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#1
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Uns blieben ganze 17 Tage
Hallo,
vor genau 2 Wochen habe ich angefangen, im Angehörigen-Bereich unter "Schlimme Gewissheit - die Zeit läuft uns davon" von meinem Vati und seiner schweren Krebserkrankung zu berichten. Gestern um 16.30 Uhr habe ich seine Augen für immer geschlossen. Er ist in meinen Armen friedlich und ruhig eingeschlafen. Vor 17 Tagen hatte mir der Arzt, der meinen Vati im Pflegeheim betreute, die Wahrheit gesagt, dass mein Vati nur noch Wochen zu leben hat. Letzten Montag habe ich den Arzt darauf angesprochen, dass ich denke, wir haben nur noch Tage und keine Wochen mehr Zeit. Das mußte er leider so bestätigen. Am Samstag war mein Vati sehr unruhig. Mein Gefühl sagte mir, dass er nun auf dem letzten Weg ist. Er hat immer wieder versucht, sich bei mir und meinem Sohn festzuhalten. Ich war ganze 10 Stunden an seiner Seite, weil ich das Gefühl hatte, dass er mich da haben wollte. Eine Stunde war ich ganz allein mit ihm. Ich konnte ihm da noch mal sagen, dass ich ihn sehr lieb habe, aber auch weiß, dass seine Zeit nun gekommen ist und ich ihn loslassen muss. Ich habe ihm gesagt, dass ich bis zum Schluss an seiner Seite sein werde, wenn ich merke, dass er das so möchte. Er hat immer wieder meine Hand gedrückt. Sagen konnte er nichts mehr. Abends nach der Morphium-Tablette wurde er etwas ruhiger. Am Sonntag hatten die Pflegerinnen sein Zimmer sehr liebvoll hergerichtet: eine Kerze brannte, kleine Engelsfiguren standen auf einem Seidentuch, ein paar Bücher und CDs lagen da, liebevoll dekoriert. Mein Vati lag ruhig in seinem Bett, die Decke so, dass sie ihn nicht belastete. Wir waren 2 Stunden mit dabei, als er seinen letzten Weg gegangen ist. Mein Sohn und ich haben seine Hände gehalten, als er um 16.30 Uhr friedlich eingeschlafen ist. Ganz kurz vorher hat er noch einmal seinen Enkel kurz angelächelt und meine Hand ganz doll festgehalten. Und dann war es plötzlich ganz still. Ruhe und Frieden waren in seinem Zimmer, nur unsere Tränen tropften aus seine Decke. Seine Hand hielt meine immer noch ganz fest. Später fiel draußen ein leichter Regen, nur ein paar Minuten. Ich stand auf dem Balkon seines Zimmers. Der Regen war wie ein leichtes Streicheln meiner ausgestreckten Arme. Es fühlte sich gut an. Ich weiß, dass ich in den letzten 17 Tagen alles richtig gemacht habe. Wir konnten meinem Vati in der Zeit noch ein paar kleine Freuden bereiten: die Bilder an der Wand, seine neue Uhr, seine Enkel, die ihn noch besucht haben. Trotzdem fühlt es sich falsch an. Falsch, dass er so schnell gehen mußte, falsch, dass ich nicht mehr in das Heim zu ihm fahren kann, dass ich nichts mehr für ihn tun kann. Und draußen Kinder spielen und lachen. Ich kann meinen Schmerz gar nicht in Worte fassen. Es waren nur 17 Tage, in denen wir die Gewissheit hatten, dass seine Zeit hier zu Ende geht. 17 Tage, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen und doch viel zu kurz waren. Mein lieber Vati. Ich weiß, dass Du nun keine Schmerzen mehr hast und von Deinem Leid erlöst bist. Aber ich vermisse Dich so sehr, dass es mir fast das Herz zerreißt und ich überhaupt nicht weiß, wohin ich mit all diesen Gefühlen soll. Ich kann fast nichts mehr sagen, weil mir die Tränen die Stimme ersticken. Deshalb schreibe ich hier und ich werde Dich nie vergessen. Carla
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Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen. Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark |
#2
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AW: Uns blieben ganze 17 Tage
Hallo liebe Carla,
es tut mir leid, dass du deinen Vati gehen lassen mußtest, aus jeder deiner Zeilen spricht eine so große Traurigkeit und Liebe ... es ist schlimm, dass so etwas passieren muss... und man so hilflos zurückbleiben muss und es ist immer zu früh, egal, wie alt ein Mensch auch war. Bei mir ist es heute auf den Tag genau 4 Monate her (ich schrieb seit 7/2010 im Lymphdrüsenkrebsforum), am Freitag waren es 17 Wochen, nicht 17 Tage wie bei dir und doch ist es so, als wäre es gestern erst passiert.... . Meine Mama fehlt mir so sehr, ich denke jeden Tag an sie und ich wünschte, ich hätte sie auf ihrem letzten Weg begleiten können, aber leider war das nicht möglich.... Wir wußten 9 Tage lang, dass sie gehen wird, dass sie nicht mehr gesund werden wird, wir hatten so gehofft, dass sie es noch nach Hause schafft und wir bei ihr sein können (meine Mama ist in der Reha gestorben). Sie hinterlassen einfach so große Lücken, dass es unmöglich ist, diese zu füllen, ich fühle mich auch nach 4 Monaten unmächtig und fassungslos. Manchmal rede ich mir ein, dass wir sie am Wochenende in der Reha besuchen, dass das alles gar nicht wahr ist und ich irgendwann aus dem Alptraum aufwachen kann.... So, wie du dich liest, bist du im Reinen mit dir und deinem Vati, dass ist eine ganze Menge, wenn man nicht das Gefühl haben muss, irgendetwas ist ungesagt oder wurde nicht getan. Ich bin mir sicher, er war sehr froh, dass du ihn nicht alleine gelassen hast und du bei ihm warst.... und er weiß ganz sicher, wie sehr du ihn geliebt hast Ich wünsch dir alles Liebe Heike |
#3
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AW: Uns blieben ganze 17 Tage
Liebe liebe Carla,
es tut mir ganz ganz doll leid. Ich weine mit Dir und nehm Dich fest in den Arm. Aber es íst schön, dass Du bis zur letzten Minute bei ihm warst. Das hat ihm bestimmt sehr viel bedeutet. Auch das du die ganzen wunderschönen Dinge für ihn gemacht hast (die Uhr, die Bilder) ist sehr schön und hat ihn glücklich gemacht. Du hast Deinen Papa unendlich geliebt und mit dem Bewusstsein ist er eingeschlafen. Ich weiss, meine Worte können Deinen Schmerz nicht lindern aber ich hoffe, sie können Dir ein wenig Trost spenden. Ganz liebe Grüße Jäcky |
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AW: Uns blieben ganze 17 Tage
mein aufrichtiges beileid
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#5
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AW: Uns blieben ganze 17 Tage
Liebe Heike, Jäcky und Tatjana,
vielen lieben Dank für Eure liebe Anteilnahme. Ja, im Reinen bin ich mit meinem Vati. Ich hatte immerhin das Glück, ihm noch alles sagen zu können, was mir wichtig war. Ich habe auch seine Reaktionen gesehen und gespürt, wenn er meine Hand gedrückt hat, dass er mich immer verstanden hat. Und, ich konnte ihm noch viele kleine Wünsche erfüllen. Bis zu seiner letzten Minute sogar, als er meine Hand so festhielt und mir damit gezeigt hat, dass er mich in diesem Moment bei sich haben will. Vorhin war ich mit meinem Mann im Heim. Wir haben Vati's Sachen abgeholt. Hätte zwar auch ein paar Tage Zeit gehabt, aber der Weg dahin wäre dann auch nicht leichter geworden. Sein Zimmer sah noch so aus wie gestern abend, als wir es verlassen haben. Nur er war eben nicht mehr da. Sogar die Wechseldruck-Matraze lief noch... Es ist schwer, alle seine Sachen einzupacken und zu wissen, dass er sie niemals mehr anziehen wird. Ich habe sogar noch ein Shirt von ihm hier zu Hause in meiner Wäsche, weil ich seine Sachen immer mit gewaschen habe, so lange er im Heim war. Er hatte dieses Shirt am Samstag noch an, es riecht noch so lebendig nach ihm. Ich kann es einfach nicht fassen, dass er nicht mehr da ist. Wo soll ich nur mit all diesen Gefühlen hin? Eigentlich wäre ich jetzt schon bei ihm im Heim. Gestern um diese Zeit war er noch da..... Carla
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Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen. Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark |
#6
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AW: Uns blieben ganze 17 Tage
Liebe Carla,
auch ich möchte Dich hier in Deinem neuen Thread besuchen. Lass Dir Zeit mit allen Gefühlen. Alles hat seine Zeit. Du brauchst jetzt nichts zu überstürzen. Lass Dir Zeit. Du hast Deinem Vater so viel Zeit gegeben, alles liegen gelassen, um für ihn und nur für ihn dazu sein. Dann kannst Du Dir jetzt auch Zeit für Dich geben. Gib Dir Zeit für alle Gefühle. Ganz, ganz liebe Grüsse vom Alpenveilchen |
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