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Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Hallo miteinander,
es würde mich interessieren, welche Erfahrungen Ihr bzgl. der Erfolgsmessung bei einer Chemotherapie gemacht habt. Der Hintergrund der Frage ist, dass die Krankheit mitsamt Chemotherapie so ins Zentrum gerückt sind, dass man einfach wissen möchte, wo man steht und wie die Therapie anschlägt. Meine Frau hatte im März recht viele Metastasen in beiden Lungenflügeln. Ich sage deswegen "recht viele", weil uns bislang niemand eine genaue Zahl gesagt hat. Seit April macht sie eine Chemotherapie, und die gute Nachricht ist, dass nun im Juni bei einem Röntgenbild festgestellt wurde, dass die Metastasen stark zurückgegangen sind und auf dem Röntgenbild laut der Ärztin kaum mehr etwas zu sehen ist. Die 4. Therapie hat nun begonnen - es ist geplant, nach der 6. Chemotherapie ein Kontroll-CT zu erstellen. Meine Meinung ist, dass man bei einer solch speziellen Krankheit genauer arbeiten müsste als mit Kategorien wie "viel", "wenig", "reduziert" oder "zugenommen". Ansonsten ist das so, wie wenn ich einem 100m-Läufer sage "Du warst ziemlich schnell", aber keine Zeit oder anderen Messpunkt gebe. Ich hatte die Vorstellung, dass man auf Basis des CTs eine genaue Metastasen-Zählung macht und dann zum Beispiel zu dem Ergebnis kommt: - linke Lunge: x mm: 8 aktive Metastasen y mm: 15 aktive Metastasen z mm: 7 aktive Metastasen: - rechte Lunge: genauso .... Und dann macht man dasselbe mit dem Kontroll-CT und sieht im Detail, wie sich die Anzahl und Struktur der Metastasen verändert hat. Dann könnte man die Veränderung genau quantifizieren. Denn es ist doch ein Unterschied, ob Metastasen zu 30% zurückgehen oder zu 75% - und ob eher die kleinen ansprechen oder die großen. Ein Mediziner müsste dann doch eigentlich unterschiedliche Rückschlüsse ziehen. Es scheint aber so, dass dies kein Standard ist. Daher meine Fragen: 1) Kennt Ihr Experten, die eine solche CT-Analyse machen können? An wen könnte man sich mit diesem Anliegen wenden? Ich selber kann es nicht, da ich kein Mediziner bin und nicht sicher eine Metastase von einer Ader oder Ähnlichem unterscheiden kann. 2) Wie messen andere den Erfolg einer Chemotherapie? Gibt es neben Anzahl und Größe von Metastasen andere messbare Kriterien? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine grobe Aussage wie "besser geworden" der Weisheit letzter Schluss ist. Herzlichen Dank !!! |
#2
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Man kann anhand einer CT (oder gar eines Röngtenbildes) keine Zählung vom Metastasen machen, auch nicht deren Größe präzise angeben - aus dem einfachen Grunde, dass die bildgebenden Verfahren auch anderes als Metastasen anzeigen, insbesondere auch gutartige Veränderungen. Selbst die Kombination mit einer PET würde noch immer kein präzises Bild liefern.
Die Genauigkeit, die du forderst, ließe sich leider erst mit einer Obduktion herstellen. |
#3
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Hallo Juli100,
ich denke man bezieht sich auf die Anzahl und Größe der Tumore vor allem weil man dies relativ leicht und wiederholbar messen kann. Es gibt auch Möglichkeiten die Messwerte aus dem CT zu einer Zahl zusammenzufassen. Eine davon ist RECIST. Ich hatte mit den RECIST-Kriterien im Rahmen einer Studien-Behandlung Kontakt und bin schließlich aus der Studie gefallen weil der Erfolg des Medikaments nicht gegeben war. Solche Rechenspiele haben zwar bei der Erprobung von Medikamenten einen gewissen Wert, weil sie in der statistischen Auswertung der Studienergebnisse einen zusätzlichen Messwert liefern. Für den Einzelbefund sollte man sie aber nicht überbewerten. Warum ? : Die Größe ist nicht alles! Ich habe viele große Metastasen die lustig weiterwuchern aber trotzdem keine Probleme machen. Ich habe allerdings auch eine im Bein die den Oberschenkel-Knochen angreift. Das die Chemo bei dieser einen Metastase wirkt ist in meinem konkreten Fall also wichtiger und höher zu bewerten als die Wirkung auf die anderen. Ich lasse mir trotzdem regelmäßig die CT-Befunde aushändigen und lasse die Zahlen auf mich wirken. Manchmal komme ich für mich zu einem anderen Worturteil als ich im Befund zu lesen bekam. Dies hatte auch schon Einfluss auf die Therapie. Ich habe mit meinem Onkologen über meinen Eindruck gesprochen und wir haben auch schon mal eine Therapie verlängert. Bei den vielen CT-Befunden war bei mir eigentlich noch nie einer eindeutig. Es gab immer Metastasen die größer waren und auch welche die kleiner waren als zuvor. Ich denke das sich in vielen Fällen einfach gar nichts geändert hat und die unterschiedlichen Messwerte innerhalb der Messungenauigkeit liegen. Beim CT wird der Körper ja bildlich in Scheiben geschnitten, und je nach dem wo die Scheibe liegt misst man einen anderen Durchmesser. Besonders bei kleinen Metastasen können die Ungenauigkeiten sehr groß werden. Auch die Anzahl der gefundenen kleinen Metastasen kann aus diesem Grund stark schwanken. Die Anzahl ist also auch kein absolutes Kriterium für den Erfolg. Sicher sind die Patienten auch unterschiedlich. Manche lassen sich von Zahlen in die richtige Richtung führen. Die vielen Zahlen können einen aber auch schnell überfordern. Es kann sein, das man von einer Zahl in eine Stimmung gedrückt wird, die dann durch viele gute Worte nicht wieder aufgehellt werden kann. Ein Wort-Urteil lässt sich in vielen Fällen sicher einfacher korrigieren, wenn es beim Patienten in den falschen Hals kommt. (Besonders wenn man anfängt mit der gehörten Zahl innerlich weiterzurechnen. ) Du solltest nach den Befunden fragen, wenn Dir das Worturteil zu unkonkret ist. Dort steht auf jeden Fall alles drin, was gemessen wurde. Ein komplettes ausmessen aller Metastasen macht aus den genannten Gründen aber selten Sinn. Ich habe von meinem Onkologen eigentlich alle Befunde bekommen die ich haben wollte. Manchmal muss man 2 mal fragen. Uwe |
#4
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Ehrlich gesagt musste ich schmunzeln, als ich Deinen Post las. Das ist für mich so eine "Männerfrage". Der Körper ist aber kein Auto, wo man eine Bestandsaufnahme macht und dann repariert. Wie schon gesagt: Die Größe ist bei einer Metastase nicht unbedingt das wichtigste. Eine winzige G3 an der falschen Stelle kann mehr Ärger machen als eine große G1. Und alle Metas zu biopsieren ist schlicht unmöglich, man kann eine Lunge ja nicht löchern wie ein Sieb.
Was mir nicht klar ist: Worauf willst du genau hinaus? Vielleicht sind 30% das beste, was man überhaupt herausholen kann. Jeder Mensch ist anders, beim einen wirkt das, beim anderen was anderes und leider habe ich hier schon oft erlebt, dass auch gar nichts hilft.Da wäre man super froh, wenn die 30 % erreicht worden wären. Man kann also nicht mal genau sagen, ob 30 % gut oder schlecht sind. Das ist dann eine Frage der Betrachtung und der individuellen Situation (in der auch der Gesamtzustand des Patienten und die zu erhaltende Lebensqualität mit eingerechnet werden muss). Ich finde, dass dies einfach die falschen Fragen sind.
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lg gilda Geändert von gilda2007 (16.06.2013 um 19:26 Uhr) |
#5
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Vielen Dank für die ausführlichen und hilfreichen Antworten! Es tut wirklich gut, sich darüber auszutauschen als nur mit Büchern oder Internet-Recherche im eigenen Saft zu schmoren.
Uwe, Du schriebst "Ich lasse mir trotzdem regelmäßig die CT-Befunde aushändigen und lasse die Zahlen auf mich wirken.". Ich glaube, dass wir einen solchen Befund mit irgendwelchen Zahlen gar nicht bekommen haben. Uns wurde immer nur gesagt, dass das CT recht viele Metastasen in der Lunge zeigt. Auf der CD vom Krankenhaus steht ein kurzer medizinischer Befund, aber keine anderen Details. Darf ich noch mal nachfragen, welche Zahlen Du damit genau meinst und welche Werte Dir immer ausgehändigt werden? Vielleicht frage ich dann auch mal nach diesen Informationen. Gilda, noch mal zu der Frage, worauf ich denn eigentlich hinaus will. Als ich das CT meiner Frau vor der Chemotherapie an 3 Experten bzgl. der Laseroperation von Metastasen schickte, sagten diese mir, dass für sie die Anzahl, Größe und Lage der Metastasen wichtig für die Beurteilung der Operabilität sind. Alle 3 rieten uns zunächst mal zu einer Chemotherapie mit dem Ziel, dadurch hoffentlich die Metastasen zu reduzieren und zu verkleinern. Der Onkologe erklärte uns dann, dass er irgendwann ein Kontroll-CT macht, um dann auch zu sehen, ob sich die Metastasen verringert haben oder nicht mehr aktiv sind. Das ist der Grund, warum ich dachte, dass Anzahl und Größe der Metastasen für die Planung der nächsten Schritte nach der Chemo so wichtig sind und mich fragte, wie man denn an diese Informationen kommt. Nicht falsch verstehen: Ich will nicht den Job des Onkologen machen, das kann ich natürlich nicht. Ich möchte aber verstehen, warum der Arzt irgendwelche Schlüsse aus der Therapie zieht und ob eine bestimmte Therapie gemacht wird und ob es aussichtsreich ist und ob die schon gemachte Therapie angeschlagen hat. Darum dachte ich, dass es so wie bei jeder Blutwertanalyse auch bei einer Chemotherapie irgendwelche messbaren Kriterien gibt, um zu sehen, ob die Therapie gut anschlägt oder aber nicht. Naja, vielleicht habe ich auch die falschen Vorstellungen. Ich dachte halt, dass wenn win wesentliches Ziel der Chemo ist, die Metastasen zu reduzieren und zu deaktivieren, dann müsste man diese Metastasen-Veränderung doch irgendwie messen so wie man auch den Blutzuckerspiegel misst. |
#6
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Hallo Juli
Ich kann natürlich verstehen, dass du gerne den Erfolg der Chemo bei deiner Frau messen würdest. Es wäre schön, wenn man so klare Richtwerte hätte. Aber wie The Witch bereits geschrieben hat: Nicht alles, was auf dem CT zu sehen ist, ist auch tatsächlich eine Metastase. UND: Bildgebende Verfahren, wie CT, etc. bilden nicht alle Metastasen ab. Wenn die Metas z.B. zu klein sind, sind sie nicht zu sehen. Es ist also durchaus wissenschaftlich korrekt, keine konkreten Angaben zu machen. Dazu kommt, wie andere schrieben, dass sich nicht allein auf Grund der Anzahl und Grösse der Metastasen eine Aussage über den Erfolg einer Chemo machen lässt. Das "Problem" ist: Der menschliche Körper ist sehr kompliziert, wesentich komplexer, als eine Maschine. Ich weiss, es ist nicht einfach mit dieser Unsicherheit zu leben, aber es bleibt uns nichts anderes übrig. Ich wünsche deiner Frau alles Gute! Arsinoe |
#7
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
OK, vielen Dank, Arsinoe!
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#8
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Zitat:
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#9
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AW: Erfolgsmessung bei der Chemotherapie
Nochmal Hallo!
Gern geschehen, Juli! Ich finde, das ist ein sehr guter Hinweis von "The Witch"! Bei mir wurden die CTs an zwei unterschiedlichen Orten gemacht. Und es war tatsächlich so, dass es dadurch einige Verwirrung gab. Bei meinem Mann, der ebenfalls ein CT machen liess, machten wir ausserdem eine interessante/beunruhigende Feststellung: Es kommt auch darauf an, WER die CT-Bilder anschaut. Der Radiologe sah z.B. nichts, der Urologe, der die gleichen Bilder anschaute, sah dann etwas. Er hatte bei seinem Computer offenbar den Kontrast anders eingestellt oder einfach genauer geguckt. Who knows? Zum Glück handelte es sich bei meinem Mann - so hoffen wir wenigstens - offenbar um eine Lapalie. Wenn es ernsthaft gewesen wäre, dann ... Nun ja! In dem Sinne: Es schadet sicher nicht, kritisch zu sein und alles genau zu prüfen. Herzliche Grüsse Arsinoe |
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