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  #1  
Alt 09.04.2007, 21:54
nurich nurich ist offline
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Registriert seit: 09.04.2007
Beiträge: 5
Standard Hilflos auf Omas Tod warten

Meine Oma ist Ende Dezember 2006 ins krankenhaus gekommen, weil sie gefallen ist. Dort wurde erstmalig Darm- und Leberkrebs festgestellt. Sie wurde dann im Januar operiert, um einen Darmverschluß zu verhindern. Ansonsten kann man leider nichts mehr machen. seit sie aus dem Krankenhaus zurück kam ins Altenheim (ist sie aufgrund ihrer Demenz seit letztem Sommer), hat sie immer weniger gegessen, bis sie mittlerweile völlig Trinken und Nahrung verweigert. Sie hat nur einen Tropf, um mit Flüssigkeit versorgt zu werden.

Seit Donnerstag sagen uns die Pflegekräfte jeden tag es könnte heut der letzte sein. Ich würd ihr so gerne helfen, aber sie will nichts. Ich sitz oft an ihrem Bett und streichel sie, aber teilweise will sie selbst das nicht. Sie kann so gut wie gar nicht mehr sprechen. Oft schreit sie "Mama,Mama" oder "aua,aua,aua". Sie bekommt Zäpfchen gegen die Schmerzen und könnte Spritzen haben, die jedoch sehr auf den Kreislauf schlagen würden. Wenn ich sie frage ob sie etwas gegen die Schmerzen haben möchte, schüttelt sie den Kopf.

Es ist so furchtbar einfach nur daneben sitzen zu können, gerade wenn sie so stöhnt. alles was ich versuche um ihr Gutes zu tun, möchte sie nicht. Jedes mal wenn das telefon oder das Handy klingeln werd ich bald affig und jede nacht muß ich dran denken, ob sie wohl jetzt gerade noch lebt.

Ich habe 25 jahre lang mit meiner Omi Tür an Tür gelebt. Sie ist überall beliebt, weil sie immer nur nett war. Sie hat jeden Tag mindestens 3x Besuch. Nie hat sie jemandem Schlechtes getan und jetzt muß sie sich so quälen. Sie hat schon länger immer gesagt, dass sie nicht mehr will und was das alles noch soll.

Ich wollte eigentlich gemeinsam mit meiner Tante (ihre Schwiegertochter) zusammen hin gehen, wenn das Heim bescheit gibt, dass es nun direkt zu Ende geht, aber ich kann das einfach nicht. Es tut mir so leid, aber ich krieg das nicht hin. Meine Eltern und ihre anderen beiden Kinder können es auch nicht. Das Heim hat uns versichert, es wäre jemand von dort dann bei ihr. Ich finde es bloß so schrecklich, weil sie so viele Leute hat, die sie lieben und keiner (bis auf eventuell meine Tante) traut sich zu, den letzten Weg mit ihr zu gehen.

Gibt es noch andere Möglichkeiten wie ich meiner Omi helfen kann???

War jemand hier schon einmal in einer ähnlichen Situation??

Ich würde mich riesig über Antworten freuen!
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  #2  
Alt 10.04.2007, 19:56
martinaIna martinaIna ist offline
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Standard AW: Hilflos auf Omas Tod warten

Hallo Du,

wenn Du an Gott glaubst, dann bete. Viel mehr kannst Du wohl nicht tun.

Deine Beschreibung erinnert mich an die letzten Stunden meines Mannes. Er war dann (durch den Krebs) so dement, dass er auf alle Fragen die selbe Antwort (ja) gab. Willst Du noch Tee trinken? Ja. Willst Du keinen Tee mehr trinken? Ja. Eine echte Willensbekundung ist dies nicht gewesen. Ich habe ihn dann weitestgehend in Ruhe gelassen, denn fürs Trinken (von Essen ganz zu schweigen) hatte er keine Energie mehr. Ich habe ihm nur die Lippen befeuchtet und mit einer Spritze (ohne Nadel) etwas Wasser in den Mund geträufelt.

Wenn Schmerzmittel noch nicht ausreichend verabreicht werden, würde ich sie geben. Wobei das Stöhnen nicht auf Schmerzen zurückzuführen sein muss, sondern auch ein Insgesamt-Unwohl-Fühlen sein kann, weil ja die Organe so nach und nach den Dienst versagen.

Mein Mann starb in meinen Armen. Ich war bei ihm und das war die letzte Liebeshandlung, die ich ihm tun konnte. Er atmete sehr mühsam und schappte noch kurz nach Luft und dann war Frieden. Dies ist wohl normal so. Es ist ein Übergang, der nicht ohne Mühe ist aber dann ist Friede und das Ende aller Schmerzen.

In dieser Zeit war das nicht mehr der starke Mann, der er immer für mich war, er war mehr ein Kind geworden, ein schwaches Kind, dass einfach Liebe brauchte. Ein kleines bisschen Mensch an der Schwelle zu einer großen Reise.
Ich verglich nicht, wie er mal war, ich konzentrierte mich nur darauf ihn wahrzunehmen, wie er in diesem Moment war. Da war das gar nicht schlimm. Es war gut zu merken, dass dann aller Schmerz weg war.

Es war mein Mann und nicht meine Oma Für mich ungleich vertrauter als es meine Oma je war. Du musst überlegen, was Du wirklich willst. Angst musst Du nicht haben. Überlege, mit welcher Entscheidung Du in einem Jahr besser leben können wirst. Ob deine Oma merkt, dass Du da bist, kann ich Dir nicht beantworten, Du aber wirst es wissen.

Ich drück dich
martina
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  #3  
Alt 10.04.2007, 20:23
Benutzerbild von rezzan
rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Hilflos auf Omas Tod warten

Liebe nurich,
Martina hat dir schon sehr schön und einfühlsam geschrieben. Auch ich kann dir leider keinen wirklichen Rat geben, das muss wohl wirklich jeder für sich selbst entscheiden. Ich möchte dir aber sagen, dass wenn du dich doch entscheiden solltest bei deiner Omi zu sein, du ganz sicher gar keine Angst zu haben brauchst. Ich habe das erste Mal vor 5 Jahren meiner Mutter beigestanden als sie gestorben ist und das letzte Mal vor 6 Monaten meinem Vater. Gerade bei meiner Mutter hatte ich so furchtbare Angst, dass ich fast verrückt geworden bin - so schreckliche Angst, dass sie leiden muss und sich quälen muss. Sie hatte eine lange und schlimme Krankheit.

Ich hatte noch niemals vorher mit dem Tod zu tun gehabt und dachte, dass der Sterbeprozess das schlimmste von allem ist. Aber was soll ich dir sagen? Der Vorgang des Sterbens ist so anders als man es sich vorstellt. Ganz zum Schluss ist es nur noch friedvoll, so vollkommen leidlos. Ich bin so glücklich, dass ich das erleben durfte, dass ich sehen und fühlen durfte, dass es meiner Mutter gut geht. Wie sich ihre Gesichtszüge entspannten, all der Schmerz von ihr abfiel. Ich glaube das dieses Erlebnis das einzige ist, was mich seitdem noch aufrecht hält. Und genauso war es auch bei meinem Vater.

Ich sollte allerdings dazu sagen, dass mir in all der Zeit niemals auch nur der Gedanke gekommen wäre nicht bei ihnen zu sein. Aber das ist wie gesagt wirklich eine sehr persönliche Entscheidung. Vielleicht ist es für manche Menschen besser, wenn sie das nicht mit begleiten möchten und das ist auch völlig okay. Wie auch immer man sich entscheidet, es sollte einfach eine Entscheidung des Herzens sein, dann ist es immer richtig. Ich wünsche dir viel Kraft und Liebe, Rezzan
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  #4  
Alt 11.04.2007, 00:20
nurich nurich ist offline
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Beiträge: 5
Standard AW: Hilflos auf Omas Tod warten

Vielen Dank für Eure lieben Antworten!!!

Ich bin mir vom Gefühl her eigentlich sicher, dass es mich zerreissen würde, in den letzten Minuten bei Oma zu sein. Andererseits weiß ich nicht, ob es ihr helfen würde, wenn ich da bin. Ich weiß, dass sie eigentlich nicht wollte, dass ich sie so sehe wie jetzt. ich hoffe, dass sie es mir nicht übel nimmt, wenn ich in ihren letzten Minuten nicht da bin?!?
manchmal schimpfe ich mit Gott, wie er es zulassen kann, dass sie sich so quälen muss. Sie hat doch nie jemandem was Böses getan! Leider bin ich aber nicht gläubig genug, um Gott als große Hilfe zu empfinden.

Ich hätte so gern noch mehr über Oma erfahren, aber als die Demenz dann da war, war es zu spät Mit meiner Omi hat diese Frau nicht mehr viel zu tun, aber ich lieb sie trotzdem so sehr, dass es mir schwer fällt sie gehen zu lassen, obwohl ich weiß, dass es ihr einzigster Wunsch ist.

Ich überlege nun, ob ich sie noch mal besuche, wenn sie tot ist. Mir wurden aber sowohl total positive als auch negative Dinge erzählt. Im Altenheim raten die Pfleger es sich nict anzutun. Sieht ein toter Mensch so schrecklich aus? Ich will auch nicht auf ewig das Bild von meiner entstellten toten Oma im Kopf haben. Kann mir jemand seine Erfahrungen berichten? Wie lange kann man sich den Verstorbenen noch ansehen, bevor er Flecke o.ä. bekommt?

Ich würde mich über erneute Antworten sehr freuen!
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  #5  
Alt 11.04.2007, 01:53
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Hilflos auf Omas Tod warten

Liebe NurIch

Ich bin nicht nur seit mehr als 4,5 Jahren Angehörige eines Krebskranken, sondern auch selbst betroffen, zudem bin ich Krankenschwester von Beruf die sich auf Sterbebegleitung spezialisiert hat. Zu aller letzt habe ich als Kind mein Vater an Lungenkrebs verloren und meine Grosseltern wie auch meine Schwiegereltern... und viele mehr. Seit 1986 muss ich langsam Abschiednehmen von unserem Sohn der eine tödlich verlaufende Erkrankung hat.

Also der Tod ist allgegenwärtig.

Ich versteh auch wenn man es sich nicht antun will, muss aber immer wieder Angehörige darauf hinweisen, dass das Sterben und das Begleiten des Sterbenden ein Teil der Trauer und deren Verarbeitung ist. Das Bild von den letzten Tagen, Wochen, Monaten oder gar Minuten eines schwerkranken sind zeitlich begrenzt allgegenwärtig. Im Laufe der Trauerarbeit - die ihre individuelle Zeit benötigt, werden diese Bilder blasser und die Erinnerungen an den Menschen wie er gelebt hat werden wieder mehr zum Vorschein kommen.

Weit schlimmer ist es mit den Schuldgefühlen zurecht zu kommen die man sich je nach dem macht wenn man jemanden nicht begleitet hat - man wird sich immer wieder fragen "warum bin ich da gewesen - er/sie waren immer für mich da und ausgerechnet dann wo ich ihnen etwas Gutes hätte tun können, verliess mich der Mut und die Angst vor dem Tod siegte". Viele Menschen können, wenn sie nicht dabei sind, den Tod nicht annehmen und schlecht Abschiednehmen - dies wird, auch wenn es immer noch sehr schwer ist, mit der Begleitung beim Sterben etwas erleichtert. Diese Schuldgefühle können Jahrzehnte andauern und sind schwer zu verarbeiten und ertragen, weil man eben die Zeit nicht zurück drehen kann. Ich kenne niemand der er reuig war dabei zu sein, ich kenne aber viele die es reuig sind nicht dabei gewesen zu sein.

Auch wenn ein Mensch in den letzten Tagen eher sein Umfeld ablehnt, so sah ich nicht selten die Situation wie Menschen in der Minute des Loslassens und des auf den Weg machen zur letzten Reise, noch die letzten Tränen vergiessen - z.T. war es nur eine einzige Träne – eine Perle, ein Diamant, ein Lichtlein der Liebe und Dankbarkeit, ein Zeichen des Abschieds, wenn keine Kommunikation mehr möglich war, ein Zeichen der Liebe... eine Liebe die über die Schwelle zwischen Leben und Tod bestehen bleiben wird. Tränen der Erleichterung, dass es vorbei ist, aber auch Tränen des Abschieds und der Dankbarkeit nicht alleine zu sein. Das sind Momente an die ich mich bei jedem meiner Patienten aber erst recht bei meinen Familienangehörigen und Freunden die schon gehen mussten gerne erinnern tun. Sie geben mir unheimlich viel Kraft, denn sie bewiesen mir jedesmal, dass ich mit der Entscheidung sie zu begleiten die richtige Entscheidung traf.

Ich hatte auch nicht wenige Patienten, Angehörige und Freunde die extra warteten bis ihre aller Liebsten oder wenn sie alleine waren das Personal bei ihnen waren um dann loslassen zu können - sie waren erleichtert, dass jemand mit ihnen im Zimmer war. Sie atmeten noch ein paar wenige Atemzüge um dann ihre Reise antreten zu können - im Beisein von jemandem, in Frieden und ohne Verzerrungen des Gesichts, ein ruhiges Hinüber gleiten.

Es gibt auch Sterbende die warten extra bis jemand nur für ein paar Minuten wieder den Raum verlässt, z.B. um aufs Klo gehen, ne Zigarette rauchen oder en Kaffee zu nehmen. Erst dann lassen sie los und sterben. Die Angehörigen kommen wieder ins Zimmer und sind entsetzt, dass er/sie gestorben sind ohne dabei zu sein, haben dann oft Schuldgefühle, dass sie nicht bei ihnen waren.

Sie fragen sich "warum konnte ich nicht 5 Minuten warten und später raus gehen?" oder "warum hat der Sterbende nicht gewartet bis ich wieder da war?", dabei war es der oft "unbewusste" Wille des Sterbenden so zu gehen. Für die Sterbenden stimmte es so gehen zu können, sie hatten zuvor Abschiednehmen können und haben selber entschieden alleine zu sein - oft um überhaupt gehen zu können, denn Angehörige die nicht loslassen können, können unbewusst auch das Loslassens des Sterbenden hinauszögern und somit das Leiden verlängern. Leider kann man nicht im Voraus sagen wer zu dieser Gruppe Sterbenden gehört, deshalb nimmt sich der Sterbende die Freiheit selber dann loszulassen wenn es für ihn auch wirklich stimmt. Oder weil sie ihre Lieben nicht belasten wollen.

Sterbende und tote Menschen sind nichts Ausserirdisches die einem etwas antun können, sie sind mein Kind, meine Eltern, Grosselten oder Freunde oder im Beruf ein Patienten. Sie sind es in Zeiten des aktiven Lebens, aber auch wenn sie im Sterben liegen und danach und werden es immer bleiben. Erachte sie auch als solches und du wirst deine Angst überwinden, denn die Liebe zur Person werden im Vordergrund stehen.

Du hast Fragen zum Tod selbst aufgeworfen z.B. Wann man die Totenflecken sehen wird? Gerne gehe ich etwas drauf ein, nicht um jemanden Angst zu machen, sondern vielmehr um sie zu nehmen - der Tod ist vorprogrammiert mit der Sekunde in der wir gezeugt wurden, nicht die Geburt, sondern die Zeugung ist massgebend.

Alle die ich kenne, auch aus den Trauerseminaren die ich gemacht habe, berichten darüber, dass sie es sich vorher viel schlimmer vorstellten und ausmalten wie es eigentlich war- Für sie war das Sterben und der Tod nicht das schlimmste, für sie war weit schlimmer die Zeit der Schmerzen oder in wenigen Fällen der Atemnot (ist nicht ein Hauptsymptom des Sterbens).

Wir müssen uns aus dem Tabuthema Tod wieder auf unsere Wurzeln zurück besinnen wo es völlig normal war jemand zu Hause sterben zu lassen, ihn zu begleiten vom Sterben bis zum Tode und dem Abschiednehmen und ihn dann bis zu einigen Tagen zu Hause aufzubahren. Hier soll auch die Angst vor Gerüchen angesprochen werden, die aufgrund der vielen Fernsehsendungen vielen Menschen Angst macht - wenn jemand frisch gestorben ist riecht er nicht. Gewisse Krankheiten lösen eine Ausdunstung aus, die kann sich im Sterbeprozess verstärken z.B. Leber- oder Nierenkranke. Oft wird auch danach gefragt – Tote seien kalt, es stimmt, die Körpertemperatur wird mit dem Eintreten des Todes nicht mehr reguliert, aber es dauert einige Zeit bis jemand wirklich „kalt“ ist, wobei dies auch von der Raumtemperatur abhängig ist. In der Zeit kann man in Ruhe Abschiednehmen.

Thema Totenflecken - Erstmal müsstest du deine Oma umkehren, um die Totenflecken zu sehen, denn sie kommen dort wo die Schwerkraft auf den Körper einwirkt, dass heisst es ist nicht anderes als ein Absacken des Blutes in Regionen des Körpers die "unten" sind - also wenn jemand bäuchlings stirbt (was hier nicht der Fall sein wird) dann ist der Bauch, Brustkorb und das Gesicht etc. betroffen. Im Normalfall werden es die Rückenpartie, die Hinterschenkel, die Waden, Fersen, Hinterkopf etc. sein sowie die aufliegende Fläche der Arme. Alles Körperregionen die man nicht sieht. Die Totenflecken sehen ähnlich aus wie frische und grössere Blutergüsse - nicht mehr und nicht weniger.

Das einzige was man einem Toten ansieht ist seine Blässe, wobei Menschen im Alter deiner Oma generell schon sehr blass sind - erst recht wenn sie so krank sind.

Es passiert auch nichts wenn man einem Verstorbenen einen letzten Abschiedkuss oder Streicheleinheiten schenkt. Es ist nicht ekelig, schleimig oder sonst was, sondern vielmehr ein Zeichen der tiefsten Liebe – ich entsinne mich heute immer wieder daran wie ich mein gute 1,5 Stunden zuvor verstorbenen Schwiegervater in mein Schoss bettete, ihn stundlang streichelte, lieb hatte und küsste. Meine Schwiegermutter sass daneben und sagte immer wieder sie könne das nicht, nach ca. 20 Minuten überwand sie sich so, dass wir alle gemeinsam mehr als 3 Stunden ihn streichelten, ich ihn so zu halten – es war schön so von ihm Abschied nehmen zu können, denn ich konnte so viele Menschen in meinem Leben beim Sterben begleiten, aber ausgerechnet meinen Schwiegereltern wurde es v, streichelte wehrt, nicht weil sie es nicht wollten, sondern weil ich als Vati starb selbst wegen meiner MS in der Klinik lag und als Mutti auf den Tag 4 Wochen später starb, stand ich in der Arztpraxis meines Docs um die geplante beiden Rückenops zu besprechen – da stürme Willy rein und sagte total aufgelöst dass Mutti soeben gestorben sei. Sie war aber nicht alleine 5 für sie liebe und wichtige Personen waren bei ihr, und niemand, aber gar niemand hatte damit gerechnet. Sie ist angebrochenem Herzen gestorben und wollten nur ihren Mann folgen – sie waren 60 Jahre verheiratet.

Ich kann nur abschliessend sagen mit jedem der in meinem Beisein verstorben ist und von denen ich mich verabschieden konnte etwas Wichtiges für meinen eigenen Lebensweg mitgenommen, jeder schenkte mir etwas spezielles in diesen Stunden und Minuten auf das ich nicht verzichten möchte – Liebe, Vertrauen, Dankbarkeit und vieles was gar nicht in Worte zu fassen ist – sie haben mich geprägt, dafür bin ich ihnen unendlich dankbar.

Vielleicht helfen dir diese Worte die Entscheidung zu treffen die für dich heute und aber auch in Jahren richtig sein wird.

Liebe Grüsse Liz vom Doppelpäggli
__________________
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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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Unsere Welt:
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GEMEINSAM SIND WIR STARK - seit 30 Jahren das DOPPELPÄGGLI!
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  #6  
Alt 12.04.2007, 23:17
nurich nurich ist offline
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Registriert seit: 09.04.2007
Beiträge: 5
Daumen hoch AW: Hilflos auf Omas Tod warten

Liebe Liz!

Ein riesiges Dankeschön für Deine herzliche Antwort
Ich habe im Bekannten- und Verwantenkreis leider niemanden, der mir etwas so genau zu dem Tod sagen kann. Deine Beschreibung insbesondere von den Verstorbenen Körpern, hat mich sehr darin bestärkt, meine Oma auf jeden fall noch mal zu verabschieden auch wenn sie schon gestorben ist. Ich hatte da wirklich ein paar Horrorgeschichten gehört.

Es klingt vielleicht komisch oder kindisch, aber ich kann mir immerhin schon gut vorstellen, tagsüber bei Oma zu sein, wenn sie stirbt. Vor dem nächtlichen Anruf ("Jetzt gehts los.") habe ich immer noch totale Angst. Ich würde mir wünschen, dass sie einfach stirbt wenn ich gerade da bin. Ich habe mal gehört, man würde den Tod schon kommen sehen, zum Beispiel an einer Haut die optisch Wachs ähnelt. Jetzt suche ich Oma jeden Tag ab, um entsprechende Hautstellen zu sehen Die Pflegerinnen (Fachleute) waren ja schon vor einer Woche fest davon überzeugt, dass sie stirbt, aber scheinbar fällt meine Omi da ein bißchen aus dem Rahmen Sie hat so ein starkes Herz, dass sie trotz der schlimmen Krankheit und der fehlenden Nahrung (seit ca. 4 Wochen isst sie gar nichts mehr, davor schon lange nur noch hochkalorische Drinks) immer noch nicht gehen kann.

Gestern konnte ich meiner Oma endlich mal wenigstens was Gutes kaufen: künstlichen Speichel. Ich wußte gar nicht, dass es sowas gibt. Du glaubst gar nicht wie sehr ich mich gefreut habe, endlich was aktiv tun zu können. Am liebsten hätte ich ihr das ganze kanisterweise in verschiedenen Geschmacksrichtungen gekauft Kannst Du mir vielleicht noch einen Tip geben, wie ich ihr was Gutes tun kann?

Vielleicht fällt mir das Ganze auch so schwer, weil ich beim Thema Tod echt noch etwas unterentwickelt bin. Meine Großtante, mein Opa und andere entfernte Verwandte sind bereits am Krebs gestorben und mein Papa hat(te) Krebs. Deswegen seh ich auch durch meine Oma immer wieder die Krankheit von meinem Papa. Ich selbst hatte zweimal den Verdacht auf Krebs, der sich Gott sei Dank, nicht bestätigt hat.

Am liebsten würde ich den ganzen Tag nur noch bei Oma sein, aber ich muß arbeiten und ein Stück weit normal weiterleben. Ich bin mindestens einmal am Tag bei ihr und sie bekommt täglich von mindestens vier Leuten Besuch. Manchmal hab ich das Gefühl, dass es für sie anstrengend ist und sie schon gar keine Lust mehr hat ständig "befummelt" zu werden. Kann das sein (sie spricht ja nicht mehr)? Oft weint sie, wenn sie mich sieht, aber das könnte auch eventuell an ihrer Demenz liegen.

Da jeder Erwachsene in meiner Familie arbeitet, ist es leider nicht möglich, dass Oma Zuhause stirbt. Da sie sich regelmäßig selbst in Gefahr gebracht hat, lebt sie seit letztem Sommer im Pflegeheim. Das finde ich sehr schlimm, weil es für sie bestimmt schöner gewesen wäre, in ihrer Wohnung zu sterben.


An Dich liebe Liz ein riiiieesiges Danke! Ich bewundere Dich sehr dafür, dass Du selbst so schwere Wege gehen musst und trotzdem auch noch Deinen Mitmenschen so lieb hilfst und Dir ihre Sorgen anhörst (die für Dich ja Pipifax sein müssen)

Ich wünsch Dir und Deiner Familie von Herzen alles Gute!
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