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  #31  
Alt 21.04.2012, 09:30
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

schön, dass Du wieder da bist.
Beim Lesen dachte ich auch gerade: Erkältung, das klingt wie bei Miriam...

Ihr habt sicher recht, dass der Körper einfach fertig ist nach so einer Zeit. Und dann haut einen das schneller um.
Deshalb wünsche ich Euch beiden gute Besserung. Es soll ja nun endlich auch richtig Frühling werden. Sagen die zumindest.

Mein Urlaub zu Hause war auch gut. Wir haben die Zeit genutzt und die Arbeiten am Haus geplant (Heizung, Dach, Küche). Bis man da alles zusammen hat, vergeht auch so die Zeit. Aber es soll auch schön werden.

Ein schönes Wochenende und viele Grüße
Carla
__________________
Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

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  #32  
Alt 23.04.2012, 15:59
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,
schön von Dir zu lesen!

Und es freut mich, dass der Urlaub positiv war, dass Du eine gute Zeit mit Deinem Vater hattest. Trotz blöder Erkältung...

Ich denke auch, dass das einfach die Reaktion des Körpers auf die lange Zeit ungeheurer Belastung ist... Hoffentlich kannst Du Dich auch hier noch ein bißchen erholen!

Alles Liebe,
Anja
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  #33  
Alt 25.04.2012, 14:50
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Hallo Ihr Lieben,

danke für Eure gute Besserungs-Wünsche, sie haben gewirkt, es geht mir deutlich besser. Allerdings war die Erkältung diesmal richtig hartnäckig, sie dauerte über zwei Wochen an. Ich denke auch, dass all dies eine Reaktion des Körpers auf die extreme Anspannung im letzten Jahr ist und versuche daher, mir Zeit zum Regenerieren zu geben, was aber nicht immer klappt...

Mein seelischer Zustand ist immer noch, als wäre ich die meiste Zeit wie in Watte gepackt. Manchmal habe ich Angst, den Tod meiner Mama immer noch nicht wirklich realisiert zu haben. Wenn ich alleine bin, zum Beispiel beim Auto fahren, weine ich oft. Aber ansonsten bewältige ich meinen Alltag mit seinen Anforderungen. Ich fühle mich dabei manchmal, als wäre ich etwas abgeschnitten von meinen Gefühlen. Von Zeit zu Zeit überrollt mich dann der Schmerz, er trifft mich mit ganzer Wucht, und es ist, als hätte ich gerade erst verstanden, dass meine Mama tot ist... und tot bleibt. Das Gefühl ist unbeschreiblich und schwer zu ertragen, es geht aber nach relativ kurzer Zeit wieder weg. Bis zum nächsten Mal.

Papa und ich haben noch nicht angefangen, Mamas Sachen aus dem Haus meiner Eltern auszuräumen. Papa hat in Mamas Zimmer (meine Eltern haben schon seit geraumer Zeit getrennte Schlafzimmer, ich kam vor ca. 15 Jahren während meines Studiums am Wochenende meine Eltern besuchen und fragte meine Mama, wo der Papa sei, und erhielt die Antwort "der sägt das Ehebett auseinander") lediglich das Bett abgezogen, ansonsten ist alles noch, wie es war. Es sieht so aus, als wäre meine Mama nur verreist...Ich denke, es wäre gut, das Zimmer auszuräumen, ihre Kleidung und Sachen vielleicht zunächst in Kisten auf dem Dachboden zu lagern (weggeben kann ich sie (noch) nicht), aber ich habe Angst vor diesem Schritt. Ich kann auch nicht auf den Friedhof, dabei muss das Grab bepflanzt werden. Ich glaube, am Schlimmsten dort finde ich, den Namen meiner Mama auf der Holztafel zu lesen. Der Name meiner Mama, der gehört für mich auf das Praxisschild, auf den Rezeptblock, auf ihr Briefpapier - aber nicht auf ein Grab.

Ihr seht, mein Weg ist noch weit.

Danke, dass Ihr da seid und mich so lieb unterstützt.

Alles Liebe

Carlotta
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  #34  
Alt 25.04.2012, 17:24
Christina1971 Christina1971 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

dass Du Dich nach so kurzer Zeit (es sind ja gerade erst drei Monate) noch immer in einem Wechselbad der Gefühle zwischen Nicht-Realsieren-Können und tiefem Schmerz und Trauer befindest, ist doch völlig normal. Diese plötzlichen Gefühlsausbrüche, bei denen Dir die fürchterliche Wahrheit, dass Deine Mama tatsächlich tot ist, bewusst wird, passieren mir nach fast sieben Monaten auch noch immer täglich. Meist kann auch ich dann die Tränen nicht mehr bändigen geschweige denn zurückhalten. Dass wir im Alltag funktionieren müssen, empfand ich zu Beginn als fürchterliche Qual. Inzwischen hilft es mir jedoch etwas dabei, dass meine Gedanken nicht den gesamten Tag über kreisen, und ich hier und da auch wieder schöne Momente empfinden kann. Zu Beginn hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, einen Moment als schön zu empfinden, und konnte und wollte auch gar nichts genießen oder mich an etwas erfreuen.

Auch dass Dein Papa noch nicht angefangen hat, die Sachen Deiner Mama auszuräumen, sehe ich als normal an. Mein Vater hat noch immer Ihr Nachthemd, in welchem sie gestorben ist auf ihrem Bett nebenan liegen. Manchmal riecht er daran, um sie noch einmal irgendwie spüren zu können. Da ich fast dieselbe Kleidergröße habe wie meine Mutter, suche ich mir sogar gelegentlich schöne Stücke aus dem Schrank heraus und trage sie dann. Sie würde sich sicher hierüber freuen. An Wegräumen mag ich noch lange nicht denken.

Der Gang ans Grab ist für viele hier ein großes Problem. Mein Bruder vermeidet es auch, hinzugehen. Bei mir wiederum ist es das totale Gegenteil. Ich empfinde ein sehr großes Bedürfnis, sie zu besuchen. Und es fällt mir schwer zu ertragen, dass ich hier in Hamburg „sitze“ und über 500Km von ihr getrennt bin. Das Holzkreuz mit ihrem Namen ist für mich auch immer wieder ein grausamer Schock und mit unendlich vielen Tränen verbunden. Doch es ist auch eine Hilfe, endlich zu verstehen, dass sie für immer gegangen ist.
Vielleicht kannst Du es mit dem Bepflanzen ja auch positiv sehen, indem Du Dir denkst, dass Du das Grab für Deine Mama besonders schön machen willst. Ich habe gemeinsam mit meinem Vater jede einzelne Pflanze mit viel Liebe ausgesucht und schön eingepflanzt. Hinterher waren wir beide sehr glücklich, und wir waren uns sicher, dass es ihr ganz sicher auch gefallen würde. Vielleicht hilft Dir ja dieser Gedanke.

Ja, ich glaube auch, der Weg für uns alle hier ist noch weit. Und jeder hat seinen eigenen zu gehen, auch wenn von allen Seiten so viel lieber Zuspruch und Unterstützung kommen.

Ganz liebe Grüße

Christina
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  #35  
Alt 25.04.2012, 20:40
Benutzerbild von Thalamea
Thalamea Thalamea ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

unsere Wege sind sich so ähnlich, dass ich schlucken musste und erst mal wieder mein Päckchen geheult habe. Auch ich habe nach ED sehr lange nur mitgelesen bevor ich es gewagt habe zu schreiben. Und auch jetzt, 2,5 Monate nach dem Tod meiner Mutter, habe ich es vor einigen Tagen zum ersten Mal geschafft, überhaupt wieder hier zu lesen. Meinen eigenen Thread habe ich bisher noch nicht eröffnen können.

Wenn ich deine Worte lese, meine ich immer, ich hätte sie geschrieben. Ich kann das alles zu 100 % nachvollziehen. Die Sachen meiner Mutter wegräumen? Undenkbar. Im Gegenteil - ich habe selbst noch 4 Wochen nach ihrem Tod die letzten Kleidungsstücke aus dem Krankenhaus gewaschen, fein gebügelt, gefaltet und zurück in ihren Kleiderschrank gelegt - für den Fall, dass sie zurückkommt und ihre Sachen dann ordentlich vorfindet...
Nach der Beerdigung bin ich 6 Wochen nicht ans Grab gegangen - ich habe mich so geschämt, aber es ging nicht.
Mittlerweile geht es mir noch schlechter als vor ein paar Wochen. Genau wie du funktioniere ich im Alltag (für meine beiden 4 und 6 Jahre alten Kinder) - sobald ich alleine bin, breche ich zusammen und bin nur am heulen. Im Auto, im Badezimmer... Ich habe das Gefühl, durchzudrehen.

Und ich dachte bisher immer, nur mir geht es so. Ich bin froh, hierher zurückgekommen zu sein - denn so schlimm der Anlass auch ist, hier fühle ich mich verstanden, weil es anderen auch so geht. Es hilft ein wenig.

Ich fühle mit dir. Und vielleicht schaffe ich es ja in den nächsten Tagen, einen eigenen Thread zu eröffnen und von meiner geliebten Mama zu schreiben.

Liebe Grüße,
Martina

PS: noch was vergessen. Du hast geschrieben, niemand hätte dir näher gestanden als deine Mutter. Noch eine Gemeinsamkeit. Trotz Ehemann bin ich in jeder Situation IMMER als erstes zu meiner Mutter gelaufen um Neuigkeiten loszuwerden - nicht zu meinem Mann. Das ist das, was mir am meisten fehlt. Ich war mit meinem Vater und meinen Kindern über Ostern im Urlaub, damit das erste Ostern ohne Mutter nicht so schwer fällt, und ich konnte noch nicht mal Fotos machen. Wem sollte ich sie denn Zuhause zeigen? Es ist so grausam... Ich versteh das alles nicht... Mein Posting hier ist sicher keine große Hilfe für dich - da ich selber nur jammern kann. Aber es zeigt dir, dass du nicht alleine bist mit deinem Kummer. Ich bin schon 45 - aber fühle mich trotzdem noch zu jung, um ohne Mutter "aufzuwachsen" bzw. weiterzuleben...
__________________
Meine liebe Mama:

ED: April 2011, Adeno-CA (pT4 G3 pN0 L0 V0 R0)
Für immer von uns gegangen am 11. Februar 2012


Ich sehe so oft in den Himmel, such in Wolken dein Gesicht.
Vielleicht ist Abschied eine Reise, die ein Wiedersehn verspricht.
Ich höre so oft deine Stimme, auch wenn ich weiß, Du bist es nicht.
Vielleicht ist Liebe wie ein Sternbild, das mir sagt: ich führe Dich.
Vergiss mich nicht.
(Der Graf)

Geändert von Thalamea (25.04.2012 um 20:54 Uhr)
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  #36  
Alt 26.04.2012, 11:24
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

das mit den Sachen kann ich gut verstehen. Ich habe noch heute das Shirt, das mein Papa an seinem letzten Tag getragen hat. Es liegt fein zusammengelegt in meinem Schrank.
Wenn ich des herausnehme, sehe ich noch genau, wie mein Papa darin in seinem Bett liegt.

Meine Mutter konnte die Sachen von Papa recht schnell ausräumen. Vielleicht auch ein Weg, um einen Abschluss zu finden und nicht mehr immer an alles erinnert zu werden, wenn man den Schrank aufmacht. Obwohl das bestimmt bei mir so nicht funktioniert hätte.
Ich hätte das so schnell nicht gekonnt und mir ging es auch überhaupt nicht gut dabei, als wir den Schrank leer gemacht haben.

Zu dem Grab kommen mir immer solche Gedanken: was bleibt von dem Menschen oder sogar, wie viel Asche ist denn eigentlich in so einer Urne. Die Urne erschien mir bei der Trauerfeier nicht sehr groß, dafür dass die "Reste" eines ganzen Menschen drin sein sollen...

Ich habe auch wirklich Angst davor, an diesem Grab zu stehen und vielleicht einfach gar nichts zu empfinden. Wenn da mein Papa begraben ist, muss doch da eigentlich etwas von ihm sein, oder? Wäre für mich ganz schrecklich, wenn ich da nichts von empfinden würden. Vielleicht gehe ich deshalb da auch nciht hin, weil ich Angst vor dieser Enttäuschung habe.

Liebe Grüße
Carla
__________________
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  #37  
Alt 29.04.2012, 01:34
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,
dieses "Abgeschnittensein von den Gefühlen" kann ich absolut nachvollziehen... funktionieren im Alltag und weinen, sobald man alleine ist. Ich glaube das ist auch ein sinnvoller Schutz - den Schmerz nur in solchen Dosen zuzulassen, dass er noch irgendwie erträglich ist...

Zwinge Dich nicht zu Sachen, die sich nicht gut anfühlen... ihr könnt die Sachen immer noch ausräumen, wenn die Vorstellung nicht mehr so schlimm ist. Lass Dir Zeit...

Alles Liebe,
Anja
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  #38  
Alt 10.05.2012, 11:54
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Christina,

ich danke Dir für Deine lieben Worte.

Ich finde es schön, dass Du die Sachen Deiner Mama tragen kannst. Als ich das letzte Mal meinen Papa besucht habe, habe ich auch den Kleiderschrank geöffnet und an Mamas Sachen gerochen. Zum ersten Mal. Mittlerweile glaube ich auch, ich brauche die Dinge meiner Mama noch ein Weilchen. Ich denke, man merkt, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist und man die Sachen wegräumen möchte. Mein Papa ist auch dieser Meinung, und wir haben beschlossen, wir lassen es einfach noch eine Zeit lang so, wie es ist.

Deine Anregungen bezüglich des Grabes versuche ich umzusetzen. Wir haben das Grab meiner Mama inzwischen auch schon bepflanzt.

Manchmal denke ich zwar, der Alltag mit all seinen Anforderungen - insbesondere der Job - wächst mir über den Kopf und lässt mir nicht genügend Raum für meine Trauer, andererseits stimme ich Dir zu, dass diese Verpflichtungen und Regelmäßigkeiten einem auch eine gewisse Stütze sind.

Liebe Christina, ich wünsche Dir, dass Du mehr und mehr schöne Momente genießen kannst. Alles Gute für Dich und Deinen Vater.

Ganz liebe Grüße

Carlotta

Geändert von Carlotta76 (10.05.2012 um 12:40 Uhr) Grund: Schreibfehler
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  #39  
Alt 10.05.2012, 12:08
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Martina,

vielen Dank, dass Du mir geschrieben hast. Wir kennen uns nicht, doch vereint uns alle etwas: Der Verlust eines geliebten Menschen. Es tut mir sehr leid, dass Deine Mama verstorben ist.

Es ist so unsagbar schwer, diesen Verlust zu akzeptieren und sich ganz langsam - Schritt für Schritt - in ein neues Leben vor zu wagen. Ein Leben, das mir anfangs fremd vor kam und dies - größtenteils - immer noch tut. Deswegen auch der unbestimmte Artikel im Titel meines Fadens. Im Innern weiß ich, dass das "mein Leben ohne meine Mama" ist...Aber da muss ich mich noch hin tasten - für mich ist das ein langer Weg.

Ich denke, zu trauern ist ein Prozess. Er besteht aus verschiedenen Phasen, jeder durchlebt diese Phasen in einem unterschiedlichen Tempo und sicherlich gibt es immer wieder Rückschläge. Ich kenne das von mir auch, dass ich denke, vor einiger Zeit ging es mir besser als heute. Ich glaube, das ist zwar nicht schön aber ganz normal. Meines Erachtens sollte man in dieser Zeit des Trauerns möglichst nachsichtig mit sich sein. Ich schreibe das jetzt so, aber mir selbst gelingt das oftmals nicht. Ich meine, wenn Du das Bedürfnis hast, die Kleidungsstücke Deiner Mama noch aufzubewahren, tue das. Ich glaube, wir sollten uns eigentlich nicht schämen, wenn wir längere Zeit nicht zum Grab gehen, aber ich mache das auch.

Liebe Martina, ich möchte Dich ermutigen, hier zu schreiben. Die Möglichkeit, meine Gedanken und Gefühle nieder zu schreiben, tat und tut mir sehr gut. Und hier sind Menschen, die einen verstehen, weil sie leider eine ähnliche Situation durchleben oder durchlebt haben.

Ganz liebe Grüße

Carlotta
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  #40  
Alt 10.05.2012, 12:29
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carla,

ich freue mich immer sehr von Dir zu lesen!

Ich glaube, meinem Papa geht es - was das Wegräumen der persönlichen Sachen angeht - ähnlich wie Deiner Mutter. Er hätte nichts dagegen, die Dinge meiner Mama weg zu räumen. Mein Papa ist ein sehr, sehr rationaler Mensch. Er hat mir vor kurzem mitgeteilt, dass der schlimmste Moment für ihn während der gesamten Krankheit und dem Tod meiner Mama derjenige war (das ist jetzt übrigens fast auf den Tag genau ein Jahr her), als wir erfahren hatten, dass meine Mama eine Metastase auf der Leber hat. Da wusste mein Papa, dass wir meine Mama - seine Frau - nicht mehr sehr lange bei uns haben werden. Ich wusste das auch, aber von einem drohenden Verlust zu wissen ist für mich eine Sache. Ihn zu erleben, ihn zu akzeptieren und trotz dieses Verlustes weiter zu leben eine andere.

Heute vor einem Jahr wusste ich, dass die Zeit, die meine Mama und ich noch gemeinsam auf dieser Erde verbringen, sehr begrenzt ist, und ich hatte Angst vor der Zukunft, Angst, dass diese tückische Krankheit meiner Mama in Bälde Schmerz und Leid verursacht wird und Angst vor dem Leben, das nach dem Tod meiner Mama weiter gelebt werden muss. Das waren fürchterliche Ängste, die schwer auszuhalten waren, und ich bin froh und dankbar dafür, dass ich diese (momentan) nicht mehr habe, und ich hoffe, dass ich nunmehr für eine gewisse (hoffentlich lange) Zeit derlei Ängste nicht mehr ausstehen muss. Aber heute vor einem Jahr konnte ich meine Mama anrufen, und ich hörte ihre Stimme. Hörte, wie sie "Hallo Liesi" sagte. Das kann ich jetzt nicht mehr. Und das tut weh.

Für meinen Papa erscheint es vielleicht ein wenig irrational, das Zimmer meiner Mama so lange unberührt zu lassen. Aber - und da bin ich ihm sehr dankbar - wir haben darüber gesprochen, und ich habe ihm erklärt, dass ich noch nicht bereit bin, die Sachen aus Mamas Zimmer zu räumen, und das hat er akzeptiert. Er hat gemeint, ich solle einfach sagen, wenn der Zeitpunkt gekommen sei, dann räumen wir gemeinsam aus. Bis es soweit ist, lassen wir alles, wie es ist, damit habe er keine Probleme.

Diese Gedanken mit der Asche in der Urne kenne ich auch. So blöd das klingt, ich habe mir sogar überlegt, was mit der Hüftprothese meiner Mama geschieht. Hierzu meinte der Bestatter, alles, was durch die Öffnung der Urne passe, käme auch da rein. Das andere nicht.

Was von einem Menschen nach dem Tod bleibt, ist ja schon eine philosophische Frage. Meine Mama und ich haben häufig darüber gesprochen. Ich komme aus einem nicht religiösen Haushalt, aber meine Mama war immer der Ansicht, dass etwas bleibt und dass auch immer etwas weiter existiert. Letzteres schließe ich nicht aus, wünschte es mir sehr, bin diesbezüglich aber etwas skeptischer als meine Mama das war. (Da kommt wohl der Erbanteil meines Papas durch.)

Liebe Carla, das ist jetzt sehr, sehr lang geworden. Ich hoffe, der lange Text nervt nicht.

Alles Liebe

Carlotta

Liebe Anja,

schön, dass Du wieder geschrieben hast, vielen Dank!

Wenn Du Dich oben durch meinen langen Text quälst, siehst du, dass ich versuche, Deine lieben Ratschläge umzusetzen. Auch ich glaube, dass die Seele den Schmerz in den Dosen zulässt, den sie vertragen kann. Aus diesem Grund - denke ich - ist das Trauern auch ein Prozess von individueller Dauer.

Liebe Anja, ich hoffe, Dir geht es gut.

Alles Liebe

Carlotta
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  #41  
Alt 10.05.2012, 13:31
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,
das hört sich wirklich so an, dass Du auf einem guten Weg bist. Klar klappt das nicht immer, alles umzusetzen...
Ich finde das übrigens toll, wie offen Du mit Deinem Vater gesprochen hast - gerade wenn jemand immer so rational ist wie Dein Vater, finde ich das nicht leicht, so offen von den eigenen Gefühlen zu reden!

Mit dem Prozess sehe ich ganz genauso - teilweise habe ich den Eindruck, dass das eine Spirale ist, dass ich immer wieder an den gleichen Gefühlen und Gedanken "vorbeikomme", aber sich in mir doch etwas verändert hat.

Deine Einstellung zu dem was bleibt nach dem Tod kann ich 100% nachempfinden - ich komme auch aus einer gar nicht religiösen Familie, habe mich aber ein bißchen der Vorstellung angenähert, dass da etwas bleibt und wünsche es mir auch sehr... Es gab Zeiten, da konnte ich gar nichts anderes ertragen... Und ich hatte auch Erlebnisse, die jemanden, der weniger skeptisch und rational ist als ich, vermutlich davon überzeugt hätten, dass etwas bleibt...

Alles Liebe und Gute wünsche ich Dir,
Anja
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  #42  
Alt 10.05.2012, 13:55
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Hallo Carlotta,

um sich vorstellen zu können, dass nach dem Tod eines Menschen noch was bleibt, dazu braucht es keine Religion. Ob man nun an Gott, Allah oder Manitou glaubt oder nicht, ist egal.

Es gibt einen Satz: "Der Mensch ist erst dann gestorben, wenn sich niemand mehr an ihn erinnert."

Hinzu kommt, dass unsere Verstorbenen unser Leben auch jetzt noch sehr stark beeinflussen. Und sei es nur der Gedanke, was hätte er/sie jetzt getan/gedacht und wir handeln entsprechend. So wie ihr Handeln vor ihrem Tod Einfluss auf unser Leben nahm, so wird unser Handeln immer noch von ihnen beeinflusst und damit durch uns selber auch die Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung.

Es bleibt also immer etwas von unseren Verstorbenen zurück. Egal wie.


Alles Gute,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
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http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #43  
Alt 16.05.2012, 10:43
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Lieber Helmut,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Und Du hast naturlich recht, es bleibt immer etwas von den geliebten Menschen, die wir verloren haben, zurück. Allein schon die Erinnerung, die wir an sie haben. Und natürlich hat meine Mama auch nach ihrem Tod Einfluss auf mich. Erst vor kurzem habe ich Bekannten etwas erzählt, spontan inne gehalten und dann gemint, meine Mama hätte jetzt dieses und jenes hierzu angemerkt.

Alles Gute auch für Dich und

Liebe Grüße

Carlotta


Liebe Anja,

ich freue mich immer sehr, von Dir zu lesen. Ich finde, eine Spirale stellt einen guten Vergleich dar. Man kommt immer wieder an einen Punkt, an dem man schon häufiger war. Aber nach und nach, vielleicht anfangs unmerklich, verändert sich die eigene Reaktion auf die sich wiederholenden Situationen. Ich sehe es so: Mit dem Verlust meiner Mama lebe ich für den Rest meines Lebens. Die Trauer wird sich vielleicht nach und nach ändern. Ich versuche sie zuzulassen. Sie stellt jetzt einen festen Bestandteil meines Lebens dar.

Liebe Anja, diese Erlebnisse, von denen Du berichtest, die hatte ich auch, vor allem, als meine Oma (die Mama meiner Mama) 1999 verstarb. Und es gab und gibt auch bei mir Zeiten, da kann ich das Hier und Jetzt nur ertragen, wenn ich die Hoffnung hege, irgendwann, nachdem ich selber nicht mehr bin, noch einmal in irgendeiner Form mit meiner Mama in Kontakt treten zu dürfen.

Liebe Anja, schön, dass es Dich gibt und dass wir uns hier austauschen können. Ich hoffe, Du hast morgen einen freien Tag. Ich fahre meinen Papa besuchen.

Alles Liebe

Carlotta
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  #44  
Alt 16.05.2012, 13:59
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Carlotta,

es ist immer schön von Dir zu lesen! Das hast Du sehr gut gesagt "Mit dem Verlust meiner Mama lebe ich den Rest meines Lebens." - genau, das ist keine vorübergehende Erkrankung und nach dem Trauerjahr ist alles wieder gut...

Ich wünsche Dir einen schönen Tag morgen mit Deinem Papa! Ich habe auch frei und werde den Tag mit meinem lieben Mann verbringen.

Alles Liebe,
Anja
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  #45  
Alt 30.05.2012, 10:30
Carlotta76 Carlotta76 ist offline
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Standard AW: Ein Leben ohne meine Mama

Liebe Anja,

danke für Deine lieben Wünsche. Der Feiertag, auf den wir Bezug genommen hatten, ist ja bereits vom nächsten abgelöst worden. Ich hoffe, Du hattest schöne Pfingstfeiertage?

Ich habe nicht viel gemacht, war bei meinem Papa und bin viel mit unserem Hund spazieren gegangen. Zum ersten Mal seit über einem Jahr bin ich unten am Fluss gelaufen, das war einer der Lieblingswege meiner Mama. Als ich noch ein Kind war, sind wir dort zusammen häufig gewesen. Es existieren auch viele Fotos von diesen Spaziergängen. Als ich so mit unserem Hund dort lief, hatte ich das Gefühl meine Mama ist mir ganz nah. Es war schön und traurig zugleich. Dort konnte ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Ich denke, ich werde künftig häufiger dort spazieren gehen, wenn ich Papa und Hund aufsuche.

Alles Liebe

Carlotta
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