch nur eine lokale Narkose erhalten... Mein Vater wurde mit lokaler Betäubung am Oberschenkel operiert... Die Belastung durch eine Vollnarkose wäre zu gefährlich gewesen. Und ein Eingriff an der Wirbelsäule ist dann noch eine Nummer härter. Ganz eindeutig NEIN! Ich betrachte das genau so, wie es dir dein Bauchgefühl sagt! Es würde deiner Mama nicht helfen, sondern wäre riskant und eine zusätzliche Belastung...

Frag mal nach, ob die Schmerzmittel (Morphin, Sevredol etc.) nicht erhöht werden können, da der Körper deiner Ma sich offenbar bereits an die Dosis gewöhnt hat. Sie soll keine Schmerzen haben!!! Das ist das Einzige, was man jetzt tun kann, um ihr die Zeit erträglich zu machen.

Die schwere Zeit zu verarbeiten... Das ist ein Prozess oder auch ein Weg. Der sieht bei jedem von uns unterschiedlich aus. Ich habe mir auch nicht vorstellen können, wie ein Leben ohne meinen Paps ausschauen wird. Nach dem Abschied fühlte ich mich wochenlang elend. Das war keine Kraft mehr und überall in mir nur Traurigkeit. Manchmal auch nur Leere. Es hat mir geholfen, dann ins "Hinterbliebenenforum" zu wechseln und dort zu schreiben, denn da darf man ja über seine Trauer schreiben und liest, wie andere damit umgehen. Es hilft auch da, dass man nicht allein mit seinen Gefühlen ist. Ich persönlich habe gelernt, mich auf die Trauer einzulassen, sie an meinen Tisch einzuladen und ihr ins Gesicht zu schauen. So hat sie sich allmählich verändert. Von einem reißenden, wilden Tier hat sie sich gewandelt. Sie wurde milder mir gegenüber. Und ich habe für mich akzeptiert, dass nichts und niemand den Tod meines Papas hätte verhindern können und dass es gut war, dass er gehen durfte, denn es ging ihm derart schlecht, dass ein Leben nur noch Mühe und Qual war. Natürlich hätte ich ihm gewünscht, dass er länger hier verweilen dürfte, doch dann in gesundem Zustand. Aber das war ja illusorisch! Ich habe die Beziehung zu meinem Vater aufrecht erhalten... Nur geändert! Ich kann ihn nicht mehr in den Arm nehmen, ihm kein Küßchen mehr geben, mit ihm ein Bierchen trinken, mit ihm plaudern oder herzlich lachen und manchmal auch schimpfen. Aber ich kann immer noch mit ihm reden und das tue ich oft. Ich bitte ihn auch um Rat und wenn ich ganz tief in mich hineinhorche, dann höre ich seine Stimme. Ich habe für mich gelernt, dass alles gut ist, wie es ist. Dass mein Papa an einem sicheren und geschützten Ort ist und ich ihn in meinen Gedanken dort immer besuchen kann. Aber das dauert! Bei mir ist es demnächst ein Jahr her und obwohl ich mittlerweile ganz gut klar komme, besuche ich eine Trauergruppe. Professionelle Hilfe habe ich mir geholt, als wir die Diagnose erhielten. Drei Gespräche bei einer Psychoonkologin hatte ich und die waren Gold wert. Die haben mich gestärkt für die Zeit, die dann kam. Für mich war das der richtige Weg.

Sanni, du wirst das alles schaffen! Ich konnte mir das auch nicht vorstellen, aber die Liebe zu deiner Mama macht dich stark!!! Und ganz ehrlich, wenn du weinen musst, dann ist das vollkommen in Ordnung. Ich habe mich vor einem Jahr gefragt, wie der Körper es schafft, so viel Flüssigkeit zu produzieren.

Ganz liebe Grüße
Miriam
P.S.: Wie geht es deiner Mama heute? Ich denke, sie wird hoffentlich den Schlaf nachholen...
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten