Was macht ihr um euch abzulenken?

[teufelchen_26]

Hallo,

ich möchte heute gern mal wissen, was jeder von euch so macht um sich abzulenken, bzw. mit der situation klar zu kommen, außer natürlich hier zu schreiben ;-))

ich versuche viel rauszugehen, mich mit freunden treffen, ins kino gehen... denk aber auch oft und viel nach über das was passiert ist...

die trauer ist am schlimmsten wenn ich daran denke wie sie zum schluß aussah, wie sie leiden musste... der stetige abbau des körpers... wie ich ihr wenig dabei helfen konnte... und wenn ich daran denke was ich nun ohne sie tun muss..

Lg
das teufelchen

[Petra40]

Hallo,

mein Mann ist am 01.04.2005 an Bauchspeicheldrüsenkrebs mit 39 Jahren gestorben.

Ich bin die ersten 6 bis 8 Wochen nur in die Arbeit gegangen und dann gleich wieder nach Hause. Konnte Anfangs kaum in die Stadt zum einkaufen gehen. Bin sehr viel laufen gewesen, das hat mich immer sehr abgelenkt und ich habe einen einigermaßen klaren Kopf gekommen, was mir anfangs sehr schwer fiel.

Ich habe einen großen Haufen von guten Freunden die die ersten 2 Wochen fast rund um die Uhr für mich da waren. Habe aber dann ab und zu auch mal zu den Leuten gesagt, so nun will ich allein sein. Wollte auch am Tag von Pits Beerdigung alleine sein. Bin dann abends heim habe das Licht in der Küche angemacht und die Sicherung ist durchgeknallt und meine gleich mit. Ich bin alleine in meiner Küche auf dem Boden gelegen und habe eine Stunde geweint, ich dachte ich schaffe das alles nicht ohne Pit.

Nach den 8 Wochen bin ich dann viel unterwegs gewesen mit Freunden im Kino, im Biergarten beim Essen und und und. Ich wohne in einer kleinen Stadt und ich mußte mir dann anhören wie gut ich schon wieder drauf wäre, da ich schon wieder weg gehen könnte dieses Id....... Da war ich oft wirklich sauer auf diese Menschen. Die sollen so ein grausames Jahr erst mal mitmachen und dann können sie selber für sich entscheiden.

Ich denke da kann man keinen Rat geben, entscheide einfach nach Deinem Gefühl. Was Du machen willst, mach es einfach und gib nichts auf die Leute. Ich fahre morgen zum Skifahren und freue mich schon total auf 4 Tage in den Bergen (hoffentlich mit Sonne).

Liebe Grüße, werde mal nach meinen Urlaub wieder vorbei schauen bis bald


Petra

[Magast]

Hallo Teufelchen,

was Petra schreibt ist gut, raus gehen, mit Freunden zusammen sein, nur, ich schaffe all das im Moment noch nicht, ist ja auch erst vor zwei Tagen passiert.

@Petra - drauf gesch.... was die Leute denken, du musst weiter leben ohne Pit, und wenn dir das hilft - dann ist es genau so richtig.

Euch beide mal

Lg Magast

[Petra40]

Hallo liebe (r) Magasat,

naja nun überforder Dich mal nicht. 2 Tage ist ja wohl auch noch keine Zeit. Ich brauchte 8 Wochen um wieder richtig unter Leute zu gehen.

Ich finde es ist immer sehr das "erste" Mal irgendetwas allein zu machen. Ich konnte noch nicht mal alleine ins Fitneßstudio gehen, in dem Pit wirklich nur ab und zu dabei war. Ich habe eine Freundin angerufen und sie gebeten mit mir zusammen da rein zu gehen. Sie hat brav auf der Straße auf mich gewartet. Das erste Mal zu "unserem" Mexikaner war auch ganz furchtbar.

Ich steuer nun auf das erste Jahr ohne Pit zu (01.04.). Früher habe ich immer gedacht wie blöd Trauerjahr. Aber da ist schon etwas dran. Ich denke beim zweiten Mal ohne den geliebten Menschen ist alles nicht mehr ganz so schlimm. Beim zweiten Mal bin ich dann alleine ins Fitneßstudio usw. gegangen.

Laß Dich drücken und ich schicke Dir ein großes Kraftpaket.

Hoffentlich bis bald, vielleicht magst mir mal Deine Geschichte erzählen, würde mich freuen, habe hier im Forum auch schon so viele Leute vollgejammert. Vielleicht kann ich mal etwas zurückgeben.




Gruß Petra

[AndreaS]

Hallo Petra und alle anderen,

das erstemal alleine ist wirklich etwas schreckliches. Bei mir waren es sogar die Spaziergänge mit dem Hund. Ich kam mir vor, als hätte ich zwei Köpfe, dachte, jeder, der mir entgegenkam würde mich seltsam ansehen, vielleicht, weil ich mich eben so "seltsam" fühlte.

Noch heute - bei mir hat sich der Kreis bereits geschlossen und ich durchlebe bereits das Jahr 2 der neuen Zeitrechnung - vermeide ich Dinge zu tun, die wir gemeinsam machten. Vermeide sogar Besuche bei Freunden, die es noch immer als Paare gibt, aber mich nicht mehr. Ich bin froh, dass es mittlerweile ein paar neue Bekannte gibt z. B. VHS Kurs o.ä, die Claus nicht kannten, an die keine schmerzhaften Erinnerungen geknüpft sind. Die mich nur so kennen, wie ich nun eben jetzt bin.

Ablenkung? Was soll man tun. Vielleicht tatsächlich ganz viel auf sein Herz hören, tun, wovon man denkt, das tut mir gut. " Du musst unter Leute gehen, du darfst dich nicht vergraben" Gut gemeint, war für mich aber in der ersten Zeit einfach nicht umsetzbar, denn es tat nur weh und nicht gut. Und so habe ich die Zeit "ausgesetzt" bis ich selbst spürte, jetzt würde ich gerne nochmal mit "richtigen" Menschen sprechen, nicht nur mit den Gedanken anderer, die mir Dank Internet, durch die erste Zeit meiner Einsamkeit geholfen haben.

LG
Andrea

[Petra_S]

Hallo Ihr Lieben,
mir geht es ähnlich wie Andrea, ich vermeide eher Dinge zu tun die wir gemeinsam taten. So gesehen tut fast alle weh was wir unternehmen, weil es nicht das "vollkommene" Erleben ist. Gerade wenn es schön ist tut es am Schlimmsten weh.
Freunde, naja wenn man Jahre mit der Krankheit gelebt hat jeden Tag spontan gestalten musste so gut es möglich war, dann reduziert sich die Zahl der Freunde recht schnell und nun will ich sie auch nicht mehr sehen! Außerdem auch das Problem, Ehepaare...! Diese machen mir den Verlust immer wieder augenscheinlich und wenn sie dann noch besonders liebevoll miteinander umgehen (was ich ja grundsätzlich toll finde!). Also, nun habe ich rumgeredet was ich alles NICHT tue um mich abzulenken...Die ehrliche Antwort wäre wohl: NICHT VIEL, verdrängen, arbeiten, mit meinen Töchtern zusammen sein, auch mal jemand besuchen, Brief schreiben, den Tag herumbringen, im Moment umziehen - aber sonst? Und ich will auch keinen künstlichen Aktionismus an den Tag legen - vielleicht weil ich es immer noch nicht akzeptiert habe ???

Trauriger Beitrag, eigentlich kein hilfreicher `ne?!
Liebe Grüße Petra

[Magast]

@Petra - habe einiges geschrieben, unter Forum für Angehörige "Sie bekam nicht mal die Chance dagegen zu kämpfen" steht alles drin. Das ging alles so schnell, das jeder, aber auch jeder sprachlos ist, niemand findet Worte für das, was passiert ist.

Ich selbst merke, ich bin sowas von Lustlos, die Wohnung sieht aus... ich mag echt nichts mehr, nicht mal lesen, was mich eigentlich immer ablenkt. Ich bin sehr traurig, denke viel an meine Ma, weine oft.

Ich mache mir riesen grosse Sorgen um unseren Vater, er und meine Mutter kannten sich 45 Jahre, er muss doch sein ganzes Leben neu orientieren. Meine Eltern haben im Sommer immer hinterm Haus im Garten gesessen, stundelang, bis in den späten Abend, haben über Gott und die Welt geredet. Haben viele gemeinsame Urlaube verbracht, ach, da war so viel, man hatte immer den Eindruck, wenn einer fehlt, war der andere nur halb, irgendwie so.

Haben sich super verstanden, meine Ma hat alles erledigt, wenn er nach Hause kam, stand das Essen auf dem Tisch, das war für sie das wichtigste, allen Alltagkram von meinem Vater fern halten. Ich habe ihr immer gesagt, das ist nicht gut, doch jetzt müssen wir sehen, wie wir meinen Vater auf die Beine stellen.

Das kommt bei ihm zu der Trauer ja auch noch dazu, ich denke aber, sich mit Haushalt und so nen dingen auseinander setzen lenkt ein bisschen ab.

Lg Magast, die alle mal herzlich drückt!

[teufelchen_26]

liebe magast,

auch mir fällt es schwer sauber zu machen... meistens habe ich keine lust überhaupt aus dem bett zu gehen.. ich muß mich jedesmal aufraffen... geradezu zwingen.

mir gings früher schon so bei der krankheit meiner mutter. ich habe eine depression und nehme antidepressiva aber leider helfen die nicht mehr so gut..

ich hoffe wenn der frühling kommt wird es besser.

liebe grüße

das teufelchen

[gio]

Hallo,

mein Papa hat ein kleiz. Bronchialkarzinom stadium 4 mit Metastasen im Gehirn,Leber und Knochen.Es ist nur noch eine Frage der Zeit, und ich weiß gar nicht wie ich damit fertig werden soll.Ich versuche unter die Leute zu gehen, zwinge mich regelrecht zu reiten-was dann auch kurzfristig hilft-aber abends wenn Ruhe einkehrt, dann kommt dieser Schmerz, der einen lähmt und so unsagbare Angst macht.

Ich kann Dir so nachfühlen, wie es Dir geht, auch wenn mein Papa noch lebt.
In den letzten 2 Jahren sind 2 Omas und mein Opa im August gestorben.

Liebe Grüße

gio

[teufelchen_26]

hallo gio,

erstmal tut es mir leid dass es deinem vater so schlecht geht. ich habe die situation selber erst durch machen müssen und leider hat meine mum den kampf verloren...

ich weiß nicht ob das viele nachvollziehen können, ein teil der trauer habe ich schon gehabt bevor sie eingeschlafen ist, weil mir ja schmerzlich bewußt war dass sie gehen muß und es jedesmal schlimmer war (ich wohne 600 km von meinen eltern) sie zu sehen, weil es ihr immer schlechter ging.

das tat sehr weh. nun ist es so dass ich oft sehr traurig bin und viel weine, aber ich weine über den verlust nicht mehr wegen dem leid was meine mutter in der letzten zeit hatte. ich trauere am liebsten alleine und manchmal möchte ich allein seien und manchmal gehts mir ganz gut, besonders wenn ich viel zu tun habe...

es ist ein auf und ab... mal brech ich zusammen um mich später wieder aufzurappeln.

ich mache mir oft sorgen um meinen vater, der jetzt alleine ist und um meine schwester, die immer alles in sich hinein frist.

ich versuche mich um beide zu kümmern. mit meinen paps telefonier ich so oft wie mir möglich ist... wenn ich nicht den trost meines freundes hätte und das verständnis... ich wüßte nicht was ich machen würde


liebe grüße
sei gedrückt
viel kraft für dich

das teufelchen

[Cassiopeia_Norah]

Ich habe im Moment Prüfungen an der Uni und muss dafür so viel lernen, dass ich gut abgelenkt bin.
Dafür bin ich wirklich dankbar.
Dann habe ich noch meine engen Freunde und meine Familie.

Wie gehts dir denn im Augenblick, Teufelchen?

Ich habe heute zum zweiten Mal Post von einer meiner "ex-besten" Freundinnen bekommen, mit der ich seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Der ersten (ihre Mutter starb vor einigen Jahren bei einem Unfall) habe ich zurückgeschrieben und wir wollen uns bald - nach vier Jahren Funkstelle - mal treffen.
Bei der von heute weiß ich nicht, ob ich überhaupt antworten soll. Wäre das unhöflich?

Und meine Psychotante, bei der ich seit einigen Monaten bin, hat heute geweint, als ich ihr vom Tod meines Vaters erzählt habe, weil ihre beiden Eltern nicht mehr leben und sie meine Geschichte so mitnimmt.
Das war vielleicht komisch!

Ich drück dich, Teufelchen!!