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  #136  
Alt 28.10.2012, 20:49
puppe88 puppe88 ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

in diesen Zeiten ist es auch verdammt schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Selbst wenn man örtlich woanders ist, sich körperlich mit etwas beschäftigt wie z. B. Gartenarbeit oder mit anderen redet - ich habe das immer so empfunden, als ob mein Vater bzw. sein Gefühl für ihn und die ganze Situation, wie eine Wolke ist, die immer über mir schwebt...
ich bin früh aufgewacht und in Bruchteilen von Sekunden, war ALLES wieder da - selbst wenn ich nachts nur kurz wach war.
Die Sorge, Verzweiflung, Wut, vorgezogene Trauer, Hoffnung, Ohnmacht - alles zusammen klebt in dieser Phase an einem wie eine zweite Haut...

es ist echt schwer, sich effektiv mal "freizumachen"...
Kann dir auch keine wirklich guten Tipps dafür geben - leider
aber du solltest dir dennoch irgendwie kleine "Inseln" verschaffen, vielleicht durch spazierengehen oder ein richtig gutes Buch, das dich ein wenig in seinen Bann zieht, oder dich mit Freunden treffen (und vor allem: KEIN schlechtes Gewissen dabei haben, wenn man es wie durch ein Wunder doch mal schafft, ein wenig abzulenken)

Geändert von puppe88 (28.10.2012 um 21:27 Uhr)
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  #137  
Alt 29.10.2012, 07:42
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Guten Morgen Mari,

ja, da kann ich mich puppe88 nur anschließen. Aber ich weiß auch, wie schwer es ist, in dieser Zeit überhaupt an etwas anderes zu denken. Spazieren gehen finde ich auch sehr gut. Es hilft immer ein wenig, sich vom Wind die Haare zerzausen zu lassen und einfach drauflos zu stapfen. Manchmal schafft man es ja auch, dass man dann kurze Zeit an gar nichts mehr denkt, sondern einfach nur läuft. Vorwärts, egal wohin!

Ja, und die Erlebnisse im Krankenhaus kann ich ausnahmslos bestätigen. Das Pflegepersonal leidet sicherlich ebenfalls unter der Situation, denn die meisten haben andere Vorstellungen von Pflege... Einzig auf der Palliativstation habe ich andere erfahrungen gemacht. Da war von Hektik und Stress nichts zu spüren. Da strahlten die Menschen eine unglaubliche Ruhe aus. Sie haben sich immer die Zeit genommen, die nötig war und haben auch persönliche Worte an den Patienten sowie an die Angehörigen gerichtet. Es wäre geradezu paradiesisch, wenn es auf allen Stationen so wäre...

Und dein Papa, das ist doch schön, dass er schon mal zwei Stunden wach und ansprechbar war! Sicherlich vielleicht nicht so, wie du es dir gewünscht hast, aber er war wach. Ich hoffe, es geht weiter so!!!

Liebe Grüße
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #138  
Alt 29.10.2012, 13:17
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

ich hoffe wirklich sehr, dass wir bald einen platz im hospiz bekommen.

die cortisongeschichte hat nicht funktioniert. die aerztin meinte, es haette eine unmittelbare verbesserung statt finden muessen. naja, wir haben es versucht. wir machen es zu ende.

mein dad tut mir so ungeheuer leid... manchmal glaube ich, sein altes ich in seinem blick durchschimmer zu sehen, und dann denk ich mir, warum muss er nur so leiden? und dann denk ich mir wiederum, ist es er, oder bin es ich, die mir da in dem moment leid tut?

manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich mir wuensche, es moege ganz schnell vorbei gehen. ich hab seit zwei wochen nicht mehr mit meinem vater gesprochen. so richtig gesprochen. das fehlt... und die vorstellung, dass wir nie wieder so miteinander sprechen werden, macht mich traurig.

es ist echt bitter, dieses trauern um einen aspekt eines menschen. es fuehlt sich so falsch an, weil er ja noch lebt. auf der anderen seite kann ich es nicht unterdruecken, weil der, der mein vater jetzt ist, nur wenig mit meinem vater zu tun hat...

ich wiederhole mich, glaub ich...

aber das ist so, was mich im augenblick beschaeftigt...
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  #139  
Alt 29.10.2012, 19:33
Pantoffeltierchen Pantoffeltierchen ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Hallo larimari!

Ich kann deine Situation sehr gut nach empfinden. Mein Papa hat ein Adenokarzinom mit Pleurabefall. Es geht alles sehr schnell. Nach der ersten chemo hatte er einen Schlaganfall, so dass er kaum noch laufen kann.

Jeden Tag hoffe ich, dass mein Papa nicht mehr leiden muss. Er ist sehr schwach und nicht mehr der Mensch, der erst einmal war. Er besteht nur noch aus Mühsal und Angst. Deine Empfindungen sind ganz normal, auch ich trauere bereits um meinen Papa, der da ist und irgendwie doch nicht.

Fühl dich fest in den Arm genommen. Du bist nicht allein!
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  #140  
Alt 29.10.2012, 21:16
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

hallo pantoffeltierchen!

ja, dieses da sein und doch nicht da sein macht einen schon fertig. auf der einen seite ist es mein dad, auf der anderen seite fehlt ihm das meiste, das ihn als meinen dad ausgezeichnet hat.



ansonsten gibts bei uns heute nix neues. mom und ich haben uns drei stunden frei gegoennt. also drei stunden, die wir auch zusammen verbracht haben. sie hat mir mein lieblingsessen gekocht. ich ess zur zeit fast nix, krieg nix runter, und sie wollte mir ne freude machen. und dann waren wir in der stadt. sie hat sich mal wieder was schwarzes gekauft. jetzt ist sie eingedeckt.

ich hoffe, dass der mann vom sozialdienst morgen gute neuigkeiten bezueglich eines hospizplatzes hat. im krankenhaus kann man leider nichts mehr fuer ihn tun.

liebe gruesse an alle!
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  #141  
Alt 30.10.2012, 10:45
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

gestern Abend habe ich's nicht mehr hierher geschafft... Ach Mensch, es tut mir so leid, dass der Versuch mit dem Cortison keinen Erfolg hat. Ich hatte so sehr gehofft!

Und ich weiß auch sehr gut, wie es sich anfühlt, wenn der eigene Papa immer weniger er selbst ist und man ihn kaum "wieder findet". Das sind so viele kleine vorweggenommene Abschiede und sie tun einfach nur weh. Wenn die Kraft von Tag zu Tag schwindet und der einfachste Handgriff zu anstrengend wird, die Stimme versagt... Es zerreißt dir das Herz und doch bist du da, immer an seiner Seite. Und genau das spürt dein Vater. Auch wenn er offensichtlich kaum mehr wach ist, wird er deine Anwesenheit und die deiner Mutter spüren. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er euch auch hört, ihr könnt also mit ihm sprechen.

Es ist so schmerzhaft und bohrt sich wie ein Dolch ins Herz, wenn man die Nachricht erhält, dass im Krankenhaus nichts mehr getan werden kann. Austherapiert! Ich hatte bis zuletzt immer noch die Hoffnung, dass ein Wunder geschieht. Ich weiß, dass diese Hoffnung völlig unrealistisch war und ich habe wohl auch nie darüber gesprochen, doch ganz tief in mir drin gab es diese Hoffnung. An dem Tag, als uns eröffnet wurde, dass man nichts mehr für meinen Vater tun könne, ist diese flackernde Hoffnung erloschen. Und ich weiß auch, dass ich irgendwann meinem Vater von Herzen gewünscht habe, dass er für immer gehen darf. Die letzten Tage haben wir (meine Ma und ich) uns das beide gewünscht und das kam uns alles völlig absurd vor, dass wir demjenigen Menschen, den wir lieben, so etwas wünschen... Aber ich denke, du verstehst, was ich meine. Das war der Zeitpunkt, wo wir endgültig losgelassen haben, weil wir wussten und spürten, dass es für ihn eine erlösung sein würde...

Liebe Mari, ich wünsche euch, dass ihr baldmöglichst einen Hospizplatz bekommt. Ich bin mir sicher, dass dein Papa dort besser aufgehoben sein wird und auch, dass es für dich und deine Mama besser sein wird, denn dort wird sich um euch alle drei ein schützender Mantel legen und den könnt ihr jetzt gut gebrauchen.

In Gedanken bei dir
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #142  
Alt 30.10.2012, 12:44
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

es tut mir leid, dass deinem Vater die Cortisonbehandlung nicht genutzt hat.
Leid tun ist eigentlich falsch ausgedrückt, es tut mir eher weh.

Ich wünsche euch von Herzen, dass die Suche nach einem Hospizplatz bald erfolgreich ist.

Und dir wünsche ich alle Kraft die du brauchst auf dieser letzten Etappe.
Pass gut auf dich auf, Mari.

Ich glaube, dass der Ratschlag sich Freiräume für sich selbst zu schaffen, in der Phase in der sich unsere Väter befinden, nur sehr begrenzt realisierbar ist. Im Gedanken bin ich immer bei meinem Vater, meiner Mutter oder der Situation an sich. Da kann ich machen was ich will.
Selbst beim Bäume pflanzen oder beim Herbstlaub rechen.
Trotzdem sind die Tätigkeiten willkommene Abwechslungen.
Mehr geht glaube ich nicht.

Das du dir selbst leid tust, kann ich mir nicht vorstellen.
Aber du siehst einen sehr wichtigen Teil deiner Vergangenheit gerade verschwinden. Die abgedroschene Phrase "Nichts wird mehr so sein wie es mal war." trifft in deinem Fall tatsächlich zu.
Und klar tut es dir leid und weh, das dein Leben sich so verändern wird.
Und dennoch, alles was du getan hast und tust, hast du für deinen Vater und deine Familie getan.
Ich werfe mich der hoffentlich nicht allzu irrigen Annahme in die weit ausgebreiteten Arme, dass wir eines fernen Tages realisieren werden das alles für unsere Väter und gleichzeitg auch für uns getan zu haben.

Liebe Mari, ich drück dich.
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  #143  
Alt 30.10.2012, 19:00
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

es ist so unglaublich schwer...

heute war mein dad traurig. ich glaube, er weiss, was passiert. ich meine, ich habs ihm auch gesagt, als er mich ganz arg fragend angesehen hat. ich glaube, er wusste es vorher schon.

ich hab ihm gesagt, dass es mir leid tut, und dass er mir fehlen wird, und dann hat er seine hand auf meine schulter gelegt, also wollte er mir sagen, es ist okay, es wird schon werden. und dann hab ich gesagt, es ist okay, es wird schon werden. und dass er sich keine sorgen zu machen braucht. und irgendwann hat er dann meine wange gestreichelt. und dann war er wieder weg. und angegrinst hat er mich heute. so richtig lustig... zum dahinschmelzen.

er hat mittlerweile ziemliche probleme mit dem schlucken. alles zu fluessige landet im falschen kanal. muessen viel inhalieren. das mag er aber nicht.

er isst immer noch recht gut.

ich weiss halt nicht, was mit seinen wachphasen passiert, wenn er wieder die normale dosis cortison bekommt. und wie er dann an essen kommen soll. oder eruebrigt sich das dann einfach...

gott, es ist echt so schwer zu begreifen, dass mein vater gerade stirbt...
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  #144  
Alt 31.10.2012, 11:39
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

der sozialdienstler hat heute mit einem hospiz gesprochen. die "schieben" den papa vor. es kann allerdings noch einige tage dauern. das gute, das hospiz waere in muenchen, wo ich eigentlich wohne. jetzt versucht er auch meinen bruder irgendwo in muenchen unterzubringen. dann koennte die mama zu mir kommen, und wir haetten die ewige fahrerei nicht. und wir waeren nicht in der wohnung meiner eltern. und die schwester von meiner mom waere auch in der naehe...

drueckt daumen, dass das hinhaut.

dad gehts heute nicht so gut. er schlaeft und ist viel abwesender als sonst.

mein mom ist erkaeltet, und ich kriech mittlerweile auch nur noch auf dem zahnfleisch daher...
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  #145  
Alt 31.10.2012, 20:14
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Liebe Mari,

meine Daumen sind gedrückt! Das wäre ja echt schön, wenn es mit München klappt!

Dass du derzeit auf dem Zahnfleisch kriechst kann ich sehr gut nachempfinden. Es ist einfach körperlich und auch psychisch eine extreme Belastung und kostet ungeheuer viel Kraft, deinen Papa zu begleiten. Aber du machst das großartig! Das kann ich nur immer wieder sagen bzw. schreiben.

Ich musste eben ein weinen, als ich deinen Eintrag von gestern las... Ich denke auch, dass dein Dad weiß, wie es um ihn steht. Ich glaube, dass wir das einfach spüren. Und wie schön, dass ihr euch auch ohne Worte versteht, oder? Und euch gegenseitig tröstet... Das ist ein ganz besonderer Moment gewesen und anstelle einer anderen lieben "Hinterbliebenen" sage ich jetzt: das ist ein wunderbares Bild, das du mit deiner inneren Kamera festhalten wirst und dass dir niemand nehmen kann.

Ganz liebe Grüße in den Süden
Miri
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  #146  
Alt 01.11.2012, 13:52
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

hi miri!

danke fuer deine netten worte!

sowas baut mich auf.

im augenblick ist es schwer. dem dad gehts nicht so toll. er blubbert beim atmen wie eine quelle. es sitzt so tief, dass wir nicht absaugen koennen. und er hat schmerzen. er hat heute seine erste morphinspritze bekommen. es sieht irgendwie nicht gut aus. ups, jetzt hat er gut gehustet, das blubbern ist nicht mehr so arg. aber trotzdem, ich wuensche mir, dass er bald gehen kann. es ist schlimm, ihm zuzusehen, wie er leidet...

was mich im augenblick noch aergert, ist die tatsache, dass ich mich nicht einmal zu 100% auf meinen dad konzentrieren kann, weil die situation mit meinem bruder immer noch nicht geklaert ist. es ist jetzt zwar eine kurzzeitpflegeeinrichtung da. suboptimal zwar, aber fuers erste genug. danach kommt die langzeitpflege. meine mom brabbelt irgendwas von doch zuhause pflegen mit pflegedienst und so. aber das geht einfach nicht. das packt sie nicht. sie hat angst, dass sie, wenn sie meinen bruder ins heim gibt, zum sozialfall wird, weil ja ihre kompletten ersparnisse drauf gehen, bis die hilfe zur pflege greift. manchmal ertappe ich mich, wie ich dem kleinen kerl regelrecht sauer bin, weil er schon so oft irgendwas in unserer familie hat schief laufen lassen. und dann bin ich sauer auf mich, weil er ja am wenigsten dafuer kann, dass alles so ist, wie es ist.

also, drueckt daumen fuer eine baldige erloesung fuer meinen dad. - wie pervers ist es eigentlich, sich so etwas zu wuenschen?!?! aber wenn ich ihn mir anschaue, wie er da liegt und roechelt und leidet... ich hab heute zufaellig die digicam von meinen eltern gefunden, und die fotos darauf angeschaut. da waren einige von meinem dad drauf. und auf den meisten hat er entweder ein gesicht geschnitten oder gelacht. das war mein dad! und er fehlt mir.
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  #147  
Alt 01.11.2012, 15:18
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Hallo Mari,

dieser tief sitzende Schleim scheint bei dem Krankheitsbild wohl häufig vorzukommen. Mein Dad hatte das auch und ich habe dieses Blubbern, Rasseln und Röcheln als sehr schlimm empfunden, da ich immer befürchtete, mein Vater könne keine Luft mehr bekommen. Der Palliativarzt hat mir dann erklärt, dass es sich schlimm für uns anhört, aber nicht so schlimm für meinen Vater anfühlt. Ja, das sei der sehr tief sitzende Schleim und sie haben kaum mehr Kraft, diesen abzuhusten. Das Absauegen dieses Schleims würde wohl auf heftige Schmerzen verursachen.

Ich wünsche euch von Herzen, dass dein Papa in den nächsten Tagen den Hospizplatz in München erhält. Irgendwie ist die Atmosphäre ja eine ganz andere als im Krankenhaus. Man fühlt sich geborgen und sicher und die Menschen dort nehmen sich alle Zeit, die benötigt wird. Auch für deine Ma und dich. Das würde euch allen gut tun, denn es würde euch ein klein wenig von der Sorge und Verantwortung nehmen, zumal ihr euch noch um deinen Bruder sorgt.

Und ich finde es nicht pervers, einem todkranken Menschen zu wünschen, dass er endgültig gehen darf, wenn nichts mehr geht. Ich habe das meinem Vater auch gewünscht... Genau wie du wollte ich nicht, dass er weiterhin so leidet und so schlimme Schmerzen ertragen muss. Und dennoch, auch wenn dein Dad nicht mehr so wie vor ein paar Wochen ist, es ist doch dein Dad. Eine ganz andere Seite von ihm, die jetzt kennen lernst. Klingt so, als würde er sich nun nach innen wenden und sich auf seine letzte Reise vorbereiten...
Alles Liebe
miri
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  #148  
Alt 01.11.2012, 17:20
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

nach innen wenden... das hast du gut gesagt. das gefuehl hab ich auch. dass er sich quasi aus den aeusseren, sichtbaren regionen seines koerpers zurueckzieht in ein zentrum, dass fuer uns nicht mehr greifbar ist.

es ist schwer...

aber gut zu wissen, was der palliativarzt zum blubbern gesagt hat. ich lasse den dad jetzt halt viel inhalieren. mehr kann ich nicht tun. und beharre darauf, dass er ausreichend schmerzmittel bekommt. aber die schwestern ziehen da schon mit. sie merken, dass sie auch nicht mehr machen koennen.
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  #149  
Alt 02.11.2012, 19:08
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

wir waren heute im hospiz... es ist ein schoener ort. also im vergleich zum krankenhaus toll... aber leider sind wir immer noch nur auf warteliste. die dame vom hospiz wollte sich am montag melden... ich weiss nicht, ob der dad bis montag durchhaelt... er baut immer mehr ab. er isst nichts mehr. ich weiss nicht, ob man es schon agonie nennen kann. aber es ist zumindest nah dran in meiner vorstellung. er hat jetzt wieder morphin bekommen... hoffe, es hilft gegen die schmerzen.

ich bin grad hin und hergerissen zwischen trauer, verzweiflung und ungeheurer genervtheit. ich wuensche mir so sehr, dass mein dad diesen platz bekommt. oder dass mein bruder einen platz bekommt. dass sie auf jeden fall nicht mehr zusammen in einem zimmer sind. es ist so anstrengend, wenn man sich eigentlich auf die letzten momente mit seinem vater konzentrieren moechte, und dabei staendig jemand aus dem nebenbett aufmerksamkeit fordert...

was ist denn das deutsche wort fuer "closure"? abschluss trifft es nicht so ganz, in closure schwingt noch so viel mehr mit... auf jeden fall wuensche ich mir sowas. ein ende des leidens und closure.
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  #150  
Alt 02.11.2012, 19:40
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Mirilena Mirilena ist offline
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Liebe Mari,

halte durch! Ich weiß, wie schwer das ist und wie zerrissen du dich fühlen musst. Aber ich denke, die tun alles dafür, damit dein Dad einen Platz im Hospiz bekommt. Schön, dass ihr euch das Hospiz heute anschauen konntet und einen guten Eindruck bekommen habt.

Wenn dein Papa nichts mehr essen mag, ist es okay. Es sollte ihn auch niemand dazu "zwingen". Es kann sein, dass er sich nun auf den Abschied vorbereitet. Bei meinem Vater ist es wohl so gewesen. Er mochte auch nichts mehr essen. Das war für meine Ma sehr hart, denn sie hatte irgendwie das Gefühl, ihn verhungern zu lassen. Aber er hatte ihr das Versprechen abgenommen, dass sie ihn mit Essen in Ruhe lassen würde, wenn er nichts mehr zu sich nehmen wolle. Sie hat sich schweren Herzens daran gehalten.

Hast du das Gefühl, dass dein Dad sich ein wenig entspannen kann, wenn er Morphium erhält? Mir war es auch am Wichtigsten, dass mein Vater keine so argen Schmerzen hat.

Ach Mari, wie gern würde ich dir etwas Tröstliches schreiben, aber es gibt wohl keine Worte, die euren Zustand mildern könnten. Das tut alles so verdammt, verdammt weh und man fühlt sich so ohnmächtig, so hilflos. Und doch hilfst du deinem Dad, indem du da bist. Er spürt deine Nähe, spürt, wenn du seine Hand hältst, ihn streichelst. Und so ist er nicht allein, sondern umhüllt von deiner Liebe. Und das ist sehr viel.

Ich denke an dich
Miri
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