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  #1  
Alt 24.03.2012, 00:09
ikum ikum ist offline
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Registriert seit: 20.03.2012
Beiträge: 1
Standard freundin von angehöriger- abgrenzung

hi an alle,

ich möchte hier nicht reintrampeln wie ein elefant:
ich bin nicht betroffen und auch keine angehörige.
aber ich habe meine beste freundin auf dem langen weg der schweren krebserkrankung ihrer mutter begleitet. seit jahren.
seit letzter woche ist sie nicht mehr ansprechbar im kh- nächste woche wird sie ins hospitz überstellt. der rest der familie ist völlig zerrüttet nach all den jahren: alkoholismus beim ehemann und die grossmutter ist dement. die kraft fliesst also überall hin ab. die situation eskaliert immer mehr.
mein problem: ich selbst bin meiner freundin immer stütze gewesen. und kann jetzt nicht mehr, so komisch das klingen mag. es reisst mich zu sehr mit.
es gibt keinerlei konstante, professionelle hilfe von aussen. freunde halten distanz. und die situation eskaliert immer mehr. ich weiss, dass sie mich nicht belasten möchte und sich schon zurück nimmt. trotzdem bin ich im dauereinsatz, mein normales leben ist ausser kraft gesetzt und es wird grenzwertig: ich mache fehler bei der arbeit weil kaum geschlafen, die arbeit für die uni, die dringend nötig ist, scheitert an der notwendigen konzentration, weil immer etwas schlimmes passiert. und angesichts der unübersichtlichen lage stehe ich nun an dem punkt, dass ich erstens nicht mehr lange so kann. und zweitens aber, dass ich bedenken habe, mich jetzt so abzugrenzen, wie es nötig wäre, es geht ihr so schlecht. ich habe hospitzdienste, des krebskrisentelefon und andere abtelefoniert: fazit: viel verständnis für diese akute situation. möglichkeiten der unterstützung liessen sich entwickeln. aber: es müssen die betroffenen wollen oder die angehörigen. diese bereitschaft ist nicht da. oder wenn, dann fehlen die konkreten perspektiven, es fehlt an der kraft auch nur irgendwie durch den tag mit der mutter zu kommen.
ich möchte meine freundin keinesfalls fallen lassen. aber sie ist in einem tunnel. für externe, zusätzliche hilfsoptionen unempfänglich, spürt nicht, dass sie selbst über jeden kraftniveau ist( tocher, job, etc.). und die situation ist nicht mehr tragbar: auch vater und grossmutter sind pflegefälle und sabotieren zusätzlich jeden tag weil sie noch schlechter bis überhaupt nicht damit umgehen können, dass die mutter meiner freundin nun nicht mehr wirklich bei bewusstsein ist und nur noch palliativ behandelt wird.
andererseits: meine freundin merkt nicht, dass sie ausgebrannt ist und ich verstehe das. aber: es ist eben nicht mehr tragbar, so weiter zu machen ohne professionelle ansprechpartner. gegen diese option verschliesst sie sich.
ich stosse nun an eine grenze meiner eigenen kraft. die geb ich ihr prinzipiell gerne. aber die situation ist eskaliert. von aussen betrachtet helfe ich ihr nicht einmal mehr damit- es ist so nicht zu schaffen ohne externe hilfe. das will sie aber nicht gelten lassen.
meine frage nun dazu:
ich muss mich abgrenzen, kann und will in der form nur noch weiter stütze sein, wenn es gleichzeitg ein netz an professionellen helfern gibt die teile von all dem leid wenigstens etwas abfangen können und meine freundin begleiten und betreuen können. nicht statt meiner. aber zumindest zusätzlich.
keinesfalls möchte ich sie im regen stehen oder fallen lassen.

wer kennt solche situationen und kann mir vielleicht erfahrungen dazu beschreiben? wege, wie ich ihr vermitteln kann, was ich meine, dass ich eben nicht bequem bin sondern eine grenze an kraft spüre, über die sie schon längst drüber ist. dass ich sie nicht abschieben will in therapie, weils mir gerade lästig wird. sondern dass ich die gesamtsituation sehe und auch sehe, dass es ohne hilfe nicht mehr geht, obwohl ich verstehe, dass sie schon viel zu sehr leidet und verletzt ist, als sich damit auch noch auseinader zu setzen sondern darauf setzt, dass freunde halt jetzt da sein müssen. aber: dieser punkt, was freunde allein beitragen können, ist längst überschritten. nicht wegen mangelndem willen vom umfeld, sondern weil dieser krankheitsverlauf auch noch die gesamte familiensituation zerrütet hat, die jetzt eskaliert.
für beiträge zu diesem thema abgrenzung von freunden, externe hilfe in betracht ziehen wäre ich euch allen sehr, sehr dankbar!
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  #2  
Alt 24.03.2012, 07:16
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Beiträge: 1.508
Standard AW: freundin von angehöriger- abgrenzung

Liebe Ikum,

oje, es wird Zeit, dass du die Notbremse ziehst! Und ich finde es sehr gut, dass du das für dich erkannt hast und nun eine Entscheidung treffen willst. Das musst du auch, denn schließlich geht es um dich!!!
Du bist eine großartige Freundin, denn bisher hast du alles getan, um deiner Freundin zur Seite zu stehen. Aber irgendwann wird es einfach zu viel, vor allem dann, wenn deine Freundin sich nur auf dich und deine Hilfe verlässt. Da sie offenbar resistent gegenüber allen gut gemeinten Ratschlägen und Hilfestellungen ist, bleibt dir nichts anderes mehr übrig, als die Grenze aufzuzeigen. Ich kann dir nur empfehlen, dich noch einmal mit ihr zusammen zu setzen und ihr das, was du hier beschrieben hast, auch glasklar und sachlich zu schildern. Du bist am Rande deiner Kräfte angekommen, aber du hast auch ein eigenes Leben und das ist WICHTIG! Es geht ja nicht darum, dass du ihr nicht mehr helfen willst, doch du allein kannst nicht alles auffangen. Das muss sie verstehen und akzeptieren. Ich versteh gar nciht, weshalb sich diese Familie so dagegen sträubt, Hilfe von außen anzunehmen... Das ist doch keine Schwäche! Im Gegenteil, egal in welcher Lebenssituation man sich befindet, wenn ich nicht mehr weiter weiß, hole ich mir immer Hilfe. Und es gibt so vieles, was man in Anspruch nehmen kann. Du hast dich ja bereits schlau gemacht... Und alle haben wiederum recht, sie (Hospizverein etc.) können nur aktiv werden, wenn deine Freundin das auch zulässt. Ich finde es sehr, sehr schade, dass sie das nicht so betrachten kann. Vielleicht sollte sie einfach nur einmal zur Probe diese Menschen kennen lernen. Die haben so viel zu geben und sind ganz wunderbare Begleiter in derartigen Lebensituationen. Sowohl für die krebskranke Mutter als auch für die Angehörigen. Nimm es mir nicht übel, aber deine Freundin ist auch ziemlich egoistisch, wenn sie erwartet, dass du weiterhin so funktionierst.
Also, mein Tipp wäre ein offenes und ehrliches Gespräch. Und du musst vollkommen überzeugt von dem sein, was du willst. Sonst appelliert deine Freundin an dein schlechtes Gewissen und drückt genau diese Knöpfe. Du brauchst aber kein schlechtes Gewissen zu haben, denn du hast alles getan, was du konntest und bist jetzt ausgebrannt.
Für mich klingt es ein wenig so, als sei das ein offensichtliches Problem der Familie, dass sie keine Hilfe zulassen mag und nach außen "heil" erscheinen will, aber längst jegliche Kontrolle verloren hat. Wenn der Vater dem Alkoholismus verfallen ist, ist das doch auch ein Zeichen, dass er mit der Situation nicht fertig wurde. Du schreibst ja auch, dass die Situation längst eskaliert ist. Worauf will deine Freundin denn noch warten? Dass sie selbst eingeliefert wird? Dass ihre Tochter zusammen klappt?
Es wird wirklich, wirklich Zeit, dass du einmal an dich denkst! Wahrscheinlich hilft bei deiner Freundin nur die Holzhammermethode nach dem Motto "Entweder lässt du jetzt professionelle Hilfe zu, oder ich muss mich zurückziehen, weil ich sonst demnächst zusammen breche. Ich kann einfach nicht all das auffangen, was bei euch anfällt." Anders wird es nicht gehen! Und lass dir bloß nicht einreden, du seist eine schlechte Freundin!
Mich macht das gerade auch wütend, wenn ich mir das alles so vorstelle. Letztlich nutzt sie deine Hilfsbereitschaft aus, weil es für sie bequemer ist, als "fremde Hilfe" zuzulassen.
Liebe Ikem, ich wünsche dir viel, viel Kraft für das bevorstehende Gespräch (nimm du dir auch eine Hilfe mit, denn du wirst sie gebrauchen können) und in Gedanken bin ich bei dir!!! Du musst an DICH denken,denn auch dein Leben gibt es nur einmal...
Alles, alles Liebe
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #3  
Alt 24.03.2012, 12:26
Jasofe Jasofe ist offline
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Registriert seit: 08.02.2012
Beiträge: 83
Standard AW: freundin von angehöriger- abgrenzung

Hallo Ikum,

ich sehe das genaus so. Du bist wirklich einen super Freundin, aber auch eine Freundin muss mal NEIN sagen dürfen.

Hier in Deutschland ist es so, das jeder , der möchte , psychologische oder medizinische Hilfe annehmen kann. "Verdonnert" wird man dazu erst, wenn das Leben der Person in Gefahr ist.

Kläre deine Situation in einem Gespräch. Du kannst ja auch bereits Telefonnummern und Adressen parat haben. Aber du bist auch nur ein Mensch und musst auch ein wenig an dich denken. Du kannst dich nicht für alle aufopfern.

Ein kleines Beispiel, wenn es um psychische HIlfe geht (passt vielleicht nicht ins Krebsforum, aber zur Situation):
Z.B. ein Alkoholiker muss erst mitten im Sumpf sein, um seine Situation zu erkennen und zu sagen, bitte helft mir. Solange du ihm immer nur deine Hilfe anbietest, sein Tun vertuschst und ihn in seiner seelischen Not somit unterstützst, ist das äußerst bequem für den Alkoholkranken und warum sollte er daran was ändern. Das ist ja XY und der hilft mir ja.

Ohne Frage ist die Situation deiner Freundin extrem schwierig. Aber sie muss es irgendwie von sich aus schaffen, die HIlfe von Profis anzunehmen.

Du stehst ihr weitehin zur Seite, aber halt nicht immer und nicht ganz und gar. Und schon allein das ist schon schwierig genug.

Du siehst das alles vollkommen richtig. Grenz dich ab, damit du nicht zugrunde gehst. Deine Freundin kann sich so glücklich schätzen dich zu haben.

Alles Gute
Jasofe
__________________
Nachdem er viel von der Welt gesehen hat, erkundet er nun sein letztes Reiseziel - die Ewigkeit.
(mein Papa : gestorben am 31.3.2012 und ich hielt seine Hand)
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  #4  
Alt 24.03.2012, 13:24
kleine-fee kleine-fee ist offline
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Registriert seit: 03.03.2012
Ort: Erfurt
Beiträge: 171
Standard AW: freundin von angehöriger- abgrenzung

Ich schließe mich Miriam und Jasofe an. Ich hab mit meiner Mam alles allein ausgestanden bis auf die letzten drei Wochen.Da war dann mein Bruder endlich für mich da und ich hab mich hier angemeldet wo ich alles schreiben konnte und wundervolle Anteilnahme erfahren habe.Es hat mir sehr geholfen.Vieleicht erzählst Du ihr von uns und es ist ja auch anonym, also sie muß keine Angst haben.Wie gesagt es hilft einfach ungemein nicht mehr allein zu sein mit seinen Ängsten und der Trauer.
Ich wünsch Dir viel Kraft und Durchhaltevermögen bei diesem Gespräch
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