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  #1  
Alt 27.09.2005, 20:08
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

das war er also, unser erster Italienurlaub nach 34 Jahren ohne dich.
Wir haben in diesem Urlaub mehr Leid und Freude erlebt, als wir uns hätten vorstellen können. Ganz zu schweigen von den "Dingen" die es gar nicht geben kann und wenn mir jemand anderer davon erzählt hätte, ich könnte es nie glauben, dass so was möglich ist.

Schon bei der Ankunft am Flughafen von Venedig war alles anders als sonst. Es "regnete" zum ersten mal in 34 Jahren. Als würde auch der Himmel mit uns trauern. Auch unser alter Taxifahrer, dessen Frau letzten Mai an Krebs starb war noch sehr traurig und meinte, dass seine Trauer eigentlich immer mehr würde statt weniger.
Während der ganzen Stunde Fahrt hat es geregnet und kurz vor unseremZiel gab es dann noch einen schlimmen Unfall. Vor uns fuhr ein Wagen und ein anderer kam uns entgegen, als ein junger Mopedfahrer noch dazwischen überholen wollte. Wir sahen ihn erst, als das Moped auf die eine Strassenseite flog und er über den Kühler des Wagens vor uns schleuderte. Aber er hatte wirklich jede Menge Glück, denn er konnte sofort aufstehen und es hat ihm wohl auch nichts gefehlt, nur der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Als wir endlich im Dorf ankamen, ging es dann schon los und wir mußten an der Rezeption erzählen, dass du nicht mehr dabei bist und so ging es auch den ganzen Tag weiter. All die Leute die dich 34 Jahre lang kannten und liebten. Uns ging es sehr schlecht und am Liebsten wären wir wieder heimgeflogen. Am Abend dann der leere Stuhl an unserem "Stammtisch" im Restaurant und dann nachts, das leere unbezogene Bett neben mir. Am Morgen als die Sonne mich weckte und ich rübersah, wo du doch eigentlich schon wach gelegen und in einem Buch gelesen hättest. Ich konnte nur noch weinen. Als ich nachher mit Carina sprach gestand sie mir, dass sie in dieser Nacht, genauso wie ich, schreckliche Angstzustände und Beklemmungen hatte. Wir schworen uns, wenn es am dritten Tag nicht besser ist, fliegen wir wieder zurück.

Der zweite Tag war auch nicht sehr leicht, denn wo wir auch hingingen, folgten wir deinen Spuren von all den Jahren, die du auch mit uns dort gelaufen bist. Und immer wieder trafen wir Bekannte, die es noch nicht wußten und entsetzt waren und weinten. Auch das Abendessen an diesem Tag war noch nicht sehr schön. Und als wir zu Bett gingen, dachten wir eigentlich schon an den Rückflug.

Aber am dritten Tag schien beim Aufwachen die Sonne etwas heller zu scheinen und ich hatte ein unglaubliches Glücksgefühl in mir. Als ich zu Carina ging und es ihr erzählte, meinte sie, dass es ihr genauso gehen würde. Auch sie hatte zum ersten mal sehr gut geschlafen und nun das Gefühl es würde ein schöner Urlaub werden. Wir haben plötzlich beide das Gefühl gehabt, als wolltest du nun deinen Urlaub mit uns geniessen. Und wir haben den ganzen Tagesablauf geändert. Sind zum Markt und haben "natürlich" wieder etwas Kleidung gekauft und hörten auch schon wieder von dir :"Na ja ihr müßt es ja schleppen". Dann nachmittags im Ort spazieren und abends nicht ins Restaurant, sondern Pizza al taglio im Stehen gegessen und nachher in der Bar unseres Restaurants ein Weißbier und einen Grappa getrunken. Unser lieber Wirt war so begeistert, dass wir wenigsten noch auf einen Drink reinschauen, dass er den Grappa für uns ausgab. Nach einem sehr schön verbrachten Tag, gingen wir beide glücklich ins Bett. Hätten wir ahnen können, was am nächsten Tag passiert, hätten wir sicher nicht so seelig geschlafen.

Unser vierter Tag begann sehr früh. Schon um halb sieben ans Meer den Sonnenaufgang anschauen und weil es so nett war, liefen wir gleich die paar Kilometer den Strand hinauf bis zur Insel Albarella. Natürlich war es in der Zwischenzeit schon ganz schön heiß geworden und Carina meinte auf dem Rückweg man könne ja im nächsten Ort ein Eis kaufen, wie immer. Ich erklärte ihr, daß ich doch gar kein Geld dabei hätte und sie meinte, dass ich dich doch ersetzten müßte, denn du hattest ja immer etwas Geld in deiner Shorts. Auf meine Antwort, dass ich mich daran auch erst gewöhnen müsse, schaute sie mit einem vorwurfsvollen Blick nach meiner Seite in den Himmel und meinte:" Siehst du Dad, sie kann dich einfach nicht ersetzten und du fehlst auch bei den wirklich wichtigen Dingen. Jetzt gibt’s kein Eis für dein Kindi." Nun liefen wir also in der Hitze weiter den Strand entlang. Bei diesem Strand handelt es sich um einen sogenannten "wilden" Strand, das heißt er wird nicht gepflegt und es gibt da auch kaum Leute nur ab und zu ein paar Spaziergänger. Wir liefen noch ein paar Minuten, als ich am Boden eine angeschwemmte Wurzel sah und darunter etwas rosa silbernes. Als ich Carina darauf hinwies und meinte sie solle es doch mal anschauen, bückte sie sich und hob das Stück Papier auf. Ich sah ihre Verblüffung als sie sie es entfalltete und ihren Blick in den Himmel mit einem :"Danke Dad". Es war ein nagelneuer 10 Euroschein!! Man kann es nicht glauben. Wie und breit war kein Mensch zu sehen und der Schein war auch wirklich ganz neu und schön gefaltet und nicht nass, obwohl der ganze Boden vom Meerwasser patschnass war. Man könnte nun sicher viele Erklärungen finden, aber für uns gab es nur eine. Du wolltest uns eine Freude machen und den Urlaub wieder so richtig mit uns geniessen. Wir haben uns also das Eis doch kaufen können und auch gleich die Einkäufe für mittag und das Gefühl, dass du bei uns bist wurde noch stärker. An diesem Abend sind wir wieder ins Restaurant und der leere Stuhl war plötzlich nicht mehr so leer und der Abend klang wunderschön aus.

Auch am nächsten Tag liefen wir wieder den Strand hoch und unterhielten uns über dich, wir haben seit deinem Tod noch nie so viel über dich geredet wie hier. Ist ja auch kein Wunder Strand rauf und runter sind drei Stunden. Wir waren auf Muschelsuche, weil es in der nacht etwas gestürmt hatte und da findet man oft welche. Aber es gab keine wirklich schönen Muscheln und wir waren schon etwas enttäuscht, als Carina sich plötzlich bückte und meinte:"Schau mal, die sieht ja interessant aus." Sie hielt mir eine Engelsflügelmuschel hin. Die gibt es eigentlich hier gar nicht und wir hatten uns vor vielen Jahren mal eine sehr teuer in England gekauft, weil es sie nur in Amerika und der Südsee gibt. Und nun lag sie hier am Strand von Rosolina Mare. Carina meinte, dass du uns die wohl geschickt hast. Ein kleines Engelsflügelchen. An der Muschel fehlte die Spitze und sie hatte einen kleinen Sprung und Carina meinte:"Siehst du, wie Dad. Er war auch nur ein Mensch und nicht perfekt und hatte auch seine kleinen Fehler und hiermit zeigt er es uns, dass er es auch weiss."

Am letzten Tag sind wir wieder den Strand hoch zum Abschied und haben über dich geredet. Ich war mal wieder sehr traurig, weil du mir ein paar Tage vor deinem Tod Blumen schenken wolltest. Du hattest Carina gebeten, schöne zu besorgen. Doch es gab gerade da keine und du hast zu ihr gesagt, sie solle dann morgen welche besorgen. Leider ging es dir dann so schlecht, dass sie nicht mehr daran dachte und dann hast du uns verlassen. Ich habe die Blumen also nicht mehr rechtzeitig bekommen. Und während wir noch so davon reden und am Strand laufen, bückt Carina sich plötzlich und meint:" Ich glaube Dad möchte dir jetzt seine Blume schenken." Und sie hält mir eine kleine wunderschöne rote Seidenrose entgegen. Und auch sie war total trocken im Sand gelegen, obwohl der Sand nass vom Wasser war und weit und breit kein Mensch zu sehen. Ich hielt die Rose in meinen Händen und sie war wunderschön und ähnelte etwas der kleinen Plastikrose, die du mir bei unserem ersten Oktoberfestbesuch geschossen hattest. All das war zuviel für mich und ich begann hemmungslos zu heulen. Carina meinte, ich solle doch aufhören, weil du uns doch zeigen willst, wie sehr dir der Urlaub gefallen hat. Und wie um es zu bestätigen, erschien in diesem Moment der größte und schönste Regenbogen über dem Meer, den ich je sah. Er ging von einem Ende des Horizonts bis zum anderen. Und Carina meinte, dass du uns nun wohl nach Hause begleiten möchtest. Den ganzen Weg bis Nachhause war er da und er verblasste von hinter uns, so als wolle er uns den Weg nach vorne noch zeigen. Als wir wieder an den belebten Strandteil kamen, standen alle Leute da und staunten über diesen herrlichen Regenbogen. Ich fühlte mich so getröstet und beschützt und wußte, dass auch du diesen Urlaub genossen hast.

Nun sind wir wieder zuhause, aber in meine Trauer mischt sich immer mehr dieGewissheit, dass vielleicht stimmt was schon in alten Büchern steht: Wenn die Liebe sehr groß ist, wird sie auch nach dem Tod nicht enden. Ich glaube, es gibt wirklich Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht erklären kann. Aber warum sollte man das auch wollen, wenn es so herrliche Dinge sind, wie wir sie erlebt haben.

Bis bald
mein Schatz
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  #2  
Alt 04.10.2005, 08:01
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

heute hätten wir also unseren 37. Hochzeitstag.

Letztes Jahr hatte ich in mein Tagebuch geschrieben: Der schönste Hochzeitstag seit 20 Jahren. Als ob wir geahnt hätten, daß es unser letzter war.

Wir haben so viel erlebt und durchlebt in all diesen Jahren, aber das wichtigste war, daß wir immer zusammengehalten haben. Wir haben zusammen gelacht und auch geweint. Wir haben unser Leben aufgebaut und unsere wunderbare Tochter bekommen und aufwachsen sehen. Ich weiß, daß es dich sehr beruhigt hat, daß sie mir nun beisteht (oder besser gesagt, wir bauen uns gegenseitig auf, jeden Tag aufs neue), aber auch ihr fehlst du so unendlich und im Moment geht es uns beiden nicht sehr gut. Ich habe begonnen, all meine Tagebücher in den Computer zu übertragen, so kann ich sie später einmal Carina auf CD brennen. Wenn sie dann später mal allein ist, kann sie die verrückten Abenteuer ihrer Eltern nachlesen. Ich kann durch dieses Abschreiben auch nochmal unser ganzes Leben nachvollziehen und habe festgestellt, daß mir das im Moment wirklich hilft. Es ist so viel zum Lachen drin. Selbst wenn ich jeden Tag einen Monat abschreibe wird es fast 2 Jahre dauern.

Unser Leben! Wie herrlich war es doch dich lieben zu dürfen und von dir geliebt zu werden. Was für eine untrennbare Einheit waren wir drei gegen den Rest der Welt. Und nun versuchen wir zwei noch zu retten, was zu retten ist. Aber wir danken dir auch, für all die Zeichen die du uns schickst. Wir haben schon festgestellt, daß du immer nur bei einem von uns beiden bist (man kann sich also doch nicht so ganz aufsplitten dort oben ,oder hi,hi!).

Ich liebe dich und du lebst immer noch mit uns jeden Tag. Nur umarmen und küssen kann ich dich nicht mehr und gerade das fehlt mir so. Deine starke Schulter zum anlehnen und deine Backe, die so gut nach deinem Rasierwasser duftet. Aber wenn ich traurig bin, spüre ich immer noch deine Hand, die über mein Haar streicht und deine Augen die mich so lieb ansehen.

Ich werde dich immer lieben, mein Schatz

Deine Frau
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  #3  
Alt 09.10.2005, 21:30
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

seit einer Woche habe ich nun damit begonnen, all meine Tagebücher der vergangen 39 Jahre in den Computer zu übertragen. Und dabei bin ich auf den folgenden Eintrag gestoßen. Er stammt vom 9.März1967 und wir kannten uns damals schon 7 Monate und waren auch schon verlobt.

"Ich schwöre dir mein Schatz, meine Liebe wird solange dauern, wie der Mond und die
Sterne am Himmel stehen und die Erde sich um die Sonne dreht. Und wenn es nach
dem Tod noch ein Leben gibt, dann werde ich dich auch dann noch lieben. Deine Braut."

Ich hätte nie geglaubt, daß der letzte Teil dieser Zeilen schon so bald eintritt. Aber ich werde dich wirklich immer lieben, bis wir uns eines Tages auf der anderen Seite wieder treffen werden und dann werden wir noch mehr Spaß haben als wie in dieser Welt.

Ich liebe dich

Deine Frau
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  #4  
Alt 12.10.2005, 22:11
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

heute wurde unsere Tochter 36. Was für ein trauriger Geburtstag.

Wir haben uns nach Kräften bemüht um etwas Fröhlichkeit aufkommen zu lassen und es ist uns auch gelungen. Ich glaube es war auch Dank deiner Hilfe.
Als ich heute morgen einkaufen ging und in Gedanken zu dir sagte, daß du doch wieder mal so ein Wunder wie in Italien geschehen lassen könntest, da dachte ich nicht, daß wirklich sowas passiert. Aber als ich dann diese lustige Geburtstagskarte fand, die wirklich nur von dir sein konnte und laut Verkäuferin nur "20 Cent" kostete.
Und nachher auch noch diese Riesenfledermaus, auch die ein Sonderangebot für 50% weniger. Da wußte ich, das warst du und du wolltest Carina wieder mal etwas für ihre Sammlung schenken. Dieses Mal mußte ich also nicht das Geschenk besorgen, sondern nur mitnehmen und zahlen. Und unsere Tochter hat sich so über die Fledermaus gefreut, obwohl sie meinte, daß man sich gleich drin einwickeln könne.

Am Freitag werden wir einen Ausflug machen und ich weiß, du wirst uns begleiten.

Ich liebe dich
Delia
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  #5  
Alt 22.10.2005, 20:20
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

nun ist sie endlich zu Ende diese stressige Woche. In dem Haus in dem unsere Tochter wohnt (Baustelle seit nun 2 Monaten) wurden neue Fenster eingebaut. Und statt 2 Tage hat es 4 Tage gedauert und es fehlen immer noch ein paar Kleinigkeiten. Ich hätte dich so dringend gebraucht. Du konntest mich immer so beruhigen, wenn ich Stress hatte, mich massieren, eine Umarmung, ein Kuß und auch nur ein über die Haare streicheln. All das hat mich wieder zurückgebracht und beruhigt. Nachdem nun der Stress vorbei ist, fehlst du mir wieder so schrecklich und ich weine wieder mal einfach so los.

Als ich heute einkaufen ging, in diesem herrlich bayerischen Föhntag mit dem blauen Himmel und den weißen Wölkchen, da habe ich dich beneidet. Du kannst nun von dort oben überallhin, wohin du auch möchtest. Du bist immer jeden Tag so gern spazierengegangen. Du konntest stundenlang laufen und hast dich dabei entspannt, vom Stress der Arbeit und der Hektik des Tages. Nun kannst du also auch mal kleine Abstecher überallhin auf die Erde machen. Vielleicht nach China (möchtest du mal schauen, ob die Qigong anders unterrichten als Carina und ich) und vielleicht auch mal nach San Francisco. Wir waren dort vor fast 25 Jahren. Und vielleicht willst du ja mal nachschauen, ob es dort im Hofbräuhaus noch immer Pfälzer als Knockwurst und abgebräunte Kartoffel als Kartoffelsalat gibt. Wir hatten uns damals sehr darüber amüsiert und gemeint, daß wir selbst schuld sind, wären wir halt zum Italiener gegangen.

Ich liebe dich unendlich und freue mich für dich, daß nun die unendliche Weite des Weltalls für deine Spaziergänge da ist. Und noch mehr freue ich mich, wenn du wieder mal nach uns schaust und uns kleine Zeichen sendest, an denen wir erkennen können, daß du an uns denkst und uns auch liebst.

Bis bald

Delia
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  #6  
Alt 29.10.2005, 21:00
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

habe eine neue TV-Bank bei Ikea erstanden und heute aufgebaut Ich weiß genau, sie würde dir gefallen. Ein neues Stück in meiner (früher unserer) Wohnung. Noch immer ist es ein reißender Schmerz,wenn ich merke, daß es nun nicht mehr unsere Wohnung ist. Als ich gleich nach deinem Tod begann, die Wohnung zu verändern, um darin ein neues Leben beginnen zu können, war es noch verhältnismäßig leicht. Aber nun fast 6 Monate danach, fällt mir jedes Stück, das ich verändere furchtbar schwer.

Gaby hat nun, nach dem Tod ihres lieben Franz, einen neuen Mann in ihrem Leben gefunden und ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Ich für meinen Teil muß meine Trauer ausleben, nein eigentlich "ertragen", und ich weiß heute schon, daß dies viele Jahre dauern wird. Aber ich hatte dich ja auch 39 Jahre meines Lebens und du warst die Liebe meines Lebens. Ich glaube nicht, daß ich wieder einen Mann lieben werde nach dir. Aber eines weiß ich genau, ich könnte niemals aber wirklich niemals mit einem anderen Mann in unserer Wohnung leben. Ich ertrage es schon kaum allein, aber ein fremder Mann und wenn ich ihn auch lieben würde, das könnte ich nicht ertragen. Unsere Tochter hat, wegen der Umbauarbeiten in ihrem Haus, nun einige Tage bei mir geschlafen. Sie fand die Matratze in meinem alten Bett zu hart. Als ich meinte, sie könnte doch in meinem (früher deinem) Bett schlafen, erklärte sie mir, das könne sie nicht. In "Dad's" Bett zu schlafen würde sie nicht über sich bringen. Nachdem du gegangen warst, habe ich zuerst auch nicht in deinem Bett liegen können, später jedoch war es ein Trost für mich. Ich fühlte mich dir näher.

Ich frage mich oft, ob du einverstanden wärest, daß ich hier so intime Dinge aus unserem Leben schreibe. Ich weiß, du hast bei anderen Menschen nie viele Worte über dein Leben zuhause verloren. Aber ich muß die Dinge auch mal loswerden und kann unsere Tochter nicht noch mehr zumüllen. Ich weiß, das war eine blöde Äusserung, denn wir sprechen jeden Tag über dich und ich weiß, sie leidet genauso wie ich. Sie hat dich doch so sehr geliebt.Und wir beide wissen, daß wir bis mindestens Juni nächsten Jahres nicht wieder normal leben werden. Ab 17. Dezember werden wir nochmal jeden Tag diese furchtbaren und schrecklichen und für uns schlimmsten Jahres unseres Lebens durchstehen müssen.

Nun geht es auch Ekki aus "Ich pack's" sehr schlecht. Er tut mir so leid, ich konnte noch nicht mal ein paar tröstende Worte für ihn schreiben. Ich denke immer an uns, als wir die aussichtlose Diagnose erhielten. Wie schrecklich ist es für die ganze Familie. Frau und Kinder denken: Wie schrecklich, wir werden ihn verlieren. Wir müssen stark sein und ihm helfen und nicht merken lassen, wie schlecht es uns und ihm geht. Der Mann denkt: Ich will mein Leben nicht verlieren , ich habe Angst. Ich muß stark sein und darf meine Familie nicht belasten. Beide Aussagen sind richtig und doch falsch. Man sollte miteinander bangen und weinen und hoffen und lieben. Ich hoffe, daß Ekki nun viel mit seiner Frau redet, über glückliche vergangene Zeiten und die Restzeit. Schrecklich diese Wort: Restzeit. Man weiß es und hofft, es geht noch ewig und hofft doch, daß das Leiden des Liebsten bald ein Ende hat. Es ist ein Zustand, den man auch seinem ärgsten Feind nicht wünschen würde.

Ich liebe dich und freue mich, daß es dir nun besser geht und ich weiß, daß das so ist. Nachdem ich dich seit Tagen nicht mehr in "unserer" Wohnung spüre, weiß ich nun auch warum. Carina (mit ihrem Umbaustreß) ist wirklich total fertig und erzählte mir heute, daß sie von dir geträumt hat. Unsre Träume von dir kann man an einer Hand abzählen, aber sie kommen immer, wenn einer von uns total fertig ist. Sie träumte, daß du in ihr Zimmer kommst, in dem sie schläft, und meinst: "Komm steh auf ich lade dich zum Sarcletti zum Eis ein." Sie war sehr überrascht und auch glücklich, dich zu sehen.

Mein geliebter Mann, nun ist es fast ein halbes Jahr, seit du uns verlassen hast und es scheint erst gestern. Meine Trauer verändert sich, aber es gibt immer noch Tage, da hören die Tränen nicht auf zu fliessen. Aber ich weiß nun, alles mußte so kommen und du hast deinen Frieden gefunden und wir werden unseren auch noch finden. Du bist fern und doch so nah und solange wir dich spüren, bist du bei uns.

Ich liebe dich unendlich und für immer

Delia
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  #7  
Alt 07.11.2005, 08:07
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

ich fühle mich dir so nahe wie noch nie seit deinem Tod. Ich bin ruhig und weine nicht mehr so oft, denn das Abschreiben unserer Tagebücher ist für mich die beste Therapie. Ich bin nun schon bei 1970 und dadurch, daß ich deine und meine Eintragungen jeden Tag untereinander schreibe, kann ich noch mal alle unsere Gefühle von damals durchleben. Unsere große Liebe und auch die Verzweiflung, wenn wieder einmal jemand gegen uns opponiert hat. Aber wir waren so zuversichtlich und haben uns nie auf unserem Weg abhalten lassen. Und das für fast genau 39 Jahre.

Ich habe nun nicht mehr all die "was wäre gewesen wenn" Gedanken, denn durch das Lesen der Tagebücher habe ich dich so nah bei mir, daß ich nun genau weiß, was du gewollt hättest und was nicht. Ich wußte das auch schon vorher, aber man macht sich selbst immer wieder Vorwürfe, ob man nicht doch anders hätte handeln sollen. Du hättest mich nie an deinem letzten Atemzug teilhaben lassen. Wie oft habe ich im Forum gelesen, daß Männer ihre Frau schützen wollten und gewartet haben, bis sie mal kurz das Zimmer verließ. Immer hast du darauf geachtet, daß ich mich nicht zu sehr aufrege wegen meines Asthmas. Nur einmal habe ich bei deiner ersten Krebserkrankung Tränen in deinen Augen gesehen. Am Valentinstag 2003 als ich abends gehen mußte und du mich noch bis zur Tür begleitet hast. Da hast du mir noch durch die große Scheibe nachgesehen und da sah ich dich, so dünn und einsam und da sah ich die Tränen in deinen Augen. Ich wollte sofort zurücklaufen und dich in meine Arme nehmen und nie mehr loslassen, aber ich wußte auch, daß du das nicht gewollt hättest. Also habe ich dir nochmal zugewunken und bin erst an der nächsten Ecke in Tränen ausgebrochen. Auch in diesem Jahr hast du sicher viele Tränen ohne mich vergossen, aber ein paar auch mit mir gemeinsam. Ich habe doch dauernd geheult und du hast genau gewußt, daß die 4 Krebserkrankungen und bis dahin 2 Verstorbenen einfach zu viel für mich waren. Nachdem ich erfahren habe, daß du dieses mal den schlimmsten Krebs überhaupt hast, war es einfach zu viel für mich und ich brach dauernd in Tränen aus. Wir beide haben meine Tränen "Streßabbau" genannt und du hast mir dabei immer den Kopf gestreichelt. Die paar mal, als du mit mir zusammen geweint hast und dabei in meinen Armen lagst und mich verzweifelt festgehalten hast, das werde ich nie vergessen.

Ich sitze jetzt hier und weine wieder, aber ich weiß nun, daß diese Tränen nun nicht mehr so oft kommen. Jetzt werde ich täglich beim Schreiben überschwemmt von unseren Gefühlen der Liebe und des Kampfes um unsere Ehe. Ich fühle nun eine tiefe Ruhe und Frieden in mir, weil ich weiß, daß du dein Leben mit den beiden Menschen verbracht hast, die du so unendlich geliebt hast. Du hattest das Leben, das du dir mit 17 Jahren schon so sehnlich gewünscht hattest. Du hast deinen Traum gelebt und bis zuletzt fühltest du dich geliebt und geborgen und aufgefangen in den Armen deiner beiden liebsten Menschen. Und wir haben dir bis zum letzten Abend gesagt und dich fühlen lassen, wie sehr wir dich lieben. Und ich weiß nun genau, als der Pfleger dir sagte, daß ich gleich komme, bist du deshalb so friedlich eingeschlafen, weil du wußtest ich komme und du konntest noch schnell vorher "verschwinden". Aber ich sehe dich heute nicht, wie so viele Andere, als den perfekten fehlerlosen Menschen. Ich weiß, du hattest deine Fehler und wir haben uns oft, auch schon zu Beginn unserer Liebe, gestritten. Aber ich liebte dich und du mich, gerade weil wir unsere Fehler hatten und nicht so perfekt und immer beherrscht waren.


Du bist die Liebe meines Lebens und wenn du auch oft Dinge getan hast, die ich nicht verstand, so werde ich dich ewig lieben und je länger ich abschreibe, desto mehr lebt unserer Liebe wieder auf. Und wie im Märchen werden wir wohl bis ans Ende (nein, nicht unserer sondern) meiner Tag zusammen glücklich leben. Und danach werden wir auch wieder vereint sein.

Ich liebe dich, mein Schatz

Delia
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