Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 23.08.2012, 18:04
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.508
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lieber Carlos,

es tut mir wahnsinnig leid, dass es deinem Vater so schlecht geht und sein Zustand so miserabel ist. Und ich kann deine Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen... So, wie du es beschreibst, sieht es tatsächlich nicht so gut aus, doch ihr müsst jetzt alle Untersuchungsergebnisse abwarten und dann werden sich die Ärzte sicherlich recht zügig beraten und euch die Möglichkeiten aufzeigen, die verbleiben.

Etwas sehr Wichtiges hast du bereits erledigt... Ihr habt die Patientenverfügung deines Vaters. ich kann dir auch nur empfehlen, dass dein Vater eine Generalvollmacht für euch (dich und deine Mutter ausstellt). Ich meine, da gibt es auch ein Formular, das du online ausdrucken kannst. Vielleicht könnte die Ärztin ja erneut einspringen. Es wäre ganz wichtig für euch, denn damit könnte dein Vater dich und deine Mutter ermächtigen, seine Bankgeschäfte zu führen und mit der Krankenkasse und ähnlichen Institutionen zu verhandeln, wenn es denn sein muss. Ich habe das dieses Jahr auch von meinem Vater bekommen und musste es auch einsetzen.

Ich kann dich so, so gut verstehen. Diese Diagnose schlägt dir den Boden unter den Füßen weg und du hast das Gefühl, dass deine Welt tatsächlich komplett in Trümmern liegt. Für dich ist es um so schlimmer, als dass sich der Gesundheitszustand deines Vaters innerhalb kürzester Zeit so rapide verschlechtert hat... Das ist furchtbar, wenn man zusehen muss, wie alle Kraft aus einem geliebten Menschen weicht und er nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Und all das bei vollem Bewusstsein, es muss auch unglaublich hart für deinen Vater sein, denn so wie du ihn beschreibst, ging ihm seine Eigenständigkeit über alles. Auch er steht sehr wahrscheinlich unter Schock und muss diese Diagnose und all die aufkommenden Gefühle und Ängste erst einmal "verdauen". Es fällt ihm schwer, nun auf Hilfe angewiesen zu sein, da sein Körper ihm einfach nicht mehr gehorcht und selbst einfache Handgriffe so unglaublich schwer fallen.

Ich kann dir nur sagen, dass du ganz wunderbar reagiert hast und ich es sehr schön finde, wie sehr du für deine Eltern da bist und sie unterstützt. Auch wenn dein Vater es momentan vielleicht nicht so zeigen kann, es wird ihm unheimlich gut tun, dass ihr drei so zusammen haltet in dieser schweren Situation. Er spürt, wie wichtig er dir ist und wie lieb du ihn hast. Du bist da, weichst nicht von seiner Seite, auch wenn er dich und deine Mutter vielleicht bisweilen zurück stößt. Ich kann dir nur empfehlen, weiterhin so viel Zeit wie möglich mit deinem Vater zu verbringen. Und so schwer es dir fallen mag, versuch' dich nicht von der Angst "auffressen" zu lassen. Ich habe das eine Zeit lang getan, habe mich ständig mit Horrorszenarien gequält und mich völlig verrückt gemacht. Irgendjemand hier im Forum riet mir, im Hier und Jetzt zu sein. Jetzt ist dein Papa da! Daher nutze die Zeit mit ihm und freue dich, wenn er gute Momente hat.

Es ist auch gut, dass deine Mutter und du bereits darüber gesprochen habt, dass ihr deinen Vater heim holen möchtet, weil dies sein größter Wunsch ist. Und dass du ihm Erlösung wünschst, dafür brauchst du dich nicht schämen, Carlos. Du liebst deinen Vater, das spricht aus jeder deiner Zeilen und du möchtest nicht, dass er solche Schmerzen und Qualen erleiden muss. Lieber lässt du ihn los, lässt ihn gehen, wenn der Zeitpunkt kommt, auch wenn es dich innerlich zerreißen mag.

Ich wünsche dir auch sehr viel Kraft für die kommende Zeit und ich drücke euch die Daumen für die morgige Bronchoskopie! Alles Gute für euch!

Liebe Grüße
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 23.08.2012, 20:45
hope75 hope75 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.08.2011
Ort: Schleswig/Holstein
Beiträge: 92
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos!

Ich kann das, was Du schreibst, sehr gut nachvollziehen. Mein Vater ist an einem Pleuramesotheliom erkrankt, Metastasen überall, ein Krebs, der sehr agressiv ist. Als einzige Tochter bin auch ich immer unmittelbar mitten drin, immer involviert, immer dabei - bei jedem Schritt ... meistens in die "falsche" Richtung, manchmal aber auch für ein paar Tage in eine gute ....

Es trifft einen wie ein Schlag mit einem Ziegelstein auf den Kopf - plötzlich, von einer Minute auf die andere ist nichts mehr, wie es mal war. Mein Vater war bis kurz vor der Diagnose topfit - seither verwandelt sich sein Körper schnell und auf erschreckende Weise .... manchmal hat man das Gefühl, der Anblick zerreist einen - gerade wenn die Diagnose noch sehr frisch ist - oder man darauf warten muss.

Es gibt überhautpt nichts, wofür Du Dich schämen musst. Erlösung ist ab einem gewissen Punkt das einzige, auf das man hoffen kann.
Ich hoffe, Ihr seid noch nicht an diesem Punkt. Ich hoffe, die Untersuchungen bringen Klarkeit und Ihr bekommt die Möglichkeit, etwas gegen die Krankheit zu tun.

Deine Verzweiflung springt einen aus Deinem Text heraus nahezu an. Ich verstehe Dich, und hier verstehen Dich sicher eine Menge Leute - ich hoffe, dass Dir das ein wenig helfen wird.
Es tut mir sehr leid für Dich, und es tut mir sehr leid für Deine Eltern.

Viele Grüße und alles Gute...

Geändert von hope75 (23.08.2012 um 20:48 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 24.08.2012, 10:46
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.08.2012
Beiträge: 80
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Zitat:
Zitat von hope75 Beitrag anzeigen
...Es gibt überhautpt nichts, wofür Du Dich schämen musst. Erlösung ist ab einem gewissen Punkt das einzige, auf das man hoffen kann.
...
Deine Verzweiflung springt einen aus Deinem Text heraus nahezu an.
Hallo Hope,

vielen Dank für deine Bestärkungen.
Ich schäme mich manchmal dafür, dass ich nicht mehr Hoffnung habe(n kann).
Aber das fahle Antlitz der Realität lässt jede Hoffnung immer wieder aus mir entweichen.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die Trauerarbeit um meinen Vater bereits begonnen habe. Wenn ich darüber nachdenke, erscheint mir das nachvollziehbar und verfrüht zugleich.
Eine merkwürdige Situation.
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 24.08.2012, 10:01
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.08.2012
Beiträge: 80
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Zitat:
Zitat von Mirilena Beitrag anzeigen

...Etwas sehr Wichtiges hast du bereits erledigt...

...Ich kann dir nur sagen, dass du ganz wunderbar reagiert hast und ich es sehr schön finde, wie sehr du für deine Eltern da bist und sie unterstützt.
Liebe Miriam,

vielen Dank für deine warmen Worte.
Ich habe mir zusammen mit der Patientenverfügung auch eine Vorsorgevollmacht von meinem Vater geben lassen und die Ärztin hat auch diese bezeugt.
Für die Bank wird diese Vollmacht zwar nicht genügen, aber das Finanzielle ist auch nicht wirklich so dringlich. Für Verhandlung mit Krankenkasse und Co. sollte die Vollmacht taugen. Ich habe auch schon beim Amtsgericht Unterlagen für eine Bestellung zum Betreuer angefordert und erhalten.

Vielen Dank auch dafür, dass du mich bestärkst in meinem Handlungen. Ich versuche mein Möglichstes zu tun und einen möglichst klaren Kopf zu behalten, um die richtigen Entscheidungen im Sinne meines Vaters treffen zu können.
Und trotzdem empfinde ich mein Handeln als unzulänglich.

Es ist wirklich erstaunlich, wie ich funktioniere.
Meine Krisenmanagementskills sind in meinem IT-Job wirklich ziemlich vergeudet. Zumindest meistens.
Ich kann dein Hadern mit deinem Job übrigens sehr gut nachvollziehen, habe davon in deinem Faden gelesen.
Bullshitbingo & Co. sind seit 15 Jahren meine Begleiter.
Mittlerweile bin ich selbständig und mein Partner ist ein sehr guter Freund von mir, den ich bereits 25 Jahre kenne.
Ich kann also kommen und gehen wie ich möchte bis auf weiteres.
Das erleichtert zumindest einiges.

Bis vor einer Woche dachte ich eigentlich, ich hätte die schwerste Prüfung meines Lebens bereits hinter mir gehabt.

Es bestätigt sich einmal mehr: Schlimmer geht immer.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 07:00 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55