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Alt 18.08.2013, 00:50
kizo7z kizo7z ist offline
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Registriert seit: 17.08.2013
Beiträge: 1
Standard Mein Vater hatte Lungenkrebs

Hallo liebe Leser,
mein Vater wurde 82 Jahre. Er war ein wundervoller Vater und ein wertvoller Mensch. Es gibt wirklich niemanden, der schlechtes über ihn sagen kann, dem er etwas angetan hat oder viele denen er geholfen und mit ihnen etwas geteilt hat. Vor 25 Jahren erlitt er einen Schlaganfall, das ihm die LINKE Gesichtshälfte lämte und Jahre später bekam er dann am LINKEN Auge grüner Star. Trotzdem beschwerte er sich nie. Er lebte gesund, war schlank, rauchte und trank nicht. Auch in seinem hohen Alter arbeitete er viel in seinem Hof und Garten. Er war ein religiöser und sehr bescheidener Mensch.
Als er letzten Winter wieder nach Deutschland kam wurde er im Januar 2013 krank. Sein Hausarzt diagnostizierte Magen Darm Grippe. Er bekam ein Antibiotikum aber ihm gings richtig schlecht. Im März 2013 wollten meine Eltern wieder in die Heimat. Als er bei mir Zuhause war aß er wieder, wir saßen gemütlich zusammen. Er spielte mit meinem Mann backgammonn bis 12 Uhr nachts. Ich bat ihn noch da zu bleiben und später zu gehen er sagte mir direkt "guck mal ich bin alt, wer weiß was morgen passiert, ich will hier nicht sterben, weisst du was das für Arbeit für euch ist, was evtl. ein Transport kostet" ich war erschrocken darüber und schimpfte. Er bat mich so schnell wie möglich die flugtickets zu kaufen. Widerwillig respektierte ich seinen Wunsch und sie flogen am nächsten tag zurück. Am Flughafen bemerkte ich dass er sich schwer hielt aber selbstständig lief. 3 stunden später als mein Bruder sie dort abholte wurde er mit einem Rollstuhl rausgefahren. 2 Tage später kam er ins Krankenhaus. Diagnose 6 cm großer Tumor am linken Lungenflügel. Seine komplette linke Seite war mit Metastasen am Oberschenkel, Arm, Magen und die Aorta war befallen. Die Ärzte meinten, es gäbe nichts zu machen und gaben ihm 3 Monate. Ich war im achten Monat schwanger. Mit ärztlichen Attest flog ich für 1 Woche zu meinem Vater, meine Geschwister kamen nach. Es war furchtbar für mich ihn so zu sehnen. Er hatte in so kurzer Zeit so viel abgebaut. Ich konnte nicht ins Zimmer rein zu ihm. Ich konnte es nicht ertragen ihn so hilflos zu sehn. Ihm war immer kalt, er bekam hohes Fieber und schüttelfrost. Wir beschlossen nichts von seiner Krankheit zu erzählen und beließen es bei der Grippe. Krebs viel uns einfach schwer zu sagen. Im nachhinein habe ich es bereut, weil ich mich nicht direkt verabschieden konnte und wir nicht offen reden konnten.ich wollte gerne fragen, ob er einen wunsch hätte etc. Wir dachten, wenn er es weiß gehts ihm schlechter.
Als wir alle beisammen waren ging es ihm besser. Ich musste als erste gehen, hatte auch viel Vorwehen. Er war nie alleine. Einer von uns war immer bei ihm und tat sein Bestes so gut er konnte. Wir versuchten ihm seine Wünsche zu erfüllen,was er essen mochte, massierten ihn, brachten ihn zu seinem Haus im Dorf wo er geboren wurde. Viele viele Familienangehörige, Freunde, Nachbarn, viele die ihn kannten kamen ihn besuchen.
Am 12. Juli 2013 flog ich mit meinem 8 wöchigen baby zu ihm. Ich war erschüttert als ich ihn sah. Er war so abgemagert ca 45 kg. Er hatte eine gelbfärbung im Gesicht mit vielen Flecken. Seine Augen stachen hervor. Sein Skelett war erkennbar, da die Muskeln abgebaut waren. Das Fleisch hing ihm runter. Er war sehr schwach, konnte kaum reden. Es war nicht auszuhalten für mich meinen geliebten Vater so leiden zu sehen. Er freute sich mich zu sehen. Legte seine Hand auf mein Baby sagte ihr ein Gebet auf. Ich las es an seinen Lippen. Als er fertig war zwinkerte er mir zu. Er bestand dennoch darauf selbstständig zu sein, so gut er konnte. 2 Tage lief er mit unserer Stütze auf Toilette, dann trugen wir ihn. Sein Urin war rot. Das war die einzigste Bewegung die er tat. Seine Arme und Beine hatten ödeme, wir versuchten das Wasser auszumassieren aber das tat ihm weh. Am 16.Juli 2013 war mein Geburtstag, am 19.Juli der Geburtstag meiner Schwester. Am 16. stoßte er die Medikamente ab. Er meinte sie machen ihn krank. Es waren Morphium und ähnliche Krebsmedikamente. Er aß auch wenig an diesem Tag. Am 17. Juli wachte er auf und sagte er hätte heute Atemnot. Mein Bruder brachte ihn ins Krankenhaus. Sie versorgten ihn mit Sauerstoff, Infusion, Schmerzmittel etc und schickten ihn wieder nach Hause. Unterwegs erbrach er. Zuhause verabreichten wir den Einlauf und banden ihm das erste mal eine Windel um. Das hat ihm sehr zu schaffen gegeben. In so eine Lage wollte er nie fallen. Er war danach aber erleichtert und schlief oder ruhte sich aus. Wir beruhigten uns auch ein wenig. Ich wechselte die windel. Wir wollten uns bettfertig machen in der Nacht ca. gegen 1 Uhr setzte ich mich nochmal zu ihm. Es sah so aus als schliefe er. Er legte seine Hand auf meine und sagte ich solle schlafen gehen. Ich antwortete "gleich" doch ich blieb, etwas sagte mir bleib. Eine Weile später sagte er mir ich solle ihn aufrichten dann wieder hinlegen. Er atmete schwer und sagte wieder aufrichten, ein paar Minuten später wieder hinlegen. Wenn er lag kamen gurgel oder zerfallgeräusche und wir richteten ihn wieder auf. Er musste stark aufstoßen. Wenn er lag massierten wir seinen Magenbereich, so wollte er es. Das tat ihm gut. Diese prozedur machten wir bis morgens um 9.30 Uhr. Wir suchten einen Arzt der Hausbesuche macht,fanden wir aber nicht. So riefen wir den Krankenwagen der ihn ins krankenhaus brachte. Ich blieb mit meiner schwester Zuhause. Wir dachten, er bekommt wieder seine Schmerzmittel, Sauerstoff etc und kommt wieder, doch er kam nicht. Um 12.45 Uhr schlief er in den armen seines ältesten kindes ein. Ich bin die jüngste, meine schwester die zweitletzte von uns und wir waren die letzten, die die ehre hatten seinen letzten weg mit ihm zu gehen in dieser Nacht. Mein Vater starb am 18. Juli 2013 um 12.45 Uhr zwischen dem Geburtstag seiner jüngsten Töchter, die bei ihm waren. An einem Donnerstag Mittag im heiligen Monat Ramadan. Für jemand religiösen etwas besonderes. Ich hoffe du schläfst gut in Frieden und bist im Himmel canim babam!

Ich komme einfach nicht mit dieser Situation klar. Ich mache mir vorwürfe etwas falsches gemacht zu haben oder warum ich ihn ins krankenhaus gehen lassen habe. Vielleicht hätte ich ihm helfen können.. ich komme einfach nicht damit klar..

Geändert von kizo7z (28.04.2014 um 15:28 Uhr)
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  #2  
Alt 18.08.2013, 09:50
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Registriert seit: 04.11.2010
Ort: ulmer ecke
Beiträge: 1.150
Standard AW: Mein Vater hatte Lungenkrebs

hallo kizo...
es tut mir leid, daß du deinen papa verloren hast.
mein aufrichtiges beileid.
trauer hat verschiedene phasen. so ist es normal, daß du dir vorwürfe machst. war bei mir auch so. aber ich kann dir versichern, daß du alles richtig gemacht hast. du warst für deinen vater da und hast geholfen wie es dir zu diesem zeitpunkt möglich war. und dein vater war/ist dir dafür dankbar. daran darfst du ganz feste glauben.
du wirst sehen, daß sich deine trauer immer wieder verändert. das ist auch wichtig zur verarbeitung. laß es zu.
ich wünsche dir weiterhin viel kraft.
stille grüße von tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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  #3  
Alt 20.08.2013, 01:22
Tina71 Tina71 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.05.2006
Beiträge: 35
Standard AW: Mein Vater hatte Lungenkrebs

Liebe Kizo,
ich fühle so mit dir, mit deiner Trauer, Hilflosigkeit. Aus deinem Bericht spricht so viel Wärme für deinen Baba, bewahr dir diese Wärme und Erinnerung, dann wird dein Vater in dir und deinen Kindern weiter leben.
Ich habe vor fünf Jahren fast die gleiche Situation erlebt wie du jetzt mit deinem Vater - meine Mutter starb an Krebs und ich war Anfang achter Monat schwanger. Ich kann nachvollziehen, welches Gefühlskarussell du gerade durchläufst, vor allem, weil meine Mutter auf dem Weg ins Krankenhaus im Rettungswagen starb - ich habe mir sehr lange Zeit große Vorwürfe gemacht, aber irgendwann akzeptiert, dass das ihr Schicksal war.
Dein Baba hat dein Kind noch gesehen und konnte es segnen, er war im Kreis seiner Lieben und nicht allein ! Halte dich an diesem Gedanken fest !
Vertrau auf deinen Glauben, denke an all das Gute, dass dein Vater dir mitgegeben hat und gib es an deine Kinder weiter !
Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht und die Liebe und Geborgenheit deiner Familie. Başınız sağ olsun.
Tina
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