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  #1  
Alt 29.09.2007, 14:20
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo Doro
Danke an dich, so wie an alle anderen in diesem Thread fuer die lieben, aufbauenden Worte
Es ist schon so, dass man als Betroffener oft so beschaeftigt ist mit allem fertig zu werden, dass man leicht vergisst, wie die Familie, vor allem die Kinder mitleiden.
Mit den eigenen Gefuehlen wird man ja mehr oder weniger fertig - aber was geschieht mit dem Seelenleben der anderen ?
Gut finde ich, wie du beschreibst, dass deine Kinder Diagnose und die folgenden Jahre gut ueberstanden haben und wie wichtig es ist, wie man selbst damit umgeht. Man darf der Krankheit nicht zu viel Patz einraeumen !!!

Im Moment ist meine Mutter hier und jedesmal, wenn ich vom Krebs sprechen will, blockt sie hoechst nervoes ab. Ich bin inzwischen nicht allzutraurig darueber, denn ich habe ja das Forum hier , wo ich ausprechen (ausschreiben) darf.
Zu Beginn war ich aber doch traurig ueber ihre Reaktion , habe dann eingesehen, dass ich meine naechste Umgeheng einfach ueberfordere, wenn ich darueber sprechen will.

Dann habe ich noch eine gute Nachricht: die 1.Nachsorge am 24.September hat ergeben, dass sich der 6 cm grosse Tumor nach Bestrahlung + Chemo erst mal vom Acker gemacht hat, er ist weder sichtbar, noch zu fuehlen.
Nun warte ich nur noch auf das Ergebnis vom Abstrich.

Es bedarf auch meinerseits viel Fingerspitzengefuehl.... obwohl man leicht auf die Schiene als Kranker geraet, der da denkt, dass ihm als Kranken recht viel erlaubt ist, was Mitleid und Mitleiden betrifft. Aber man sollte es eben nicht uebertreiben....

Alles Guuuuuuuuuute fuer deinen Mann !!!!!!!!!!!!!!!!
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton

Geändert von nikita1 (29.09.2007 um 14:39 Uhr)
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  #2  
Alt 29.09.2007, 15:36
DTFE DTFE ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Nikita,
ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich denke, dass es verdammt wichtig ist, jemanden zu haben, mit dem man auch ständig über die Gefühle reden kann, wenn man es möchte.
Ich brauche das z.B. zum Verarbeiten der Situation / der Bedrohung bis heute obwohl die Bedrohung ja gar nicht mehr so akut ist.
Was ich sagen wollte ist, dass ich nicht von mir auf andere schließen kann und dass ich lernen musste zu akzeptieren, dass andere (in diesem Fall alle meine 3 Männer) völlig anders damit umgehen und eben nicht reden wollen oder müssen und dass dies okay ist. Und meine 3 Männer mussten lernen zu akzeptieren, dass ich eben einen Weinkrampf bekommen kann und die Welt deshalb nicht gleich untergeht und ich dennoch positiv an die Sache ran ging. Wenn dein studierender Sohn also mit medizinischem Wissen kommt, dann ist das auch okay. Auch mein ältester hat wie der Sohn von Sanne in der Schule Referate über Krebs gehalten und damit wahrscheinlich verarbeitet aber praktisch nie über bestehende Ängste gesprochen, sondern diese eher verneint mit seinem angeblich sicherem Wissen, dass eh alles gut wird. Ich konnte das schwer nachvollziehen. Aber er hat keinen "Schaden" davon getragen, dass er nicht gesprochen hat oder nicht so gefühlt hat wie ich. Ich glaube unsere Sorge als Mutter "wie wird mein Kind damit fertig" ist oftmals die Übertragung unserer eigenen Ängste und Gefühle. Ich denke, dass man Kindern eigentlich sehr viel zumuten / zutrauen kann. Sie wissen es eh, da sie es spüren und dann finde ich es besser, wenn es ausgesprochen ist. Wenn es nicht zum Tabu wird. Das finde ich dann schlimm.
Ich war 4 Jahre alt als mein Vater starb. Meine Mutter nahm mich vor der Beerdigung nochmals mit an sein Totenbett. Meine Mutter wurde damals heftigst kritisiert, was sie mir mit 4 Jahren zumuten würde - eine Leiche zu sehen, noch dazu vom eigenen Vater. Für mich war und ist dies bis heute die wichtigste Unterstützung meiner Mutter gewesen in bezug auf meine Trauerarbeit. Im Anschluss hat sich meine Mutter auf die Toilette verzogen zum weinen. Sie hätte besser mit uns Kindern zusammen geweint, aber vielleicht wollte sie uns dann schonen nach diesen Vorwürfen, die ihr von anderen gemacht wurden.
Vielleicht konnte ich etwas deutlicher machen, was ich meinte mit der Aussage: Deine Söhne sind stärker als du denkst. Meien persönliche Meinung ist: Traue ihnen die Realität zu und tue das, was für dich stimmig ist! Dann ist es auch für deine Söhne stimmig! Ich erhebe jedoch nicht den Anspruch, dass meine Meinung allgemein gültig ist. Liebe Grüße Doro

Geändert von DTFE (29.09.2007 um 15:39 Uhr)
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  #3  
Alt 29.09.2007, 20:56
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Doro

ja, das mit dem "ueber alles reden koennen", das ist ein Problem. Mit meinen Kindern kann ich es nicht, weil ich das Gefuehl habe, sie damit zu ueberfordern.
Aber fuer dieses Thema muesste ich eigentlich einen neuen Thread eroeffnen, denn ich habe niemanden, bei dem ich mich mal so richtig ausheulen kann. (obwohl es mir schwerfaellt, mich so richtig zu oeffnen und mal fallenzulassen)

Meine Soehne sind ueber alles informiert, aber weder mit meinem Mann, noch mit Vater und Mutter, die beide schon hier waren/sind , noch mit meiner Schwester in der Ferne, noch mit Bekannten oder Freunden kann ich mal richtig meine Angst rauslassen.

Ich kann doch als Mutter meinen Kindern gegenueber meine Panik nicht so offen zeigen - also bin ich "stark", kuemmere mich weiter um praktische Dige und da man mir die Krankheit aeusserlich nicht ansieht, kommt auch niemand auf die Idee, dass es mir auch mal nicht so gut geht.
Mich um meine Soehne zu kuemmern, ist mein einziger Strohhalm - das gibt mir die Kraft, nicht immer nur an mich und die Krankheit zu denken.
Am liebsten soll alles wieder so werden, wie vor der Diagnose..... Nun ist eben das Dumme, dass die Panikattacken von Claudio mir zeigen, dass wir zwar alle Weltmeister im Verdraengen sind, aber unter der Oberflaeche brodelt es fleissig weiter.....
Sch...Krankheit !!!!!!!!!!!!
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton
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  #4  
Alt 30.09.2007, 14:51
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Nikita,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem schönen Nachsorgeergebnis!
Ich freue mich sehr für Dich, dass ist ein guter Neuanfang nach dieser miesen Krankheit und für Deine Söhne ein toller Lichtblick.
Wenn es dabei geblieben ist, fängt ja bald Deine Arbeit wieder an, also morgen?
Wieder ein Stück mehr Normalität!
Schade, dass Du niemanden zum reden hast, aber dafür ist dieses Forum wirklich gut geeignet. Leider kannte ich es damals noch nicht und stand mit meinen Ängsten um meinen Mann und meine Mutter (Lungenkrebs) ziemlich alleine da. Leider haben mich meine Kinder sehr oft "heulen" sehen, weil die Nerven einfach nicht mehr mitspielten. Allerdings habe ich damals versucht meine Ängste, wenn ich alleine war herauszulassen.
Diese Zeit geht auch vorbei, es kehren bessere ein, auch wenn man es zu diesem Zeitpunkt absolut nicht glauben kann.
Dir und Deinen Söhnen wünsche ich für die Zukunft alles Gute, vor allem Gesundheit! Das weiß man erst nach so einer Krankheit richtig zu schätzen. Meine Kinder sehen es trotz ihres jungen Alters ebenso.
Mein Sohn hat etwas für sich positives daraus gelernt. Er beginnt jetzt eine Ausbildung zum Krankenpfleger, so wie Dein Ältester Medizin studiert.
Ganz liebe Grüße
Sanne
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  #5  
Alt 09.10.2007, 13:23
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo Nikita,

Zitat:
Zitat von nikita1 Beitrag anzeigen
ja, das mit dem "ueber alles reden koennen", das ist ein Problem. Mit meinen Kindern kann ich es nicht, weil ich das Gefuehl habe, sie damit zu ueberfordern.
(...)
Ich kann doch als Mutter meinen Kindern gegenueber meine Panik nicht so offen zeigen
Meine Frau und ich haben zwar keine Kinder (es hat leider nicht sollen sein). Aber ich erinnere mich noch gut an meine Kindheit: ich bekam massive Panikattacken mit 14-15, danach schwere Depressionen. Der Anlass war keine Krankheit (der Eltern), ist IMHO aber auch nicht so wesentlich.

Erst lange im Nachhinein ist mir klar geworden, dass für mich auch diese Atmosphäre der (wenn ich es mal ganz böse ausdrücke) Verlogenheit krankmachend war. Natürlich meinten meine Eltern es gut. Und natürlich möchtest du deine Kinder schützen, sie nicht überfordern. Und lieber weiter die starke Mutterrolle einnehmen. Das haben meine Eltern, bei denen es damals in der Ehe ganz ordentlich kriselte, auch versucht. Welche wohlmeinenden Eltern würden das nicht tun?

Aber: es hat nicht funktioniert. Weil viele Menschen, IMHO besonders Kinder und Jugendliche, sehr sensible "Antennen" haben - und merken werden, dass ihnen etwas vorgespielt wird, was nicht der Wahrheit entspricht. Und es fraglich ist, ob sie damit besser umgehen können als mit Offenheit und Ehrlichkeit. Anders gefragt: überforderst du deinen Sohn mehr damit, indem du ihm gegenüber die Rolle spielst, die du als Mutter glaubst spielen zu müssen - oder damit, dass du vor seinen Augen zusammenbrichst und deine Angst und Schwäche offenbarst?

Die Antwort darauf kenne ich auch nicht. Ich kann nur sagen, wie sich dieses "Rollenspiel" der "Starken", das meine Eltern damals (ganz bestimmt aus guten Gründen und voller Überzeugung) bevorzugt haben, auf mich ausgewirkt hat: Nämlich mit einem (nach über 25 Jahren immer noch andauernden) grundlegenden Misstrauen gegenüber dem, was andere Menschen sagen. Und einem ausgeprägten Gespür dafür, wann andere nicht die Wahrheit sagen. Und dem"Zwang", alles und jedes, was andere sagen, erstmal zu bezweifeln und zu hinterfragen. Und der Unfähigkeit, anderen einfach so zu vertrauen. Und dem krank machenden Stress, bei anderen Menschen ständig "ziwschen den Zeilen lesen" zu müssen (was sagen sie - aber was meinen sie wirklich?). Meine Konsequenz daraus für mich ist inzwischen: absolute Tabulosigkeit. Es gbit nichts, woüber man nicht sprechen kann. Und wenn es noch so abartig und schmerzhaft ist. Eine Einstellung, mit der ich in der Praxis sehr häufig anecke.

Das ist aber mein Ding. Was für deinen Sohn "das Beste" ist, kann nur er wissen - und du vielleicht verstehen, wenn ihr darüber sprechen könnt. In irgendeiner Form leiden wird er so oder so. Wie denn sonst - dass eine schwere Krankheit die Angehörigen nicht stresst, geht ja in der Praxis gar nicht. Und dein Sohn reagiert halt auf seine Art auf diesen Stress. Dafür kann er nichts und du nichts, und niemand ist daran Schuld. Ich denke, das ist einfach unvermeidbar - IMHO "schicksalhaft".

Umso wichtiger und positiver finde ich, dass dein Sohn mit seinen Beschwerden schnell professionelle Hilfe gesucht hat! Nichts wäre schlimmer, als wenn dein Sohn seine Krankheit tabuisieren würde - und die Panikattacken unbehandelt 10 oder 20 Jahre lang aushalten müßte (was leider immer noch keine Ausnahme ist). Aber er hat schnell gehandelt, er hat richtig gehandelt (indem er sich vom Psychiater ein SSRI AD wie Prozac hat verschreiben lassen, statt der schnell körperlich abhängig machenden "Glückspillen" in Form von Valium, Tavor usw. vom Hausarzt), und er hat damit IMHO die Weichen dafür gestellt, diese Angststörung in den Griff zu kriegen - und künftig lebenswert leben zu können.

Es ist IMHO keine Schande, Schwäche zu zeigen, zu "versagen" und oft genug im richtigen Moment genau das Falsche zu tun - das ist nur menschlich. Es sit nur traurig und fatal, dann keine Hilfe zu suchen. Das hat dein Sohn aber getan, so wie du es auch getan hast. Und deshalb bin ich der Überzeugung, dass ihr auf einem guten Weg seid, dieses Problem zu meistern. Auch, wenn dieser Weg vielelicht lang und mitunter steinig ist :-/

Viele Grüße,
Stefan
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  #6  
Alt 09.10.2007, 22:23
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Lieber Stefans

schon lange verfolge ich deine Beitraege und denke, dass du in deiner Kindheit wirklich ein Problem hattest. Den Grund dafuer kennst nur du - doch finde ich gut, dass du dich damit auseinandersetzt - Schweigen + Verdraengen waere keine gute Strategie.

Ich denke, dass die Krebserkrankung eines Elternteils eine Ausnahmesituation ist, soll heissen, man ist auf so etwas erziehungsmaessig ud gefuehlsmaessig nicht vorbereitet..............

Stimmt, ich bin "stark" und alles was ich will ist, dass meine Kinder diese Ausnahmesituation so verkraften, dass keine bleibenden Problem fuers weitere Leben haengen bleiben.
Natuerlich schaffe ich das nur zum Teil. Dass die Mama in der naechsten Zeit sterben kann, dieses Schwert haengt unabaenderlich ueber mir und meiner Familie.

Wie nun umgehen damit ? Erst mal keine Panik, wenigstens nicht nach aussen hin. Logisch, dass ich Panik verspuere, tief im Inneren, wer denkt schon gern ans Sterben mit 46 ????
Aber das behalte ich wohlweislich fuer mich, denn noch lebe ich, gehe arbeiten und geniesse jeden Tag.
Wenn man schon ueber Todesaengste sprechen will, dann bestimmt nicht mit den eigenen Kindern ! (meine Meinung) - das ist kein Verheimlichen oder ihnen etwas vormachen, sondern schlicht und einfach , was eine kranke Mutter in diesem Moment tun sollte.
Vielleicht finde ich mal jemandem, dem ich diese Gedanken anvertrauen kann.

Kinder halten viel aus, aber nicht alles - zu dieser Ueberzeugung bin ich inzwischen gelangt.
Meine Eltern (70) leben noch, zwar mit Herzschrittmacher und anderen Wehwechen, aber sie leben. Nur der Gedanke, dass sie mal nicht mehr da sind, laesst mich schnell an was anderes denken.... Es ist unertraeglich, sich Begraebnis usw. vorzustellen - fuer mich waren/sind sie immer da, seit ich lebe - wie kann das anders sein ? Sie sind/waren immer meine Stuetze, mein Halt, trotz Problemen, die es wohl in jeder Familie gibt.
Deshalb will ich mit meinen Soehnen ueber alles sprechen, nur nicht ueber den Tod - jedenfalls solange nicht, wie es mir gut geht und die Aerzte mich nicht austherapiert abschreiben.
Das ist dann eine neue Situation, ueber die ich nachdenke, wenn es soweit ist.

-----------------------------

Liebe Sanne
Danke fuer die lieben Zeilen ! Die Arbeit tut mir gut - wieder ein Stueck Normalitaet, wenn auch nur "geborgt"
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton

Geändert von nikita1 (09.10.2007 um 22:38 Uhr)
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  #7  
Alt 10.10.2007, 23:40
Ullala Ullala ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Zitat:
Zitat von nikita1 Beitrag anzeigen
...
Deshalb will ich mit meinen Soehnen ueber alles sprechen, nur nicht ueber den Tod - jedenfalls solange nicht, wie es mir gut geht und die Aerzte mich nicht austherapiert abschreiben
...
Liebe nikita1,

ich halte es mit meiner Tochter ähnlich und wir fahren damit zur Zeit gut.
Wie es in der Zukunft aussieht, kann man eh' nicht voraussagen.

Ich bin mit dem Verlauf der Krankheit sehr offen umgegangen; schliesslich will ich mich in meinen eigenen vier Wänden frei bewegen können und ich hätte es komisch gefunden auf einmal meinen Kopf oder meine Brust zu bedecken.
Das habe ich früher auch nicht getan.
Ich habe allerdings immer vorgewarnt, z.Bsp. mit dem Verlust meiner Haare.
Denn ich will meine Tochter ja nicht erschrecken.

Und ich habe ihr gesagt, dass sie, wenn sie Fragen hat, zu MIR kommen soll und sich nichts von anderen erzählen lassen soll.
Scheint zu klappen - hoffe ich jedenfalls!
Man guckt ja in keinen Kinderkopf hinein.

Sie ist lediglich anhänglicher geworden als früher, aber das kann auch damit zusammenhängen, dass ihr Vater vor eineinhalb Jahren ausgewandert ist und es nur noch sporadisch Kontakt gibt.
Da schliesst man sich ja enger an den anderen Elternteil an.

Und verdrängen tut sie auch viel, denke ich.
Das ist auch so ein Familienthema bei uns.
Wobei ich denke, dass manchmal Verdrängen auch hilfreich sein kann, wenn es zu schlimm wird - als Selbstschutz sozusagen.

So ausführlich wollte ich eigentlich gar nicht werden, naja, wer weiss, wofür das wieder gut ist.

Liebe Grüße, Ullala

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  #8  
Alt 11.10.2007, 13:35
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Ullala

stimmt - Verdraengung ist, so lange es uns aeusserlich gut geht, die einzig moegliche Strategie. Doch bricht es dann immer wieder mal durch, wie eben die Panikatacken meines Sohnes gezeigt haben.....
Diese haben sich jedoch wieder gelegt, seit er Prozac schluckt und die Schule ihn wieder voll beansprucht.
Anhaenglicher ist er auch geworden, er fragt mich sogar, ob er mit einkaufen gehen soll und die schweren Taschen tragen !!!
Ansonsten hilft ein normaler Alltag, so wie vor der Erkrankung die Angst wenigstens ein bisschen zu vergessen.
Ich widme ihm mehr Zeit, wir schwatzen mehr als frueher - ueber alles moegliche (ueber die Krankheit nicht)

Gestern war ich bei einer Ernaehrungsberaterin, da Claudio meinte, ich solle wie er Vegetarier werden. Das finde ich bloed - puh, kein Fleisch, kein Haehnchen, kein Fisch usw - muss immer zweifach kochen fuer ihn und den Rest der Familie. Und jedesmal, wenn ich voller Appetit z.b. ein Haehnchen verspeise, macht mich mein liebster Sohn von der Seite an (gesuendere Ernaehrung und so weiter...)
Also bin ich losgezogen, mit den verdammten 15 kg Uebergewicht (seit der Chemo) auf den Hueften und habe mich ernaehrungstechnisch beraten lassen.
Kampf dem Speck !!! Nun ist Claudio zufrieden, raspelt sein Salatblatt und grinst mich froehlich an, wenn ich traurig vor dem Teller mit Gruenzeug und anderen "leckeren" Dingen sitze und ploetzlich gar keinen Hunger mehr habe....

Alles Gute fuer dich und deine Tochter !

---
lila....?? wo ist "mein" grün ????
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton

Geändert von nikita1 (11.10.2007 um 13:44 Uhr)
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  #9  
Alt 11.10.2007, 14:35
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo Nikita,

Zitat:
Zitat von nikita1 Beitrag anzeigen
schon lange verfolge ich deine Beitraege und denke, dass du in deiner Kindheit wirklich ein Problem hattest.
Stimmt. Aber wer hatte das als Kind nicht. Sowas ist IMHO normal, dafür kann niemand was. Nach meiner Erfahrung kommt es weniger darauf an, ob mensch als Kind "ein Problem" hatte. Sondern eher darauf, wie mensch in diesem Alter damit umgehen kann. Soll heissen: das, was bei Kind 1 zu psychischer Krankheit führt, steckt Kind 2 vielleicht locker weg...

Zitat:
Ich denke, dass die Krebserkrankung eines Elternteils eine Ausnahmesituation ist, soll heissen, man ist auf so etwas erziehungsmaessig ud gefuehlsmaessig nicht vorbereitet..............
Hm... wenn ich auf den Ausgangspunkt dieses threads zurück komme (dein Sohn hat Panikattacken), dann denke ich: das Leben ist voll von Ausnahmesituationen. Das mag der Krebs der Mutter sein, das mag eine Scheidung sein, das mag der tödliche Unfall eines Kindes oder Elternteils sein, das mag... was weiss ich, da gibt es xxx Möglichkeiten.

Und auf keine davon ist mensch vorbereitet. Geht IMHO auch gar nicht. In Krisenzeiten sind nunmal Verhaltens- oder Erziehungs-Theorien vergessen - weil da der Mensch einfach nur noch Mensch ist.

Zitat:
Stimmt, ich bin "stark" und alles was ich will ist, dass meine Kinder diese Ausnahmesituation so verkraften, dass keine bleibenden Problem fuers weitere Leben haengen bleiben.
Ist mir sehr verständlich. Nur habe ich mich (aus meiner Position, die natürlich von meinen Erfahrungen geprägt ist - schließlich bin ich nur Mensch mit seinen Erfahrungen, kein Psychiater) dazu gefragt, ob bzw. wie das wirklich so klappen kann.

Zitat:
Wie nun umgehen damit ?
Ich schrieb glaube ich schon, dass ich das auch nicht weiss. Du musst tun, was du nach deiner Überzeugung tun musst. Und wer weiss, inwieweit deine Krankheit und dein Umgang damit (auch, wenn es den zeitlichen Zusammenhang zwischen deiner Krebsdiagnose und den Panikattacken deines Sohnes gibt) überhaupt (oder zu welchem "Anteil") dazu beigetragen hat, dass er diese Panikattacken hat? Das Erwachsenwerden ist ja ohnehin ein Alter, in dem ein Mensch reichlich Schwierigkeiten mit sich und der Umwelt haben kann. Vielleicht ist dein Krebs da "nur" ein Punkt von mehreren, die deinen Sohn belasten.

Es ist nun mal leider so, dass psychische Krankheiten (ob Angststörungen, Depressionen, "Borderline" o.ä.) sehr oft in der Phase der Pubertät und des Erwachsen werdens erstmals auftreten. Das tun sie in D millionen-fach - und zwar ziemlich unabhängig davon, wie arm oder reich, "gesund" oder "krank", "normal" oder "anormal" das familiäre Umfeld ist. Und es ist auch leider so, dass man als Eltern oder sonstiger Angehöriger solche Krankheiten nicht einfach dadurch abwenden oder gar heilen kann, indem man sich nur "richtig" verhält.

Zum Umgang damit: du kannst als Mensch und Mutter IMHO nur das tun, wovon du überzeugt bist, und womit du am besten leben kannst. Verhaltensratschläge (auch der, den ich dir indirekt gegeben habe) sind da nicht viel wert - weil niemand als Mensch "aus seiner Haut" kann, weil ihm irgendwer sagt, wie er sich da "am besten" verhalten sollte. Weil die Betroffenen IMHO immer merken, wenn sich ein Mensch nicht authentisch verhält, sondern nach "Ratgeberrat" schauspielert. Also sei so, wie du bist. Alles andere würdest du IMHO ohnehin nicht glaubwürdig verkörpern können.

Ich persönlich befürworte da einen "pragmatischen" Umgang. Nämlich genau den, wie ihn dein Sohn praktiziert: Hilfe suchen, damit sich seine Krankheit nicht noch verstärkt, sondern behandelt wird. Wenn er das geschafft hat, ist das schonmal sehr viel wert. Für alle Beteiligten.

Zitat:
Wenn man schon ueber Todesaengste sprechen will, dann bestimmt nicht mit den eigenen Kindern ! (meine Meinung) - das ist kein Verheimlichen oder ihnen etwas vormachen, sondern schlicht und einfach , was eine kranke Mutter in diesem Moment tun sollte.
Ich weiss es nicht. Mangels eigenen Kindern kann ich mich da nur an meinen Umgang mit meiner Nichte erinnern. Die ist nun auch schon 13. Aber schon "damals", als sie noch nichtmal in die Schule ging, war sie nicht auf den Kopf gefallen. Und fragte natürlich offen, warum Onkel Stefan denn niemals mitkommt, wenn sie mit ihren Eltern und der Verwandschaft zum Essen ins Restaurant oder in die Großstadt in den Zoo oder sonstwohin geht.

Woraufhin ich ihr etwas hätte vorlügen können: dass mich das "nicht interessiert", dass ich das "langweilig" oder sonstwie finde. Aber worauf ich ehrlich nur antworten konnte, dass ich davor eine riesen Angst habe. Was sie natürlich nicht verstanden hat - wer kann schon angst davor haben, in Gesellschaft anderer im Restaurant was zu essen oder in den Zoo zu gehen ???

Und dann haben wir uns über Ängste unterhalten. Über ihre als Kind, wenn sie davon überzugt ist, dass in ihrem Kleiderschrank ein Monster wartet, dass erst dann rauskommt, wenn sie im Bett liegt und das Licht aus ist. Und dass es sowas gibt, und dass man davon Alpträume kriegen kann. Und dass auch viele Erwachsene solche Ängste haben. Und dass es bei der Angst keine Rolle spielt, dass man "weiss", das solche Ängste nicht "wirklich" sind. Und dass es nicht "feige" oder "kindisch" ist, wenn man sowas hat. Egal, wie alt man ist.

Ich bin kein Erziehungswissenschaftler, der beurteilen kann, ob diese Unterhaltung für das Kind "gut" oder "schlecht" war. Zumindest scheint ihr das Eingeständnis, dass auch Erwachsene mitunter schwach und ängstlich sind, nicht dauerhaft geschadet zu haben. Was sicher auch an meiner Schwester liegt, die ich sehr hoch achte: weil sie ihre Tochter bei solch "sensiblen" Themen nicht reflexartig schockiert beiseite zieht, um sie davor tabuisierend zu "schützen".

Viele Grüße,

Stefan
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  #10  
Alt 11.10.2007, 22:18
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Hallo Stefans,
Zitat:
das Leben ist voll von Ausnahmesituationen. Das mag der Krebs der Mutter sein, das mag eine Scheidung sein, das mag der tödliche Unfall eines Kindes oder Elternteils sein
zur Ausnahmesituation: ich denke , dass die Krebserkrankung eines noch jungen Elternteils mit Kindern zu den absoluten Ausnahmesituationen gehoert. Eine Scheidung und einen Unfall kann man nicht damit vergleichen, denn die Scheidung steckt man nach einiger Zeit weg, findet neuen Partner und der toedliche Unfall stellt die Hinterbliebenen vor vollendete Tasachen. Eine Krebserkrankung bedeutet Sterben auf Raten - man weiss, dass man vor der Zeit sterben wird, man weiss nur nicht wann.
Zitat:
dass man als Eltern oder sonstiger Angehöriger solche Krankheiten nicht einfach dadurch abwenden oder gar heilen kann, indem man sich nur "richtig" verhält.
wenn man mal von pathologischen Ursachen absieht, kan man sehr wohl als Mutter auf die seelische Gesundheit eines Kindes Einfluss nehmen, und zwar von Geburt an - im negativen oder positiven. Hat das Kind eine glueckliche Kindheit , fuehlt es sich behuetet und verstanden, wird es keine Depressionen und oder andere seelische Krankheiten bekommen.
Das eben ist das Problem: weil ich krank bin, ist die Sicherheit und das "sich behuetet fuehlen" von einem Tag auf den anderen weggebrochen. Und dagegen kaempfe ich an. Ich versuche, meinem nun sehr verletzlichen Sohn eben diese Geborgenheit zurueckzugeben. Leider kann man den Krebs nicht einfach so wegwuenschen, ich kann also nur bedingt Einfluss nehmen - deshalb haben wir Hilfe gesucht und gefunden (siehe Psychologin)
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Zitat:
weil sie ihre Tochter bei solch "sensiblen" Themen nicht reflexartig schockiert beiseite zieht, um sie davor tabuisierend zu "schützen".
ich tabuisiere nicht - ist auch schlecht moeglich, wenn man 7 Monate wegen Krebs krankgeschrieben war und waehrend der Therapie durch die Hoelle gegangen ist. (auf Einzelheiten will ich hier nicht eingehen)
Sohn hat ja alles mitbekommen.
Man sollte Kinder sehr wohl schuetzen, wenn man es kann - es gibt Dinge, die man als Kind oder Jugendlicher ausleben sollte, aber bitte nicht alles. Krebs gehoert auf alle Faelle nicht dazu.
Und man sollte als Mutter oder Vater auch nicht "schwach" sein , obwohl die Krebserkrankung an sich ja schon Schwaeche in der uebelsten Form darstellt - ich hoffe, du verstehst , was ich meine mit "Schwaeche" aus der Sicht eines Kindes. Da schliesst sich der Kreis, wenn man ans "sich behuetet fuehlen" denkt.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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Geändert von nikita1 (11.10.2007 um 22:29 Uhr)
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