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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Hallo Hermann,
dein Beitrag erzählt von der Veränderung der Trauer und der Akzeptanz der Abwesenheit am 2. Todestag deiner Frau, doch ihr seit auch zusammengekommen um an sie zu denken. Die Tochter und Enkelinnen haben für diesen Gedenktag eine weite Reise in Kauf genommen. Auch mein Mann hat mit mir gefühlt, wenn er daran dachte dass er mich eher verlassen muss als umgekehrt. Das Glück und die Verbundenheit mit ihm waren nur noch von kurzer Dauer. Fast mein ganzes familiäres Umfeld hat Kinder oder Enkel um die sie sich noch kümmern können, auch die Familie meines Mannes. Sie konnten kurz nach seinem Tod wieder zur Tagesordnung übergehen, haben normal gegessen sich mit TV abgelenkt, haben ihr Leben wie immer weitergeführt, doch ich war allein und musste mir mühsam einen Weg zurück in`s Leben erkämpfen. Um so wütender war ich als sie am ersten Todestag meines Mannes fast ausschließlich nur über Kinder, Geburt, Vor und Nachsorge sprachen und mich und meine Wünsche für diesen Tag außen vor ließen. Dieses lieblose Miteinander hat mir mehrere Wochen ein Stimmungstief beschert, von dem ich mich nur schwer erholt habe. Die Aufregung hat sich aber inzwischen gelegt, doch ich werde den Kontakt zu ihnen komplett abbrechen. Liebe Grüße Jutta |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Hallo Jutta,
hallo Anni, jede Person trauert auf ihre Weise. Auch gibt es unterschiedliche Phasen. Da habe ich kurze Phasen der Verleugnung erlebt, in denen man scheinbar weiterlebt, als würde es nicht passieren bzw. als sei es nicht passiert. Bei Tanja (vor ihrem Tod) und bei mir waren diese Phasen kurz, denn die Realität holte uns immer wieder ein. Wenn die Verleugnung anhält, kann das problematisch sein. Schwer ist es auch, wenn man selber traurig ist, die anderen aber verleugnen. Das habe ich weniger stark mit der Tochter meiner Frau erlebt, wohl aber mit einigen Bekannten. Es wird dann geredet und geredet, nur um ein Thema zu vermeiden. Mir ging dann ihr Gerede zur auf die Nerven. Ich wollte aber auch nicht mitspielen. Natürlich muss man auch trauern können. Intensiver getrauert habe ich zum ersten Mal 1991, als mein Vater an Krebs erkrankte und dann 1992 starb. Schon damals habe ich erlebt, dass es Leute gibt, die Trauernde schlecht aushalten können, wenn es ein Mann ist schon gar nicht. Noch intensiver waren die Gefühle, als Tanja krank wurde. Wir waren auch zusammen traurig. Herzliche Grüße Hermann |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Zitat:
ich verstehe dich, schreibe aus dem selben Grund wie du. In den letzten 5 Jahren musste ich jedes Jahr einen Verlust hinnehmen. Mein Vater ist genau 4 Jahre vor meinem Mann auch an Lungenkrebs gestorben, meine Mutter im Februar 2014 an Demenz, der Schwiegervater im Februar 2013, und 2012 starb unser gemeinsamer Weggefährte, ein kleiner Dackel. Da ich zu den Eltern in den letzten Jahren eher ein angespanntes Verhältnis hatte, übertraf der Verlust meines Mannes alles bisher da gewesene. Bei dir ist die Abwesenheit der Mutter noch sehr frisch und ich wünsche dir, dass du dich nicht unter Druck setzen lässt, und dir so viel Zeit zum Trauern bleibt, wie du brauchst. Du hattest- wenn ich es richtig herauslese- ein inniges Verhältnis zu deiner Mutter, sie war vielleicht auch eine beste Freundin für dich. Je intensiver die Beziehung, um so schwerer ist der Verlust zu ertragen... Wir wollen das Andenken und die Erinnerungen an unsere lieben Verstorbenen bewahren und stellen fest, dass die Umwelt und selbst nahe Angehörige nicht immer damit zurecht kommen. Ich habe aus den letzten schmerzhaften Erfahrung gelernt. Ich lass sie- und gehe meinen eigenen Weg.... Auch ich laufe die Wege mit meinem Hund, die mein Mann besonders gerne zurückgelegt hat. Dort bin ich meistens alleine und kann mich meinen Gefühlen hingeben. Die Tränen und die Trauer sind immer noch da und ich fühle mich oft wie eine halbe Person. Seine Abwesenheit ist durch nichts und niemanden zu ersetzen. So wird es dir mit deiner geliebten Mutter auch gehen..... Nichts kann dich jetzt wirklich trösten, aber der Austausch mit gleichgesinnten kann die Seele ein wenig erleichtern. Herzliche Grüße Jutta Geändert von Yogi 12 (19.08.2015 um 22:25 Uhr) |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Nun bin ich mehr als zwei Jahre ohne Tanja und versuche mehr und mehr, mein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Es muss sein, um dem Leben einen Sinn zu geben.Manchmal aber ist es noch schwierig. Eine Freundin meiner Frau feierte mit ihrer Familie und Freundinnen und Freunden ihren Geburtstag. Ich war eingeladen, aber es war seltsam. Die Gäste halten dort eine kleine Ansprache. Ich hatte Befürchtungen, habe es aber geschafft.
Geändert von hermannJohann (30.08.2015 um 15:34 Uhr) |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Das dritte Weihnachten ohne Tanja steht vor der Tür. Gefeiert werden soll die Geburt Jesu. Ein großer Teil seiner Lehre war ein Fortschritt für die Menschheit. Er revidierte Teile des Alten Testaments. Soweit so gut. Gerettet hat er die Menschheit damit noch nicht. Das müsste sie schon selber tun. Gott hat auch das Leben meiner Frau nicht gerettet. Vielleicht hat er ihre Seele gerettet. Meine Frau sagte, Gott solle Mitleid mit mir haben. Ob er das hatte, weiß ich nicht. Ihr Leben hat er nicht gerettet. Mit Trauer und Leid muss der Mensch alleine fertig werden. Es ist schön, wenn man auf diesen Wegen ein paar Meter begleitet wird, aber meist geht man allein.Mein Lebensabend hat bereits begonnen und ich werde ihn wohl alleine verbringen. Einiges ist getan, anderes wird nicht mehr getan.
„Wer jetzt kein Haus, baut sich keines mehr“ ( Rainer Maria Rilke) Ein bisschen ist noch zu tun. Wie lange dieser Lebensabend dauert? Ich weiß es nicht, es ist mir auch egal. Geändert von hermannJohann (19.12.2015 um 21:41 Uhr) |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Zitat:
ich werde wohl ebenfalls keine Frohnatur mehr und habe deine Zeilen fast Wort für Wort schon oft gedacht. |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Hallo Jutta,
eine Frohnatur werde isch sicher auch nicht. Das Ereignis hat meine Einstellung zum Leben verändert. Wenn man mir sagen würde, dass ich in vier Jahren sterbe, würde ich es ganz ruhig aufnehmen, Wenn man mir sagen würde, ich hätte noch 15 Jahre, würde ich sagen: Was, so lange? mit besten Grüßen Hermann. |
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AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens
Hallo Hermann,
du hast es geschafft mich zum Schmunzeln zu bringen. Ja, der Verlust hat Spuren hinterlassen. Liebe Grüße zu dir Jutta |
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