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#1
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Hallo Ihr Lieben,
mein Wochenende war nicht so toll, ich habe das Gefühl, dass nicht nur die Tage, sondern auch meine Gedanken dunkler werden. Wenn ich an Weihnachten denke könnte ich ... naja, lassen wir das. An Heiligabend habe ich den Abend immer mit Mama verbracht und wir haben gekocht, da meine Schwestern ja schon eine "eigene Familie" haben. Mama hat am 2. Weihnachtstag Geburtstag und dann waren alle bei uns Zuhause, also bei ihr und mir. Ich weiß nicht, wie ich diese Tage und auch die Vorweihnachtszeit überstehen soll und habe unheimlich Angst davor. @ rocketpocket: das mit den Erinnerungen kenne ich nur zu gut, ich denke auch ich müsste mich über das ein oder andere freuen, aber ich kann nur mit Traurigkeit erinnern. Ich bin auch wirklich froh, dass es dieses Forum gibt. Hier fühle ich mich verstanden. Auch wenn ich meine lieben Schwestern habe, ist es doch etwas anderes. Ich wünsche Euch allen einen guten Wochenstart und alle Liebe!! |
#2
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Liebe Verena,
ja da sagst Du was. Die besonderen Tage werden sehr schwer, weil man dann so sehr daran erinnert wird, wie man die Zeit gemeinsam verbracht hat, als unsere Mütter noch da waren. Vorgestern hat meine Oma ihren 93. Geburtstag gefeiert. Es war richtig schlimm für mich. Sonst war meine Mutter immer diejenige, die sich um alles gekümmert hat. Auch für meine Oma war es furchtbar und es sind viele Tränen geflossen. An Weihnachten werden wir nun dieses Jahr einfach die "Flucht nach vorne" unternehmen. Meine Oma fährt zu ihrer Schwester und ich werde mit meinem Mann ein langes Wochenende in Amsterdam verbringen. Einfach die Umgebung wechseln und nicht genau den gleichen Ablauf wie sonst planen. Das schmerzt noch zu sehr. Ich hoffe, dass das irgendwann besser wird und man wieder Lust auf das Feiern bekommt. Meine Mutter würde es nicht gut finden, wenn ich das Leben nicht mehr genießen würde. Aber das ist alles so leicht gesagt. Freue mich, wenn Du wieder mal was von Dir hier hören lässt. rocketpocket |
#3
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Hallo Ihr Lieben,
gestern war eine Andacht auf dem Waldfriedhof, wo meine Mama beigesetzt worden ist. Die Pfarrerin hat einen ganz tollen Text gelesen, der mich sehr berührt hat. Habe ihn eben gefunden und möchte das gerne mit Euch teilen. Der Text lohnt sich wirklich zu lesen, ich zumindest finde, es trifft es auf den Punkt. @ rocketpocket: schön, dass Du über Weihnachten weg fährst. Das hatten mein Freund und ich eigentlich auch vor, aber ich kann das meinem Patenkind und meinen Neffen nicht antun und meinen Schwestern auch nicht... Das der Geburtstag Deiner Oma schlimm war kann ich mir vorstellen. Ist das die Mutter Deiner Mama? Das muss ja schrecklich für sie sein. Ich drücke Dich! Ich wünsche Euch allen einen guten Wochenstart und viel Kraft in den regnerischen Tagen. Sie ist, wie eine kleine graue Katze. Sie kommt, wann sie will, manchmal bleibt sie tagelang weg, manchmal ist sie anhänglich, liegt lange auf meinem Schoß, will gar nicht wieder gehen. Sie ist, wie eine kleine graue Katze. Eine Katze, die ich mir nicht ausgesucht hat, die zu mir kam, ohne, dass ich mitreden durfte, sie war einfach da und ich ahne, dass sie noch lange bleiben wird. Sie ist, wie eine kleine graue Katze – meine Trauer. Sie kommt, wann sie will, manchmal bleibt sie tagelang weg, manchmal ist sie anhänglich, liegt lange auf meinem Schoß, will gar nicht wieder gehen. Und manchmal, manchmal, da halte ich sie auch fest, die kleine graue Katze, will sie nicht gehen lassen, halte sie fest und lasse den Tränen freien Lauf, den Tränen, von denen ich gar nicht wusste, wie viele ich davon besitze. Ich weine, weil Du nicht mehr bist. Weil ich Dich für immer verloren habe. Seit Du weg bist, kommt die Katze, seit Du weg bist, kommen die Tränen. Ich weine, weil meine Mutter starb. Ich weine, weil es weh tut, obgleich ich weiß, dass meine Mutter nun dort ist, wo sie ohne Schmerz sein darf, ohne Leid und ohne Tränen. Das weiß ich, das glaube ich – und trotzdem tut es mir weh, trotzdem weine ich, obgleich ich fühle, da, wo meine Mutter ist, der Ort, den ich Gott nenne, da wo sie ist, da werden ihr alle Tränen abgewischt. Jede Träne, die die Krankheit brachte, jede Träne, die ihr ihre Lebensjahre brachten, jede Träne wischt er ihr zärtlich von der Wange. Wie schön! …für sie. Doch für mich, hier, fließen meine Tränen weiter, denn die, die sie abwischte, die die meine Tränen Tag für Tag und Jahr für Jahr abwischte, sie ist nicht mehr und meine Tränen fließen hemmungslos. Meine Tränen fließen, weil ich unendlich traurig bin und noch nicht so recht weiß, wie es weitergeht. Nur: dass es weitergeht, das weiß ich inzwischen, alles geht weiter, alles geht einfach so weiter, obwohl alles anders ist, geht alles einfach so weiter. Jeden Morgen geht die Sonne auf, jeden Abend geht sie wieder unter. Der Sommer war wieder durchwachsen, der Herbst war wieder golden, der November ist immer noch grau, alles wie immer. Der Bus morgens ist voll, die Schlange an der Kasse ist lang, die Menschen, die immer grüßten, grüßen weiterhin, immer kommen Tage und immer wieder gehen die Tage wieder. alles ist wie immer? Nein! Nichts ist wie immer. Da ist die kleine graue Katze, die kommt, wann sie will und da fehlt die Mutter, die anrief, wann sie wollte. Nichts ist mehr wie immer, denn der Ehemann starb, unerwartet nach jahrzehntelanger Ehe, er war immer da, schraubte und reparierte und tat und machte und nun, ist alles furchtbar still. Nichts ist mehr wie immer, denn die Tochter starb, unerwartet, viel zu früh, noch mitten im Leben, sie lässt ihre Mutter zurück und ihre Tochter, beide haben einander, doch sie, sie haben sie nicht mehr. Nichts ist mehr wie immer, denn die Mutter starb, Anfang des Jahres schon starb und dennoch hört die Tochter noch immer Geräusche im Haus, und sie denkt: Sie ist noch da, meine alte Mutter, gepflegt zuhause bis zum Ende. Nichts ist mehr wie immer, egal wie lange man schon damit rechnete, egal, wie lange der Mann, die Schwiegermutter, die Tochter, der Vater, ganz egal wie lange sie schon nicht mehr sind. Nichts ist mehr wie immer, denn unsere Liebe ist heimatlos geworden. Unsere Liebe (zu ihnen) hat nun keinen Ort mehr, irrt umher und findet nicht, was sie sucht, unsere Liebe irrt umher, sucht nach ihrer Heimat, irrt und weint und weint und sucht… Von Zeit zu Zeit findet sie etwas, für einen Moment nur, findet es und hält sich daran fest: den Pullover der Großmutter, sie schlüpft hinein und fühlt sich ihr ganz nahe. Von Zeit zu Zeit findet sie etwas, für einen Moment nur, findet es und hält sich daran fest: das Rezeptbuch der Mutter, sie weiß nun wieder wie der Hefeteig geht. Apfelkuchen kauend ist sie wieder Kind und wieder wischt die Mutter alle Tränen ab. Von Zeit zu Zeit findet sie etwas, für einen Moment nur, findet es und hält sich daran fest: die Drechselbank des Vaters, er kennt fast jeden Handgriff, hatte ihm oft genug zugeschaut, am Ende aber nicht alles gelernt, zu wenig miteinander gesprochen. Wenn meine Liebe umherirrt, bin ich froh, dass ich weiß, wo ich hingehen kann: Dorthin, wo sie begraben liegt, dorthin, wo er seine letzte Ruhe fand. Und das mach ich nicht nur, mit der grauen Katze im Arm, sondern auch ohne sie, dann wenn Mama Geburtstag hat, dann kaufe ich wie jedes Jahr, einen großen bunten Blumenstrauß. Dann zünde ich wie jedes Jahr eine Kerze an, dann stoße ich wie jedes Jahr mit einem Glas Sekt auf sie an. Mit ihr kann ich nicht mehr feiern, mit ihr kann ich nicht mehr anstoßen, aber auf sie und auf ihr Leben. Dann ist alles wieder ein bisschen wie immer, obgleich doch alles ganz anders ist. Es ist gut, die zu erinnern, die gestorben sind. Es tut gut, ihre Namen zu hören. Es ist gut, der heimatlos gewordenen Liebe wieder Halt zu geben. Alles ist wie immer und zugleich ist alles anders … Wir wissen, dass die Welt da draußen nicht untergeht, wenn ein Mensch stirbt – aber hier drinnen (auf Herz klopfen) da ist eine Welt zu Ende. Wir wissen, dass die Katze immer seltener kommen wird - aber hier drinnen (auf Herz klopfen) da ist auch die Angst zu vergessen, zu verstummen oder zu erkalten. Wir wissen, dass jeder von uns eines Tages sterben wird - aber hier drinnen (auf Herz klopfen) da ist auch die Freude und die Hoffnung, wieder vereint zu sein, mit denen, die wir jetzt so sehr vermissen wieder vereint zu sein und frei zu sein, frei von Schmerz und Leid, denn dann ist da wieder einer, der die Tränen abwischt Das glaube und hoffe ich und das wünsche ich uns allen, nicht, weil es uns hilft, leichter zu leben, sondern weil es uns das Schwere ertragen lässt nicht, weil es uns verführt, einfacher zu leben, sondern weil es uns dankbar sein lässt für das, was wir hatten miteinander und weil es uns getröstet auf das zuleben lässt, was wir haben werden, miteinander und mit Gott. Geändert von Verena_Gr (27.11.2017 um 18:54 Uhr) |
#4
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Danke, Verena.
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#5
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Danke für die schönen Worte ❤
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#6
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Liebe Verena,
ein schöner Text. Und wieder laufen mir die Tränen übers Gesicht. Ja, ,meine Oma ist die Mutter meiner Mutter. Sie hat ihre Tochter verloren. Das ist immer sehr schlimm, egal wie alt die Mütter sind. Ich versuche auch für meine Oma stark zu sein. Sie braucht mich jetzt auch. Ich wünsche Euch, auch wenn Ihr nicht wegfahren werdet, eine schöne Advents- und Weihnachtszeit. Lass zwischendurch gerne mal was hören von Dir. Ich umarme Dich rocketpocket |
#7
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AW: Meine Mama hat den kurzen Kampf verloren
Hallo Ihr Lieben,
ich melde mich mal wieder und hoffe, dass Ihr alle gut in das neue Jahr gekommen seid. Im Moment geht es mir wieder schlechter.. und das schlimmste ist: dieses komische Bauchgefühl ist wieder da. Ich stürze mich in die Arbeit, nur da geht es mir "gut".. Obwohl ich immer noch glaube, dass man die Trauer da nur versucht zu verdrängen. Ich habe das Gefühl, dass ich das nie verarbeiten werde und ich bin sauer, weil ich dieses Leben nicht will, ein Leben ohne sie... Mama ist tot, dieser Satz geht immer noch nicht in meinen Kopf. Noch vor einem Jahr war unsere Welt noch in Ordnung und keiner ahnte nur etwas von diesem scheiß Krebs. Seit ein paar Tagen überkommt mich Abends immer wieder die Angst, Angst vor dem Tod, Angst vor der Leere, Angst davor, Mama nie wieder zu sehen. Heute Nacht hatte ich einen schlimmen Traum und weil ich immer noch geschockt bin, musste ich heute auch schreiben. Ich war krank und bin dann gestorben, aber Mama war am Leben, oder auch nicht, irgendwas zwischen Leben und Tod und hat um mich geweint. Ich habe keine Luft mehr bekommen und mein ganzer Körper hat geschmerzt. Erst nachdem ich ein paar Minuten wach war, habe ich gemerkt, dass ich ja doch noch Lebe. Es hört sich bestimmt verrückt an, so verrückt, dass ich dem Traum auch niemanden erzählt habe... Damals, kurz vor Mamas Tod, war ich im Krankenhaus bei einer Psychologin, was mich allerdings kein Stück weiter gebracht hat.. Liebe Grüße an alle! Geändert von gitti2002 (19.01.2018 um 00:57 Uhr) Grund: Nutzungsbedingungen! |
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