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  #1  
Alt 02.02.2012, 22:50
ännchen ännchen ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Hallo zusammen,

viele eurer Gedanken kenne ich auch. Ich sehe die Diagnose 2005 als "Schuss vor den Bug", in meinem Leben Dinge zu verändern, die mir nicht gut tun; bzw. Sachen zu machen, die ich mir immer schon mal vorgenommen hatte. Nach der Reha 2006 habe ich verstärkt Sport getrieben (Schwimmen, Rad fahren) und mir endlich die Zeit genommen, mich einem Chor anzuschließen.
Meine Tätigkeit als Familienmanagerin (4 Kinder Jge. 87,90,93,96) hatte ich nie eingestellt. Nach Chemo und Bestrahlungen ging es mir wieder richtig gut! Ich habe ein Jugendzeltlager bekocht, bin als Begleitung auf eine Fahrradtour an der Weser mitgefahren, habe meine Großmutter (93) so gut es ging bis zu ihrem Tod betreut, wir haben eine rauschende Silberhochzeit gefeiert. . .
Kurz um: BK kam nur noch zu den Nachsorgeterminen in meinen Gedanken vor. War das zu vermessen? Hätte ich die Diagnose auch in der Folge ernster nehmen sollen?

Inzwischen (6 Jahre später) gibt es einen neuen Warnschuss, der mich im Moment noch ziemlich wanken lässt.

Meine Kinder sind älter geworden und brauchen mich nicht mehr so nötig. Aber habe ich sie gut genug auf das Alltagsleben vorbereitet?
Sollte ich nicht auch für meine Beerdigung schon Vorsorge treffen? Wie hilfreich das sein kann, habe ich beim Tod meiner Großmutter vor 2 Jahren erlebt. Sie hatte ein Sparbuch angelegt und mir genau erzählt, wo ich ihre Unterlagen finde, welches Nachthemd sie tragen möchte... sogar ihren Grabstein hatte sie schon vorbereiten lassen. Im Vergleich dazu ist die Beisetzung meiner Mutter vor 3 Wochen mehr als chaotisch gewesen...

Dazu kommen mir nun die nächsten schrägen Gedanken: Meine Oma war 93, meine Mutter 72, als sie starben. Wenn ich das weiter hochrechne (-21), dann bin ich nächstes Jahr mit 51 "dran". Ich weiß, dass das absolut albern ist, so zu denken und zu rechnen, aber manchmal bin ich halt so schräg drauf.

Normalerweise nehme ich aber das Leben, wie es kommt, verschließe nicht die Augen vor der Realität, gehe alles an und lasse mich so schnell nicht unterkriegen. Nur gerade ist alles ein bisschen viel! Die OP (diesmal Ablatio) ist erst 2 Monate her, man hat bei den Ultraschalluntersuchungen eine Eierstockzyste entdeckt, die seither auch noch gewachsen ist und entfernt werden sollte, am Tag meiner ersten Herzeptingabe starb meine Mutter, mein Blutdruck ist gestiegen und ich bin mir einfach grad nicht mehr meiner selbst sicher.

Da ich aber immer noch ohne Lymphknotenbefall und Metastasen bin, gehe ich davon aus, dass ich meine Altersvorsorge (ich habe geriestert!) auch noch eine Weile nutzen werde; es muss ja nicht bis 93 sein. Vor 6 Jahren war meine Lebensplanung, dass ich meine Silberhochzeit noch erleben möchte. Jetzt plane ich, meinen Jüngsten (15) noch mindestens in die Volljährigkeit zu begleiten und eventuell auch das eine oder andere Enkelkind zu erleben. Schließlich ist meine Tochter (24) inzwischen fertig mit ihrem Studium. Damals steckte sie mitten im Abi. Es geht also weiter und schon jetzt beim Schreiben merke ich die Vorfreude auf das, was noch alles möglich ist (vielleicht sogar die Goldhochzeit!).

Jetzt aber merke ich auch, dass ich müde werde.
Gute Nacht!
Annegret
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  #2  
Alt 03.02.2012, 07:40
Benutzerbild von KimiKater
KimiKater KimiKater ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

ännchen, lass dich m al umarmen, dich trifft es ja gerade wirklich hart.

Und auch bei dir ist es Stress!

Ich hatte durch die Behandlung (6x Chemo, 36 Bestrahlungen, AHB) 1 ganzes Jahr Pause und es war - abgesehen von den direkt miesen Tagen während der Chemo das beste Jahr meines Lebens. Ich hatte, soweit ich mich erinnern kann, genau 3 Tage an denen ich das heulende Elend war. Ansonsten habe ich jeden Tag ohne Berufstätigkeit genossen und die Behandlungen frohen Herzens ertragen und mitgetragen.

Durch diesen Schuss vor den Bug (so sehe ich es auch) lebe ich bewusst. Genieße bewusst jeden Tag mit meiner Familie, meinen Katze.
Ich habe wieder begonnen zu reiten.

Ich versuche so viel wie möglich dieses bewussten Lebens jetzt in meinen Wieder-Berufs-Alltag hinüberzuretten und mich nicht m ehr so vereinnahmen zu lassen. Wie lange ich das durchhalte weiss ich nicht. Eigentlich wollte ich nicht mehr in meinen stressigen IT Job zurück, aber es muss eben sein. Die Sachzwänge sind eben zu groß wie bei vielen von uns.

Ich bin sehr glücklich darüber dass sich meine Kids sehr gut miteinander verstehen, sich gegenseitig helfen. (Sohn ist im 5. Semester, Tochter schreibt in 6 Wochen ihr Abi). Ich genieße meine Katzen, die mir sehr über die Behandlung geholfen haben und mir in manchen Nächten der "Anker" waren.

Ich habe nicht mehr Angst vor einem Rezidiv weil mein Tumor TN war wie jede andere erkrankte Frau. Aber diese Krankheit nimmt einem jede Garantie auf ein langes gesundes Leben.

In der Zwischenzeit versuche ich alles mit ganz viel Liebe anzugehen da ich noch so viel Liebe zu geben habe. Aber auch ich habe in Gesprächen meiner Familie klar gemacht, dass ich z.B. ein Baumgrab haben möchte und dass statt Blumenschmuck eine Tierschutz-Organisation mit Spenden bedacht werden soll - ganz egal wann dieser Fall eintritt.

Ich wünsch euch einen schönen, einen positiven Tag

LG
Karin

Geändert von KimiKater (03.02.2012 um 07:41 Uhr) Grund: Schreibfehler
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  #3  
Alt 03.02.2012, 08:05
gilda2007 gilda2007 ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Zitat:
Zitat von KimiKater Beitrag anzeigen
Aber diese Krankheit nimmt einem jede Garantie auf ein langes gesundes Leben.
Mir geht es ähnlich wie Dir Karin, auch mein Chemojahr war ein extrem glückliches. Ich machte mich danach aber selbständig, damit ich nicht mehr in meinen stressigen alten Job zurück muss.

Aber ich denke, als Kranker sollter man sich immer klar machen, dass niemand eine Garantie auf langes Leben hat. Vor der Diagnose dachten doch fast alle von uns auch, es könnte uns nicht treffen.

So verstehe ich letztlich auch das Bild vom Bus: Keiner weiß, was morgen kommt. Auch nicht die Gesunden -- bzw. die, die heute denken, dass sie gesund seien.
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  #4  
Alt 03.02.2012, 09:05
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KimiKater KimiKater ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Liebe Gilda,

du hat natürlich Recht.

Durch die Diagnose die wir erhalten haben wird uns eben die Endlichkeit schlagartig bewusst und wir können lernen damit umzugehen (oder es zumindest versuchen)

Und natürlich können auch wir vom Bus überrollt werden.
Oder unser Leben endet friedlich mit über 90 im Bett.

Die jetzt noch vermeintlich Gesunden befassen sich nicht mit der Endlichkeit, es rüttelt sie ja keine Diagnose wach.

Kürzlich fragte mich eine Sport-Kollegin: und, kann man mit so einer Diagnose leben? Klar hab ich geantwortet, du siehst doch dass ich lebe.
Es gibt eben überall Trampel.

Vielleicht haben wir alle einen großen Vorteil.
Wir leben bewusster weil uns klar ist, dass das leben kürzer sein kann und deshalb extrem wertvoll ist.
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  #5  
Alt 03.02.2012, 09:43
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micha54 micha54 ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Hallo Ihr Lieben,

ist eine interessante Diskussion, die Ihr führt. Vor allem, weil vermutlich jeder von uns sich damit befasst und seine eigenen Schlüsse zieht.

Zum Bus, der mich überrollt muß ich aber noch was ergänzen:

Wenn 100 Leute auf der Strasse stehen mit der Gewissheit, daß genau einer überrollt wird, dann hoffen alle, daß es einen anderen trifft.

Wenn aber eine Metasstase käme, und ich wüßte, daß es nur einen trifft, dann wäre sofort klar, wer dieser eine ist.

Liebe Grüße,
Michael

P.S.: vorsicht beim Busfahren.
__________________
Malignes Melanom pT4bN0M0, Clark IV TD12mm, Stadium IIC, 20 Jahre verschleppt
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  #6  
Alt 03.02.2012, 10:11
gilda2007 gilda2007 ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Nein, wüsstest Du nicht, lieber Michael. Denn auch dein Nachbar kann Krebs haben, du weißt es nur nicht. Wenn sich meine Familie an den Straßenrand stellt, wird sich die Metastase für einen entscheiden müssen. Kandidaten wären wir nämlich alle
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  #7  
Alt 03.02.2012, 10:19
dasriek dasriek ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

Hallo Ihr Lieben, was für eine fantastische Menge an nachdenkenswerten Dingen! Danke für dies Thema und auch für Eure Offenheit!

Auch ich glaube an den Zusammenhang von BK und Stress. Ich hatte in 2008 ein Burnout, aus dem ich mich mit Hilfe meines damaligen Chefs und meiner Familie recht schnell wieder rausarbeiten konnte. Ich habe damals schon die ersten Schritte getan, um Stress zu reduzieren - Arbeitszeit auf 4 Tage reduziert, Bereich gewechselt, als ein neuer Chef kam, mit dem ich nicht konnte, und auch im privaten Bereich immer mal wieder vorsichtig angefangen, Nein zu sagen. Aber ich glaube einfach, dass das zu spät kam. Und es blieb auch noch genug Stress übrig - mein Mann ist in mehrfacher Hinsicht auch nicht gesund, das hat mich in den letzten Jahren enorm viel Kraft gekostet. Gott sei Dank ist hier die größte Baustelle geschlossen.

Meine Diagnose kam dann im letzten Mai und ist ja vergleichsweise harmlos, wenn man das in diesem Zusammenhang überhaupt so sagen kann. Ich gebe zu, dass ich mir immer mal wieder klar machen muss, ich habe/hatte (?) Krebs! Da ist nach wie vor meist so ein Gefühl unten drunter, das sagt, ich doch nicht...

Ein großer Zukunftsplaner war ich noch nie, hab eigentlich immer mehr im Augenblick gelebt. Mein Sohn (26) hat mal zu mir gesagt, er käme so gerne zu uns, weil wir so zufrieden seien mit unserem Leben und das auch ausstrahlten. Das war eines der schönsten Komplimente, die ich je bekommen habe, mir wird jetzt noch ganz warm ums Herz, wenn ich dran denke.

Auch dies Gefühl, dass das Chemojahr ein gutes war, hab ich ähnlich. Ich hab die viele freie Zeit sehr genossen, aber mein Job hat mir doch zunehmend gefehlt. Ich gehe seit Oktober jetzt wieder 2 Tage/Woche arbeiten, und ab März, wenn die Bestrahlungen rum sind, dann wieder 4 Tage - wobei es durch den aufgehäuften Urlaub dann erstmal über Monate nur 3 Tage sein werden. Damit fühle ich mich sehr wohl.

Was sich durch den Krebs geändert hat, ist, dass ich doch sehr viel deutlicher sage, wenn mir etwas nicht passt. Im Ergebnis hat unser Personalmensch (!) dann geäußert, meine Zickigkeit käme entweder von der Chemo oder den Wechseljahren... Ich kann damit gut leben, lieber zickig als stresskrank!

Und zum Schluss: ich stimme Kimikater zu - für mich ist es auch so, dass ich den Wert jedes schönen Augenblickes mehr würdigen kann, seit ich weiß, dass da vielleicht nicht mehr so viele nachkommen könnten. Dieser Zwang, sich mit dem eigenen Leben und dessen Endlichkeit auseinanderzusetzen, ist für mich am Ende wirklich ein Gewinn.

Ich grüße Euch alle!
Ulrike
__________________
Zuviel Denken schadet manchmal - zuwenig immer.
(Unbekannt)
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  #8  
Alt 03.02.2012, 10:39
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: spielt euere Prognose bei der weiteren Lebensplanung wirklich keine Rolle?

ja,ja, der bus.... habe mir gestern abend die rechte hand gebrochen .... tippe diese zeilen sehr unbeholfen mit links. gott sei dank nur die hand und nicht den hals.... das glas ist halb voll und ich freue mich, dass noch die haelfte drin ist. so sehe ich es auch mit dem krebs... 5 jahre gutes leben. und noch viele werden folgen...
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
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