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  #46  
Alt 15.06.2002, 11:38
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Liebe Brigitte,
danke für Deine offenen Worte und wieder ein kleiner "Lehrgang" in Lebenshilfe. Wir können viel von Dir lernen, ich hoffe wir überfordern dich nicht damit. Deine prompten Antworten zeigen auch immer wie sehr Du dich mit jedem Einzelnen von uns beschäftigst. Danke! Auch wenn wir nicht die "Gabe" besitzen, sind wir bereit zu lernen und zuzuhören. Wäre schön, wenn es viele - man kann schon fast "Art" sagen - geben würde, denn Du bist schon was Besonderes.
Leider hat mein Vater sehr wenige Hobbies, dass hat ihn auch so eigenbrötlerisch gemacht, er zeigt halt wenig Intresse an irgendwas, deswegen habe ich in meinem frühen Beiträgen auch geschrieben, dass ich meine dass dieses mitbeigetragen hat zum Krankheitsverlauf. Wir warten es ab und ich stehe in den Startlöchern und wenn er mir ein Startsignal setzt, werde ich versuche ihm beizustehen oder wenigstens meiner Mutter auf ihren Weg unterstützen, "gute Tipps" habe ich ja.
Dir wünsche ich viele "lachende" Stunden und dass andere an Deiner warmen Seele sich sonnen können.
-Es gibt einen Spruch, ein Lachen ist der Orgasmus der Seele-, wenn man das sexuelle Mal aussen vorlässt, ist da viel wares dran, denn wer nicht mehr lachen kann, ist wie eine frustrierte Jungfer.

Ein schönes sonniges Wochenende, auch wenn bei uns z. Z. eine Gewitterfront vorüberzieht, aber ich sehe da schon ein Stück blauen Himmel. :-)
Michaela
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  #47  
Alt 15.06.2002, 18:49
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Hallo Ihr Lieben,
habe heute den sonnigen Tag so genossen, dass ich regelrecht K.O. bin von der Hitze. Die "Kühle" hier am Computer tut da gerade gut!

Liebe Tina, Deine Zeilen gefallen mir sehr. Dein Vater scheint sich wirklich über Dich zu freuen, und wie Du siehst, klappt es mit so "kleinen Fragen" sehr gut.
Ich glaube, Dein Vater merkt das schon irgendwie, dass Du Dich da auch anderweitig über Behandlungsmethoden informierst. Sobald Du nämlich zugibst, ein bisschen Kenntnisse über dies oder jenes zu haben, ... dann WEISS er es. Hm-hm. Du kannst dann ruhig zugeben, (finde ich) dass Du da mal im Internet ein bisschen rum geforscht hast.
Ist doch auch Dein gutes Recht, oder?
Wenn er findet, dass Du das nicht für ihn tun sollst, weil das doch ... naja, vielleicht ZUVIEL für Dich werden könnte, ... dann fängt doch aber nämlich das "kleine, vertrauliche" Gespräch zwischen Euch ja bereits schon mal an ...!
Gell?
Danke übrigens Tina, für Deine lieben Worte an mich. Tun mir auch gut.

Hallo Ilona, das mit einer Patientenverfügung ist halt so eine Sache!
Ich verstehe Dich sehr gut, weil das im Falle Deiner Mutter wirklich von Vorteil gewesen wäre. Gerade wenn dann so "Streitigkeiten" in der Familie herrschen, kann sich vielleicht gerade der Krebsbetroffene in seinem Zustand nicht wehren und hat kaum noch Chancen. - Deine Mutter hatte ANGST vor Deiner Schwester? Warum DAS denn? Das muss ja ganz krass gewesen sein!
Naja, was ich sagen wollte: Es ist natürlich schwierig, einem Krebspatienten so eine Patientenverfügung unter die Nase zu halten, wenn DER doch am Kämpfen ist und gar nicht sterben will! Und wenn dann die Angehörigen mit sowas kommen, heisst das soviel wie: Mutter, Du stirbst vielleicht bald, also regle da noch schnell was!
Das ist hart!
Zudem kommt noch hinzu, dass ältere Menschen (darüber rege ich mich auch immer wieder auf), oftmals gar nicht mehr richtig ernst genommen werden, WEIL sie schon älter sind! Als wären sie unmündige, kleine Kinder, die selber keine Entscheidung fällen könnten!
Und dann nimmt man sich das Recht heraus, die Entscheidungen für SIE zu übernehmen! Sogar noch im Pflegeheim!
Ich kann Deine Trauer und Deine Wut sehr gut verstehen, Ilona. Ich wünsche Dir, dass Du Kraft genug findest, das alles zu ertragen und zu verarbeiten. Ich umarme Dich ganz fest.

Hi Michaela, mach Dir keine Sorgen, Ihr überfordert mich schon nicht. Ich helf Euch wirklich gerne, und zudem tut es mir selber auch gut, wenn ich weiss, dass es Euren Vätern oder anderen Krebsbetroffenen helfen kann.
Und wenn ich mal nicht mehr mag, oder selber keine Kraft habe, dann bin ich einfach still hier.
Aber im Moment ist's okay, es tut mir selber gut, weisst Du.
Also noch schnell zu Deinem Vater: Hat er WIRKLICH nicht irgendwo eine Vorliebe für irgend etwas? (Auch wenn er schon immer eigenbrötlerisch war?) Zum Beispiel irgend ein Musikstück, oder ein Schlagersänger, welcher er in jungen Jahren immer gerne gehört hat?
(Also MEIN Vater hat auch kaum Hobbies. Er würde sich da jetzt aber bestimmt über den Freddy Quinn freuen, und würde wahrscheinlich fröhlich mitsingen, wenn er das Lied "Junge, komm bald wieder" hören würde!)
Und hey, ... Du glaubst noch immer, dass er selber Schuld ist an seiner Krankheit, WEIL er schon immer so war, hm? - Bitte Loslassen!

Ich danke Euch allen für Eure lieben Worte, echt, das hat mich aufgestellt! Da ist mir sogar das düstere Gewitter total wurscht, das hier wohl bald auftauchen wird ...!
Bis dann Ihr alle!
Liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte
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  #48  
Alt 15.06.2002, 20:41
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Hallo, Ihr Lieben!

Es tut so gut, dass wir hier "zusammen" sind. Seht mal - wir haben alle unser eigenes Leben und unser eigenes Schicksal, aber wir treffen uns hier und können uns über unsere Gedanken, über die nachdenklichen Momenten, die jeder hat (ob gerade positiv oder negativ) austauschen! Ich fühle mich jedenfalls schon viel stärker.

Brigitte, Du hilfst mir auch wirklich sehr. Ich finde es aber auch gut und wichtig, dass Du es nur machst, wenn Du bereit dazu bist. Ich hoffe, es ist für Dich nicht nur ein Geben, sondern auch ein freundschaftliches Mailverhältnis (Achtung: Jetzt kommt Tina, Masterin of "Big Words"!).
Es läuft eigentlich immer wieder auf das Gleiche hinaus, das hast Du mir deutlich gemacht: offen reden! Vielleicht ist das viel einfacher als man manchmal denkt - und unkomplizierter und hilfreicher als zaghaftes Drumrumgedruckse. Man hat halt immer Angst, etwas Dummes zu sagen.
Ich denke, ich hatte vielleicht auch ein wenig Berührungsängste mit meinem Vater und seiner Krankheit, aber es ist nicht so, dass ich mit dem Ganzen lieber nichts zu tun hätte. Ich möchte diese Ängste überwinden. Eigentlich kann ich mir von meinem Vater eine Scheibe abschneiden. Oft ist er es nämlich, der auch noch eine fröhliche Stimmung erzeugt. Ich finde das ganz toll. Manchmal möchte ich ihm sagen, wie stolz ich auf ihn bin, dass er das alles so tapfer durchsteht und weitermacht. Aber eben das sind die Sätze, von denen ich nicht weiß, ob sie ihn bestärken oder erst recht nicht.
Z.B. wenn ich etwas Unangenehmes tun muss, dann denke ich: Stell' Dich nicht so an, was hat Dein Vater nicht alles Unangenehmes tun müssen (bei den ganzen Untersuchungen). Ich habe ein ganz anderes Verhältnis zu Dingen bekommen, die ich früher schlimm oder lästig fand. Ich finde es wirklich bemerkenswert, wie gelassen er mittlerweile jede Untersuchung über sich ergehen lässt, er, der nie eine Kopfschmerztablette angerührt hätte und immer so gegen die ganze Schul- und Gerätemedizin war.

Ilona, das hast Du alles gut geschrieben. Mir hilft es komischerweise irgendwie auch besser, wenn ich mich manchmal auf schlimme Dinge gefasst mache (obwohl ich dann sehr leide), als wenn ich nur verdränge. Wir wissen nicht, wie es weiter geht, und ich denke momentan so, dass ich froh bin über jeden Moment, den ich habe mit meinem Vater... Tage, Wochen, Monate, Jahre? Letztlich kann es immer zu Ende sein, und zwar mit jedem - weswegen auch immer.
Vielleicht macht man plötzlich Dinge, die man vorher nicht gemacht hat, weil man den Moment lebt. Ich finde es schön, dass Du Deine Mutter umarmt hast etc. Ich glaube, dass Liebe ganz wichtig ist (für wen nicht).
Das mit Deiner Mutter muss für Dich auch ganz schlimm gewesen sein. Aber Du hast Ihr noch schöne Momente geschenkt, Du hast noch Dinge getan, die gut waren, bist über Deinen Schatten gesprungen. Da kannst Du im Nachhinein sehr froh und stolz auf Dich sein!!
Das andere sind Dinge, die traurig gelaufen sind, denn nicht DU hast sie gemacht, sondern Deine Schwester (weißt Du, wieso? Ich meine, warum hat sie die Pflegschaft beantragt, wenn sie sie nicht bei sich haben wollte oder konnte?). Ich denke, wenn Du sie zu Dir geholt hättest, hätte sie es auch nicht gewollt (es wäre dann "nur" für Dich leichter gewesen im Nachhinein). Sie wollte zurück in ihr Haus (das hört man ja so oft, das Menschen das wollen). Aber Ihr hattet eine enge Verbindung, so wusste sie, dass sie nicht allein ist. Ganz sicher. Schön, dass Du noch die Gelegenheit hattest und sie genutzt hast.

Ja, ich denke, ich werde in Zukunft einfach versuchen, mehr Nähe zu meinem Vater aufzubauen. Einfach tun - Ihr habt ja Recht (ich werde Euch dann davon berichten, ein wenig "Bammel" hab' ich ja schon).

Das mit der Patientenverfügung werde ich mir merken. Ich bin mir aber auch nicht sicher, wann/wie ich so was anfangen kann. Bisher ist es so, dass die Ärzte keine guten Andeutungen im Hinblick auf Prognosen gemacht haben (aber auch noch keine wirklichen Prognosen gemacht haben oder ich weiß es nicht), mein Vater selber es aber teilweise herunterspielt. Zum Glück geht es ihm ja auch ganz gut. Also weiß ich nicht, ob er es teilweise nur überspielt oder auch selber irgendwo glaubt, dass doch alles gar nicht so schlimm ist. Ich finde es gefährlich, jemandem diesen Glauben zu nehmen (vielleicht braucht er das, ich kann das noch nicht so gut einschätzen). Manchmal sagt er nämlich plötzlich so Dinge wie: "Eine Chemo würde ich ablehnen - nachher muss ich JahrZEHNTElang Tabletten schlucken"! Da kann man nichts mehr zu sagen, oder??
Anderen gegenüber hat er aber mittlerweile gesagt, dass er es sich mit einer "kleinen" Chemo eventuell noch mal überlegen würde!
Ich denke, es braucht einfach noch ein wenig Zeit. Ich kann es so gut verstehen (und so richtig letztlich wahrscheinlich auch wieder nicht). Wie schwer es auch sein muss, Entscheidungen zu treffen. Ich kann es auch verstehen, dass er ZWISCHENDURCH soweit war zu sagen, er setzt sich hin und macht einfach gar nichts mehr! Obwohl das sicher kein guter Ratschlag wäre.
Was man dann tut (und zum Glück lässt er sich weiter untersuchen und behandeln), ist ja noch etwas ganz anderes.

So, dann wünsche ich Euch allen noch einen sonnigen Abend (hier haben sich die dunklen Wolken wieder verzogen)!
Liebe Grüße
Tina S.
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  #49  
Alt 16.06.2002, 07:49
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Guten Morgen!
Hi Tina, ich sag jetzt auch Dir, dass es für mich okay ist, wenn ich hier schreibe und Euch helfe. Ich hab' keine Probleme damit.
Weisst Du, da ist ja auch diese sogenannte "Wut" in mir, über dieses "Unverständnis" der Angehörigen wie ICH es erlebt habe. Vielleicht versuche ich hier ja auch nur ein bisschen zu vermeiden, was MIR und vielen anderen Krebsbetroffenen immer wieder so widerfährt. Ich kann mich ganz gut in Eure Väter und andere Krebsbetroffene hinein denken und mit ihnen mitfühlen. Es tut mir daher gut zu wissen, dass ich wenigstens bei Euch Angehörigen ein bisschen Verständnis gewinnen kann, auch wenn es nicht mal unbedingt für mich ist.
Es gibt übrigens auch Bücher für Angehörige von Krebspatienten. Kann Dir da aber im Moment leider keines empfehlen, ich weiss nur, dass es sie gibt. Vielleicht kann man dort auch noch ein paar Tips nachlesen?
Tina, Du "Masterin of Big Words" (Ich musste da lachen, als ich das las! Dachte, ICH sei so eine Masterin, hihi!), betrachte unsere "Beziehung" hier ruhig als freundschaftliches Mailverhältnis, ja?

Wenn MIR jemand sagt, dass er stolz auf mich ist, weil ich das alles so tapfer ertrage, ... dann freut es mich sehr. Ich denke daher, Du kannst so etwas Deinem Vater ruhig auch sagen. Dass der Krebs da ist, ist ja kein Geheimnis, und Dein Vater weiss auch, dass das seine Angehörigen sehr beschäftigt. - Es ist ein Lob, Tina, eine Aufmunterung. Die tut immer gut.
Obwohl man als Betroffener weiss, dass es schlussendlich gar nichts hilft, dieses Lob.

Ja, es erstaunt einen sehr, wenn man zusieht, wie gelassen ein Krebspatient diese ganzen Untersuchungen über sich ergehen lässt. Aber lass Dich nicht täuschen, es ist eine ziemliche Belastung, und ... hat er denn eine andere Wahl?

Was meinst Du mit: "wenn ich mal etwas Unangenehmes tun muss"? - Meinst Du, etwas Unangenehmes tun für Deinen Vater?
Oder etwas ganz anderes, etwas allgemein Unangenehmes? So gesehen als Lernprozess für Dich, wo Du merkst, dass eben nicht ALLE Dinge im Leben bequem sind, aber dass es noch Schlimmeres gibt? - Wahrscheinlich, gell? Habe ich das so richtig verstanden?

Ich lese Deine Zeilen immer sehr gern, Tina, Du bringst da manchmal ganz wichtige Punkte hervor. Du siehst das schon richtig, Dein Vater ist sich am überlegen, WIE er sich entscheiden soll ("leichte" Chemo oder vielleicht doch gar keine?). Mag sein, dass er jedem Angehörigen da etwas anderes erzählt, aber lass Dich da nicht beirren, er sucht nur nach seiner eigenen Lösung und Entscheidung. Und er braucht Zeit, richtig. Das ist aber auch gut so, denn es muss am Ende auch seine ganz eigene und persönliche Entscheidung sein, damit er überzeugt davon ist, das Richtige zu tun, egal, was es dann auch sein wird.
Die Sache mit der Patientenverfügung ist ein bisschen heikel. Ich HABE zwar eine, aber ich glaube, ich wäre auch empfindlich darauf, wenn Angehörige mich darauf ansprechen würden. Vielleicht ist es besser, Du wartest hier noch ein bisschen ab, bevor Du Deinen Vater darauf ansprichst. - Aber das ist meine persönliche Ansicht, und ich weiss ja auch nicht wirklich, wie Dein Vater darauf reagieren würde. Deswegen ist das schwierig, Dir hier einen Tip zu geben.

Bis später dann!
Liebe Grüsse von
der "krassen" Brigitte
PS. Unter der Sparte "Sie will dass ich gehe" läuft auch eine gute Diskussion zwischen Angehörigen und Betroffenen. Schon gelesen?
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  #50  
Alt 16.06.2002, 07:51
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Sorry, ich meinte unter der Sparte "Ihr armen Angehörigen"!
Grüssli von Brigitte
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  #51  
Alt 16.06.2002, 21:49
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Hi, liebe Brigitte und die anderen!

Ich lese immer gerne von Dir, und ich wollte hauptsächlich sagen, dass ich unser "freundschaftliches Mailverhältnis" (hihi) toll finde, dass mich also so oder so darüber freue, dass wir uns getroffen haben, auch unabhängig vom Thema. Und zusätzlich weißt Du viel, was mir und den anderen so gut weiterhilft. Deswegen sparen ich und die anderen hier nicht mit Lob! Es gibt viele Leute, die mit diesem Thema nichts zu tun haben wollen (ob es für sie selber wirklich besser ist, weiß nicht) oder darüber reden, AUCH Betroffene (oder denken wir Nur-Teilbetroffenen als Angehörige das vielleicht auch manchmal nur?). Du TUST es einfach. Ich glaube, dass Du damit ganz toll umgehst!

Ich rufe meinen Vater täglich an, und wenn ich weiß, dass er eine Untersuchung hat, auch auf jeden Fall hinterher. Er weiß, dass ich an ihn denke (und manchmal würde ich ihm gerne was abnehmen!). Ich habe das Gefühl, das hilft ihm auch. Er spricht dann gerne darüber -wie es war etc., obwohl er wahrscheinlich nicht immer ganz die Wahrheit sagt, wenn er sagt, dass es ja "überhaupt nicht schlimm" war (wenn Du mir das hier so sagst).

Mit "was Unangenehmes" meinte ich allgemeine Dinge, doch ich hatte nur so ein blödes Beispiel, dass ich es dann doch lieber nicht geschrieben habe... ;-) nun gut, dann werde ich es doch tun, aber nicht "lachen"... ich meinte, ich denke bei so Kleinigkeiten an ihn, wenn ich z.B. eine Kopfschmerztablette nehmen muss oder eklige Vitamindrinks. Dann denke ich, mein Gott, jetzt stell' Dich doch nicht so an, was muss Dein armer Vater denn alles schlucken - und vor allem, wie locker nimmt er es (jedenfalls nach außen hin!). Da nehme ich mir einfach ein Beispiel. Viele Dinge, die ich früher "schlimm" waren, haben eine andere Bedeutung, und ich bewundere ihn einfach und will es mir als Beispiel nehmen.

Genau! Ich finde, mein Vater muss SEINEN Weg finden, denn ER muss ihn auch gehen! Aber ich möchte ihn dabei so gut wie möglich begleiten, jedoch nicht "beeinflussen" im Sinne von Manipulieren (ich weiß auch nicht, wie ich mit dem Gewissen leben sollte, wenn es dann nicht die richtige Entscheidung war!). So, wie es mir bei den anderen um ihn herum immer vorkommt, auch wenn ich ihre Sorgen verstehe. Naja, die haben sich zum Glück momentan ein wenig beruhigt (einfach, weil mein Vater nicht "mitgespielt" hat wahrscheinlich!). Er ist nämlich fälschlicherweise zwischendurch in der Chemo-Abteilung gelandet. Dort wollte man eine Hyperthermie mit Superchemo-Behandlung machen, obwohl gar nicht abgeklärt war, ob es noch andere Möglichkeiten gibt! Da waren aber alle sofort dafür, dass er es machen sollte. Nachdem ich gehört habe, was darüber in den Papieren stand, bin ich froh, dass er nicht sofort zugestimmt hat... (so eine leichte Sache ist das bestimmt nicht, obwohl ich zugeben muss, dass ich nicht genug Ahnung darüber habe). Vielleicht gibt es ja doch noch was anderes, wir hoffen. Das wollte ich nur mal als Beispiel geben. Zum Glück ist mein Vater nicht so, dass er alles macht und alles schluckt. Er ist ja aber auch ein mündiger Patient! Manchmal fühlt er sich aber eben auch nicht so stark, und da möchte ich ihm helfen (seinen Weg zu finden, den er akzeptieren kann), wenn er mal down ist.

Weiß jemand, wie denn so eine Patientenverfügung eigentlich aussieht?

Also, noch ein wunderschönes (Mini-)Restwochenende und lieben Gruß
Tina
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  #52  
Alt 17.06.2002, 20:02
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Hallo Brigitte,
doch ich habe schon losgelassen von diesem "Schuld" an seiner Krankheit. Vielmehr meine ich damit die Ursachenforschung. Ich habe letztes Jahr ein Fussreflexionskurs gemacht (der vielleicht ein bisschen esoterisch angehaucht war) in dem aber auch immer deutlicher wurde, das viele Krankheiten eben psychische Ursachen haben (Stress, Kommunikationsstörungen, nicht-nein-sagen-können, Grübeln usw.) und ich glaube für meinen Teil, dass da halt eine Menge Wahrheit drinsteckt, dass habe ich aber schon vor der Erkrankung meines Vaters gemeint. Auch ich habe diverse Erkrankungen hinter mir, die ohne meine Persönlichkeitsstruktur nicht so verlaufen wären, nicht weil irgendjemand schuld daran hat, sondern weil ich nicht im Einklang bin. Will jetzt keinen Vortrag über Ying/Yang halten. Aber die chinesische Medizin mit ihrem ganzheitlichen Heilen, hat in Bezug auf die Ursachenforschung bestimmt mehr recht. Natürlich geht es auch um spontan organische Heilung, aber das Seelenleben spielt in meinen Augen eine grosse Rolle. Bei der Anwendung der Massage stelle ich selbst auch immer wieder fest, dass die Leute nach Diagnosen lächzen, sie fragen nicht nach dem Warum sondern wie kriege ich es wieder auf medizinischen Weg weg und nicht wieso kommt es überhaupt dazu. Jeder müsste mal in sich hineinhorchen und natürlich auch dabei seine Fehler entdecken. Mir steht es nicht zu zu diagnostizieren ich habe keinen medizinischen Beruf. Aber während der drei monatigen Ausbildung habe ich viel auch von mir kennengelernt, ob ich es ändern kann und will sei mal dahin gestellt. Auch wenn ich die Massage anwende beruhigt es mich selbst auch es ist eine Ruhe in mir, die ich sonst nicht habe. Nur ich verfalle immer wieder in den Fehler zu analysieren und das ist natürlich eine gefährliche Sache. Das habe ich wahrscheinlich auch bei meinem Vater versucht und bin damit ziemlich aufgelaufen, aber trotzdem bin ich weiterhin davon überzeugt, dass der KAMPF eher gewonnen werden kann, wenn man auch die Ursachen kennt und nicht nur die Auswirkungen (-ohne Schuldzuweisung-).
Liebe Tina,
ich habe die Patientenverfügung damals von meiner Versicherung bekommen, habe sie aber auch schon seit Monaten so gut weggetan (natürlich unausgefüllt), dass ich sie jetzt nicht mehr finde. -Schublade auf, Problem rein und ersteinmal vergessen- Hatte die Patientenverfügung damals für mich besorgt, weil ein Freund von mir 10 Tage lang künstlich beatmet worden ist, weil er Organspender war und kein weitere Verfügung getroffen worden ist und seine Frau auch nicht in der Lage war die Entscheidung des Abstellens der Maschinen zu treffen. Damals habe ich gedacht so nur um für jemand anders frischgehalten zu werden möchte ich auch nicht weiterleben, aber je mehr man darüber nachdenkt, um so mehr stellt man fest wie sehr man am Leben hängt. Auch bei all dieser Technik glaube ich solange man selbst über sein würdevolles Sterben nachdenken und befinden kann, sollte man auch die Möglichkeit kriegen, -da ist nur wieder die Sache mit dem richtigen Moment-. Mein Vater hat auch noch keine Patientenverfügung unterschrieben, hingegen meine Mutter für sich entschieden hat, keine lebenserhaltene Massnahmen zu bekommen und sie hat auch gesagt wenn sie für sich wüsste, eine halbjährige Überlebenschanze zu bekommen würde sie keine Chemo- und keine Bestrahlung auf sich nehmen, sondern noch für den Moment leben. Meine Mutter hat einen grossen Tumor an der linken Niere, angeblich gutartig, aber würde sie es uns sagen. Mein Vater hat seine Diagnose und eigentlich den Weg auf unser Drängen beschritten, was er eigentlich will, wissen wir bis heute nicht. Tja, was ist der richtige Weg. Zu lernen Entscheidungen zu akzeptieren und diese nicht ändern zu wollen, weil man sie nicht für richtig hält, das ist wohl als Angehöriger unsere Aufgabe, auch wenn es noch so schwer fällt.
Gruss Michaela
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  #53  
Alt 17.06.2002, 23:15
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Hallo Ihr Lieben,
hallo Michaela. Die Ursachen-Frage braucht ein ziemliches Umdenken, das wir nicht mehr gewohnt sind.
Wenn Du von Stress sprichst, dann kommt DER nämlich von AUSSEN, den wir nicht ertragen können. Wenn Du von Kommunikationsstörungen sprichst, so kommen die von AUSSEN, denn die hat uns jemand "beschert", hm?
Wenn Du vom "nicht-nein-sagen-können" sprichst, so kommt das ebenfalls von Aussen, den DAS hat uns jemand so anerzogen.

Natürlich ist die Folgeerscheinung, bzw. die "Wirkung" von der Ursache nachher wohl das psychische Leiden, oder wenn ich es krass ausdrücken darf, der psychische Schaden.
Und DARAUF kann eine Erkrankung erfolgen, genau! Demnach eine weitere "Wirkung" von der ursprünglichen "Ursache".

Wenn Du in einem Kamin ein Feuer machst, und dieses noch durchtränkst mit giftigen Chemikalien, wo der Rauch aus dem Schornstein entflieht und die Luft eine ganze Stadt verpestet, wo desswegen massenweise Menschen krank werden ..., gibst Du dann auch jenen Kranken Menschen die ganze Verantwortung (Schuld), WEIL sie die Luft jetzt eingeatmet haben?

Ursache + Wirkung! Es gibt nichts anderes!
Manchmal gibt es halt auch Ursache + Wirkung + Wirkung + Wirkung ...

Wenn Du schlecht nein sagen kannst, dann wurdest Du so erzogen, denn man hat in dieser Gesellschaft (besonders als Frau) ein JA-Sager zu sein, alles zu ertragen und bloss nicht mit einem heftigen Nein auf den Tisch zu klopfen. Und wenn Du dann Krebs kriegst, bist Du also auch selber Schuld?

Ich habe jetzt hier nur ein paar Beispiele genannt. Ich würde für JEDEN möglichen "Schaden" eines Menschen eine Ursache, bzw. einen Ver-Ursacher (oder Verantwortlichen) finden. - Aber vielleicht lassen wir das Thema besser. Ich will hier auch niemandem meine Gedanken "aufzwingen". Wichtig ist nur, dass nicht ALLEINE beim Patienten nach einer Ursache gesucht werden darf. Man wird nämlich IMMER etwas finden! Bei JEDEM Patienten. Und man wird ihm das in irgend einer Form "mitteilen".
Genau das sollte vermieden werden.
Verstehst Du?

Hi Tina, diese vielen Untersuchungen sind ja auch nicht schlimm in diesem Sinne. Deswegen sagt Dein Vater Dir ja auch "es war nicht schlimm".
Aber es ist die Belastung, da durch gehen zu müssen, diese Untersuchungen über Dich ergehen lassen zu müssen. Die sind quälend.
Aber schlimm? Nein, schlimm sind sie nicht.

Soweit für heute, Ihr Lieben (bin nicht so gut drauf im Moment).

Bis später!
Grüssli von der
"krassen" Brigitte
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  #54  
Alt 18.06.2002, 02:20
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Liebe Michaela,

Du machst momentan wohl so ziemlich das Gleiche durch wie ich. Genau diese ganzen Dinge sind mir auch schon durch den Kopf gegangen. Und manchmal weiß ich auch nicht mehr, ob mir überhaupt alles gesagt wird (und auch das ist ja ihr gutes Recht, wann und ob sie uns alles sagen, so schwer auch das Akzeptieren fällt - vielleicht möchten sie nicht darüber reden), was wirklich Sache ist, warum überhaupt das alles sein muss, ob ich auch einen Teil dazu beigetragen habe, vielleicht ohne es gemerkt zu haben, ob ich hätte besser auf meinen Vater eingehen müssen, weil er vielleicht nie über SEINE Probleme gesprochen hat... Auf der anderen Seite hat die Ärztin dann wieder gesagt, psychische Ursachen seien hier völlig auszuschließen. Vielleicht weiß sie, wie sehr man sich das Hirn zermartert. Und vielleicht hat sie zu einem Teil ja auch Recht! Niemand weiß es genau, auf jeden Fall kann wohl niemand etwas DAFÜR, auch wenn man ständig nach irgend einem Sündenbock (einer Person oder einer Sache) suchen möchte. Das ist vielleicht auch unsere Mentalität...
Ich denke aber auch, dass psychische Schäden (für die man auch nichts in dem Sinne kann) einer Krankheit vielleicht EHER Nährboden verschaffen, aber wie Brigitte auch schon gesagt hat: Bei jedem findet man irgendwelche psychischen Schäden. Wenn man dann sagt: Aha, daher kommt es! Er/sie hätte halt auch dieses oder jenes tun sollen oder dieses oder jenes lassen, dann denke ich an die Menschen, die ihr Leben lang ungesund leben und trotzdem steinalt werden oder wiederum Menschen, die dauernd wegen irgendwelcher Wehwehchen zum Arzt rennen und am Ende gar nichts haben. Das sind jetzt nur mal so Gedanken, ich will damit nicht sagen, dass es nicht Menschen gibt, denen es hilft, in sich zu gehen und ihr Leben zu überdenken, dann vielleicht zu einer Schlussfolgerung kommen, etwas ändern und denen es dann besser geht. Es gibt wohl keine generelle Lösung, sondern wenn überhaupt, immer nur eine individuelle.
Das mit der Ursache + Wirkung (+ Wirkung etc.) hört sich irgendwie sinnig an.

Wenn ich es richtig verstehe, ist eine Patientenverfügung dann wohl eher etwas, was Partner untereinander abmachen, oder? Ich erinnere mich jetzt, dass früher Nachbarn von uns (ein älteres Ehepaar) so etwas gemacht haben. Und was steht dann konkret in so einer Verfügung? Das eine genannte Person ggf. irgendwelche Entscheidungen treffen soll?

Brigitte, gut zu hören, dass die Untersuchungen wenigstens nicht körperlich so schlimm sind, aber ich finde auch, dass es von viel Durchhaltevermögen zeugt, wenn man das alles mitmacht. Ich habe heute meiner Tante gegenüber erwähnt, dass wir eigentlich stolz auf ihn sein könnten, er könnte sich ja auch ganz anders verhalten, sich gehen lassen etc., und, dass er das doch eigentlich alles ganz toll mitmacht! Da kam sie scheinbar direkt ins Grübeln. Vielleicht bringt es ja doch was...

Mein Vater ist übrigens heute zu irgendeinem Spezialarzt (in einem anderen KKH) geschickt worden. Eigentlich sollte heute das Ergebnis kommen - ob man noch operieren kann oder nicht. Und was ist? Kein Mensch hat mich angerufen. Toll, ich sitze hier und grüble wieder. Aber auch da muss ich wohl wieder akzeptieren lernen, ich weiß. Vielleicht möchte mein Vater mir heute nichts erzählen, vielleicht ist es so schlimm, dass er es (noch) nicht kann, vielleicht aber auch nicht, vielleicht ist er selbst noch zu keiner Entscheidung gekommen... Ich würde aber wenigstens gerne wissen, ob es ihm soweit gut geht! Meine Mutter (wir haben seit Jahren kein gutes Verhältnis mehr, eigentlich gar keins - ich habe sie aber neulich aufgrund der Umstände angerufen und immerhin konnten wir DARÜBER sprechen) ist sicher bei ihm gewesen... Eigentlich war ihre Beziehung auch nicht mehr die beste, aber wie es scheint, haben sie sich momentan (zum Glück!) wieder etwas zusammengerauft. Meine Tante wusste heute gegen Abend auch noch nichts Näheres. Oder sie erzählen uns nichts, vielleicht ja auch auf Wunsch meines Vaters, wer weiß. Mann, ist das eine blöde Situation. Ich glaube, es wäre einfacher, mit harten Wahrheiten konfrontiert zu werden als sowas. Aber ich kann nichts machen. Ich denke ständig daran und doch bin ich so weit weg. Ich muss wohl halt warten, bis MEINE Hilfe wieder gefragt ist, wie auch immer sie aussieht. Ich finde, das Schwerste ist, wenn man akzeptieren muss, dass jemand die Hilfe von einem NICHT will.

Liebe Grüße und bis bald
Tina
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  #55  
Alt 18.06.2002, 10:06
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Morgen zusammen,
ich erzähle Euch jetzt mal so eine schöne "Stell-Dir-mal-vor"-Geschichte, ja? - Die ist zwar ziemlich krass, aber wenn Ihr eine gute Fantasie habt und Euch gut rein denken könnt, ... "fühlt" Ihr da ein gutes Stückchen mit.

Also. (Ich schreibe jetzt in Du-Form, damit Ihr Euch persönlich angesprochen fühlt!)

Es ist ein stinknormaler Wochentag, hm? Du gehst Deinem üblichen Alltagstrott hinterher. Das einzige, was heute ein bisschen anders ist als an den übrigen Tagen, das ist der Arzttermin um 16.00 Uhr, den Du da hast. Ganz gewöhnliche Kontrolle, weil Du da letzthin eine hässliche Grippe hattest.
Sowie Du zum Arzt gehst, (welcher wie immer sehr freundlich zu Dir ist), sagt der Dir, dass die letzte Blutuntersuchung nicht so ganz in Ordnung sei.
Da machst Du Dir ein bisschen Sorgen, hm? Naja, was kann da denn nicht in Ordnung sein? Du fühlst Dich doch völlig gut jetzt!
Der Arzt fragt Dich, ob Du möglicherweise mal Blut im Urin oder im Stuhlgang hattest.
Nö! Hattest Du nicht.
Der Arzt fragt Dich, ob Du Dich gut ernährst?
Ja klar, sagst Du. (Jedenfalls glaubst Du das.)
Der Arzt fragt Dich noch weitere Dinge, und so langsam aber sicher wird Dir seine Fragerei ein bisschen unangenehm. Du fühlst Dich ja gut, also was soll das Ganze?
Dann sagt er Dir: "So sicherheitshalber sollten wir noch einen genaueren Bluttest machen. Kommen Sie morgen doch nochmal vorbei."

Du machst Dir da noch keine Sorgen. Aber ein bisschen beschäftigt es Dich trotzdem. Du sagst Dir, dass da wohl irgendwo in Deinem Körper ein Mangel sein muss. Eisenmangel oder irgend sowas. Der Arzt wird dann aber schon wissen, was er Dir dann geben muss.
Am nächsten Tag lässt Du Dir den zweiten Bluttest recht locker über Dich ergehen.

Drei Tage später musst Du wieder zu ihm hin. Diesmal schaut er sehr ernst hinter seiner Brille hervor und sagt Dir, dass er Dich zwar nicht verunsichern möchte, aber es wäre besser, wenn jetzt noch diese oder jene Kontrolle gemacht wird. Seines Erachtens nach stimmt da etwas nicht so ganz. Aber Du sollst Dir da jetzt erst mal keine Sorgen machen, ... Du sollst einfach in zwei Tagen nochmal kommen.

Jetzt bist Du doch ein bisschen MEHR verunsichert. Was das wohl sein soll? Du fühlst Dich noch immer gut und absolut nicht krank. Dein Mann sagt Dir: "Das wird schon nichts Schlimmes sein! Du musst jetzt positiv denken!"

Du gehst wieder zum Arzt und musst Dir da ein paar sonderliche Untersuchungen über Dich ergehen lassen müssen. Röntgenbilder, Ultraschall und sonst noch so verrückte Dinge mit Apparaten, welche Du noch nie zuvor in Deinem Leben gesehen hast.
Sobald es vorbei ist, bist Du erleichtert. Im Moment jedenfalls. War ja gar nicht so schlimm, diese ganzen Untersuchungen. Jetzt musst Du ja sowieso erst mal warten, bis Du vom Arzt wieder etwas hörst.
Du versuchst, diese Untersuchung zu "vergessen" und widmest Dich wieder Deinem Alltag. Du lachst und bist fröhlich wie immer. Du fühlst Dich gut und gesund.

Nach einer Woche sitzt Du wieder beim Arzt. Wieder schaut er so komisch hinter seiner Brille zu Dir. Er verschränkt seine Hände, und Du merkst, dass er jetzt offenbar nach Worten ringt. Was soll das? Waren die Ergebnisse der Untersuchungen vielleicht doch nicht so gut? Wie kann das sein, wo Du Dich doch völlig wohl und gesund fühlst? - Es KANN nichts Schlimmes sein! Unmöglich!
Dann sagt Dir der Arzt, dass die Untersuchungen ergeben haben, dass Du KREBS hast. Dass sich in Deinem Körper bereits auch Methastasen befinden. Er sagt Dir das mit langsamen, besonnenen Worten, und er spricht weiter, ohne Dich zu Wort kommen zu lassen. Er erklärt Dir sogleich das weitere Vorgehen wie Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Dass die Chancen für eine Heilung gut stehen, wenn man schnell handelt. Und er schreibt Dir auf einen Zettel, wann die OP statt findet, denn er hat für Dich bereits einen Termin im Krankenhaus vereinbart.

Du kannst das nicht glauben. Du fragst Dich:
WAS? - WER? - ICH? - WIESO? - WARUM?
Der Boden hat sich unter Deinen Füssen aufgetan. KREBS? Das kann nicht sein! Du fühlst Dich doch wohl und gesund!
Du gehst aus dieser Arztpraxis mit zitternden Knien. JETZT fühlst Du Dich krank! Vor einer halben Stunde ging es Dir noch völlig gut! Du stehst unter Schock. KREBS! Das bedeutet auch Tod! Wirst Du jetzt sterben?

Und dann beginnt Deine Odysee als Krebspatient. Deine Angehörigen trösten Dich mit Worten wie: "Das wird schon wieder, Du wirst sehen!" Andere Leute heulen Dir am Telefon etwas vor, oder erzählen Dir von IHREN Krankheiten, ihren Migräneanfällen und andere Geschichten, die überhaupt nichts mit Deinem Krebs-Schock zu tun haben. Du beginnst, Dich darüber aufzuregen. Dann gibt es noch Leute, die sagen Dir doch echt noch: "Weisst Du, Du konntest ja schon immer schlecht nein sagen. Ich glaube, das ist der Schlüssel zu Deiner Krankheit! Du musst jetzt halt lernen, ...!"
Du beginnst, Dich zu verteidigen, und jenen Leuten zu erklären, wie Du Dich fühlst. Aber Du merkst, dass sie da gar kein Verständnis aufbringen können.
Du ziehst Dich vor ihnen zurück.
Wirklich geblieben ist jetzt eigentlich nur noch Dein Mann. Der ist immer da. Er hat das Verständnis zwar auch nicht so ganz, aber immerhin ... er ist DA.

Weitere Untersuchungen musst Du über Dich ergehen lassen. Du hast Angst. Das erste mal in Deinem Leben hast Du panische Angst. Man drängt Dich. Die Ärzte. Deine Angehörigen. Immernoch. Es muss schnell gehandelt werden. Jaja, Du willst ja den Krebs auch wieder weg haben! Aber ist es das Richtige, was die Ärzte mir da vorschlagen? Eine CHEMO? Du liebe Zeit!
Man legt Dir Statistiken vor. Tröstet Dich.
Aber es gibt keinen wirklichen Trost. Du hast KREBS!
Wie kam der so plötzlich? Du hast Dich doch immer so gesund gefühlt. Du hast da anscheinend einen Tumor, der ist über zwei Zentimeter gross. Wie kam der da in Deinen Körper? Du hast doch nichts gespürt! Keinen Schmerz, nichts!
Du erfährst, dass so ein Tumor über JAHRE braucht, um diese Wachstumsgrösse zu erreichen. Du rechnest aus, wann da denn der Beginn des Wachstums hätte sein können. Vor zehn Jahren? Was hast Du damals gemacht? Was geschah damals, um Deinen Körper so durcheinander zu bringen, dass ein KREBS entstehen konnte?
Liegt es an Dir? Was hast Du falsch gemacht? Ist es eine Strafe? Wofür? Wozu hast Du das verdient? Das ist nicht fair!
Das ist überhaupt nicht fair ...!

Die Luft! Die Nahrung! Das muss es gewesen sein. Du hast Dich in den letzten Jahren wohl auch ein bisschen zu wenig sportlich betätigt, hm-hm!

Dann hörst Du, dass Dein Arzt Deinem Mann sagt: "Nein, psychische Ursachen sind beim Krebs völlig auszuschliessen!"
Du glaubst, Du hörst nicht richtig! Psychische Ursachen? Du bist doch nicht verrückt! Du hast doch in Deinem Leben immer das Richtige getan, oder zumindest das Beste, nach Deinen ganzen Kräften. Du hast keinen Knall. Du hattest noch NIE einen Knall!
Oder?
Warst Du vielleicht DOCH eine zu schlechte Nein-Sagerin? Hättest in Deinem Leben vielleicht öfters auf den Tisch hauen sollen?
Aber warum denn? Warum Krach machen, wenn es doch auf dem friedlichen Weg auch geht? Und überhaupt, Du magst keinen Streit. Und Du hast es ja auch für die anderen getan!
DESWEGEN sollst Du jetzt Krebs haben? DAS ist doch verrückt!
Oder?

Du weisst nicht mehr, WEM Du von Deinem Krebs jetzt erzählen sollst. Du hast Angst vor den Reaktionen der Leute. Ein paar wenige nicken nur besorgt und schweigen. Die Mehrheit tröstet Dich mit unsinnigen Worten, als wäre das alles ja gar nicht so schlimm. - Th! DIE haben vielleicht eine Ahnung!
Du hast Angst. Vor dem Sterben. Wie lange hast Du noch? Wirst Du die OP überleben? Wirst Du die Chemo überleben? Wieviele Leute werden sich von Dir abwenden? Warum wenden sie sich ab? Du hast ihnen doch nichts getan!
Oder solltest Du vielleicht doch auf die Chemo verzichten? Warum noch quälen, und es Dir schlechter ergehen lassen, wo Du Dich doch jetzt die ganze Zeit eigentlich gut gefühlt hast.
Du fühlst Dich jetzt aber krank. So sterbenskrank, dass es schon gar nicht mehr normal ist.
Oder?
Wieso nicht besser den Rest Deiner verbliebenen Tage einfach noch geniessen?
Oder DOCH Chemo? Rettet Dich das?
Die Ärzte sagen ja.
Du jedoch weisst es nicht.
Und Du weisst: Eigentlich wissen das die Ärzte nämlich auch nicht so genau.
Und jetzt?
Es muss entschieden werden.
DU musst Dich entscheiden. Es geht um Leben und Tod.
Du willst nicht sterben. Du willst Leben.
Was ist richtig? Was ist der Sinn des Ganzen?
Bist Du schuld? Sind die anderen Schuld?
Heute willst Du am liebsten gleich sterben.
Morgen willst Du nur noch Leben und alles dafür tun.
Heute hast Du panische Angst.
Morgen hast Du einen irre gutgelaunten Tag, weil Du plötzlich alles so locker nehmen kannst.
Heute sind die Untersuchungen ein bisschen heftig unangenehm, auch ein bisschen schmerzhaft.
Morgen gehen die ganzen Untersuchungen wieder ohne Zwischenfälle vorbei.
Die Ärzte sagen heute nichts. Wieso sagen sie nichts? Warum schauen sie immer so besorgt?
Du kriegst Komplimente, wie toll Du das alles aushältst! Tja, findest Du ja auch, aber was bleibt Dir sonst übrig?
Heute nimmt Dich Dein Mann ganz fest in den Arm. Oh, wie gut das tut!
Morgen jedoch kommt Deine Tante vorbei. Sie hält Dir einen Vortrag darüber, wie SCHÄDLICH so eine Chemo sein kann!
Du fühlst Dich wie auf einer Schaukel. Rauf und runter. Nichts ist mehr so, wie es vor ein paar Tagen noch war. Alles hat sich gekehrt. Nichts ist mehr normal. Kein Alltag mehr. Nur noch die Angst.
Die Angst ...


Ihr Lieben, ich hoffe, die "Was-wäre-wenn"-Geschichte ist hier jetzt nicht ein bisschen ZU krass für Euch. Einem Angehörigen geht es ähnlich, wenn er liebt und mitfühlt, ich weiss. Aber diese Geschichte hier (welche jetzt frei erfunden ist von mir, aber sonst der Realität entspricht) soll Euch aufzeigen, wie schnell und überraschend so eine Diagnose einen treffen kann, völlig unvorbereitet und ohne Sinn. Und was da alles in einem abgeht.
Für Euch, ... zum "mitfühlen", gell?

Bis später!
Liebe Grüssli von
der "krassen" Brigitte
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  #56  
Alt 18.06.2002, 11:11
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Standard Sie will das ich gehe!!

... ich habe da noch ein Zitat meiner Ma´, nachdem sie der Arzt auf das Schlimmste vorbereitet hat und für weitere Untersuchungen ins Krankenhaus überwies:
"Ich ging durch die Stadt und dachte: das ist jetzt das Ende? Ich werde wohl nicht mehr oft das alles sehen?"
Ab dem Tag begann IHR Kampf, gegen einen unsichtbaren Gegner.
Und ich kann nur zusehen.

Jana
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  #57  
Alt 18.06.2002, 15:10
Ruby
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Standard Sie will das ich gehe!!

Im Moment kann ich echt nicht viel sagen, bzw schreiben, aber eines doch: Ich hab mich in deinen Zeile so gut wie wieder gefunden...
Das war fast genauso im Jahr 2000 bei mir, spiegelt das wieder was ich so empfand...
Du hast das sehr gut formuliert Brigitte, Kompliment! Besser hätte ichs gar nicht machen können!
Liebe Grüße von
Ruby
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  #58  
Alt 18.06.2002, 16:48
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Standard Sie will das ich gehe!!

Hi Brigitte - Du bist eine der wenigen, die sich als "Betroffene" (ich hasse diesen Begriff, aber ich finde keinen anderen) zu Wort melden. Hast Du eine Idee, warum das so ist?
Ok - ich als zum Zusehen verdammte (so fühle ich mich) - rede auch nur mit sehr wenigen darüber, was mit meiner Ma passiert. Aber gerade hier stößt man doch nicht auf diese "oh-das-ist-aber-schlimm-Klientel".
Grüsse
Jana
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  #59  
Alt 18.06.2002, 16:52
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Standard Sie will das ich gehe!!

Ups!
Ich habe geschluckt, gezittert, mitgefiebert und wollte heulen. Genauso habe ich mir das immer vorgestellt (auch wenn ich es nicht wirklich, wirklich weiß, ich weiß!).
Wie soll jemand da nicht in Panik verfallen??? Du wirst mir vielleicht jetzt nicht glauben, aber ich habe manchmal das Gefühl, ich kann wirklich mitFÜHLEN. Es ist ein Albtraum. Ich konnte so gut sehen, was Du beschreibst, wie die anderen Leute sich um den Betroffenen benehmen etc. Vor allem, die, die sagen: "Na, das wird schon wieder!" und dann von ihrem Schnupfen erzählen! Auch ich erlebe das hier um mich herum mit meinem Vater. Ich versuche, so etwas möglichst von ihm fern zu halten. Erst war ich sauer, weil es Leute gibt, die ihn nicht mal anrufen, aber nachdem sie mit mir gesprochen haben: "Uha, uha, uha - ich habe soooolche Rückenschmerzen! Es geht mir ja soooooooo schlecht, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr... wie geht es übrigens Deinem Vater? Und meine Rüüückenschmerzen...". Da bin ich froh, wenn sie ihn NICHT anrufen!!! Ich falle immer wieder vom Glauben ab. Und dann die Leute, die sich zwar schon kümmern, aber dauernd belehren (woher wollen sie das wissen?) oder auch noch verunsichern. Vielleicht verarbeiten sie nur IHRE Gefühle?

Und wie ÄRZTE damit umgehen, ist wirklich unmmöglich (das mussten wir auch schon leidvoll mitansehen, da sind Sachen abgegangen, von denen meint man, es könne sie gar nicht geben). Werden die denn überhaupt nicht psychologisch GESCHULT?! Ich meine, es gibt ja auch GUTE Psychologen oder auch normale Menschen, die einfach die RICHTIGEN Worte haben! Wieso lernen Ärzte so was nicht??

Ich glaube, ich weiß jetzt besser, wie es aussieht, so etwas mitzumachen, wovon ich nur eine Ahnung hatte (die schon schlimm genug war und die ich immer lieber verdrängen wollte). Es ist wohl fast ein bisschen so, als müsste man seine Angehörigen noch trösten und beruhigen und als ERWARTETEN die Leute immer, dass man das alles gut meistert und weg steckt, und als wenn man sich noch rechtfertigen müsste. Ich denke manchmal auch, dieses ständige "Wie geht es Dir jetzt?", was ich auch frage (!), ist nicht immer wirklich eine super Hilfe. Was soll man denn da antworten?? Prima? So klasse wie gestern? Aber was soll man sonst fragen.

Das Schlimmste ist wohl, der Zeitpunkt, zu wissen, dass man etwas hat (wenn es einem doch sonst gut geht!), aber es geht ja nicht anders. Und das ist auch eine Chance.

Jedenfalls hast Du uns das ziemlich näher gebracht. Ich glaube, das Einzige, was man wirklich tun kann, ist STÄRKE vermitteln, soweit es geht; den anderen nicht allein lassen, immer wieder zu vermitteln: Ich bin da, wenn Du mich brauchst, ICH bin stark.
Ich werde mir Mühe geben...

Liebe Grüße und danke für diese Ausführungen!
Tina
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  #60  
Alt 19.06.2002, 00:36
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Beiträge: n/a
Standard Sie will das ich gehe!!

Hallo Brigitte,
Dafür dass diese " Geschichte" nur von Dir erfunden ist,hat sie doch sehr viel mit der Realität zu tun,welche wir aber erst später als diese begreifen.Manchmal viel zu spät..
Ich kann momentan dazu nicht mehr sagen als,dass diese " Geschichte" genau die meines Freundes widerspiegelt und ich froh gewesen wäre,jemandem wie Dir und Deinen Ausführungen früher begegnet zu sein.
Lieber Gruß,Valeskaname@domain.de
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