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Alt 19.11.2008, 19:55
Polyglotte Polyglotte ist offline
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Standard AW: Brauche ein bisschen Hoffnung...und möchte Euch allen danken.

Liebe Diana,
Ich danke Dir für Deine lieben Worte. Ich bin immer noch vollkommen fassunglos, obwohl ich natürlich irgendwo wusste, dass dieser Moment kommen würde. Dennoch ist es alles so schrecklich schnell gegangen.

Auf meinem Kaminsims stehen alle ihre Karte. Die, die sie selbst gebastelt hat, mit Bildern von "lesenden Frauen". Die letzte ist vom 27. 10. Da ging es ihr nicht besonders gut, aber sie war guter Dinge, optimistisch, freute sich auf die Ergebnisse, die der Sauerstoff liefern sollte. Ich kann kaum rüberschauen ohne zu weinen, möchte die Karten aber auch nicht wegräumen.

Ich habe keine Ahnung wie ich es geschafft habe, heute bis 16 Uhr zu unterrichten. Vielleicht, weil ich mir immer wieder gesagt habe, dass sie sich das so gewünscht hätte, dass ich meinen Beruf - und eben ihren Beruf - so gut weitermache wie es nur geht. Seitdem ich zu Hause bin, kann ich nicht aufhören zu weinen. Soeben habe ich eine Emailadresse gesucht, um eine Freundin in Kenntnis zu setzen, bekam dabei ihre zu sehen und habe nur noch geschluchzt. Ich kann es nicht glauben, dass ich nie wieder eine Email von ihr bekommen werde. Ich wusste ja auch schon länger, dass es keine Karten mehr geben würde, muss aber doch beim Reinkommen immer wieder gucken, ob es nicht Post gibt. Auch das werde ich mir wieder abgewöhnen müssen.

Als ich am Sonntagabend nach Hause geflogen bin, habe ich aus dem Fenster des Flugzeuges den Mond beobachtet...den ganzen Weg von Deutschland nach England, mir gedacht: Es ist überall derselbe Mond, egal wo man ist. Vielleicht ist es auch derselbe Mond, dort wo sie jetzt ist. Vielleicht können wir uns so nahe bleiben. Das wäre schön.

Ich glaube nicht an viel, kann mich nicht damit trösten, dass sie jetzt vielleicht bei Gott oder sonst einer überirdischen Kraft ist. Ich hoffe nur so sehr, dass sie angstfrei gehen konnte. Ich habe von ihrem Tod heute per Email von meinem Vater erfahren. Er und meine Freundin habe eine Arbeitskollegin gemeinsam, von der er es wusste. Ich möchte ihren Mann nun nicht anrufen; er hat weiß Gott Wichtigeres zu tun. Ich werde ihm einen Brief schreiben, versuchen irgendwie in Worte zu fassen, wie viel sie mir bedeutet. Ich weigere mich auch, das was ich für sie empfinde, in irgendeiner Vergangenheitsform zu konjugieren. Ich liebe sie von ganzem Herzen. Daran wird sich nie etwas ändern.

Meine liebe Brigitte,
Erinnerst Du Dich an das Zitat von Mark Twain, das ich Dir vor einigen Wochen schickte? "Schreiben ist leicht, man muß nur die falschen Wörter weglassen." Du fandest es herrlich. Ich auch. Heute fehlen sie mir alle, die Wörter...die falschen, die richtigen. Vielleicht deshalb in der Sprache, die wir beide so lieben, die ich versuchen werde mit einem Bruchteils Deines Elans und Deines Humors an meine Schüler weiterzugeben: Sache que je te porterai dans mon coeur, toujours, où que j'aille, quoi qu'il advienne. Comme disait Cabrel: 'Je t'aimais, je t'aime et je t'aimerai.'
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