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  #1  
Alt 24.08.2006, 11:14
Shalimar Shalimar ist offline
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Registriert seit: 24.08.2006
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Standard Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo, liebe Forumsteilnehmer,
mein Vater (77) wurde im August 2002 operiert, Dickdarm-Karzinom.
Das genaue Staging kenne ich leider nicht, ich habe mir zwar vor kurzem die Unterlagen des Krankenhauses angeschaut, hier werden aber keine Informationen darüber gegeben (warum nicht? Ich denke, es war das falsche Krankenhaus, aber das gehört nicht hierher).
Er hat Lebermetastasen und bekam bis vor kurzem regelmäßig Chemotherapie (Folfox, Folfiri). Diese hat die Lebermetas auch immer einigermaßen in Schach gehalten.
Zwischendurch immer mal wieder Schwächanfälle, aber er trinkt auch einfach zu wenig. Im Krankenhaus wurde er immer wieder aufgepäppelt.

Dazu kommt aber, und das ist leider das Furchtbare, seine Alzheimer-Erkrankung, die seit ca. Dezember 2004 sein Leben völlig veränderte.
Er ist nicht mehr er selbst, weiß nichts mehr, kann nichts mehr machen. Manchmal erkennt er nicht mal meine Mutter, die ihn zuhause pflegt.

Mittlerweile ist er sehr schwach und wir haben die Chemotherapie abgesetzt. Will man wirklich ein Leben das keines mehr ist verlängern? Wir meinen, nein.

Was wir nicht wissen (und das ist der Grund für mein Schreiben hier): wie geht es zu Ende, wenn die Lebermetas nicht weiterbehandelt werden?

Ich möchte hier niemanden frustrieren oder traurig machen, sorry, aber wir bekommen von den Ärzten keine Auskunft dazu.

Wird er Schmerzen bekommen? (Hatte er nie bisher, nun klagt er manchmal über leichte Bauchschmerzen). Gelbsucht? Aszites?

Meine Mutter muß doch wissen, worauf sie sich einstellen muß. Sie ist langsam am Ende IHrer Kraft. Da ich 500km weit entfernt wohne, kann ich ihr auch keine große Hilfe sein.
Hospiz-Liste haben wir uns geben lassen, meine Mutter will meinen Vater aber nicht dorthin geben.
Bin für jede Antwort dankbar.
Ich hatte auch bereits unter darmkrebs.de gepostet, aber leider nicht viel an Informationen bekommen.

Ich wünsche Euch alles Gute und viel Kraft zum Durchhalten!!!
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  #2  
Alt 25.08.2006, 06:56
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo Shalimar,

Auch dieses Thema gehört zu der Krankheit, wie alles andere auch.

Es ist traurig, dass Euch die Ärzte nicht weiterhelfen, aber oftmals wissen sie nicht, wie der weitere Verlauf sein wird. Da die meisten Patienten nach hause geschickt werden, sofern keine Palliativstation im Krankenhaus vorhanden ist.

Ich kann Dir nur aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus versuchen zu helfen und Deine Fragen beantworten.

Das erste was Deine Mutter machen soll ist die Pflegestufe III bei der Krankenkasse beantragen. Dann sollte ein Gespräch mit dem Hausarzt stattfinden, inwieweit er/sie Deinen Vater betreuen kann, und wenn notwendig auch Rezepte für Morphium (falls gebraucht) ausstellen könnte.

Deine Mutter wird mit der alleinigen Pflege mit der Zeit vollkommen überfordert sein, und sollte sich daher rechtzeitig um Hilfe von außen bemühen. Sei es über einen Sozial- und Pflegeverein, Nachbarschaftshilfe, über die Kirche, oder auch über das Hospiz, Menschen die ins Haus kommen und ihr helfen. Denn der Verlauf der Krankheit wird wahrscheinlich noch ein längeres Pflegen und Begleiten zu hause erforderlich machen. Das könnte einige Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, je nach körperlicher Verfassung Deines Vaters.

Unter den unbehandelten Lebermetastasen wird Dein Vater wohl nicht allzu sehr zu leiden haben, sondern nach einiger Zeit bilden sich im Körper massive Wasseransammlungen (Aszitis), die auf die Organe drücken werden. Dazu kann kommen, dass er nicht mehr essen noch trinken kann, und sehr viel erbrechen wird. Durch das Liegen sollte er konstant verlagert werden, damit keine offenen Wunden durchs Liegen entstehen.

Falls Du noch weitere Fragen hast, ich werde Dir soweit wie möglich gerne behilflich sein.

__________________
Jutta
_________________________________________




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  #3  
Alt 26.08.2006, 11:36
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo Shalimar,

ich bin Darmkrebspatientin und habe schon meinen Vater an diese Krankheit verloren. Auch wir haben zu Hause gepflegt und den langen Abschied hautnah mitbekommen.

Auch ich finde, dass deine Fragen ein Thema umreißen, das zu dieser Erkrankung einfach mit dazu gehört. Wer sich nicht damit auseinandersetzen möchte, was ich auch verstehen kann *nichtschönist*, muss diesen Thread ja nicht lesen.

Meinen Vater haben wir Weihnachten aus der Klinik geholt, als die Ärzte nach versuchter OP und Chemo nur noch den Kopf schüttelten. Da wurde er schon gelb. Wir haben Pflegestufe beantragt und uns Hilfe über einen mobilen Pflegedienst geholt.

Anfangs konnte mein Vater noch wenige Schritte laufen und saß mit uns im Wohnzimmer. Beständig wurde er gelber und er mochte nichts mehr essen und begann abzumagern. Wir gaben ihm zunächst noch hochkalorische Nahrung, dann bekam er irgendwann ein Krankenbett mit einer Matraze, die sich abwechselnd auf der einen und dann auf der anderen Seite aufpumpte (weiß nicht wie so etwas heißt), um einem Dekubitus vorzubeugen. Die nächste Station war die Ernährung mittels Infusionen. Es waren nun schon mehrere Monate vergangen und mein Vater war dunkelgelb und nurmehr Haut und Knochen.

Er hatte keine Schmerzen und bekam auch kein Aszites! Im 7. Monat fielen die ersten Körperfunktionen aus. Er konnte sich nicht mehr bewegen, war wie gelähmt und hatte Mühe sich zu verständigen. Dann fiel er irgendwann mit weit aufgerissenem Mund ins Koma. Wir beschlossen, ihn mittels Infusion nur noch mit Flüssigkeit und nicht mehr mit Nährstoffen zu versorgen. Darüber hinaus saß immer einer von uns an seinem Bett, um seine Zunge und seine Lippen mit einem nassen Waschlappen zu befeuchten. Wir wussten ja nicht, was er in seinem Zustand noch mibekommt. Über Tage eine trockene Zunge zu haben, ist wahre Folter und auch "Vertrocknen" soll ein qualvolles Sterben sein, weshalb wir die Infusionen bis zuletzt dran ließen.

Zuletzt funktionierte außer seinem Herzen gar nichts mehr. Als die Ärztin sagte, dass es keine 24 Stunden mehr dauern würde, waren wir dankbar. Und doch schaffte es mein Vater noch einmal 36 Stunden oben drauf zu packen. Er ging erst, nachdem wir ihm gesagt haben, dass er sich nicht mehr quälen muss. Wir würden es verstehen, wenn er ginge und würden weiter für uns da sein. Ich denke heute noch, dass er bis zuletzt alles hören konnte und wohl auch denken... Am 23. Juli ist er gestorben...

Ich wünsche euch alle Kraft dieser Welt, denn ihr werdet sie brauchen. Wenn deine Mutter das körperlich und/oder psychisch nicht schaffen sollte, denkt über ein Hospiz nach. Auch da darf sie beständig bei ihm sein, hat aber alle Unterstützung, die sie braucht.

LG chaosbarthi
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  #4  
Alt 02.09.2006, 11:34
Shalimar Shalimar ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Liebe Jutta, liebe Chaosbarthi,

vielen Dank für Eure offenen Antworten und Schilderungen. Bei uns hat sich nichts geändert, wir sind nun in der 8. Woche nach Abbruch der Chemotherapie. Keine Schmerzen, nur sehr wenig Appetit, sehr schwach. Obwohl schwach nicht unbedingt das richtige Wort ist - das schlechte Gehen etc. liegt zum großen Teil auch daran, daß durch die Demenz auch die Koordination der Bewegungen gestört ist.
Mein Vater weint sehr viel, er möchte 'nach Hause', womit er sein Elternhaus meint. Vor mir weint er nicht, er ist halt aus der Generation "richtige Männer riechen nur nach Kernseife". Vor meiner Mutter schon, und es bricht mir das Herz, wenn sie mir das erzählt.
Hospizliste haben wir - Pflegestufe ist auch beantragt, aber noch nicht durch. Bzgl. des Hospizes: uns wurde gesagt, daß zwei Kriterien zusammenkommen müssen, um in ein Hospiz aufgenommen zu werden: unheilbare Krankheit und Schmerzen. Stimmt das?
Vielen Dank nochmal, ich melde mich wieder.
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  #5  
Alt 14.09.2006, 11:51
Shalimar Shalimar ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo,
inzwischen hat sich bei meinem Vater Aszites entwickelt. Gestern ist er deswegen ins Krankenhaus eingeliefert worden, heute soll punktiert werden.
Schmerzen hatte er bisher nur einmal, wogegenihm von seinem Hausarzt eine hohe Dosis Morphium gegeben worden ist, die ihn völlig umgehauen hat.
Der Stuhl beginnt hell zu werden. Sein "Verwirrtsein", das ja eigentlich durch die Alzhmeimer-Erkrankung ausgelöst worden ist, hat sich inzwischen auch sehr -und sehr schnell- verschlimmert, so daß ich denke, dies wird auch durch die zerstörte Leber verursacht.
Ich weiß nicht, wo meine Mutter noch die Kraft hernimmt.
Wir haben uns über Hospize informiert, und ich bestärke sie darin, meinen Vater dort unterzubringen.
Mein Schreiben hier mag sehr distanziert klingen - das liegt zum einen begründet in dem sehr komplizierten Verhältnis zu meinem Vater, zum anderen habe ich das Gefühl, ich würde nur noch schreien, wenn ich diese Distanz aufgebe.
Auf die Dauer geht das nicht, das merke ich heute sehr deutlich.
Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute!
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  #6  
Alt 14.09.2006, 22:43
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hi Shalimar,

mit deiner "Distanziertheit" (die ja eigentlich keine ist ), bist du nicht alleine. So schien es mir auch immer zu sein. Ich war immer bemüht, alles ganz nüchtern zu betrachten und wie ein Fels in der Brandung zwischen allem zu stehen. Das hat mir geholfen, die Situation durchzustehen. Ich habe mir erst Tage nach der Beerdigung eine erste wirklich intensive Auseinandersetzung mit der nahen Vergangenheit erlaubt. Für mich war das gut und richtig so, denn sonst hätte ich mich meiner Handlungsfähigkeit beraubt und die wurde bis zum letzten Moment gebraucht.

Shalimar, falls du für dich oder deine Mutter noch weitere Infos zum Thema Hospiz haben möchtest, setze ich dir hier einen Link zu einem informativen Forum rein: http://www.augenblicke-zwischen-leben-und-tod.de/

Ich wünsche dir viel Kraft und von Herzen alles Gute!

LG chaosbarthi
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  #7  
Alt 21.10.2006, 10:07
Shalimar Shalimar ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Ich danke Euch nochmals für Eure Hilfe. Mein Vater ist am 12.10. nach zwei Tagen im Leberkoma friedlich eingeschlafen. Wir haben ihn eine Woche vor seinem Tod in ein ganz wunderbares Hospiz bringen können, die Leute dort waren die beste Hilfe und Unterstützung, die man sich vorstellen kann. Danke an Euch, Iris, Helmut und Monika.
Es war, wie Chaosbarthi es beschrieben hat, er hatte keine Schmerzen, kein Aszites. Infusionen hat er bekommen, und wir haben ihm auch die Lippen befeuchtet.
Glücklicherweise habe ich es auch noch rechtzeitig geschafft und konnte seine Hände halten. Ich habe ihn auch nach seinem Tod gesehen und lange bei ihm gesessen - es war eine gute Erfahrung. Es geht ihm gut jetzt, ich bin ganz ganz sicher. Er sah sehr friedlich aus und es umgab ihn eine erhabene Stille.
Die Distanziertheit hat sich bei mir in der Tat gelegt, als ich nicht mehr "stark sein" mußte.
Danke.
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  #8  
Alt 21.10.2006, 12:35
Plögi Plögi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs und Alzheimer - wir sind hilflos.

Hallo Shalimar,
wie sich die Ereignisse doch gleichen. Auch mein Papa ist am 12.10. morgens gestorben. Er konnte zu Hause einschlafen und meine Mama war bei ihm. Wir Töchter haben alle Abschied nehmen können.
Ist es nicht auch ein schönes Gefühl, dass er nicht mehr leiden muss? Ich weiß nicht, wie es bei Dir aussieht? Mein Papa ist nicht weg. Ich habe das Gefühl, er ist bei mir (und daran glaube ich auch!).
Ich grüße Dich ganz herzlich!

Simone
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