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  #1  
Alt 19.08.2008, 22:30
Rela Rela ist offline
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Beiträge: 11
Standard Streukrebs

Hallo alle zusammen, bin heute das erste Mal im Forum. Es geht um meinen Onkel, den ich schon seit ein paar Jahren versorge. Er wird morgen nach 4wöchigem Krankenhausaufenthalt entlassen. Man hat vor 3 1/2 Wochen festgestellt, dass er Knochenkrebs, Blasenkrebs (alles in allem Streukrebs) hat. Die Luftnot wird immer schlimmer, er bekommt u.a. Morphium. Übermorgen geht die Bestrahlung los. Insgesamt sind 10 Bestrahlungen angesetzt (normal wären 20) aber sie denken, dass er es von seiner körperlichen Situation nicht schafft 20 zu bekommen, daher also 10 in einer doppelten Dosis. Er wird mit dem Krankentransport zu der Strahlenklinik gefahren, ich bin dabei. Mein Onkel wohnt alleine in einer 3 Zimmerwohnung, wo wir ihn und auch hier bei uns zu Hause versorgt haben. Vor dem Krankenhaus ging ja alles gut, da wussten wir alle noch nicht, dass er Krebs hat. Er hatte nur Rückenschmerzen, darauf hin bin ich ja mit ihm in's Krankenhaus gefahren und dort haben sie alles schreckliche festgestellt.
Heute kam das Pflegebett, der Toilettenstuhl und Beistelltisch. Rollstuhl, Rollator, Sauerstoffgerät hatte er schon. Morgen kommt er nach Hause, mein Mann und ich haben heute sein Ehebett in den Keller getan und ein anderes Bett im Gästezimmer aufgebaut, wo ich ab morgen abend schlafen werde. Wir müssen unser ganzes Leben umkrempeln. Er braucht bestimmte Medikamente in einem 4-Stunden-Rhytmus also auch nachts. Er darf und kann nicht mehr alleine sein. Am Tage wechseln mein Mann und ich uns ab. Ich habe einfach Angst vor dieser unwahrscheinlich großen Belastung. Wer hat Erfahrung mit dieser Situation? Habe mich heute mit der ambulanten Palliativversorgung und dem Hospiz für ehrenamtliche Helfer in Verbindung gesetzt.
Vielen Dank aus Köln Rela
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  #2  
Alt 20.08.2008, 12:36
Benutzerbild von Rena49
Rena49 Rena49 ist offline
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Standard AW: Streukrebs

Hallo Rela,
zunächst möchte ich Dich ganz herzlich willkommen heißen, obwohl die Situation natürlich - wie bei allen hier - nicht erfreulich ist. Du wirst aber schnell merken, daß es Dir gut tun wird, Dich hier im Forum mit anderen Angehörigen und Betroffenen auszutauschen.
Deinem Onkel wünsche ich, daß die Bestrahlungen den gewünschten Erfolg und möglichst wenig Nebenwirkungen haben werden. Wenn Ihr Nebenwirkungen feststellt, auch wenn sie (nach Eurem subjektiven Empfinden) evtl. gar nichts mit den Bestrahlungen und/oder den Medikamenten zu tun haben, besprecht das bitte möglichst schnell mit den behandelnden Ärzten - es gibt viele Möglichkeiten, da Abhilfe zu schaffen. Und manchmal hilft es ja auch schon, wenn man weiß, daß es in ein paar Stunden besser wird, also kein Dauerzustand zu erwarten ist.
Auch mit dem Morphium (ich nehme an, Dein Onkel bekommt ein Pflaster?) kann durchaus (bei erhöhtem Schmerzaufkommen) jongliert werden, besprecht auch das mit den Ärzten. Es sollte heutzutage niemand mehr an übermäßigen Schmerzen leiden, eigentlich sollten es (fast) keine sein.
Da Ihr bereits ein Pflegebett usw. habt, nehme ich an, daß Ihr bereits eine Pflegestufe beantragt (oder schon erhalten habt)? Falls nicht, bitte sofort!
in Angriff nehmen, Anruf bei der zuständigen Krankenkasse genügt für das "Ursprungs-"Datum, aber bitte den Namen des Sachbearbeiters, Tag und Uhrzeit des Gespräches notieren. Und dann möglichst schnell den schriftlichen Antrag nachreichen.
Bei der Sorte von Krebs sollte für Deinen Onkel auch ein Schwerbehindertenstatus möglich sein, falls Ihr das noch nicht habt, bitte auch möglichst schnell beantragen (dauert ja alles seine Zeit) oder ggf. einen Antrag auf Erhöhung des Behindertengrades stellen. Das gilt auch für die Pflegestufe, falls Ihr schon eine Einschätzung hattet, dürfte jetzt mindestens eine Stufe mehr drin sein. Einen Versuch solltet Ihr allemal starten, fragt auch danach mal den Arzt.
Daß Du Dich mit mit der Palliativversorgung und Hospiz in Verbindung gesetzt hast, ist schon mal gut. Ich weiß ja nicht, wie die Prognose bei Deinem Onkel aussieht, es ist aber sicher nicht verkehrt, wenn Ihr schon mal Eure Fühler ausstreckt, falls z. B. (im Endstadium der Krankheit) ein Zuhausebleiben doch nicht mehr möglich ist. In Köln gibt es sicher sowohl Hospize als auch Palliativabteilunungen in einem Krankenhaus, wo Dein Onkel z. B. die letzten Tage seines Erdenlebens gut aufgehoben wäre, wenn Ihr es zu Hause doch nicht mehr schafft.
Ich habe vor 2 1/2 Jahren meine Mutter (Magenkrebs im Endstadium) während ihrer letzten 6 Wochen zu Hause gepflegt. Es war schon sehr anstrengend, aber es war auch absehbar, daß sie nicht mehr lange leben würde (sie konnte seit Weihnachten 05 nichts mehr essen und kaum was trinken und ist Anfang Febr. 06 gestorben). Ich weiß nicht, wie lange ich es noch geschafft hätte ohne fachmännische Hilfe z. B. durch einen Pflegedienst. Meine Mutter hatte aber auch kein Problem damit, daß ich sie gewaschen, gebadet und ihr bei den menschlichsten Bedürfnissen geholfen habe. Das ist sicher bei jedem anders, man sollte es einfach probieren. Wenn Du merkst, daß Du es allein nicht schaffst, hole Dir Hilfe, zumindest für die tägliche Hygiene (das kann körperlich für den Pflegenden sehr anstrengend sein). Mit dem ambulanten Hospizdienst hast Du aber sicherlich schon mal eine kleine Hilfe, mit der Du dann auch wirklich rechnen kannst, so daß auch Du mal eine Auszeit bekommst. Nutze sie, Du wirst es brauchen.
Ich wünsche Dir viel viel Kraft für die nächste Zeit. Wenn Du Fragen hast, darfst Du Dich gern jederzeit an mich wenden.
Liebe Grüße
Rena
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  #3  
Alt 21.08.2008, 23:52
Rela Rela ist offline
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Standard AW: Streukrebs

Hallo Rena, danke, Du bist die erste die sich gemeldet hat. ich freue mich sehr darüber, auch mit Betroffenen reden zu können. Seit gestern ist mein Onkel aus dem Krankenhaus entlassen in unsere Obhut. Er ist ein Schwerstpflegefall. War gestern mittag bei seinem Hausarzt wegen der Rezepte, als er hörte, dass ab heute die Bestrahlungen los gehen, fragte er, warum man einen 85 jährigen todkranken Mann denn noch so quälen müsste. Er hat dann sofort am nachmittag einen Hausbesuch gemacht und mit Onkel Hans gesprochen u.a. wegen der Bestrahlung, Er hat ihn gefragt, ob er es wirklich möchte, Nebenwirkung etc. Onkel Hans sagte, er möchte das. Weil er sich an das Fünckchen Hoffnung klammert, dann wird alles weg sein und die Schmerzen hören auf. Was natürlich nicht ist. Von der Palliativambulanz war heute schon jemand da, sie werden jetzt 3 mal wöchentlich kommen, dann der Hausarzt. Mit meinem Mann habe ich mich so geeinigt, er kommt abends um 18.00 Uhr und ich komme 8.30 Uhr. Er schläft jetzt jede nacht bei Hans, weil ich Angst habe, ich könnte nachts nicht hören, wenn was ist. Morgen kaufe ich ein Babyphon und versuche eine Glocke zu bekommen, wo Hans läuten kann. Ach, liebe Rena, es sind doch erst 1 1/2 Tage und ich bin schon fix und alle. Alles Liebe wünscht Rela aus Köln
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  #4  
Alt 22.08.2008, 00:37
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Rena49 Rena49 ist offline
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Standard AW: Streukrebs

Hallo Rela,
hab gerade Deinen Bericht gelesen. Ich kann Dich gut verstehen, es ist ja nicht nur die plötzliche Pflegesituation, sondern auch seelisch sind wir Angehörigen plötzlich aus dem Gleichgewicht geworfen worden. Du wirst aber sehen, mit der Zeit wird es besser. Und Du hast anscheinend in Deinem Mann auch eine große Unterstützung, das ist doch schon ganz viel wert.
Daß Du Angst hast, Deinen Onkel nicht zu hören in der Nacht, kann ich auch gut nachempfinden. Ich hab in den letzten Wochen damals auch bei meiner Mutter übernachtet im Wohnzimmer - und sie hat es dann anfangs noch fertiggebracht, daß sie bis ins Bad gekommen ist, dort von der Toilette aber dann nicht mehr hochkam und lange nach mir rufen mußte, bis ich sie gehört habe. Mein Mann hat damals dann eine Funkklingel im Baumarkt besorgt, das Ding war so laut, daß ich sofort senkrecht im Bett stand (obwohl man mich eigentlich wegtragen kann, wenn ich mal richtig schlafe). Aber eine schöne Glocke tut es sicher auch, probiert es einfach aus. Und am besten die Türen auch offenlassen, dann hört man ja doch alles besser aus dem Nebenzimmer.
Die Äußerung Eures Hausarztes ist sicher gutgemeint, aber entscheiden muß das immer der Patient selber. Ihr solltet aber schon auch ein Auge darauf haben, wann die Bestrahlungen usw. evtl. nur noch Quälerei sind. Aber Euer Onkel Hans wird auch das sicher selber merken. Offene Gespräche helfen ja dabei, daß Ihr nicht in dieser Situation noch gegenseitig "Verstecken" spielt.
Für heute Nacht wünsche ich Dir/Euch erstmal alles Gute und viel Kraft, die ersten schweren Tage zu Hause gut zu überstehen. Ich würd mich freuen, wenn Du ab und zu, wenn es Deine Zeit erlaubt, mal mailen würdest, wie es so geht. Wenn ich helfen kann, tue ich es gern.
Fühl Dich umarmt, wenn auch aus der (näheren) Ferne, morgen schick ich Dir ein paar Sonnenstrahlen nach Köln, damit die Welt ein wenig freundlicher aussieht. Und für Deinen Onkel Hans einen guten, möglichst schmerzfreien Start der Bestrahlungen.
Alles Liebe
Rena
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  #5  
Alt 22.08.2008, 23:47
Rela Rela ist offline
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Standard AW: Streukrebs

Danke liebe Rena, ich bin so froh, dass Du mir zu hörst. Ich gehe jetzt in's Bett. Bin fix und alle. Eine gute Nacht wünsche ich Dir
ml

Liebe Grüsse und ein schönes Wochenende

Rela aus Köln
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  #6  
Alt 23.08.2008, 19:53
Rela Rela ist offline
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Standard AW: Streukrebs

Hallo, liebe Rena, nun habe ich ein klein wenig Zeit. Ich habe gestern abend eine Glocke gekauft, da kommen wir wunderbar mit zurecht, die ist überall zu hören. (So eine Glocke, wie der dicke Pitter em Kölner Dom) nur e t w a s kleiner. Mein Onkel Hans hatte schon Pflegestufe II und ich habe gestern Pflegestufe III beantragt. Er hatte vorgestern und gestern Bestrahlungen, heute morgen war er sehr schwach. Er wird mit Morphiumtabletten, Novalgin etc. versorgt. Mein lieber Mann wächst auch über sich hinaus, er hat ihm 2 Zäpfchen zum abführen eingeführt, habe ich gestern von der Palliativstation bekommen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal sein Gebiss reinigen, seine Urinflasche halten könnte. Dass ich ihn füttern muss, Augentropfen geben muß, all das hätte ich bis vor ein paar Tagen für unmöglich gehalten. Duschen, waschen etc. war vor dem Krankenhaus kein Problem für mich, aber die eben genannten Dinge kann ich auf einmal. Dann hatte er heute Stuhlgang (Durchfall, durch die Zäpfchen) Ich hatte so eine Angst, ihn auf den Toilettenstuhl zu setzen, denn er kann nicht mehr alleine aufstehen, Angst vor dem Ekelgefühl. Ich habe es geschafft, habe Mundschutz und Handschuhe angezogen, es hat geklappt. Ich war so froh, dass ich es geschafft habe. Dann kam Schwester Marilen von der Palliativambulanz, sie sagte, ich wäre so stark, obwohl ich doch eigentlich schwach bin und ich habe so geweint. Sie hat mich in den Arm genommen, gedrückt und mir einen Kuß gegeben, das hat mir wieder etwas Kraft gegeben. Sie hat mir Onkel Hans gesprochen u.a. wegen der Bestrahlung. Er sagte, dass er es noch ein oder zweimal versuchen will. Er klammert sich ja an die Hoffnung. Dann hat sie ihn gefragt, was er denn denkt, wieviel Zeit er noch hat, Tage, Wochen, Monate. Er sagte, noch ein paar Tage. Sie sagte später in der Küche zu mir, dass die Menschen es spüren. Liebe Rena, ich sage ihm jeden Tag, wie sehr Klaus und ich ihn lieben. Er weiss das und gibt diese Liebe mit umarmen, einem Kuss zurück. Wir haben sein Radio am Bett, weil er immer so gerne WDR 4 hört. Dann kam das Lied "Root, root, root sin de Ruse", da habe ich seine Hand genommen und wir haben geschunkelt und beide das Lied mitgesungen. Ich bin von Natur aus ein quirliger, lustiger, manchmal auch ein wenig ungeduldiger Mensch. Wenn ich auch jetzt fertig bin, so bin ich bei Onkel Hans so einfühlsam und geduldig, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Beim morgendlichen Waschen usw. erzähle ich ihm, wer ihm Grüße bestellt hat, erzähle von den belanglosigsten Kleinigkeiten, oder singe mit ihm (bzw. ich singe, er hört zu).
Die Palliativambulanz (die reinsten Engel) kommen ab sofort jeden 2. Tag. Wie schön für Onkel Hans und mich und meinen Mann.
Dann habe ich ja noch seinen Hausarzt, er kommt Montag. Ich glaube und hoffe und vor allem ich will es schaffen, zumal Schwester Marilen heute sagte, ich solle ihn zu Hause sterben lassen. Einfach nur Angst. Aber es wird schon gehen, mit gegenseitiger Liebe und dann loslassen können. Es ist ja Gott sei Dank noch nicht soweit, aber wenn doch? Ich muss es schaffen, meinem Onkel zu Liebe.
Ich freue mich wieder über eine Mail von Dir.
Liebe Grüße Rela
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