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Alt 08.11.2009, 21:24
Stella333 Stella333 ist offline
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Standard AW: Glioblastom . . .Erstdiagnose

Hallo Ruepel,

eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nicht mehr so oft auf diese Seite zu gehen - es hat mir in den letzten zwei Jahren zwar sehr gut getan, mich mit allen Angehörigen bzw. Betroffenen zu "unterhalten" und ich habe auch sehr oft tröstende und mutmachende Worte erhalten, aber es macht mich kaputt, wenn ich von den vielen Todesfällen in den letzten Monaten lese. Trotzdem möchte ich jetzt meinen Vorsatz brechen und dir wenigstens kurz unsere Geschichte erzählen (siehe auch mein Thread "Glioblastom - ich hasse dich").

Mein Vater hat die Diagnose Glioblastom vor ca. 2 Jahren (Dezember 2007 erhalten). Es war für uns - wie auch jetzt für euch - ein riesen Schock damals. Eine Welt bricht zusammen, man lebt wie im (Alp)traum. Ich weiß ganz genau, wie du dich jetzt fühlen musst. Eins vorweg: Vergiss sofort diese blöden 6 Monate Lebenszeit. Ganz schnell. So darfst du nicht denken. So wie jeder Mensch anders ist, so verläuft auch jede Krankheit anders. Eine Statistik ist eine Statistik, das Leben sieht aber oft anders aus. Wie dem auch sei. Uns wurde damals auch gesagt, dass mein Vater evtl. nur noch 6 Monate zu leben hätte. Er lebt immer noch. Und das schon seit 2 Jahren. Toi toi toi. Zwei Jahre voller Höhen und Tiefen. Ein Gefühlschaos nach dem nächsten. Aber - man gewöhnt sich daran. So krass es auch klingt. Mein Vater wurde bis zum heutigen Tag schon zwei mal operiert. Bei der ersten OP war alles OK. Das wurde in der Uniklinik Tübingen gemacht. Als der Tumor sich wieder bemerkbar gemacht hat und wieder gewachsen ist (trotz Bestrahlung und Chemo mit Temodal) wollten die Tübinger Ärzte nicht mehr operieren. Das Blutbild meines Vaters war zu schlecht und er hatte Infektionen. Zitat: "Wenn wir operieren, wird Ihr Vater nicht mehr aus der Intensivstation kommen". Was das heißen sollte, kann sich jeder zusammenreimen.

Damit haben wir uns natürlich nicht zufrieden gegeben. Wir haben gesucht und gefunden. Uniklinik Regensburg. Dort hat man uns sofort gesagt, dass eine OP möglich sei. Aber erst, wenn man die Infektion behandelt. Das wurde dann gemacht und mein Vater wurde vor ca. 2 Monaten wieder operiert. Einen Tag nach der OP konnte er schon wieder aufstehen und er wollte spazieren gehen - in Regensburg City...soviel zu dem obigen tübinger Zitat.

Mein Vater nimmt von Anfang an die Weihrauchkapseln. 3 x 4 Kapseln am Tag. Sie helfen. Man glaubt es kaum, dass ein pflanzliches Präparat die gleiche Wirkung hat wie Cortison, aber es ist so. Es wirkt genauso abschwellend und hat KEINE Nebenwirkungen. Wir beziehen es über die Schlossapotheke in Koblenz. Sollte die Krankenkasse deines Vaters Kulanz besitzen, so wird diese vielleicht sogar die Rechnung übernehmen...bei meinem Vater hat es geklappt, er hatte Glück mit der netten Sachbearbeiterin.

Meinem Vater geht es den Umständen entsprechend gut. Er ist zwar sehr schwach und man sieht ihm die Krankheit auch an, aber er isst selber, läuft selber, spricht und lacht. Er verliert seinen Lebensmut nicht. Das ist sehr wichtig. Wenn der Kranke sich aufgibt ist es vorbei, auch wenn es weitergehen könnte. Da mein Vater in langsamen Schritten so abgebaut hat, hatten wir Zeit, uns ebenfalls an die Situation zu gewöhnen. Ich hätte bis vor zwei Jahren jeden ausgelacht der gesagt hätte, dass ich meinem Vater irgendwann einmal beim An- und Ausziehen helfen müsste. So ist es aber. Trotzdem sind wir dankbar und überglücklich, dass er lebt und bei uns ist. Er bekommt jetzt alle 2 Wochen eine neue Therapie, die nennt sich Avastin. Das letzte MRT am Montag hat gezeigt, dass der Resttumor, der nicht operiert werden konnte, nicht gewachsen ist. Eine wunderbare Nachricht, ein HOCH.....

Naja, jetzt habe ich doch mehr geschrieben als ich wollte. Aber ich möchte dir Mut machen. Das wichtigste ist die Familie. Wir halten alle zusammen und geben uns gegenseitig - und vor allem meinem Vater - Kraft. Mein Sohn ist ebenfalls sehr sehr wichtig für ihn..es ist sein erstes Enkelchen und du glaubst nicht, wie viel Kraft dein Vater aus seinen Enkelkindern schöpfen wird. Du wirst ebenfalls stark werden, es ist wirklich krass, wie viel Kraft man in Situationen entwickelt, in denen man es nie gedacht hätte.

Ich wünsche Euch jedenfalls das Allerbeste. Verliere nie die Hoffnung, auch wenn es oft schwierig ist (es gab Tage, da habe ich meinen Vater von Schläuchen übersäht in der Intensivstation besucht, ohne Regung, fast ohne Leben, das war ein ganz tiefes TIEF - aber die Hoffnung war nie weg, nie).

Ich drücke deinem Vater die Daumen, und dir und deiner Familie wünsche ich die Kraft, mit der Situation zurechtzukommen und mit dieser Leben zu lernen.

Solltest du Fragen haben, ich helfe dir gerne weiter. Bin zwar nicht so oft on, aber ich versuche jetzt, öfter reinzuschauen. Hier wird man dir helfen und dir Mut machen, dir Kraft schenken. Denn uns verbindet hier alle mehr oder weniger das gleiche Schicksal.

Grüße
Stella

Geändert von Stella333 (08.11.2009 um 21:30 Uhr)
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