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#1
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Was kann ich nur machen, um meine Kräfte wieder zu mobilisieren? Es ist erst 9.00 Uhr und ich bin müde und kraftlos. Jeden morgen weckt mich unser Familienzuwachs um halb sechs. Zuerst mit seiner feuchten Nase und da ich meine Augen nicht öffne wird geknurrt und gebellt was mich letztendlich aus dem Bett treibt, auch, um die Nachbarn nicht zu stören. Vorbei die Zeit des langsamen Erwachens, des nochmaligen Einkuschelns und des gemütlichen Aufstehens. Habe ich mir zuviel zugemutet? Die erfreulichen Momente können mir meine Kraft nicht zurück geben. Ein vier Personen Haushalt will versorgt werden mit allen anfallenden Arbeiten. Nebenbei noch den Bürokram für meinen Mann erledigen. Ich nehme mir immer vor, ruhig und gelassen an die Arbeit zu gehen und auch mal etwas liegen zu lassen. Aber ich schaffe es nicht. Mit meiner Familie rede ich nicht mehr darüber. Sie sollen nicht denken, ich würde mich immer beklagen, auch wenn es sich so anhört. Ich brauche doch nur ein wenig mehr Aufmerksamkeit und etwas Zeit, mich auszuruhen. Einmal nichts zu tun haben und einfach machen, was mir Spass macht. Ich wünsche mir mehr Ruhe in meinem Leben und Ausgeglichenheit. Heute wird schönes Wetter sein und ich hoffe, die Sonne berührt auch meine Seele.
Blauerschmetterling
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#2
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Blauer Schmetterling
die gleicht Frage habe ich mich auch gerade gestellt wie ich meine Kraft mobilisieren kann, aber auch ich weiß noch nicht wie. Ich trinke leider nicht einmal Kaffee um munter zu werden. Ich habe in den Spiegel geguckt und habe mich gefragt bist du das oder steht mir eine Fremde gegenüber, denn meine Augenringe sind dunkelschwarz und geschwollen als hätte ich nächtelang schon nicht mehr geschlafen, aber ich habe 9 Stunden durchgeschlafen mit Hilfe von Schlaf- und Schmerzmittel. Bei uns ist auch nicht mal Sonnenschein in Sicht im Gegenteil es ist grau und trist. Bis 14 Uhr muss ich halbwegs fit werden da ruft für 5 Stunden die Arbeit. Zu deiner Frage ob du dir zu viel zumutest oder zugemutest hast kann ich nur ja sagen, denn sonst wärst du jetzt nicht kraftlos. Vielleicht sollest du aber mal mit deinem Mann sprechen, er wird dich verstehen. Das ist doch kein beklagen wenn du sagst du brauchst mal Zeit für dich und immerhin provitieren sie im nachhin davon wenn du wieder Kraft hast oder sehe ich das falsch? Fühl dich gedrückt und auch verstanden du bist in dieser Situation nicht allein Liebe Grüße Nicole |
#3
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Lieber Blauer Schmetterling,
habe heute das Büchlein "Wenn der Schnee leise rieselt".... erhalten, bin aber leider noch nicht zum Lesen gekommen heute. Ich denke mal, daß Du Dich in der "Fatigue"-Phase befindest, mir ging es im Jahr 2004 genauso, ich konnte mich zu nichts aufraffen und es war mir alles egal. Im Jahr meiner BK-Erkrankung 2003 war ich topfit und hätte die Welt einreißen können und dann, ein Jahr später, der totale Zusammenbruch. Zur psychischen Verfassung kann ich auch ein Lied singen, nachdem im Nov. 2001 meine Mutter verstarb, die ich im Krankenhaus bis zu ihrem Tod begleitet habe, verstarb ganz plötzlich nur 5 Monate später mein älterer Bruder an Bauchspeicheldrüsenkrebs, es ging so wahnsinnig schnell, innerhalb von nur 3 1/2 Wochen. Die beiden Todesfälle haben mich damals richtiggehend aus der Bahn geworfen und ich hatte am Tage nach der Beerdigung meines Bruders einen totalen Nervenzusammenbruch und fiel auch in so eine tiefe Traurigkeit, aus der ich ohne professionelle Hilfe nie herausgefunden hätte. Jeder neue Tag begann und endete mit Tränen, ich fühlte mich verlassen und als sich schließlich Todessehnsüchte breit machten, wurde es höchste Zeit, einen Nervenarzt zu konsultieren, der mich sehr einfühlsam begleitete und mir dann eine "psychosomatische Kur" empfahl und für mich beantragte, denn ich war zu der Zeit ja noch voll den ganzen Tag berufstätig und schließlich wollte ich ja nicht so viele Monate der Arbeit fern bleiben, es waren insgesamt dennoch 4 Monate, einschließlich der 4-wöchigen Kur, die mir sehr sehr geholfen hat und dafür bin ich diesem Arzt noch heute dankbar. Anfangs dachte ich auch, er würde mich in eine Nervenklinik abschieben, aber er verneinte dies und machte mir klar, daß er das in meinem Falle niemals machen würde, weil ich kein Fall für eine solche sei und daß da ein großer Unterschied bestehe zwischen einer psychosomatischen Kur und einer Nervenklinik. Und ich kann eine solche nur bestens weiterempfehlen, jedenfalls die, in der ich war und das war die "Klinik am schönen Moos" in Bad Saulgau, das ist in Baden-Württemberg - Richtung Bodensee, Nähe Ravensburg. Es waren vier wunderschöne Wochen, in denen ich sehr gute Freunde für's Leben gefunden habe, die alle entweder wegen Aufarbeitung von Trauerfällen oder eben mit einem "Burn-Out-Syndrom" dort waren. Diese 4 Wochen haben mir den Weg zurück in's Leben ermöglicht und dafür bin ich allen dort dankbar, die dazu beigetragen haben. Das war im Sept. 2002 und ich bin topfit und seelisch gestärkt aus dieser Kur nach Hause gekommen und niemals hätte ich zu diesem Zeitpunkt gedacht, daß sich in meinem Körper, d.h. in meiner Brust schon der "Todfeind Krebs" breitgemacht hatte, denn ich fühlte mich stark zum "Bäume ausreißen". Dann im Jan.2003 diese schreckliche Diagnose, die mir, ebenso wie allen anderen Betroffenen, den Boden unter den Füßen wegzog. Ich bin aber der festen Überzeugung, daß ich mich psychisch nach der Eröffnung dieser Diagnose nicht so schnell wieder gefangen hätte, wenn mein Nervenkostüm nicht durch die Kur vorher stabilisiert worden wäre, das hat mir auch hier sehr geholfen und ich habe ein Gedicht über meine BK-Erkrankung und die Verarbeitung verfasst, das verdeutlicht, wie ich mich gefühlt habe. http://www.krebs-kompass.org/Forum/s...ad.php?t=18505 Lieber blauer Schmetterling, ich denke, daß Du in einer ähnlichen Ausnahmesituation bist, als ich es damals war und kann Dir deshalb nur an's Herz legen, daß Du tatsächlich anfangen solltest, mal an Dich zu denken und mit Deinem Arzt über eine derartige Kur nachzudenken, ich kann Dir versichern, daß sie auch Dir aus Deiner tiefen Traurigkeit helfen würde. Ich drücke Dich mal ganz fest und wünsche Dir von Herzen alles Liebe, Gute und natürlich auch viele Geändert von Magdalena Baumeister (06.09.2006 um 20:35 Uhr) |
#4
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Liebe Magdalena,
die ersten zwei Verse Deines Gedichtes geben genau meine derzeitigen Empfindungen wieder. Was Du in den nächsten Versen beschreibst empfinde ich auch manchmal, sogar über einen längeren Zeitabschnitt. Nur falle ich immer wieder in ein tiefes Loch, von dem ich annahm, es längst zugeschüttet zu haben. In den letzten vier Jahren hatte ich tatsächlich viel zu bewältigen. Der Tod meiner Eltern und alles, was damit zusammenhing, die Erkrankung meines Mannes und letztendlich mein eigener BK. Letztes Jahr verstarb mein Schwager. Irgendwann bleibt man selber auf der Strecke. Aber ich weiß auch, dass diese Phase wieder vorübergeht, nur geht es mir nicht schnell genug. Geduldig war ich nie. Aber ich möchte mir nicht mehr selber im Wege stehen und werde des öfteren Ruhepausen einlegen, so, wie mein Körper es verlangt. Viele liebe Grüße und viel Spass beim Lesen Anneli
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#5
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Lieber Blauerschmetterling, ich würde dir ähnlich wie Magdalena antworten und dir vorschlagen gegen diese Fatigue etwas zu unternehmen. Ich selber (Speiseröhrenkrebs), habe diese Phase glücklicherweise nur kurz durchlebt. Was nicht heißt, dass sie endgültig vorbei ist.
Ich wünsche dir, dass du die Kraft hast das Zuviel an Belastung abzugeben. Die Lasten, die in deiner Geschichte liegen sind genug, die kannst du nicht reduzieren, nur langsam verarbeiten. An den Belastungen, die in deiner Gegenwart sind, kannst du vielleicht mit deiner Familie arbeiten. Notwendig dafür ist jedoch, dass du ihnen die Chance gibst zuerkennen, dass sie dir da helfen können. Der Vorschlag einer solchen Kur erscheint mir sinnvoll. Deine Fähigkeit zu schreiben ist sicher beneidenswert. Ich wünsche dir und auch den anderen , die sich in vergleichbarer Situation und Stimmung befinden, die Energie dort heraus zu kommen. Alles Liebe Irmgard05 |
#6
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Es ist wunderschön, durch Euch diese herzliche Anteilnahme zu erfahren. Sie hat mir auch die Augen geöffnet, stehe ich doch mit meinen "Problemen" nicht alleine da. Eure Nöte und Empfindungen sind den meinen ähnlichen, ja, sie gleichen einander. Nur gibt es kein Patentrezept, jeder versucht auf seine Art damit umzugehen. Man muss erst herausfinden, was das Richtige ist. Meine Familie würde mir sofort helfend unter die Arme greifen, würde ich den Wunsch äußern. Aber solange ich noch nicht meinen Kopf unter dem Arm trage, "will" ich alles selber machen. Auch hat niemand etwas dagegen, würde ich mich mehr schonen und Arbeit liegen lassen. Doch bin ich nicht der Typ dazu und muss noch immer lernen, auf die Stimme meines Körpers zu hören. Vielleicht treibt mich meine innere Unruhe dazu, so viel wie möglich zu erledigen. Eine Kur wäre sicher nicht schlecht. Aber meine Familie würde ich nicht alleine lassen. Sie kämen auch zurecht. Während meines Krankenhaus Aufenthaltes ging es ja auch. Und dennoch, meine Verlustängste sind wohl zu groß und ich bin froh, wenn alle wieder wohlbehalten zu Hause sind. Ich werde mir meine Zeit anders einteilen müssen und mich auch mal mit einem Buch zurückziehen. Über die Zukunft mache ich mir keine Gedanken, das Heute ist wichtig, für mich und ebenso für Euch.
Alles Liebe für Euch und viel Kraft Blauerschmetterling
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#7
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AW: Traurigkeit ohne Ende
Lieber Blauer Schmetterling,
ich finde gerade erst deinen Beitrag und kann das sooo gut nach empfinden! - Ich habe den ganzen vergangenen Winter in diesem tiefen Loch verbracht, und bin immer noch nicht ganz raus.... Bin heute abend zu müde für eine ausführliche Antwort, aber es ist das Wort Fatigue gefallen.... - schau mal unter www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de .....-Fatigue ist mehr als nur körperliche Müdigkeit und eine ernstzunehmende Neben- und Nachwirkung der Krebserkrankung und Behandlung. Sicher wirst du auf der Website einiges wiedererkennen, was du erlebst. (Dort sind auch Reha-Empfehlungen für Kliniken, die sich auf Fatigue spezialisiert haben) Die Ärzte fangen gerade erst an, dies sozusagen als eigenes ernstzunehmendes Krankheitsbild zu betrachten und in den Studien in den Lebensqualitätsfragebögen auch zu erforschen. Mir hat es als 1. Schritt sehr geholfen, zu erfahren, dass ich nicht irgendwie lebensunfähig oder arbeitsscheu oder sonstwie "daneben" bin, sondern dass dies eine ganz "normale Nebenwirkung" ist. Ganz liebe Grüße von Bellinda |
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