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Alt 23.12.2013, 20:25
ThorstenJ ThorstenJ ist offline
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Registriert seit: 17.12.2013
Beiträge: 11
Standard "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo alle zusammen,

ich möchte an dieser Stelle einen sehr interessanten Aspekt beleuchten, den mir ein ebenfalls betroffener, der selber vor 10 Jahren die Diagnose BSDK erhalten hat, in unserem Gespräch aufgezeigt hat.

Rund eine Woche nachdem ich die Diagnose BDSK erhalten hatte, sprachen wir sehr ausführlich darüber, wie es einem geht, was man macht, wie man sich fühlt, was möglich ist, welchen Wert Statistiken und Prognosen haben etc.
Über Schmerzen, Probleme, Zuversicht, Tiefs, Oprimismus und vieles mehr.

Im Laufe des Gesprächs sagte er irgendwann "man muss daran arbeiten, wieder die Möglichkeit zu haben, auch an etwas anderem zu sterben".

Das war ein für mich im Nachhinein sehr prägender Satz.

Denn:
Sterben müssen wir alle.
Wir schieben es gedanklich nur in einen nicht konkreten Teil unserer Zukunft.
Mit einer Krebsdiagnose tritt die Gewissheit, irgendwann sterben zu müssen, leider sehr deutlich und oft mit einer begrenzten Fristigkeit ins unser Bewusstsein.
Aber: Auch KEINE Krebsdiagnose ist keine Garantie für ein langes Leben!
Jeden von uns kann es erwischen. Jeden Tag.
Selbst verschuldet oder unschuldig.
Schrecklich und schmerzhaft oder friedlich und unspektakulär.
Mit gedanklichem Vorlauf oder ohne.
Der Tod hält sich an keine Reihenfolge und er ist auch nicht fair - er gibt noch nicht mal vor, fair zu sein.

Alle die, die nicht sterbenskrank sind, geben sich also einer Illusion hin, wenn sie den Tod in einen nicht konkreten Teil ihrer Zukunft schieben.
Sie öffnem dem Tor und Tür, dass sie wichtige Dinge in die unbestimmte Zukunft schieben.
Wenn das Haus abbezahlt ist, dann machen wir schöne Urlaubsreisen mit unseren Kindern.
Wenn ich befördert wurde, verbringe ich auch wieder mehr Zeit mit meinen Freunden.
Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann genießen mein Ehepartner und ich das Leben.
Wenn ich in Rente bin, dann widme ich mich endlich meinem Hobby.
Planungen auf sehr wackeligen Beinen !

Menschen mit der Diagnose "Krebs" tun dies nicht mehr. Menschen mit der Diagnose Krebs machen diesen Fehler nur noch selten.
Meistens haben auch Menschen mit Krebs mindestens noch Monate und Jahre und können vieles von dem tun, was sie eigentlich auf die lange Bank geschoben haben.
Auch wenn mancher hier im Forum es nicht wahrhaben will: Menschen mit Krebsdiagnose haben oft einen sehr, sehr wertvollen und schönen Teil ihres Lebens noch vor sich - direkt vor sich - "dank" der Diagnose.
Wenn sie sich dessen bewusst werden, können sie daraus eine Zuversicht und postitive Energie aufbauen, die zu einer positiven Grundstimmung führt, die wiederum die verbleibenden Monate deutlich vermehren kann - oder sogar der entscheidende Faktor für eine Heilung sein kann.

Dass am Ende doch ein schreckliches Leiden stehen kann, steht ausser Frage - AUCH ohne Krebsdiagnose - nach einem Autounfall, einem Arbeitsunfall, Demenz, Parkinson etc. - dann aber meist ohne die Frist, die einem die Krebsdiagnose eröffnet.
Darüber sollte man wirklich sorgfältig nachdenken.
Nein, dass soll nicht heissten, dass man Gott jetzt auf Knien für seine Krebserkrankung danken soll


Und wenn man es dann irgendwann auch noch schafft, Zuversicht aufzubauen, dann kommt eben auch wieder dieser Gedanke ins Spiel:
"sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Niemand kann einem genau sagen, wieviel Zeit man noch hat - auch ohne Krebsdiagnose!
Jeder Krankheitsverlauf ist individuell. Kein Arzt ist ein Gott in weiß. Vielleicht hat man ja doch noch viel mehr Zeit, als einem die Ärzte zutrauen. Dies ist sogar oft so, da Ärzte sich tendenziell pessimistsich geben.
Den Kampf gegen Krebs zu gewinnen, muss ja nicht unbedingt bedeuten, ihn für immer loszuwerden. Den Kampf gegen Krebs zu gewinnen, kann auch heißen, ein paar Monate zu gewinnen. Oder ein paar Jahre. Oder vielleicht sogar ein Jahrzehnt? Oder mehr?
Und wie gesagt: auch KEINE Krebsdiagnose ist keine Garantie für ein langes Leben.
Ein paar Monate oder erst recht ein paar Jahre mehr, bringen einen in die Menge der Menschen, die sich Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr diversen Gefahren aussetzen, die zum Tode führen können: Am Straßenverkehr teilnehmen; im Urlaub tauchen gehen; Gleitschirm fliegen; die Treppe herunterfallen...

Krebs ist kein Todesurteil. Das Leben an sich ist ein Todesurteil. Das Leben endet immer mit dem Tod. Wir wissen alle nicht, wann oder woran wir sterben werden. Krebs macht nur eine bestimmte Fristigkeit und Ursache (viel) wahrscheinlicher. Aber ob wir daran sterben, wissen wir alle nicht. Vielleicht werde ich nächste Woche auf dem Weg zum Arzt von einem der vielen Geisteskranken im Straßenverkehr überfahren? Vielleicht wäre ich ohne Krebsdiagnose schon vor zwei Monaten auf einer Dienstreise ums Leben gekommen?

Diese Gedanken sind kein konsequent logisches Gedankengebilde - sie sind keine Argumentation, der irgendjemand folgen SOLL.
Sie sollen nur ein Denkanstoß sein für diejenigen, die sich davon angesprochen fühlen.

Thorsten

Geändert von ThorstenJ (23.12.2013 um 20:30 Uhr)
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