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  #16  
Alt 17.03.2006, 07:48
shalom shalom ist offline
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Registriert seit: 25.08.2005
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 222
Standard AW: Wie die Beziehung unter dem Krebs leidet

Hallo Thomas,

ich bin durch Zufall in diesen Thread hereingerutscht, da derselbe Thread von Dir am gleichen Tag auch im Angehörigenforum gestartet wurde. Das habe ich dann aber erst später bemerkt, daß Du eigentlich im Brustkrebsforum schreibst. (Daher also mein "Eindringen" hier.)

Durch eine Krebserkrankung wird so etwa alles einer Belastungsprobe unterzogen, was vorher selbstverständlich und stabil war. Es ist auch so, daß einem der Boden unter den Füßen entzogen wird. Meine Frau und ich haben damals sehr viel nachgedacht, sehr viel geschwiegen, sehr viel miteinander gesprochen. Es klingt so banal, aber jeder von uns mußte erst neu herausfinden, wie mit der Krankheit und wie miteinander umgehen. Nichts war mehr so, wie es vorher war. Du hast recht: Jeder war auch sehr viel mit sich selbst beschäftigt, oder wie Du das nennst: auf sich focussiert.

Das Meiste mußte neu austariert werden: Kontakte zu Verwandten und Freunden, die Selbstgestaltung des Tagesablaufs meiner Frau (jeden Tag aufs Neue mit sehr viel Zeit zum Grübeln), die Neugestaltung von Nähe und Distanz (im allgemeinen täglichen Umgang, im Erotischen, im Sexuellen) zwischen uns beiden mit häufiger emotionaler Rückversicherung.

In den beschwerlichen Phasen ihrer Krankheit und bei den Nachwirkungen der schweren Chemos versuchte ich ihr alles Erdenkliche abzunehmen, sie jedoch wollte aus verständlichen Gründen nicht die Kontrolle über sich und ihre Umgebung komplett abgeben. Sie hat mir liebevoll signalisiert, daß sie sich ein wenig "overprotected" fühlte, und dies oder jenes selbst wieder in den Griff bekommen wollte.

Es gibt so viele Dinge, die ich als Gesunder mal eben schnell gemacht habe, für sie war jedoch jede kleine Aktion eine selbst vollbrachte Leistung und machte ihr Mut: Das kann ich schon wieder.

Es sind die vielen kleinen alltäglichen Dinge und der neue Umgang mit ihnen gewesen, die zeigten, ob ich/wir sensibel füreinander waren. Die "großen" Fragen standen dabei immer im Raum: Wie geht es weiter ? Was ist wenn ? Auch das haben wir nicht ausgeklammert. Zeit zum Nachdenken gab es ja viel, aber auch wunderschöne unbeschwerte GEMEINSAME Erlebnisse trotz Krankheit. Und genau die sind es, von denen ich jetzt noch zehre.

Es ist eine sehr intensive, schwere und dabei sehr schöne Zeit, füreinander da zu sein. Diese gemeinsam erlebte Zeit ist nicht wiederholbar, also lohnt es sich bewußt und intensiv gemeinsam zu leben.

Liebe Grüße
Shalom
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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  #17  
Alt 18.03.2006, 09:35
Babsi1970 Babsi1970 ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 18.03.2006
Beiträge: 6
Standard AW: Wie die Beziehung unter dem Krebs leidet

Hallo Thomas,

vielen Dank für diesen wunderbaren Thread!!
Für unsere Beziehung war meine Erkrankung ein geradezu ein Segen, ich war zu diesem Zeitpunkt grade dabei über Trennung nachzudenken.

Ich spreche jetzt mal für meinen Mann, der auch schreibfaul ist, aber wir haben oft und lang über dieses Thema gesprochen:
Er sagte, meine Krankheit hätte ihm erst die Möglichkeit gegeben, mal zu zeigen was alles an Kraft und Männlichkeit in ihm steckt. (Vorher hab ich ihn scheinbar unterm Pantoffel gehalten, weiß auch nicht so recht....?? Über diese Äußerung war ich dann doch ganz schön entsetzt)
Erst durch meine Schwäche und Hilfsbedürftigkeit hat er sich selbst als potenten Mann wahrnehmen können, und ich habe davon nur profitiert.

Er war für mich der einzige verlässige Partner, dem ich alles sagen konnte, auch was meine Ängste über das Sterben und Entstellt-sein anbelangte. Das war glaub ich die größte Hilfe, die ich von ihm bekommen konnte: das es keine Tabus in unseren Gesprächen gab.

Hallo ihr Männer da draußen, ohne euch geht´s nicht, oder nur sehr viel schwerer - ABER wenn ihr und eure Partnerin es zulassen könnt, dann haben alle beide davon was Gutes.
Hiermit möchte ich stellvertretend für die, die´s so wie ich erlebt haben, allen Männern danken:

Danke
daß ihr da seid für uns,
daß ihr uns eure starken Schultern anbietet, einfach weil ihr das Starke Geschlecht seid, und ihr das halt so macht ohne es groß zu betonen
daß ihr unsere Launen und Zickereien aushaltet,
daß ihr uns so nehmt wie wir sind, einfach weil wir eure Frauen sind.

Und im Speziellen: Mike, ich liebe dich über alles, und bin froh, daß wir beide gemeinsam und jeder für sich da durch gegangen sind.

Liebe Grüße von Babsi
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