Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 28.12.2010, 14:13
ammi ammi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.12.2010
Beiträge: 21
Frage Wie geht man damit um?

Hallo zusammen!

Meine Schwiegermutter („in spe“) hat im Oktober dieses Jahres an ihrem 57. Geburtstag die Diagnose kleinzelliges Bronchialkarzinom T4N3MX bekommen. Sie hatte starke Atemprobleme, da der Tumor so groß war, dass die linke Lunge gar nicht mehr belüftet wurde. Fernmetastasen in Kopf oder Leber wurden da noch nicht gefunden, nur ein maligner Pleuraerguss wurde festgestellt. Inzwischen kann sie dank der Chemo schon wieder ohne Sauerstoff ganz gut auskommen, nächste Woche bekommt sie ihren 4. Zyklus Cisplatin/Etoposid. Das verträgt sie eigentlich ganz gut.
Die Diagnose war für uns alle natürlich ein riesiger Schock. Da ich ein sehr realistischer Mensch bin und zudem auch (in diesem Fall leider…) kein medizinischer Laie (ich bin Krankenschwester und studiere Medizin), weiß ich, dass die Prognose nicht so wirklich gut ist. Meinem Freund ist dies auch bewusst. Das größte Problem, was sich nun für uns ergibt ist, dass meine Schwiegermutter voller Hoffnung ist und glaubt, sie würde komplett geheilt werden. Diesen Glauben lassen wir ihr selbstverständlich, so lange dies noch möglich ist. Wir haben nur furchtbare Angst vor dem Moment, wo sie realisieren wird, wie schlimm es um sie steht. Das könnte ja schon bald passieren, da wir kaum glauben, dass es zu einer kompletten Remission kommen wird. Auch ihrem Mann versuchen wir immer wieder schonend klar zu machen, dass sie die Zeit, in der es ihr gut geht, vor allem nächstes Jahr dann nach der Chemo, unbedingt nutzen müssen, um z.B. in den Urlaub zu fahren. Aber natürlich will auch er es nicht wirklich wahr haben und verdrängt das ganze Ausmaß.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen und vielleicht Tipps, wie man am besten damit um gehen kann? Wir sind dankbar für jede Hilfe!

Liebe Grüße, ammi
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 28.12.2010, 18:01
wölkchen16 wölkchen16 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.12.2010
Beiträge: 57
Standard AW: Wie geht man damit um?

hallo ammi,

erstmal willkommen hier im forum

ich verstehe deine verzweiflung gut ..... es ist leider immer dolle schlimm, wenn angehörige von dieser sch.....krankheit betroffen sind ....

viel schlimmer noch, wenn die/derjendige dann noch voller hoffnung ist .... .... das ist kaum auszuhalten ....

unserer familie geht es da ähnlich ... wir haben vor einigen wochen die krebsdiagnose für meinen papa bekommen..... ( gallengangkarzinom inoperabel, metastasen in lunge, pleura, leber, lymphknoten, evtl. pankreas und darm )

auch mein papa glaubt es wäre alles halb so wild .... er hat nur 1 1/2 chemo gemacht, weil er dann zu schwach wurde ....

er hat bis vor knapp 2 wochen noch geglaubt, dass das fentanylpflaster gegen den husten wäre .... und ist auch nun noch voller hoffnung ....

er kommt fast täglich mit neuen ideen, die ihm irgendein bekannter gesagt hat und sagt mir, ich soll ärzte und kliniken kontakten .... ( lebertranspantation, op, chemo, strahlen, stammzellen,.... ) er würde alles tun .... und er glaubt, dass es wieder besser wird .....

das schlimme, auch meine schwester sieht das so positiv .....

meine mutter verdrängt es eher .... und ich lese viel und denke mir meins ......

wir wollen unseren dad natürlich nicht überfordern oder ihm die hoffnung nehmen .... aber es ist verdammt schwer auszuhalten, wie er täglich schwächer und klappriger wird, keine luft bekommt, nicht essen kann,...... und dann von urlaub im nächsten jahr spricht ....


liebe ammi, einen tipp oder so kann ich dir leider auch nicht geben .... kann dir nur sagen, dass es mir sehr hilft, mich mit anderen auszutauschen - ob hier im forum oder bei der krebsberatung, hospiz,..... hilfe holen ist wichtig .....

( ein sehr gutes buch, wenn du magst : christoph schlingensief : "so schön wie hier kanns im himmel gar nicht sein" )

ich wünsch dir viel kraft

liebe grüsse
wölkchen
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 28.12.2010, 18:34
tischlerin tischlerin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.12.2010
Beiträge: 43
Standard AW: Wie geht man damit um?

liebe ammi!

ich verstehe Dich gut, mein Bruder ist im April dieses Jahres an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Er hat bis etwa 14 Tage vor seinem Tod, als ihm die Ärzte bereits gesagt hatten, dass sie nur mehr palliativ mit ihm arbeiten konnten, gedacht, es könnte alles gut werden. Der Psychologe der Palliativstation hat mir gesagt, dass die Hoffnung, gesund zu werden, dem Patienten hilft, das ganze auszuhalten.

Stell Dir vor, Du bist selber krank, würdest Du den ganzen Tag daran denken wollen, dass Du sterben wirst? Du würdest wahnsinnig werden. Ich selber war mir auch schon viel früher im Klaren darüber, dass mein Bruder sterben würde, aber ich hab ihm die Hoffnung gelassen. Er hatte soviel vor, Segeln, seiner Tochter beim Schifahren lernen zusehen, wieder arbeiten gehen. Nichts von dem hat er mehr gemacht.

Von der Diagnose bis zu seinem Tod sind 22 Monate vergangen und erst 14 Tage vor seinem Tod hat er sich eingestanden, dass er sterben wird und erst dann hat er alle rechtlichen und persönlichen Dinge geklärt, gerade rechtzeitig bevor er gestorben ist.

Ich persönlich glaube, die HOFFNUNG und der Wunschtraum, gesund zu werden, ist das Wichtigste für den Erkrankten, denn ohne Hoffnung ist man verloren. Natürlich sollte man nicht so tun als ob nichts wäre, und die Zeit nutzen, die man noch hat, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es schwerkranke Menschen total fertig macht, wenn man sie auf ihre Krankheit reduziert. Man muss den Menschen als Ganzes nehmen. Wenn Deine Schwiegermutter realisiert hat, was los ist, ist es früh genug darüber zu reden! Es gibt auch verschiedene psychische Phasen, vielleicht magst Du hier nachlesen: http://www.medizinfo.de/krebs/allgemein/psyche.shtml

Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig helfen, das waren halt meine Erfahrungen mit diesem Thema. Wünsch Dir viel Kraft für diese Zeit!!
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 28.12.2010, 19:56
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.11.2010
Ort: ulmer ecke
Beiträge: 1.150
Standard AW: Wie geht man damit um?

liebe ammi..
ich kann dich soo gut verstehen. auch meine mutter wird nur noch palliativ mit einer tace (lokalen chemoembolisation) behandelt und sie sieht das völlig anders. sie hofft, durch die chemo den krebs zu besiegen. und wir (meine schwester und ich) lassen sie auch in dem glauben. sie redet auch kaum über den krebs. dafür reden meine schwester, die in ihrer nähe wohnt, und ich oft darüber. meine mutter hat durch ihre leberzirrhose auch eine enzephalopatie, was sie auch immer wieder vergesslich und schusslig werden läßt.
ich denke, es ist ok die betroffenen in ihrem glauben zu lassen. so leben sie in diesem moment noch schön und lebenswert. die nackte wahrheit und das gemeine gesicht vom krebs werden sie noch früh genug kennenlernen.
ich wünsch euch alles gute und viel viel kraft für den weiteren weg.
lg tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 29.12.2010, 14:56
ammi ammi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.12.2010
Beiträge: 21
Standard AW: Wie geht man damit um?

liebes wölkchen!
das mit deinem papa tut mir unendlich leid. wenn die eigenen eltern betroffen sind, ist das alles ja irgendwie nochmals schlimmer (bei meinem papa wurde letztes jahr weit fortgeschrittener prostata-krebs diagnostiziert, wir mussten auch kurzzeitig dolle um ihn bangen, aber glücklicherweise geht es ihm inzwischen besser, weil es gerade noch rechtzeitig festgestellt wurde, auch wenn er immer noch nicht geheilt ist. deshalb kann ich mir annähernd vorstellen, wieviel intensiver sich das anfühlen muss, wenn die "ganz" eigene familie betroffen ist. es ist ja so schon kaum auszuhalten)
was du schreibst, dass man es kaum ertragen kann, die zuversicht des betroffenen und auch der familie aushalten zu müssen, kann ich gut nachvollziehen. deinem papa geht es ja sogar körperlich schon gar nicht mehr so gut und dennoch ist da der feste glaube, alles wird gut gehen. es ist schon erstaunlich, wie die psyche mit solchen "notsituationen" umgeht. aber vielleicht ist das ja auch gut so, vielleicht würden sie sonst nicht durchhalten können. vielleicht ist ja auch irgendwo tief drinnen doch die gewissheit, dass es nicht mehr lange gehen wird und sie wollen uns, also die familie, vor diesen negativen gedanken schützen. ich wünsche dir und deiner familie auch ganz viel kraft

liebe tischlerin,
du hast recht, man darf den kranken nicht auf seine krankehit reduzieren. vielleicht passiert mir/uns das manchmal, und wenn nur in gedanken. obwohl wir natürlich immer bedacht sind, alles so normal und alltäglich wie möglich zu gestalten. dass dein bruder verstorben ist, tut mir sehr leid. und was du schreibst, dass dieser glaube der betroffenen sie quasi noch am leben hält, ist sicher auch richtig. aber es ist einfach so schwer zu ertragen!! andereseits stimmt es natürlich, was soll man die ganz zeit an den tod denken und daran, dass man vielleicht bald sterben wird. das würde ja überhaupt auch niemanden weiter bringen. es ist schon eine scheiße, dieser blöde krebs..vielen dank übrigens für den link. hat mir einige gute, neue gedanken gebracht!

liebe fraunachbarin,
auch dir und deiner familie wünsche ich ganz viel kraft. es ist gut zu lesen, dass es auch anderen betroffenen ähnlich geht. und was du schreibst, dass die kranken das gemeine gesicht der krankheit noch früh genug kennen lernen ist wohl wahr. man sollte es ihnen solange wie möglich erparen...es ist nur schade, dass man selbst nicht davor verschont bleibt und ewig diese fürchterlichen gedanken mit sich rum trägt. ich wünschte, ich könnte das auch alles besser verdängen!

euch allen vielen dank für eure worte
liebe grüße, ammi
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 29.12.2010, 19:06
ulphin ulphin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 08.08.2010
Beiträge: 140
Standard AW: Wie geht man damit um?

Liebe ammi,

es tut mir sehr leid für Deine Familie und für Dich und ich wünsche Euch viel Kraft auf Eurem Weg.

Letztlich ist es so, wie fraunachbarin schreibt, denn irgendwann kommt unweigerlich der Punkt, an dem die Betroffenen realisieren, wie ernsthaft ihre Erkrankung sein kann. Und selbst wenn man ihn in Gedanken zumindest teilweise auf die Krankheit reduziert, so finde ich ich, dass dies in jedem Fall menschlich ist. Denn natürlich kreisen die Gedanken irgendwie ständig um weitere Neuigkeiten, Therapiemöglichkeiten, Arztberichte, etc. Aber im Umgang miteinander ist es uns bei der Krankheit meiner Mami immer wieder gelungen, den Alltag im Auge zu behalten. Ihre Enkel haben sie gesprochen und gesehen, sie hat sich in Telefonaten selbst nach ihnen erkundigt, wir haben wie vorher auch regelmäßig über politische Themen gesprochen und auch gelästert und sogar einige Tage vor Ihrem Tod in den Urlaub gefahren, weil sie es genau so wollte. Aber wir sind auch bewusster miteinander umgegangen, haben uns deutlich gemacht, wie wichtig es ist, beisammen zu sein, auch wenn man nicht vor Ort ist.

Herzliche Grüße und das Bestmögliche für das neue Jahr

ulphin
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 00:08 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55