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  #1  
Alt 13.11.2015, 22:05
Vanguard Vanguard ist offline
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Standard Verlassen nach dem Horror !

Hallo, ich bin auch neu hier und möchte mich kurz vorstellen. Ich bin 36 Jahre alt und bin (bzw. war ) fast sechs Jahre mit meiner Frau zusammen. Als wir uns 2010 kennenlernten war es die Liebe auf den ersten Blick, ich war noch nie so verliebt in meinem Leben. Für uns war klar das es ewig so sein würde, wir entschieden uns sehr schnell für ein Kind welches im Juni 2011 geboren wurde, ein wunderschönes kleines Mädchen. Doch bereits im November des Jahres brach unsere Welt auseinander. Bei einem ersten Besuch beim Frauenarzt hieß es noch Sie hätte einen Milchstau in der rechten Brust. Aber die Schmerzen wurden schlimmer und nach zwei Wochen und unserem Gang in die Notausnahme wussten wir was los ist. Sofort zerriss die Nachricht "Brustkrebs" alle unsere Träume. Der Alptraum begann Chemo, komplett Op der beiden Brüste, dann die Bestrahlung, die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke. Dann folgte die Antihormontherapie. Die Medikamente wurden immer mehr zu einem Teil unseres Lebens. Zoladex, Tamoxifen, Calziumtabletten und und und . Sie kämpfte wie ein Löwe. Alles überstand Sie mit dem Willen wieder gesund zu werden. Auch der Horror der Metastasen traf uns, erst in Ihrem Oberschenkel und dann im Rücken. Sie gab aber nie auf. Sie kämpfte um die Rekonstruktion Ihrer Brüste aus eigenem Gewebe und schaffte es Schritt für Schritt wieder zurück ins Leben. Ich war immer bei Ihr half Ihr wo in nur konnte und liebte Sie mit jedem Tag mehr. Seit Juli dieses Jahres wurde es immer besser und die Aussicht auf Absetzung der Medikamente bestand und auch der gehasste Port wurde endlich entfernt. Wir planten unsere Zukunft, wohin wir reisen könnten und vieles andere und dann zerstörte Sie plötzlich alles von heute auf morgen. Es traf mich wie ein Schlag ... wenn sie mich Anschaut sieht Sie nur noch die Schlimme Zeit sagt Sie aber nicht mehr mich und meine Liebe. Sie sucht jetzt nur noch den Spaß und geht von Party zu Party und Konzert zu Konzert und verliebt sich auch dauernd neu. Ich habe mich hier angemeldet um hier vielleicht Hilfe zu finden oder Antworten oder Menschen die sich ebenfalls so missbraucht vorkommen. Meine kleine ist jetzt ziemlich oft bei mir und ich versuche das ganze so gut es geht von ihr zu verbergen. Sie kannte Ihr ganzes kurzes Leben fast nur das Krankenhaus und jetzt kommt auch noch das auf Sie zu.
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  #2  
Alt 13.11.2015, 22:42
Susi705 Susi705 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Hi Vanguard,

schön, dass du einen eigenen Thread aufgemacht hast.

Ich würde noch an einer "Verirrung" deiner Frau glauben, aber das kann ich natürlich niemals sicher sagen, das kann nur sie selbst.

Die Frage ist, wollt ihr psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, du und deine Tochter? Ich weiß, sowas ist ein schwieriger Gang, aber es kann helfen, vorallem dem Kind. Kinder merken oft mehr als man denkt.

lg,
Susi
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  #3  
Alt 14.11.2015, 04:01
Chances Chances ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Hallo Vanguard,

Es tut mir Leid, dass du nach all dem vor den Scherben eurer Beziehung stehst.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Konfrontation mit dem Tod den Lebenshunger deiner Frau gesteigert hat und sie nichts verpassen möchte. Manchmal kommt es auch vor, dass bei sehr negativen Erlebnissen (wovon ich mal ausgehe nachdem was du beschreibst) alles was damit in Verbindung steht mit gespeichert und dann verdrängt wird.
Naja und nur weil man Krebs hat, kann man trotzdem einen nicht ganz so tollen Charakter haben. Krebs macht nicht heilig. Ihr hattet nicht viel Zeit euch kennen zu lernen, bevor die Krankheit über euch herein gebrochen ist. Vielleicht wäre das auch ohne diese Erkrankung so gekommen. Letztlich wird dir das niemand sagen können - nicht mal sie selbst.

Entscheidend ist, dass du wieder beginnst auf DICH zu schauen. Und es ist gut, dass eure Tochter noch eine Mutter hat. Ich kann mir vorstellen, dass du dein Leben in den letzten Jahren sehr in den Dienst deiner Frau gestellt hast. Du hast vielleicht gelernt überwiegend in einem Wir zu denken, oder ihre Belange sehr in den Vordergrund zu stellen. Ich nehme an, du hast es gerne gemacht. Es ist sicher ein Schlag, wenn man erfahren muss, dass es dafür keinerlei Anerkennung, oder Dankbarkeit gibt.

Was habt ihr denn nun vor, oder vereinbart?

lg
chances

Geändert von Chances (14.11.2015 um 04:04 Uhr)
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  #4  
Alt 14.11.2015, 10:33
Vanguard Vanguard ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Ich weiß noch wie verzweifelt Sie war, als Sie durch die Chemo ihre geliebten Haare verlor. Und es traf mich bis ins Herz ihre Traurigkeit zu erleben als nach und nach selbst beste Freunde sich langsam von uns entfernten. Unsere Welt wurde langsam immer immer kleiner. Trotzdem hatten wir auch unsere schönen Momente an denen die Sonne wundervoll nur für uns schien. Ich kämpfte zusammen mit Ihr jeden neunen Tag, weil ich wusste das wir irgendwann wieder eine Zukunft ohne den Krebs haben werden.

Gestern habe ich nochmal versucht ein Gespräch mit ihr zu führen weil ich einfach eine kurze Antwort haben wollte die mir das alles endlich erklärt. Doch die Antwort zerstörte endgültig meine Welt und meinen glauben an das gute.

Sie sagte "Ich brauche in Zukunft einfach in meinem Leben einen richtigen Mann der sich das nimmt was er will und mich auch so behandelt und mich damit endlich wieder Leben spüren lässt. Und keinen Krankenpfleger.

Ich fühle mich irgendwie total missbraucht und so irre verletzt und ich weiß das ich wahrscheinlich in Zukunft nicht noch einmal so handeln würde.
Was mit unserer kleinen wird weiß ich noch nicht weiter, Sie ändert sich gerade so sehr in Ihrem Verhalten, das ich nicht einmal mehr weiß wie ich mit Ihr reden kann.

Geändert von Vanguard (14.11.2015 um 10:37 Uhr)
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  #5  
Alt 14.11.2015, 12:18
Swabs Swabs ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Lieber Vanguard
Dein Eintrag hat mich sehr berührt und es tut mir leid, dass Du für Deinen selbstlosen Einsatz von Deiner Frau keine Anerkennung bekommst!.

Du hast bestimmt nichts falsch gemacht! Deine Frau scheint nicht zu realisieren was Du alles für sie gemacht hast. In ihren Augen hast Du ihr Leben bestimmt und ihr nicht den gewünschten Freiraum gegeben. Leider ist das bei Kranken oft der Fall. Ich bin selbst krebskrank und höre im KH wo ich meine Chemotherapie habe oft Frauen, die sich über ein "zu viel betreuen" durch ihre Partner beklagen. Ich habe das nie so empfunden. Ich bin froh "betüddelt" mich mein Partner. Er kauft ein, kocht, wäscht Geschirr und vieles mehr. Ich bin dafür unendlich dankbar, aber ich bin auch schon etwas älter (51), da sieht man gewisse Dinge mit andern Augen.

Mein Partner hatte vor 10 Jahren einen schweren Motorradunfall. In der ersten Phase wussten wir nicht, ob er je wieder auf eigenen Beinen stehen wird. Es hat sich nach monatelanger REHA fast alles normaliert. Er hat immer noch Nervenschmerzen, aber damit hat er zu leben gelernt. Ich habe damals gelernt, dass es sehr wichtig ist eine neue Situation anzunehmen und lernen damit zu leben. Als Angehöriger ist man ja eher hilflos in gewissen Situationen. Aber es ist auch gut wenn man loslassen kann. Ein Kranker ist nicht unmündig, er will als vollwertig angesehen werden. Einige wollen zeigen, dass sie das Leben selber meistern können, andere nicht. Deine Frau braucht offensichtliche diese Herausforderung dass sie es alleine schaffen kann.

Der Weg zu einer "gesunden" Einstellung bei der Bewältigung/Akzepttanz einer Krankheit ist für jeden unterschiedlich. Für Deine Frau bedeutet das so richtig aus dem vollen schöpfen und alles machen, was sie denkt "verpasst" zu haben. Es ist natürlich sehr bitter für Dich, dass Du nicht Teil von diesem neuen Leben sein kannst. Lass Dich davon aber nicht entmutigen, ich denke es ist sehr wichtig, dass Du Dir sagst "ich habe alles mögliche getan - mehr geht nicht mehr", denn Du hast das gemacht, was Du für richtig empfunden hast. Viele wären froh, wenn sie einen so engagierten Partner hätten. Für Deine Frau war das offensichtlich "zu viel". Schade hat sie Dir das nicht früher sagen können, aber Du solltest deswegen keine Schuldgefühle empfinden.

Ich kann Dir keinen Rat geben, wie Du die jetzige Situation bewältigen kannst. Ich denke professionelle Hilfe wäre sicherlich ein guter Anfang. Es ist wichtig für Deine Tochter zu spüren, dass Du ein zuverlässiger "Partner" bist und sie bei Dir immer ein offenes Ohr für ihre Sorgen hat. Sie fühlt sich im Moment vielleicht ganz ähnlich "betrogen". Du hast hier eine ganz wichtige Aufgabe - Deiner Tochter zu zeigen wie wichtig sie in Deinem Leben ist und dass sie keinesfalls eine Last ist.

Ich hoffe Ihr könnt trotz der "aussichtslosen" Lage eine gute Lösung für beide Seiten finden.
Liebe Grüsse Swabs
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  #6  
Alt 14.11.2015, 15:26
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Tündel Tündel ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Au weh!

Das hört sich nicht schön an!
Mir scheint es so, als sei deine Frau noch nicht so ganz erwachsen gewesen als sie krank wurde, so dass sie nun ihre Jugend nachholen will!
Früh gebunden, Kind bekommen, krank geworden, extreme Therapie durchgestanden.... und immer warst du da. Sie kennt nix anderes, hatte den Tod vor Augen und will nun leben! Ohne Rücksicht auf Verluste.
Das ist wie es ist und wird sich nicht ändern! Sie wird eines Tages aufwachen, aber dann wirst du vermutlich nicht mehr da sein!

Du wolltest helfen, hast ihr vielleicht zuviel abgenommen, sie fühlte sich überbehütet und vertuddelt und meint nun, das und dich nicht mehr ertragen zu können! Das darf sie, aber sie hat nicht das Recht, dich zu beleidigen und zu beschimpfen!

Ich jedenfalls würde mir sowas weder gefallen lassen, geschweige denn durchhalten.

Du selber hast auch ein Recht auf ein fröhliches Leben, ein Leben ohne Pflege und Krankendienst, Niemand hat das Recht, dir derartig weh zu tun!
Aber nun kommt es auf dich an!
Was willst DU?
Wenn du Geduld und viiiiiiieeeel Liebe aufbringst, dann könntest du es vielleicht schaffen. Für eure Kleine! Aber du würdest dich und dein Recht auf ein zufriedenes Leben aufgeben! Und dich und dein Leben von ihren Launen abhängig machen!

Aaaaaaber es wird sicher viel Streit geben, viel Mut und Kraft kosten, zu warten, bis sie wieder "normal" tickt. Willst du das auf dich nehmen??? Uuuuund willst du es dem Kind zumuten??? Die Kleine braucht Kontinuität, Liebe, Ruhe, damit auch sie zufrieden aufwachsen kann, kein HickHack!
Was ist, wenn es ein Rezidiv gibt?
Geht dann alles wieder von vorne los?

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!

Ich wünsch dir alles Gute und seeeeeehr viiiiiel Kraft!
__________________
Tündel

Das Leben ist halt lebensgefährlich!!!
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  #7  
Alt 14.11.2015, 15:45
Brigitte2 Brigitte2 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Hallo Vanguard,
Ich finde es sehr schade, dass Du von Deiner Frau so enttäuscht worden bist, besonders da noch ein Kind betroffen ist. Da sagst, dass Dir das nicht noch einmal passieren wird, dass Du Dich so für jemanden aufopferst. Doch es wird Dir noch einmal passieren, weil es Deinem Charakter entspricht. Man kann nicht aus seiner Haut.
Vielleicht ist Deine Frau egoistischer als Du. Sie hätte das Gleiche für Dich vielleicht nicht gemacht. Das weiss man nicht, weil es nicht stattgefunden hat. Aber wie es Männer gibt, die ihre Frauen verlassen, wenn sie an Krebs erkranken, gibt es auch die Fälle, dass Frauen ihre Männer verlassen, wenn sie selbst an Krebs erkrankt sind. Diese Frauen haben dann den Mut aus einer Ehe zu gehen, die nicht mehr glücklich ist.
Deine Frau hatte Knochen-Metastasen? Du hast dann geglaubt, nach der Behandlung sei alles wieder gut und ihr könnt Euer Leben weiterleben wie vorher und zusammen alt werden. Das hat Deine Frau nicht geglaubt. Für sie ist das Leben endlich geworden (wahrscheinlich ist sie so alt wie Du) und wenn man weiss, dass das Leben eben keine 20 oder 30 Jahre mehr dauern wird, will man alles herausholen.
Ich mache gerne folgenden Vergleich: Wenn man an Krebs erkrankt ist es so, als würde man einen Graben überschreiten. An dem einen Ufer stehen die Kranken und an dem anderen die Angehörigen und Nichtbetroffenen. Diese beiden Ufer können nicht gut miteinander sprechen, weil sie sich nicht verstehen können.
Wie schon eine Vorschreiberin schrieb, solltest Du Dir professionelle Hilfe holen. Halte einen guten Kontakt zu Deiner Tochter. Auch sie ist verunsichert. Diese Krankheit trifft immer die ganze Familie.
Ich wünsche Dir auf Deinem Weg alles Gute.
Brigitte 2
__________________
Die Welt besteht aus Optimisten und Pessimisten. Letztlich liegen beide falsch.
Aber der Optimist lebt glücklicher.
(Kofi Annan)
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  #8  
Alt 15.11.2015, 03:01
Chances Chances ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Hallo Vanguard,

Es tut mir leid, dass es nun in diese Richtung klar geworden ist.
Aber so bitter das auch ist - es ist zumindest jetzt klar und du kannst beginnen, den (emotionalen) Scherbenhaufen Stück für Stück auf zu räumen und dir ein Leben nach deinen Vorstellungen auf zu bauen.

Du fühlst dich nicht nur missbraucht. Du wurdest missbraucht. Und ein Schritt zu deiner Besserung ist aus der Beißhemmung der Erkrankung raus zu kommen. Krebs hin oder her - mieses Verhalten ist mieses Verhalten. Es ist egal ob jemand absichtlich oder zufällig über dich drüber fährt. Du liegst hinterher am Boden.

Es geht nicht (mehr nur) um die Frage was deine Frau dazu gebracht hat so zu werden, wie sie ist (oder vielleicht immer war) , sondern darum was du von dieser Frau willst (wie sie ist und nicht wie du sie idealisiert gesehen hast). Hast du niemand verdient, der dich mit Respekt behandelt? Der dich zu schätzen weiß und deine Vorstellungen von (Zusammen)Leben teilt? Vielleicht hat es diese Frau mal gegeben und vielleicht ist diese Frau mit dem Krebs gestorben. Natürlich kann es da einen Zusammenhang geben. Es geht aber auch umgekehrt. Vielleicht war sie nie so, wie du sie gesehen hast und nur die Erkrankung hat sie daran gehindert das auch so zu leben. Sie hat genommen als sie es brauchte und nun hat sie das nicht mehr nötig.

Meist gehören beide Seiten dazu, wenn man sich aus den Augen verliert. Und das Verständnis für Menschen, die in einer Situation stecken, die man selbst nie erlebt hat, ist oft nur sehr schwer auf zu bringen. Und umgekehrt.

Versuche nur bitte vor allem DICH zu verstehen. Und dem zu Folgen, was DIR wichtig ist. Würdest du dieser Mann sein wollen (wenn du das könntest) - also einer der sich nimmt, was er braucht. Naja - ich hab einen Ausdruck für diese Art Mensch in der weiblichen Form. Bitch. Das ist nicht nett, aber vielleicht solltest du mal den Tatsachen ins Auge sehen. Das Argument dass nur solche Männer richtige Männer sind ist einfach nur ein Totschlagargument und ist eine Aussage über sie und nicht dich. Es ist das, was sie drunter versteht und das passende Gegenstück zum Archetypus Bitch. Das ist das, was sie jetzt ist. Vergiss sie, wie sie war. Ich weiß, wie schwer das ist.

Für mich liegt die Vermutung eines direkten Zusammenhangs zu ihrer Erkrankung, die natürlich auch psychische Folgen hat, dennoch nahe. Jede massive Krise verändert Menschen. Ich kenne es von beiden Seiten. Und ich kenne auch den unbändigen Lebenshunger, ohne Rücksicht auf Verluste in einem zu brennen beginnt, wenn man die Endlichkeit vor Augen hat. Ebenso wie die penible Abwehr von allem was mit Verbundenheit und zu viel Gefühl zu tun hat. Emotionale Kälte ist auch ein Schutzmechanismus.

Du kannst nur nichts tun, außer es zu akzeptieren. Es ist ihre Sache und ihr Leben. Was du tun kannst ist euerer Tochter der Vater zu sein, der du ihr sein möchtest und nach und nach Frieden damit zu machen, was war. Es hat keinen Sinn nach der Frau zu suchen, die sie vielleicht einmal war. Und selbst wenn die noch irgendwo in ihr vergraben sein würde, kannst du nichts tun, um das in ihre wieder hervor zu bringen. Sollte es nämlich wirklich ein Schutzmechanismus sein, dann ist das als würdest du versuchen 30 m Titanstahl mit einer weichen Daunenfeder zu durchdringen. Und mit jeder liebevollen Geste kommen ein paar cm dazu. Denn genau das, ist das was sie abwehren muss (falls es ein Schutz ist). In gewisser Weise hat sie dir vielleicht einen Hinweis gegeben, wie du an sie "ran kommen" könntest. Nämlich indem du diesen weichen, liebevollen Teil in dir ebenso weg sperrst, wie sie das gemacht hat.

Nur ich wage zu bezweifeln ob du das wollen würdest.

Wenn man die vielen Geschichten hier liest, dann wird schon auch klar, dass es sehr viele gibt, die trotz ihres schweren Schicksals nicht so reagieren. Die bis zum Schluss und oft auch bis zu einem guten Ausgang emotional mit sich verbunden bleiben. Die es im wahrsten Sinn des Wortes durchleiden und jedem einzelnen davon gilt ein unendlicher Respekt. Das ist streckenweise einfach nur die Hölle. Vielleicht war deine Frau dafür einfach nicht stark genug. Und wenn nicht, dann ist das nichts was auch nur annähernd unter ihrem Einfluss gestanden wäre. Ab wann die Psyche die Notfallleine (der emotionalen Spaltung nach einem psychischen Trauma) zieht ist ein völlig unbewusster und unsteuerbarer Mechanismus. Falls das passiert ist, dann ist aus einer einst liebevollen Frau eine kalte Bitch ohne Rücksicht auf Verluste geworden. Ich möchte das so deutlich machen, weil ich es für wichtig halte, Dinge zu benennen. Es hilft weiteren Schaden zu vermeiden, wenn du dein Bild von ihr korrigierst.

Weißt du ........ vielleicht spürst du dass sie immer noch da ist. Wie sie einmal war. Nur weil sie es nicht spürt heißt das nicht, dass es für anderen nicht spürbar ist. Es hilft dir nun nichts im Umgang damit. Wobei es hilft, ist einen frieden damit machen zu können. Denn sie selbst ist vor allem in sich selbst eingesperrt. Sie ist von dem abgeschnitten, was Menschen ausmacht. Liebe, Zuwendung, Verbundenheit und Loyalität. Und dieses schwarz Loch muss dringen gefüllt werden mit immer steileren Kicks und neuen Erlebnissen. Es ist ein Weg ins Ausbrennen.

Puhh eigentlich wollte ich dir gar nicht so viel schreiben.
Bitte nimm dir, was für dich passend scheint und den rest vergiss einfach.

lg
chances
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  #9  
Alt 15.11.2015, 09:08
Vanguard Vanguard ist offline
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Standard Verlassen nach dem Horror !

Hallo und guten morgen und einen schönen Sonntag wünsche ich euch allen.

Ich danke den vielen Leuten für die vielen freundlichen, helfenden und auch nachdenklich machenden Antworten. Ich kann auch ganz langsam sagen das ich jetzt manches auch klarer Sehe, die Situation besser verstehe und damit umgehen kann. Ich kann leider meine Gefühle nicht so einfach abschalten auch wenn ich es wollte, ich hasse Sie trotzdem nicht, ich fühle mich nur immer noch total vor den Kopf gestoßen.

Doch ich weiß das was sie durchgemacht hat, ist für einen Menschen in jedem Fall eine vollkommene Ausnahmesituation, ich habe sie oft bewundert wie stoisch Sie mit der ganzen Situation umgegangen ist. Manchmal verändern sich anscheinend Menschen durch solche furchtbaren Wendungen im Leben. Ich weiß nicht ob ich selbst die Kraft gehabt hätte so zu kämpfen oder wie ich danach gewesen wäre.

Ich kann jetzt nur noch schauen was die Zukunft bringt, an der Situation kann ich jetzt gerade nichts mehr von meine Seite aus Ändern. Ich kann ihr leider immer noch nicht Gleichgültig gegenüberstehen aber mit der ganzen Situation komme ich nun trotzdem mit jedem Tag etwas besser zurecht.
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  #10  
Alt 15.11.2015, 09:41
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

@chances: eine an krebs erkrankte frau, die sich von ihrem mann trennt, als BITCH zu bezeichnen, finde ich unmöglich. ich hoffe, sie liest das nicht.

@vanguard:
es ist leider so, dass paare es manchmal nicht schaffen, nach dem krebs-horror ihre beziehung wieder den neuen umständen anzupassen,
sprich aus der fürsorglichen versus abhängigen rolle wieder in gleichwertige rollen zu gehen bzw. da eine balance / entwicklung zu finden.
aber das man etwas schweres zusammen überstanden hat, verpflichtet auch nicht, nun ein leben lang zusammen zu bleiben.
jedenfalls ist sie keine "BITCH", wenn sie sich trennt.
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #11  
Alt 15.11.2015, 10:22
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Lieber Vanguard,
hast du noch Kontakt zu Angehörigen von deiner Frau (z.B. ihren Eltern oder gemeinsamen Freunden). Was sagen sie zu den Veränderungen.
Vielleicht besteht die Möglichkeit, sich einmal gemeinsam beraten zu lassen oder zur Mediation zu gehen, da ihr ja Eltern bleibt auch wenn ihr als Paar getrennte Wege gehen werdet. Aus deinem Post hatte ich geschlossen, dass ihr bereits getrennte Wohnungen habt.

Herzliche Grüße an dich und deine Tochter,
Elisabethh.

Geändert von Elisabethh.1900 (15.11.2015 um 10:28 Uhr)
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  #12  
Alt 15.11.2015, 12:44
morgenleben79 morgenleben79 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Hallo
Ich habe eine weile überlegt ob ich hier etwas schreiben soll, weil ich als Krebs Patient die andere Seite verkörpere.
Viele Beziehungen gehen an so einer schweren Erkrankung kaputt aus den verschiedensten Gründen. Eine Onkologe hat mir mal gesagt sie glaubt das ca. 50 Prozent aller Beziehungen den Krebs nicht überstehen.

Zuviel ändert sich durch eine Krebserkrankung. Plötzlich gerät das Leben unerwartet aus den Fugen. Plötzlich hat das Leben ein spürbares Ende. Ich denke die körperliche Krebsbehandlung ist das eine aber die seelische ein ganz anderes Thema. Ich denke viele von uns stellen sich die Frage wie soll es jetzt weiter gehen in unserem Leben. Habe ich so gelebt wie ich eigentlich leben wollte?

Natürlich ist eine Trennung nicht schön und nach einer sehr schweren gemeinsamen Zeit besonders hart. Aber man kann Liebe nicht erzwingen. Und wärst du glücklich wenn sie nur dir zuliebe bei euch bleiben würde aber innerlich unzufrieden ist?

Sehe es einmal anders du hast gezeigt was für ein wundervoller Mensch du sein kannst. Hast einem Menschen jahrelang in schwerster Not zur Seite gestanden. Darauf kannst du sehr sehr stolz sein denn mehr Menschlichkeit geht nicht. Und auch wenn das für dich jetzt vielleicht noch nicht vorstellbar ist. Dort draußen in der Welt wartet dein Glück.

Verschwende nicht deine Zeit mit jemanden der dich nicht mehr will
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  #13  
Alt 15.11.2015, 12:53
Chances Chances ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Zitat:
Zitat von vintage Beitrag anzeigen
@chances: eine an krebs erkrankte frau, die sich von ihrem mann trennt, als BITCH zu bezeichnen, finde ich unmöglich. ich hoffe, sie liest das nicht.
Wie würdest du sie nennen, wenn sie keinen Krebs hätte? Haben kranke Menschen ein automatisches Recht auf Heiligsprechung? Genau diese Idealisierung hilft keinem der sich missbraucht fühlt.

Ja das ist ein ausgesprochen harter begriff. Es war auch ein ausgesprochen hartes Verhalten. Das nicht benennen zu dürfen (nicht mal vor sich selbst) macht krank. Es treibt Menschen in die Verbitterung und in ein generalisiertes Misstrauen. Keiner verwendet das Wort Missbrauch einfach so. All das habe ich gelesen. Und wem ist dann geholfen, wenn zwei Menschen krank sind. Der eine körperlich und der andere psychisch? Und was ist dann mit der Tochter.

Dass es sehr wohl eine unmittelbare Folge der schrecklichen Krebserkrankung sein kann, habe ich extra hinzu gefügt. Wie viele tausend Geschichte gibt es hier, wo das trotz eines so schweren Schicksals nicht passiert. Und ja - das macht einen Unterschied. Ihn zu übersehen, halte ich für wenig hilfreich für denjenigen der hier um Hilfe gefragt hat und das war nicht seine Frau.

Ich denke es ist wenig hilfreich weiterhin in einer (moralischen) Loyalität zu bleiben, die genau dort hin geführt hat. In das Gefühl missbraucht worden zu sein. Muss das unter allen Umständen ausgeschlossen werden, weil jemand krank war? Für mich nicht. Es ist vielleicht eine Folge davon.

Ich sehe schon einen engen Zusammenhang zwischen Traumatisierung und (Krebs)Erkrankung. Eine Folge davon ist, dass sich weitgehend emotionslose Anteile bilden, die von moralischen Beschränkungen befreit sind (was ich als Bitch benannt habe), während die emotional behafteten Teile vom Bewusstsein fern gehalten werden (müssen) - das was vielleicht in selten kostbaren Momenten noch durchscheint. Vor allem der Tochter gegenüber wäre das mehr als wünschenswert. Egal ob die Ehe das übersteht, sollte doch die emotionale Verbindung zur Tochter bestehen bleiben. Ist das nicht der Fall, so kann man da durchaus etwas machen. PTBS ist gut behandelbar und im Sinne des Kindswohles schon etwas, das ich für überdenkenswert halte. Das würde auch der Tochter eine Erklärung liefern die sie nicht zu dem Schluss bringen muss, es nicht Wert zu sein von der Mutter geliebt zu werden.

lg
chances
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  #14  
Alt 15.11.2015, 14:18
gilda2007 gilda2007 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Aha, wer also seinen Partner verlässt, weil die Liebe weg ist und man nicht mehr mit ihm glücklich ist, ist eine BITCH????

Wir hören hier nur die eine Seite. Wir wissen nicht, wie es zu diesem Ausbruch kam. Natürlich ist es hart zu hören, dass man nicht mehr der Traummann ist. Aber dann ist das leider so. Man kann sich "mit guten Taten" keine glückliche Beziehung "erkaufen".

Meine Erfahrung ist, dass eine Krise wie eine Krebserkrankung wie ein Katalysator wirkt: Gute Beziehungen werden besser, nicht so gute brechen auseinander. Und offenbar war diese Beziehung aus ihrer Sicht nicht so gut ...
__________________
lg
gilda
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  #15  
Alt 15.11.2015, 14:39
Brigitte2 Brigitte2 ist offline
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Standard AW: Verlassen nach dem Horror !

Chances hat mit 9 Jahren seine Mutter verloren und sein Umfeld ist nicht offen damit umgegangen. Das ist das Einzige, was ich weiß. Ist Chances Betroffener oder Angehöriger?
Ich weiß nicht, warum er so hart mit den Erkrankten ins Gericht geht.

Ich habe mich auch sehr erschrocken, als ich das Wort "Bitch" gelesen habe. Auch die Erklärung, die er danach abgegeben hat, hat mich nicht überzeugt. Natürlich ist es für die Zurückgelassen schwer und besonders für das Kind. Deshalb wäre eine Therapie sehr gut.

Aber die Frau und Mutter, die er nicht kennt so zu beschimpfen und dann noch in einem öffentlichen Forum, geht überhaupt nicht.
__________________
Die Welt besteht aus Optimisten und Pessimisten. Letztlich liegen beide falsch.
Aber der Optimist lebt glücklicher.
(Kofi Annan)
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