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  #1  
Alt 24.01.2002, 00:07
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Hallo!

Ich lese schon sehr viele Monate mit, habe mich bisher aber nie zu Wort gemeldet. Ich wollte einfach vermeiden das mein Vater mitliest. Aber da ich mir inzwischen ziemlich sicher bin, daß er es nicht tut, möchte ich auch mal mein Herz ausschütten. Ich habe nun schon so viel mitgeweint und Euch auch für Eure Kraft und Einstellung bewundert, daß ich mich nun auch mitteilen möchte.

Weihnachten 1999 kam mein Vater mit Verdacht auf Lungenentzündung ins Krankenhaus. Er hatte auch eine und außerdem wurde nach einigen Tagen des Wartens ein kleinzelliges Bronchalkarzinom festgestellt. Glücklicherweise hat er damals überlebt. Es war schon ganz schön kippelig und für mich ganz, ganz schlimm. Nach Diagnosestellung habe ich mich erst mal hingesetzt und informiert und gelesen. Sicherlich nicht so fundiert wie andere Angehörige hier im Forum, aber ich wollte einfach die Wahrheit über diese Krankheit erfahren. Ein Funken Hoffnung war da, aber auch die realistische Sicht.

Jetzt sind schon 2 Jahr vergangen und viele Chemo-Therapien und auch Bestrahlungen. Zur Zeit ist es so, daß die Chemo abgesetzt wurde, da mein Vater einfach zu schwach dafür geworden ist. Ich weiß bis heute nicht, ober er wirklich über seine Überlebenschancen informiert wurde. Wahrscheinlich nicht so eindeutig und er will es, glaube ich, auch nicht wissen. Er kämpft so gut er kann. Ein Überlebenswille war bisher immer da. Ich frage mich, ob er ein Kämpfer ist, oder nur furchtbar zäh! Zäh ist er auf jeden Fall. Er lässt sich sehr wenig anmerken und klagt so gut wie nie. Inzwischen hat er richtig bösen Husten und bekommt auch schwer Luft. Meine Mutter hat Angst, daß er noch mal dabei erstickt, aber ich könnte wetten, daß er nichts beim Arzt davon erwähnt hat.

Der Abschied oder das Ende wird ihm gegenüber gar nicht erwähnt. Er redet davon wieder zu arbeiten, wenn er wieder gesund ist. Die Hoffnung mag ich ihm auch nicht nehmen und da er keinerlei Bereitschaft zu ganz offenen Gesprächen zeigt, leben wir den Alltag so gut weiter wie es geht. Es ist nicht möglich die Zeit bewußt mit ihm zu genießen oder Abeschied zu nehmen! Das ist eine Situation, mit der ich nicht ganz so gut zurecht komme. Ich habe vor einigen Monaten an ihn geschrieben und so noch einmal alles gesagt was er wissen soll. Ich möchte mir nicht vorwerfen...hätte ich mal. Mein Mann hatte vor 2 Jahren nicht die Möglichkeit von seinem Vater Abschied zu nehmen und Dinge auszusprechen. Mein Brief war allerdings kein Abschiedsbrief!

Anfangs habe ich immer und immer wieder geweint. Inzwischen bin ich meistens sehr gefasst. Fasst so als würde es mich nur am Rande betreffen. Natürlich mache ich mir Sorgen und wéine auch mal, aber ich falle nicht. Ich weiß nicht, ob ich es nur realistisch sehe oder ober ich es verdränge.Geht es jemandem ähnlich?

Das ist jetzt ein kleiner Einblick in meine Gedanken, mein Leben und ich hoffe ich habe nicht zu abgehackt geschrieben?! Ich würde mich über eine Reaktion von Euch freuen!
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  #2  
Alt 24.01.2002, 10:02
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Hallo Daniela. Ich bin 18. Bei meinem Vater ist vor etwa einem Monat lungenkrebs diagnostiziert worden. Der Krebs ist schon sehr weit fortgeschritten. Zudem hat er eine Herzgefäßerkrankung, nach der ersten Chemo hatte re einen Infarkt. Momentan ist er in einer Herzklinik. Heute sollte er wieder in die andere kommen und bald die Therapie weitergehen. gestern entdeckten sie ein Blutgerinsel im Herzen. Jetzt muss er noch eine Woche dableiben und er ist fix und fertig.
Am Anfang verdrängte ich das Ganze. Dann kam es hoch und ich war total am boden und fragte mich, wie es weitergehen soll. jetzt habe ich mch wieder aufgerafft. Doch ich glaube jetzt verdränge ich das Ganze irgendwie wieder. vielleicht ist der Krebs gedanklich auch in den Hintergrund getreten, wegen der Herzgeschichte.
Mein Vater redet zwar über seine krankheit, aber nicht über Gefühle. Das macht mir irgendwie zu schaffen. Ich glaube, das ist ähnlich wie bei dir.
Ich hoffe, ihr schafft es mal darüber und über mögliche Konsequenzen und Folgen der Krankheit zu sprechen.
Ich kann dir leider nicht sagen, ob du verdrängst. Ich kann es noch nict mal bei mir selbst sagen. Ich wünsche dir alles gute und dass du und dein Vater miteinander darüber reden könnt. Ich habe dir wahrscheinlich nicht sehr geholfen aber ich hoffe es tut dir gut, eine Reaktion auf deinen Brief zu bekommen. Jana
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  #3  
Alt 24.01.2002, 12:54
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Liebe Daniela,
so langsam habe ich das Gefühl , dass Männer wohl generell grosse Probleme haben über ihre Gefühle zu sprechen, erst recht, wenn sie lebensbedrohlich erkrankt sind.
Nicht jeder betroffene Angehörige hat die Kraft sich mit den Ängsten des sterbenden Menschen auseinanderzusetzen.Aber es ist schade, wenn man als betroffener Angehöriger gerne für den lieben Menschen da sein möchte und dieser es nicht annehmen kann.
Ich habe eine Zeit lang in der Sterbebegleitung gearbeitet, um den Tod meiner Mutter zu verarbeiten und habe dort einiges an Hintergrundwissen sammeln können.
Bei meinem Vater konnte ich dieses Wissen nur leider so gut wie gar nicht anwenden, da ihm zwischen Diagnose (Leukämie) und Todestag nur 3 Wochen geblieben sind.

Als er noch etwas kräftiger war, war er in der Phase des nicht Wahrhabenwollens., er glaubte dem Arzt keine einzige Aussage und er wollte die gleichen erschütternden Worte von mir hören... das war sehr schwer.
Ich habe aber leider nicht herausfinden können, ob und inwieweit er sich mit seiner tödlichen Krankheit auseinander gesetzt hat, da ihm so wenig Zeit blieb und er ein Mensch war, der nie viel geredet hat.
Ich bin fast jeden Tag bei ihm im Krankenhaus gewesen und war auch bis zuletzt bei ihm. Das sind Eindrücke,die ich wohl nie vergessen werde und die momentan wieder sehr präsent sind, da dies alles am 25.01.01 begonnen hat....

Ich finde es sehr gut, das Du alles was Du ihm noch mitteilen wolltest mittels Brief getan hast. Hat er denn dazu Reaktionen gezeigt ?

Dein derzeitiger Gefühlszustand ist ein Schutzpanzer, den Du aufgebaut hast...

Sei so oft wie Du kannst bei ihm und zeig ihm Deine Liebe, man denkt hinterher immer, das man hätte noch so vieles mehr machen können...
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und dass Du Deinen Vati noch lange hast, aber dass er nicht viel leiden muss.
Versuche Deine Mutti zu stützen (in meiner Familie sind leider alle an Krebs verstorben und das in ziemlich jungen Jahren)

Alles Liebe, Katja
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  #4  
Alt 24.01.2002, 13:33
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Hallo Daniela.Ich habe Deinen Brief gelesen und möchte mich Dir mitteilen.Ich habe meinen Vati am 16.1.,ein halbes Jahr nach der Diagnose Lungenkrebs verloren und es tut so weh.Aber ich will Dir keine Angst machen.Mir ging es am Anfang genau wie Dir.Als mein Vater(er hat es uns selbst gesagt)mir mitteilte,daß die Ärtzte Krebs festgestellt haben,war ich total fertig.Ich habe viel geweint und es war für mich schon eine Art Abschied nehmen.Da mein Vati auch sonst sehr krank war(chronische Bronchitis),konnte er nicht operiert werden.Die einzige Möglichkeit war eine Chemo,die er tapfer anging.Aber während dieser Zeit redeten wir kaum von dem Krebs,er hat auch nie mit mir darüber gesprochen,daß er sterben wird.Natürlich wußte er es,genau wie wir.Aber in der Zeit,die wir noch hatten,haben wir es bewußt verdrängt,um ihm den Lebensmut nicht zu nehmen.Die Chemo wurde dann nach der 4.Behandlung abgebrochen und wir bekamen unseren Vater als Pflegefall nach hause.Damals dachte ich,er stirbt ganz bald.Ich war jede freie Minute bei ihm,einfach nur um da zu sein,seine Hand zu halten und ich hatte immer Angst,es könne der letzte Tag sein.Aber auch in dieser Zeit habe ich ihm Mut gemacht,wir konnten ihn nicht loslassen und er wollte es auch nicht.Als er sich langsam wieder erholte,staunten auch die Ärzte und meinten,das hat er seinem ungeheuren Lebenswillen zu verdanken.In der ganzen Zeit redeten wir sehr selten von dem Krebs,er versuchte,seinen Alltag wieder zu finden und ich auch.Obwohl wir wußten,daß jeder Tag ein Geschenk war.Sein Tod kam für uns und auch für ihn sehr unverhofft und ganz leise,eigentlich so,wie man es einem todkranken nur wünschen kann-im Schlaf.Ich möchte Dir sagen,es ist nicht schlimm,wenn Du Deine Gedanken an den Krebs verdrängst und wenn Dein Vater nicht darüber reden will.Mein Vater wollte nicht darüber reden weil er nicht wollte,daß wir leiden und uns Sorgen machen.Er hatte auch Schmerzen und sagte nie etwas.Väter wollen oft stark sein.Erinnere ihn nicht allzuoft an seine schlimme Krankheit,gebt ihm Hoffnung(auch wenn es schwer ist,wenn man weiß,was passiert),denn nur so kann er kämpfen.Genieße die Zeit,die Euch bleibt,rückt ganz eng zusammen und laß Deinen Vater spüren,daß Du ihn liebst und mit ihm gemeinsam gegen den Krebs kämpfst.Sei auch vor Deiner Mutti stark,denn sie braucht die meiste Kraft.Und wenn Du nicht mehr weiter weißt,kannst Du mir gerne wieder schreiben,ich bin für Dich da!

Alles Liebe und ganz viel Kraft.Anke
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  #5  
Alt 27.01.2002, 11:13
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Hallo!

Erst mal vielen lieben Dank für Eure Antworten und lieben Worte!

Katja: Mein Vater war noch nie ein Mensch der großartig Gefühle zeigen konnte, aber in dieser Situation ist das wirklich verdammt schwer. Selbst meine Mutter hat keine Chance den Alltag intensiver mit ihm zu verbringen, oder mal über etwas zu reden. Den Brief habe ich vor den PC gelegt, damit er ihn auch ja findet! Er hat erst mal nichts dazu gesagt und darüber war ich auch sehr dankbar. Ich hätte nicht gewusst wie ich mich verhalten soll. Ich habe es nie gelernt meinem Vater besonders nah zu sein! Etwas später hat er dann gesagt, daß der Brief sehr schön war und es ihn sehr berührt hätte. Ich bin sehr froh ihm wenigstens noch geschrieben zu haben das ich ihn liebe!

Anke: Es tut mir soo leid für Dich und Deine Familie! Ich wünsche Dir ganz viel Kraft! Du machst mir keine Angst - ich bin mir schon im klaren darüber was seine Krankheit und dieses Stadium bedeutet. Ich sehe alles meistens recht realistisch und nüchtern und denke daher auch, daß wenn er erst mal Abschied genommen hat, ich auch ziemlich tief fallen könnte. Zwischendurch, wenn ich die Mails der anderen lese und das ist ja auch alles immer sehr gefühlsbetont, dann kann ich auch durchweinen. Ich wünsche mir auch so sehr, daß er einfach einschläft und keine Schmerzen hat. Die hatte er bisher schon genug.

Was mich noch interessiert ist, wie Du Deinem Sohn das Ganze erklärt hast und wie ihr damit umgeht, denn ich habe auch einen kleinen Sohn zuhause, der bald 3 wird. Er hängt sehr an seinem Opa!

Liebe Grüße

Daniela
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  #6  
Alt 27.01.2002, 15:20
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Liebe Daniela!Vielen Dank für Deine Zeilen.Ich finde es ganz gut,daß Dein Vati Deine Zeilen gelesen hat und er von Deinen Gefühlen weiß,es wird ihm sicher helfen in seinem Kampf gegen die Krankheit,denn er weiß nun auch,daß es sich lohnt,daß auch Du ihn noch brauchst,obwohl Du schon erwachsen bist und eine eigene Familie hast.
Auf Deine Frage zu kommen. Mein großer Sohn ist 13,mein Vati war sein Lieblingsopa,mit dem er seine ganze Kindheit verbracht hat.Er leidet sehr,er hat ja die ganze Krankheit mitbekommen,ich versuche so gut es geht ihn zu trösten,bzw.halten wir uns gegenseitig.Mein kleiner Sohn ist 3 und bekommt die ganze Sache gar nicht so sehr mit.Er wußte.daß sein Opa krank ist(hat ihn gar nicht anders gekannt).Die ersten Tage nach seinem Tod,als ich noch sehr geweint habe,ging er mir regelrecht aus dem Weg,da hat sich mein mein Mann ganz gut gekümmert.Der kleine hat gemerkt,daß wir alle traurig sind,wußte natürlich nicht so richtig weswegen und hat das auf sich bezogen,er war dann etwas nervig und aggressiv.Ich habe ihm schon erklärt,daß sein Opa eingeschlafen ist,weil er so krank war und jetzt auf einer Wolke schläft und immer auf ihn aufpasst.Manchmal sieht der kleine nach oben und sagt:"Jetzt kann uns der Opa sehen "Das tut schon weh,wenn er das sagt,aber ich denke für einen 3-jährigen ist das die beste Erklärung,mit Tod und sterben kann er nichts anfangen-und zum Glück vergessen Kinder schnell.
Um meinen Großen mache ich mir da mehr Sorgen,er frißt alles in sich rein.Am Freitag ist die Beisetzung und er hat mir gesagt"Mutti ich habe Angst davor".Ich auch.Aber wir sind eine Familie und schaffen das .
Ich würde mich freuen,wieder etwas von Dir zu hören.Liebe Grüße an Dich ,Deinen Vati und Deine Mutti. Anke
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