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Alt 29.06.2009, 09:51
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Standard AW: und wer kümmert sich um die Angehörigen?

Liebe Anju,
ich habe am 02. Juni meine Ma verloren. Von der Diagnose "Bronchialcarzinom" bis zu Ihrem Tod vergingen geneau 9 Monate, in denen wir beide ständige auf und ab´s hatten. Immer wenn die Krankheit in eine nächste Stufe ging, wurde ich herausgerissen aus einem gerade scheinbar stabilen Zustand. Nachdem alle Chemos versagt hatten und auch Ma begriff, das wir hier über Palliativmedizin sprechen, haben wir ein sehr offenes Gespräch miteinander geführt und festgestellt, das wir uns über Monate nur gegenseitig geschont haben. Als ich sie dann nach dem Einstellen der Schmerzen ins Hospiz brachte, wurde ihr und mir noch einmal schalgartig klar, das der Tod immer näher kam. Meine Ma kam nicht damit zurecht plötzlich Hilfe zu benötigen bei den einfachsten Dingen und wurde richtig "zickig". "Das kann ich alleine, lasst mich alle in Ruhe"....usw. Ergebnis war, das die Schwestern im Hospiz sie kurz vor einem Treppensturz mit ihrem Rollator im Obergeschoss rumspazieren sahen und schlimmstes verhindert haben. Sie war da gerade so unter Morphium, das sie denen erzählt hat, sie ginge jetzt nach Hause. Als mir die Schwestern das erzählten, platze mir der Kragen und ich habe sie angeschrien, das sie sich bitte helfen lassen muss, wenn sie spazieren will. Sie war eigentlich zu schwach und außerdem hatte sie starke Osteoporose, jeder Sturz hätte ihr sämtliche Knochen gebrochen.... Es war schlimm für sie und ich hatte ein megaschlechtes Gewissen. Am nächsten Tag hat sie mir dann erzählt, das sie sich erstmal bei allen Schwestern entschuldigt hat und das es eigentlich richtig war, was ich gesagt habe und das sie jetzt darauf achtet, wenn sie nicht klarkommt zu klingeln...Ich war beruhigt, das sie nicht böse auf mich war. Das war ihr letzter Tag.... einen Tag später starb sie am Abend...
Ich bin froh, das wir uns alles gesagt haben und ich bin froh, das sie nicht mit Groll auf mich gegangen ist. Was ich Dir sagen möchte ist, manchmal ist es gut auch mal zu sagen, wo Deine Grenze ist.... Dein Mann wird das verstehen und vielleicht auch wieder mehr signalisieren, das auch Dein Leben und Dein normaler Alltag wichtig für ihn ist. Vielleicht will er auch garnicht immer über seine Krankheit reden und fühlen, das es so um ihn steht. Meine Ma wollte das auch nicht...sie hat mit mir zum Schluss noch Spiele gespielt, so lange sie konnte gingen wir auch mal spazieren und später im Hospiz bin ich mit ihr und einem Rollstuhl ums Haus spaziert und habe mit ihr auf der Terasse im Garten gesessen. Leider war viel Reden nur noch selten möglich...Nutze die Zeit mit Deinem Mann und nimm Dir den Raum für Dich , in dem Du mit ihm redest und ihm auch sagst, wie Du Dich fühlst. Und selbst wenn Du weinen musst, das ist normal... Tue es einfach! Er hat ein Recht darauf auch Deine Seite zu kennen. Und Du hast ein Recht darauf auch mal sauer zu sein, weil DEIN Leben sich eben auch geändert hat und alle Leute nur noch nach ihm , aber nicht nach Dir fragen. Und so Du kannst, binde Deine Kinder mit ein.

Hoffe ich konnte Dir etwas helfen !

LG ULLI
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Meine Mam: * 02.11.1937 - + 02.06.2009
"Wenn Du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein als lachten alle Sterne. Weil ich auf einem von Ihnen wohne, weil ich auf einem von Ihnen lache..."
(Der kleine Prinz)

Mein Papa: *04.11.1935 - + 11.05.1993
Sorry, das ich Dich allein gelassen habe.

Mein Bruder:*02.06.1962 - September 1962

Ich werde Euch nie vergessen !
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