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  #1  
Alt 26.04.2007, 08:57
Gadita Gadita ist offline
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Registriert seit: 26.04.2007
Beiträge: 3
Standard Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

Hallo Ihr Lieben,

ich habe mich heute neu angemeldet, weil die jüngsten Ereignisse sich überschlagen und ich ziemlich verzweifelt bin.

Unsere langjährige gute Freundin ist seit 2 jahren an Krebs erkrankt. Es begann in der Brust, danach wurde die Lunge befallen und wie sich in den letzten Wochen herausstellt, wuchert der Krebs immer weiter.

Sie hat etliches an Chemos und Bestrahlungen hinter sich.

Seit Ostern ist sie wieder im Krankenhaus und baut stark ab. Sie bekommt sehr schwer Luft und alles tut ihr weh. Vor 2 Wochen gab es einen lauten Knack in der Schulter.

Die Ärzte erzählen ihr, es sei ein Muskelfaserriss.

Durch Telefonate mit der Verwandschaft haben wir gestern eher zufällig erfahren, daß es sich nicht um einen Muskelfaserriss handelt, sondern um einen geplatzten Tumor. Die Ärzte haben der Verwandschaft erzählt, unsere Freundin habe noch 3 Wochen bis 3 Monate zu leben.

Ihrem Mann und ihr hat keiner etwas gesagt. Sie werden im Glauben gelassen, wenn der Muskelriss etwas verheilt sei, beginne die neue Chemo. Die wird es aber nicht mehr geben.

Abgesehen davon, daß ich hier nicht beschreiben kann, wie traurig ich darüber bin, daß den Kampf mit der Krankheit scheinbar verlieren wird, beschäftigt mich folgendes:

Ist es rechtens, der Patientin und ihrem Ehemann nichts zu sagen, wohl aber der Verwandschaft?

Nimmt man ihr damit nicht die Möglichkeit, abzuschließen und sich zu verabschieden?

Nimmt man ihrem Mann nicht auch diese Möglichkeit?

Darf die Verwandschaft entscheiden, ob sie es erfahren oder nicht?

Falls die Verwandschaft das nciht entscheiden darf, mache ich mich als "Mitwisser" mit schuldig?

Sollte sie dann nicht lieber in ein Hospiz, statt im Krankenhaus zu bleiben, wo man so tut, als wenn sie sich aufgrund der psychischen Belastungen Schmerzen an verschiedensten Stellen nur einbildet?

Ich stelle mir so vile Fragen. Meine Mutter und Schwiegermutter sind ebenfalls an Krebs verstorben. Und eigentlich meine ich, ich soll mich da nicht einmsichen. Dann denke ich aber wieder, vielleicht hat die Verwandschaft noch nicht alles berücksichtigt bei ihren Abwägungen. Ich möchte ncihts falsch machen.

Hat hier jemand eine Meinung dazu?

Liebe Grüße
gadita
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  #2  
Alt 27.04.2007, 00:23
martinaIna martinaIna ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 16.12.2006
Ort: Nordhessen Knüll
Beiträge: 221
Standard AW: Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

Hallo Gadita,

ich habe es kaum für möglich gehalten, dass es heute noch Ärzte gibt, die Ihren TumorpatientInnen nicht die Wahrheit sagen. Völlig unbegreiflich erschiene mir, dass entferntere Verwandte informiert werden, aber nicht die Patientin und der Ehemann.

Bist Du ganz sicher, dass deine Informationen richtig sind?
Kannst Du es irgendwie überprüfen?

Ich hielte es für unverantwortlich, die Patientin nicht zu informieren.

Ein Hospiz wäre sicher der bessere Ort, für die letzten Tage des Lebens, als ein Krankenhaus.

Nun zu der schwierigsten Frage: Ob Du dich mitschuldig machst?
Ich glaube, Schuld ist hier nicht das Thema, sondern welche Handlungsmöglichkeiten Du hast.
Mein Weg wäre zu versuchen, mit dem behandelnden Arzt ein Gespräch zu führen. (Was vermutlich ein Kunststück ist, denn Nicht-Angehörigen dürfen ja keine Auskünfte erteilt werden also sind die Ärzte kaum bereit, sich überhaupt mit ihnen auseinanderzusetzten.) In diesem Gespräch könntest Du ihm sagen, was Du gehört hast und ihn bitten, die Patientin zu informieren, sollte es der Wahrheit entsprechen.

Du könntest entsprechend auch mit den Angehörigen verfahren. Vielleicht hörst Du Dir erst mal ihre Gründe an, warum sie die Frau im Ungewissen lassen.

Bei beiden Varianten könntest Du durchblicken lassen, dass Du notfalls die Freundin über "das Gerücht" in Kenntniss setzten wirst (und Dir damit vermutlich die ewige Feindschaft der Verwandten zuziehen).

Würdest Du es Dir denn zutrauen, Deiner Freundin reinen Wein einzuschenken?
Könntest Du damit umgehen, wenn sie es nicht hören will?
Könntest Du damit umgehen, wenn sie anschließend "in ein tiefes schwarzes Loch fällt"?
Und wie geht es Dir wohl, wenn sie stirbt, ohne vorher die Chance zu haben, Abschied zu nehmen?

Alles nicht einfach!
Ich wünsch Dir viel Kraft und die richtigen Worte
martina

Geändert von martinaIna (27.04.2007 um 00:26 Uhr)
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  #3  
Alt 27.04.2007, 08:34
Gadita Gadita ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 26.04.2007
Beiträge: 3
Standard AW: Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

Hallo Martina,

lieben Dank für Deine Antwort.

Wir haben leider schon drei unserer Lieben aufgrund von Krebs gehen lassen müssen. Allen dreien wurde von den Ärzten reiner Wein eingeschenkt. Daher war ich auch sehr überrascht darüber, daß es nun bei meiner Freundin anders ist.

Ich bin mir aber ganz sicher, daß die Ärzte es so gesgt haben, denn eigentlich haben wir zu der Verwandschaft ein sehr gutes Verhältnis. Sie würden sich das nicht ausdenken.

Ich habe viel über die Situation nachgedacht. Meine Freundin hatte immer die Hosen an und hat ihren Ehemann immer mitgerissen. Oder anders: Sie war immer die Macherin und er der Mitmacher. Ich weiß nicht, ob es damit zusammenhängt. Aber er sucht nicht selbst das Gespräch mit den Ärzten, sondern läßt die Nichte (ca. 40) mit ihnen sprechen.

Vielleicht möchte er es gar nicht wissen? Vielleicht kann die Nichte einschätzen, daß er es nicht wissen möchte? Dennoch meine ich, daß die Ärzte oder die Nichte es zumindest ihm sagen müssen. Schließlich kennt er seine Frau am besten und kann am ehesten einschätzen, was sie wann an Wahrheit verträgt.

Seit gestern habe ich die Telefonnummer der Nichte. Ich denke, ich rufe sie am WE an. Vielleicht klärt sich dann einiges.

Im Krankenhaus passierten in den letzten Tagen wieder Sachen.... Vorgestern mußte sie den ganzen Tag brechen. Sie fragte die Schwestern schon, ob so das Ende aussehen würde. Abends wurden dann ganz hektisch verschiedene Blutuntersuchungen durchgeführt. Ergebnis: Zu wenig Sauerstoff im Blut. Sie sollte dann Sauerstoff bekommen. Der Pfleger hat dann das falsche Anschlußstück in die Wand gesteckt. Statt Sauerstoff hat sie dann Wasser mit hohem Druck in die Nase rein bekommen.

Bei der Fahrt mi dem Bett zu einer Untersuchung fuhr die Schwester das Bett 3 Mal feste gegen eine Wand, so daß sie wieder stark brechen mußte.

Aber für alles finden meine Freundin und ihr Mann eine Rechtfertigung. Das Personal kann da immer nichts für. Ich verstehe es einfach nicht, daß sie sich alles gefallen läßt. Zumindest ihr Mann müßte doch mal auf den Putz hauen. Aber beide meinen auch, daß sie dann noch schlechter behandelt würde.

Daher wäre ein Hospiz sicher viel besser.

Auf der anderen Seite:
Gestern war ich da. Die Speiseröhre brannte nicht mehr. Sie konnte auf einmal wieder essen. Sie saß sogar im Bett. Und im gesicht sah sie richtig gut, fast schon gesund, aus. Einzig die Wassereinlagerungen waren unverändert und das Zittern von Armen und Beinen. Man könnte meinen, es hätte sich etwas gebessert. auch der "Muskelfaserriss" schmerzt von Tag zu Tag weniger.

Sie hat jetzt wieder neue Hofnung.

Ist es richtig, diese Hoffnung durch die Wahrheit zu zerstören? Sie meint immmer noch, sie schafft es. Da kann ihr doch keiner mi Hospiz kommen?

Gestern abend rief ihr Mann uns noch an und begann mit den Worten "Ich hab da mal ne Frage..." Mir ist das Herz stehen geblieben! Aber dann ging es um etwas komplett anderes.

Nun zu Deinen Fragen:
Würdest Du es Dir denn zutrauen, Deiner Freundin reinen Wein einzuschenken?
Das wäre zwar nicht einfach. Aber wenn ich zu dem Schluß komme, das es ihr gesagt werden muß, würde ich es zur Not selbst machen.

Könntest Du damit umgehen, wenn sie es nicht hören will?
Ich weiß es nicht.


Könntest Du damit umgehen, wenn sie anschließend "in ein tiefes schwarzes Loch fällt"?
Das wäre sehr schwierig für mich. Denn mittlerweile bin ich in solchen Situationen völlig hilflos / machtlos. Mir würden die Worte wegbleiben.


Und wie geht es Dir wohl, wenn sie stirbt, ohne vorher die Chance zu haben, Abschied zu nehmen?
Viel mehr frage ich mich: Wie geht es ihrem Mann dann.

Und was ich auch ganz schlimm finde: Ganz viele Verwandte, Kollegen und Freunde kommen sie nicht besuchen, weil sie "Angst" davor haben. Ich habe lange üebrlegt, ob wir sie dafür verurteilen können oder ob es einfach Menschen gibt, die einfach so schwach sind, daß sie vorher wissen, daß sie die Situation nciht aushalten können. Aber verdammt nochmal. Wenn ihnen wirklich etwas an ihr liegt, haben sie sich ins Krankenhaus zu begeben!

Die Krönung der Naivität einer Kollegin war eine SMS an sie "Schick doch mal ne SMS, wenns dir was besser geht". Ohne Kommentar!!

Ich bin sehr durcheinander und hoffe, daß Telefonat mit der Nichte bringt Klarheit.

Liebe Grüße
Gadita
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  #4  
Alt 04.05.2007, 08:52
Gadita Gadita ist offline
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Registriert seit: 26.04.2007
Beiträge: 3
Standard AW: Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

... vor 2 Tagen fragte Sie mich noch "Was meinst Du den? Schaffe ich das?"

Gestern habe ich noch ihre Hand gestreichelt und sie getröstet.

Heute weine ich um sie, obwohl sie nun endlich erlöst ist.

Heute Nacht ist sie verstorben. Ich freue mich für sie und bin dennoch tottraurig.

Danke für Eure Ratschläge.

Liebe Grüße
Gadita
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  #5  
Alt 04.05.2007, 09:44
Cinderella80 Cinderella80 ist offline
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Registriert seit: 15.02.2006
Ort: In der Nähe von Münster, NRW
Beiträge: 178
Standard AW: Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

Hallo Gadita,

ein stiller Gruß.

Cinderella80
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  #6  
Alt 05.05.2007, 17:44
sandrina-2 sandrina-2 ist offline
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Registriert seit: 31.01.2007
Beiträge: 10
Standard AW: Freundin stirbt. Verwandschaft + Ärzte lügen.

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