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  #1  
Alt 04.12.2013, 13:17
papillon0110 papillon0110 ist offline
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Registriert seit: 08.01.2013
Ort: Saarland
Beiträge: 81
Standard AW: Nun auch ich....

Hallo und ein aufrichtiger lieber Gruß an Dich,

ich kann Dir sehr nachempfinden, wie so viele hier. Meine Mama ist auch nicht mehr bei uns und gerade diese Weihnachtszeit, das erste Mal ohne Mama, ist keine einfache Zeit. Am Samstag war ich in einem Gospelkonzert und das erste Lied war auf Deutsch: Stille Nacht, heilige Nacht........... es war sehr schön, aber ich konnte meine Tränen nicht aufhalten. Es schmerzte so sehr, das es richtig körperlich weh tat. Es war traurigschön.
Der Beitrag von an na find ich sehr schön, aus unser aller Herzen geschrieben, Gedanken, die manch einer oft selbst nicht so formulieren kann. Ich kann dem und dem Satz von dem Pfarrer nur beipflichten.
Dieses vorgeschlagene Ritual hätte von mir sein können. Auch ich habe vor nachmittags am Heiligen Abend zu Mama zu gehen, eigentlich wie jedes Jahr, so als wäre sie noch zu Hause. Dieses Ritual, wie so viele, die ich mir angewöhnt habe, in den letzten Monate, werde ich "pflegen". Es hilft mir ungemein. Genau wie das tägliche Kerze anzünden vor ihrem Bild oder das "Guten Morgen Mama" sagen, wenn ich morgens an ihrem Bild vorbeigehe. Gar nicht verrückt, sondern ich sage soooo gerne "Mama". Ach, sie fehlen uns so sehr, aber wir lernen damit umzugehen. Es ist eine Erfahrung, die wir alle, der eine früher, der andere später machen muss. In unserem Falle hier im Forum ist es umso leidvoller, weil wir sie begleitet haben, ihren Mut erfahren haben, ihren aussichtslosen Kampf und auch Schmerzen, aber wir haben auch auch viel über uns gelernt, über unsere Lieben und das trägt man mit sich und man lernt, viele Dinge mehr zu schätzen, als man es vorher getan hat.
Ich wünsch Dir ganz viel Kraft, ein ehrlich gemeinter tröstender und trauriger Gruß
Yv.
__________________
Mama, meine Heldin (67 Jahre) Diagnose 27.08.2012: malignes Melanom mit Fernmetastasen Hirn, Aortenwurzel, Lunge, Primärtumor unbekannt, Stad. IV,
Ganzhirnbestrahlungen (12), palliative Chemo mit Dacarbazin, 3 Zyklen
Ein Jahr nach Diagnose am 28.08.2013 für immer eingeschlafen
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  #2  
Alt 04.12.2013, 15:23
Benutzerbild von Schäferhund26
Schäferhund26 Schäferhund26 ist offline
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Beiträge: 141
Standard AW: Nun auch ich....

Hallo,

da hast du wirklich recht.
Auch ich zünde übrigens jeden Tag eine Kerze neben Mamas Bild an und spreche auch manchmal mit ihr.Das hilft irgendwie.Grade jetzt habe ich auch mein Adventslicht an.Habe bewusst dieses Jahr nicht den klassischen Kranz,sondern ein ganz anderes (Teller mit blauer Kerze,bunte Kugeln und Sterne).So schaffe ich mir neue Rituale.Nur den Weihnachtsbaum werde ich mir nicht kaufen.Das muss dieses Jahr nicht sein.

Dir auch viel Kraft und liebe Grüße

Zitat:
Zitat von papillon0110 Beitrag anzeigen
Hallo und ein aufrichtiger lieber Gruß an Dich,

ich kann Dir sehr nachempfinden, wie so viele hier. Meine Mama ist auch nicht mehr bei uns und gerade diese Weihnachtszeit, das erste Mal ohne Mama, ist keine einfache Zeit. Am Samstag war ich in einem Gospelkonzert und das erste Lied war auf Deutsch: Stille Nacht, heilige Nacht........... es war sehr schön, aber ich konnte meine Tränen nicht aufhalten. Es schmerzte so sehr, das es richtig körperlich weh tat. Es war traurigschön.
Der Beitrag von an na find ich sehr schön, aus unser aller Herzen geschrieben, Gedanken, die manch einer oft selbst nicht so formulieren kann. Ich kann dem und dem Satz von dem Pfarrer nur beipflichten.
Dieses vorgeschlagene Ritual hätte von mir sein können. Auch ich habe vor nachmittags am Heiligen Abend zu Mama zu gehen, eigentlich wie jedes Jahr, so als wäre sie noch zu Hause. Dieses Ritual, wie so viele, die ich mir angewöhnt habe, in den letzten Monate, werde ich "pflegen". Es hilft mir ungemein. Genau wie das tägliche Kerze anzünden vor ihrem Bild oder das "Guten Morgen Mama" sagen, wenn ich morgens an ihrem Bild vorbeigehe. Gar nicht verrückt, sondern ich sage soooo gerne "Mama". Ach, sie fehlen uns so sehr, aber wir lernen damit umzugehen. Es ist eine Erfahrung, die wir alle, der eine früher, der andere später machen muss. In unserem Falle hier im Forum ist es umso leidvoller, weil wir sie begleitet haben, ihren Mut erfahren haben, ihren aussichtslosen Kampf und auch Schmerzen, aber wir haben auch auch viel über uns gelernt, über unsere Lieben und das trägt man mit sich und man lernt, viele Dinge mehr zu schätzen, als man es vorher getan hat.
Ich wünsch Dir ganz viel Kraft, ein ehrlich gemeinter tröstender und trauriger Gruß
Yv.
__________________
MEINE MAMA
1960-2013.Du wirst immer in meinem Herzen sein-bis wir uns wieder sehen.
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  #3  
Alt 04.12.2013, 17:14
a_nna a_nna ist offline
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Beiträge: 14
Standard AW: Nun auch ich....

> Wie lange ist es her,dass deine Frau verstorben ist?
kurz vor Weihnachten 2012

> Wie ungerecht,dass sie den Krebs schon fast besiegt hatte und dann ...
es gibt keine Gerechtigkeit, die bestimmt wer bleibt und wer geht.
Es gibt auch kein hart oder weich, womit viele Schicksale beschrieben werden.
Denn es gibt immer mindestens einen noch härteren oder weniger harten "ganz anderen" Fall.

Darum fand ich Deine Beschreibung(en), wie Du Dir die Tage danach organisierst - sorry for that - positiv exemplarisch für Jemanden, der seinen / ihren Weg tapfer geht und sich nach vorn orientiert.

Ich habe aus der Zeit noch gut 35 Seiten Schreibblocknotizen. Durch verschiedene Gegebenheiten war die Zeit zwischen Tod und Beerdigung kein gerader aber sehr langer Weg, bis ich endlich beerdigen konnte. Um noch die Übersicht zu behalten fing ich den Block an mit den ersten wichtigsten Schritten. Danach notierte ich, was ich wie erledigt hatte, schrieb Termine und Fristen auf. Einfach das Ergebnis einer Erfahrung, den Telefonhörer aufgelegt zu haben und fassungslos nicht mehr zu wissen, mit wem ich was besprochen hatte. Zugleich eine Mahnung an sich selbst, sich gefälligst zusammen zu reissen, wenn es denn weiter gehen soll.

Die ersten paar Tage waren nur Stichwortsammlungen. Irgendwo dazwischen aber leicht zu finden: die ersten Überlegungen, wer zur Beerdigung einzuladen sei; ob Kapelle, Kneipe oder nicht. Auch Alternativen einer Nachricht, weil ich wusste, dass die Onkologen, denen wir sehr viel verdanken, niemals zu einer Beerdigung kommen würden. Halt alles, um positiv und auf der sicheren Seite zu bleiben, denn es muss danach ja positiv weiter gehen. Habe mit unseren Kindern schliesslich noch einen wichtigen Job, sie durchzubringen. Zumindest das hatten meine Frau und ich für den worst case vereinbart, auch wenn uns ein konkreter Anlass und Termin nicht klar war. Halt so dahingesprochen, für den Fall, wenn.

Es gibt schon deshalb keine Gerechtigkeit, weil ich Dir sonst schreiben müsste, meine Frau ist jünger als Deine Ma verstorben und unsere Kinder sind jünger als Du. Das sind nur biografische Daten, mehr nicht. Absolut nicht mehr. Das siehst Du auch in den verzweifelten Threads der Eltern über erkrankte und verstorbene Säuglinge und Kinder. Deshalb kann kein Aussenstehender verzweifeln. Wer sollte sonst die Kraft haben, sich um die Eltern zu kümmern ?

Betroffenheit kann keine Lebensaufgabe sein. Betroffenheit kann ein Impuls sein, wenn es um schwere und sonst kaum zu schaffende Entscheidungen geht. Bei uns war es eine Auseinandersetzung, wo und wie beerdigt werden solle. Hunderte Kilometer entfernt anonym oder hier mit einem Ort für alle. Wir haben eine Menge Spielvarianten durch. Betroffenheit hat bei mir zu einer "mit uns nicht" und einer "jetzt erst recht nicht" - Haltung geführt, sich durchzusetzen.

Bis wenige Minuten vor der Beerdigung war nicht klar, ob es etwas zu beerdigen gibt. Der Bestatter der Gegenseite wollte von mir beauftragt werden, um die Überreste rauszurücken. Das ist ihm verbal schlecht bekommen. Hab es danach allein gemacht als die sonstigen Überlebenden ihre Teilnahme brüsk verweigerten. Das hat mir die Trauer erleichtert. Vielleicht typisch, aber ich dachte, jetzt zeige ich es wem auch immer, dass es weiter geht und ich es kann. Aus Liebe, aus Wut, aus Selbstachung, was auch immer. Nach der Beerdigung gab es noch wütende Briefe der sonstigen Überlebenden - na und ? Unklar, was die überhaupt wollten. Ach so ... , man überlege, "umzubetten" (ausgraben und irgendwas anonym damit anzustellen). Na klar.

Aber da hatte ich ja meinen Schreibblock: dort stand so ab Mitte der Notizen die Nummer der Zuständigen der Friedhofsverwaltung. Dort angerufen, drum gebeten, das Grab etwas im Auge zu behalten und vorsorglich erklärt, dass keine Freigabe für eine Umbettung erfolgt. In letzter Konsequenz sei es auch mein second Home, obwohl ich noch mindestens 100 Jahre vor mir habe.

Ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob wir uns wieder treffen. Obwohl ich in diesem Leben immer mit dem Spruch recht hatte, wir träfen sowieso immer aufeinander und würden uns finden, egal wo. Wir haben uns nie irgendwie lange suchen müssen. Das ist so eine Art innerer Kompass, wenn Yin und Yang aufeinander zu gehen. Schwer zu erklären, aber wohl dem Umstand geschuldet, zu wissen, wie es dem Anderen geht, obwohl er/sie physisch nicht da ist. Im Moment weiss ich oder nehme es an, sie ist in einem Roman vertieft. Wie immer um die Tageszeit. Ich weiss nicht, ob es dort Internet gibt. Hoffentlich, sonst wird sie später am Abend kaum etwas zu dem Roman recherchieren oder schreiben können. Das wäre dann wirklich blöd gelaufen ...

Geändert von a_nna (04.12.2013 um 17:28 Uhr)
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  #4  
Alt 04.12.2013, 17:27
simi1 simi1 ist offline
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Registriert seit: 04.11.2011
Beiträge: 551
Standard AW: Nun auch ich....

Danke, vielen vielen Dank, a nna!

Herzliche Grüße
Simi
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