#1
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Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Hallo, im November 2015 wurde bei meinem Papa (54)ein Aspergillom in der Lunge festgestellt. Alle 100 Jahre würde es vorkommen, dass sich darunter ein Tumor befindet. Der Pilz wurde entfernt , untersucht -> nicht kleinzelliges Adenokarzinom drunter. Also wurde er nochmal operiert, Lungenlappen ganz entfernt, sicherheitshalber...,Lymphknoten untersucht...nirgendwo wurde die geringste Krebszelle gefunden -> "Herzlichen Glückwunsch sie sind 100% krebsfrei, sie benötigen nicht mal eine Chemo." Wie haben uns so gefreut. April 2016 , es sind Veränderungen in der Lunge, das wird aber von der OP sein. 08.06.2016 Metastasen im Hirn und in der Lunge Heilung ausgeschlossen. Meine Welt brach zusammen. Ich meldete mich hier im Forum an, begann zu googeln. War voll mit Hoffnung mit der ich meinen Papa und alle anstecken konnte. Ja Hirnmetastasen sind doof, aber kein Problem Papa, deine sind klein, manche Menschen leben damit noch Jahre. Und du bist einer davon. In 3 Jahren hat doch dein Enkel Einschulung da bist du dabei.. Die Bestrahlung für den Kopf begann, alles läuft gut keine Nebenwirkung, jeden Tag Kreuzworträtsel und Soduko- wir schaffen dass. 3 Wochen nach Bestrahlung, die Chemo beginnt. Starke Schmerzen kommen dazu und Übelkeit.. also verbringe ich jede freie Minute wieder zu googeln. Keine Sorge Papa, alles normal kommt von der Chemo, lass dir andere Medikamente geben. 11.09.2016 die Rückenschmerzen werden unerträglich, ab ins Krankenhaus auf die Palliativstation.. Schmerzen werden nicht besser. Die Ärzte wissen sich keinen Rat, also wieder ins Internet ->googeln. Mit den Ergebnissen zum Arzt, ja das könnte sein wir geben andere Mittel. Seine Dosen an Morphium wurden explosionsartig erhöht, dazu noch ein paar Neuroleptika...das wird schon wieder...der Anruf von Papa: "wie bekommen wir Mama am schnellsten nach hier , mir gehts richtig schlecht." Ab ins Krankenhaus voller Anspannung...uns wird gesagt dass er jetzt beruhigt wurde und schläft.. Viele Medikamente folgten, alles wurde probiert. Er wurde Orientierung'soser, vergesslicher, hatte Sprachfindungsstörungen usw... also wieder gegoogelt. Gott sei dank es kommt sicher von den Medikamenten..alles wird wieder gut...die Medikamente würden immer weiter reduziert, aber Papas Zustand wurde immer schlimmer, bis er alle seinen kognitiven Fähigkeiten verlor. Er wusste nicht mehr wer sein heiß geliebter Enkel ist :-(( Die Ärzte haben ein Vermutung: Krebszellen sind in der Hirnhaut!!! Aber das passiert eigentlich nie bei ihrer Art Krebs.... Lumbalpunktion...warten auf die Ergebnisse...googeln...telefoniert...das Ergebnis Montag um 14.30Uhr : es ist in der Hirnhaut wir können nichts mehr tun... 16.00Uhr ich will in sofort nach Hause haben...wie es sein Wunsch war.. zu Hause das letzte "klare" Gespräch mit meiner Mama und meinem Papa... Was ist los mit mir? -die Krankheit hat dich wohl besiegt. Das habe ich mir schon gedacht. So schnell? -ja so schnell. Viel zu früh! -ja viel zu früh.... danach nichts mehr....gar nichts...Kein Wort...Keine Mimik...Kein Gefühl... Ich habe ihn von morgens bis abends mit meiner Mama gepflegt. Habe bei ihm im Bett gelegen seine Hand gehalten...ihm erzählt....ihm beigestanden...mit allen Gefühlen die ich aufbringen konnte.... freitags Abend ist er gestorben .... in den 4 Wochen Krankenhaus Aufenthalt und der einen Woche zu Hause habe i h nur für meinen Papa gelebt...alles versucht möglich zu machen was man machen kann....geweint....viel geweint...verzweifelt...gehofft......alles gegeben.....
Und jetzt? Jetzt ist er weg und es zerreißt mich....Diese Gefühle sind so schwer zu beschreiben...Ich vermisse ihn so sehr...Ich bin so wütend...wieso er? Warum immer Menschen zu denen ich eine so enge Beziehung habe? Vor fünfJahren meine Oma(68), vor drei mein Opa(71) vor einem Jahr mein Patenonkel(54)..alles Menschen für die ich alles getan hätte und für die ich so viel Liebe hab... Wie kann man das überstehen? Was mache ich mit meiner Mama? Wir sind zwar da aber sie ist trotz allem allein.... es ist so unbegreiflich...unerträglich... Alles solang geworden und dabei war es die Kurzfassung ;-) |
#2
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Liebe Sabrina,
dass dein Papa sich geschlagen geben musste, tut mir von Herzen leid. Ich habs so Angst vor diesem Tag. Du scheinst mir ein "Macher" zu sein. Immer informiert, immer pragmatisch. So bin ich auch. Es muss unglaublich schwer sein jetzt. Du warst bei ihm. Hast ihm alles ermöglicht. Und er wird immer bei dir sein. "Du bist nicht mehr da, wo du warst. Aber du bist überall, wo wir sind." Daran glaube ich fest. Viel Kraft und alles Gute.
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Die höchste Form der Hoffnung ist die überwundene Verzweiflung. - Albert Camus |
#3
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Danke für deine Antwort :-)
Ja vor dem Tag hatte ich auch so viel Angst..sowas passiert jedem aber einem selber doch nicht.... :-( Ich war zwar für ihn erleichtert als es so weit war denn ich wusste so wollte er nicht leben..er sagte immer wenn er Matsch wäre im Kopf sollen wir ihn in die Schweiz bringen.... Aber wenn dann einem bewusst wird dass nicht der kranke Mann fehlt sondern dein Papa erdrückt einen dieser Schmerz so stark.. Die letzten Zeilen sind wirklich sehr schön daran versuche ich fest zuhalten.. |
#4
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Hallo Sabrina,
auch mir tut es sehr leid, dass du deinen Vater verloren hast. Die Schilderung eures gemeinsamen Kampfes geht mir sehr nahe. Man liest es aus jeder Zeile, wie du all deine Liebe gegeben hast, bis auf das "letzte Hemd", selbst verwundet, nun verwundbar - "nackt bis auf die Seele". Was du getan hast, hat so viel Mut, so viel Gefühl, so viel Selbstlosigkeit erfordert - du hast meinen tiefen Respekt! Und nun stehst du da, ihr da - das Leben geht einfach so weiter aber eure Welt ist ein Stück weit stehen geblieben. Wie soll es weitergehen, das fragt man sich eigentlich immer wieder und man merkt manchmal nicht, dass man jeden Tag Schritt für Schritt weitergeht. Es ist jetzt so schwer, weil du diesen Menschen so vermisst, ihr vermisst ihn so, jeder auf seine Weise. Noch wird es keinen trost geben, vielleicht nur schwachen. Ja, dass er nicht mehr leiden muss aber du vermisst wahrscheinlich (genau wie ich) die Zeit, wo noch alles gut war, das Unbeschwerte. Es ist einem genommen und man wird nicht mehr derselbe Mensch, der man einmal war. Ich glaube nicht an den Spruch die Zeit heilt alle Wunden. Was zurück bleiben wird, ist eine Narbe, manchmal wird sie vielleicht aufreißen, sie wird immer sichtbar sein, uns erinnern an das was war (ich meine auch nicht nur das Negative), die Zeit wird uns nur helfen damit irgendwie leben zu lernen, diesen Verlust langsam zu verarbeiten, aber vergessen werden wir nie! Viel Kraft dir und euch! |
#5
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Liebe Adlumia,
viele Dank für deine liebevollen Worte. Man merkt, dass du nicht irgendwelche Floskeln schreibst, sondern dass es dich etwas berührt. Ich finde es sehr schön, du hast genau das verstanden was ich sagen wollte, fühle und in der ganzen Zeit gegeben habe... Es ist wirklich schwer, jeden Tag einen Schritt weiter zu gehen, sovieles erinnert an ihn und manchmal ist man wie gelähmt. .. Ich muss funktionieren...meine zwei Kleinen brauchen mich...obwohl mir manchmal nur danach ist, einfach im Bett zu bleiben... :-( Das alles dann doch so schnell geht hätte ich nicht gedacht..... Krebs wird immer unberechenbarer..... |
#6
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Liebe Sabrina.
Der gleiche Verlauf wie bei meinem Mann der am 26.08 gehen musste nachdem er eigentlich als Tumorfrei galt . Krebszellen im Nervenwasser und somit auch in der Hirnhaut. Auch dies wurde durch eine Lumbalpunktion festgestellt. Ich kann so gut verstehen wie Du Dich fühlst und es ist eine harte Zeit. Nimm Dir die Trauerzeit und lass raus was raus muss. Ich hab 2 Monate unterdrückt und bin jetzt regelrecht zusammengeklappt vor Weinkrämpfen . Deine Familie und Du Ihr müsst Euch jetzt gegenseitig halt geben. Ich drück Dich Karin |
#7
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Liebe Sabrina.
Es ist unsäglich schwer, sich von einem geliebten Menschen in so kurzer Zeit verabschieden zu müssen. Der Schmerz zerreißt einem förmlich und trotzdem muss man nach kurzer Zeit wieder funktionieren. Du hast für Deinen Papa das Menschenmögliche getan und letztlich ohne eine Chance den Kampf verloren. Bitte gib Dir alle mögliche Zeit, den Verlust und die Trauer zu verarbeiten. Dir bleibt die Erinnerung an einen liebenswerten Menschen und die Gewissheit, alles für Dich mögliche getan zu haben. Mit traurigen Grüßen. Wolle2 |
#8
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Hallo Sabrina,
dass dir manchmal gar nicht nach Aufstehen zumute ist, kann ich sehr verstehen. Ich habe auch einen kleinen Sohn und ja irgendwie funktioniert man weiter (ob jetzt mit Kind oder ohne) Ich hoffe, du kannst dir, trotz der Kinder ein paar Inseln im Alltag schaffen, um dir Zeit für deine Gedanken einzuräumen, vielleicht wenn die Kinder im Bett sind. Du bist sicher auch den ganzen Tag im Treiben und abends wenn es stiller wird kommt eventuell auch bei dir die Traurigkeit verstärkt. Wünsche dir daher eine Schulter zum Anlehnen, zum Weinen, jemand der dich vielleicht wortlos in den Arm nimmt. Vielleicht kannst du auch herausfinden, ob du gewisse Rituale für die Trauer brauchst, was dir da helfen könnte wie Bilder aufstellen, Blumen, Figuren, Briefe schreiben etc. Viel Kraft uns allen! |
#9
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Hallo Sabrina,
ersteinmal mein aufrichtiges Mitgefühl. Dieses "schnelle" Voranschreiten der Krankheit, das alles sich von einem Tag zum anderen verändert, das ist unbegreiflich. Man sieht die Lieben leiden und wünscht sich, das man es abnehmen könnte, man ist so unheimlich hilflos. Ich hatte regelrecht Angst ins Krankenhaus zu gehen, auch wenn sich das im nachhinein unfair anhört, aber ich hatte Angst. Angst, meine Mama, die immer so stark war, leiden zu sehen. Ihre Luftnot, die immer schlimmer wurde. Aber diese ganze Zeit, zeigt auch wie sehr man sich liebt, sie Momente kann keiner nehmen Ich wünsche dir viel viel Kraft! |
#10
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Hallo liebe Karin,
ja der selbe Verauf wie bei deinem Mann, ich hatte bei dir still mitgelesen, und als er starb war ich ganz betroffen und geschockt. Mit so einem schnellen Verlauf hatte ich bei euch auch nicht gerechnet. Ich dachte uns passiert so etwas natürlich nicht.....bzw. ich habe gehofft..... Ja man muss trauern...gut dass du es jetzt rauslassen kannst... Bei der Beisetzung konnte ich erst gar nicht weinen, erst als ich einen Brief an meinen Papa vorgelesen habe kamen die Tränen. Hallo Wolle2 Du hast vollkommen Recht! Ich weiß das ich alles getan habe und das gibt mir ein wenig Trost. Es überwiegend zur Zeit die schönen Erinnerungen an ihn. Ich versuche auch nicht so zu denken wie meine Mama : " Das wollen wir noch machen und das hatte er noch vor" sondern das habe ich alles mit ihm gehabt! Natürlich hätte ich nochmal 30 Jahre mit ihm haben können, aber das geht leider nicht mehr. Hallo Adlumia, es ist genauso wie du schreibst, abends kommt meistens die Traurigkeit. Dann wenn die Kinder im Bett sind und ich zur Ruhe komme.. Ich habe mir jetzt ein Buch bestellt um abends die Trauer etwas aufzuarbeiten. Dort soll ich auch fragen beantworten, hatte es eben nur kurz überflogen. Ich glaube mein Papa ist auch sehr nah bei mir und bei meinen Kindern. Meinem Sohn ist heute wieder was passiert, wo ich gedacht habe da war Papa und hat ihn beschütz.... Liebe Dani, danke für deine Anteilnahme. Meiner Schwester ging es auch so wie dir, sie wollte meinen Papa in guter Erinnerung behalten... ich war so sauer weil ich es gar nicht verstehen konnte.. Grade in so einer Situation liegen ja alle Nerven blank und man hat wenig Verständnis für Wege die anders sind als der eigene.. Warst du denn dann doch nochmal bei ihr? Ja das glaube ich dir das du Angst davor hast, und grade diese Luftnot schnürrt einem selbst den Atem. Bei meinem Papa war dass zum Glück nur am Ende beim Sterbeprozess. (da seine Metastasen in der Lunge und im Hirn alle kleiner geworden sind, Bestrahlung und Chemo haben sehr gut angeschlagen) Die Luftnot am Ende bzw das Rasseln der Lunge hab ich auch noch in den Ohren. Als wir ihn zu Hause hatten, habe ich nur gedacht, lass ihn doch endlich sterben, bitte lass ihn doch nicht so leiden. Natürlich wollte mein Herz nicht dass er stirbt, aber mein Kopf hat ihn ja so gesehen.... Mein Herz hat nur die Gefühle zu meinem Papa gespürt... |
#11
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AW: Trauer, Wut, Hilflosigkeit
Liebe Sabrina,
wir waren jeden Tag im Krankenhaus, manchmal abwechselnd, einen Tag mein Bruder, den anderen mein Sohn und ich. Ich war auch oft jeden Tag da, da sagte meine Mama immer, ich soll das nicht machen. Sie hat selber ihren Vater vor 26 Jahren verloren und ihn jeden Tag leiden sehen, sie wollte uns schützen. Deshalb wussten wir auch, dass sie am Ende alleine gehen will, zumindest ohne uns...und sie wollte auch nicht, das wir sie danach noch sehen. Es war schwer an ihrem Zimmer vorbei zu gehen und zu wissen, das sie da drin ist. Aber es war beruhigend, das die Schwester mit uns sprach und sagte, das es ganz schnell ging und sie sehr entspannt war und ein kleines Lächeln auf dem Gesicht hatte...sie konnte sehen, wie sie vor der Erkrankung aussah, ohne das schmerzverzerrte Gesicht. Wünsche dir und uns allen viel Kraft! |
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