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  #1  
Alt 05.03.2015, 04:24
anjin_san anjin_san ist offline
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Registriert seit: 20.06.2013
Beiträge: 112
Standard Ein guter Freund hat es nicht geschafft...

Vor über zwei Jahren, ich erhielt meine Diagnose und wurde in die Klinik eingewiesen, teilten wir ein Zimmer. Er war es, der mich damals aufrichtete und mir Mut zusprach. Ohne ihn hätte ich die schwere Zeit weniger gut durchgestanden. Und das obwohl er zu der Zeit schon einiges durchgemacht hatte. Man hatte bei ihm ursprünglich eine fehlerhafte Diagnose gestellt und behandelte ihn mit Chemo auf Lungenkrebs. Dabei hatte er ein Lymphom und eine sekundäre AML. Nach 1,5 Jahren wurde das erkannt. Er erhielt die nächste Chemo sowie zwei Transplantationen (Eigenblut und Zwillingsbruder). Aufgrund der falschen Diagnose hatte der Krebs bereits gestreut und die Nieren versagten. Der Tumor am Brustbein und den in der Wirbelsäule bekamen die Ärzte in den Griff. Auch die Leukämie wurde erfogreich bekämpft. Nach einer Weile funktionierten sogar die Nieren wieder. Dann kam der nächste Rückschlag. Knochenkrebs im Kniegelenk. Auch der wurde erfolgreich behandelt. Aber der Krebsindikator, die Leichtketten, blieben hoch. Bis Mitte Januar 2015 sah es recht gut aus. Die Leichtkettenwerte sanken. Nicht sehr schnell aber doch in hoffnungsvolle Bereiche. Erreicht wurde dies mit weiteren Chemos.

Januar 2015 kam dann der nächste Rückschlag. Er wurde mit Schmerzen in der Brust und Atemnot eingeliefert. Die Leichtketten waren wieder explodiert und es hatte sich ein Tumor in der Brust und einer am Hinterkopf gebildet. Auch der Knochenkrebs war zurück. Der hatte nun die Hüfte befallen. Die Chemo die dann folgte sollte die Leichtketten reduzieren. Mitte Februar machten die Ärzte eine weitere Chemo von der Entwicklung der Blutwerte abhängig. Letzte Woche wurde Blut abgenommen und diese Woche sollte die Entscheidung fallen, wie die Behandlung fortgeführt wird.

Doch dazu kam es nicht mehr. Am Freitag wurde er erneut eingeliefert, da es ihm nicht gut ging. Es wurde festgestellt, dass seine Stammzellen kaum noch Blut produzieren. Die Ärzte konnten kaum noch etwas tun. Vor wenigen Stunden rief mich seine Frau an.

Mir geht es gerade nicht gut. Irgendwie fehlen mir gerade die Worte. Deswegen schreibe ich hier einfach was ich gerade denke. Wir wollten noch eine Runde mit meinem Roadster drehen und abends bei einem Glas Whisky quatschen. Aber entweder lag er oder ich in der Klinik oder wir kämpften mit irgendwelchen Nebenwirkungen der Chemos. So kam es nie dazu. Und nun ist es zu spät. Ich brauche hier in diesem Forum nicht von Schicksal oder Pech und ähnlichen reden. Jeder der hier mitliest weiß wie gefährlich Krebs sein kann. Oft ist es Glück, wenn man ihn übersteht. Meine Frau sagt, er schaut jetzt von oben auf uns. Mir hilft das nicht. Ich glaube nicht an Gott oder ein Leben nach dem Tod. Ich denke, er lebt in unseren Gedanken weiter. Er wird mir fehlen.

Er war ein guter Mensch. Mit Mitte vierzig hinterlässt eine Frau und eine Tochter.
__________________
12.2012 AML M2
12.2012 - 05.2013 Chemo
09.2014 Rezidiv
21.11.2014 Transplantation
12.2015 Rezidiv
12.2015 - 11.2017 Chemo (Vidaza)
02.2018 Rezidiv
03.2018 - 08.2018 DLI
11.2018 Rezidiv - ab 12.2018 - Vidaza Chemo
08.2019 Rezidiv - Vidaza Chemo + Venetoclax
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  #2  
Alt 05.03.2015, 14:18
Zeka Zeka ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 31.10.2014
Ort: Im Süden von NRW
Beiträge: 79
Standard AW: Ein guter Freund hat es nicht geschafft...

Hallo anjin_san,

ob dein Freund von oben auf dich sieht, oder in deinen Gedanken weiter lebt ist, denke ich, kaum ein Unterschied. Das wichtigste ist, dass er nicht in Vergessenheit gerät.
Ich kann mich auch an die Zeit meiner Diagnose erinnern und der Zeit in der Uniklinik. Gerade bei uns mit Leukämie, die sehr lange Zeit in der Klinik verbringen müssen ist es wichtig, auf solche Menschen wie deinen Freund zu treffen, die einen während der Therapie aufbauen. Mit der Diagnose bekommt man erst einmal einen dicken Schlag vor die Brust. Umso trauriger ist es, dass du keine Zeit mehr mit ihm außerhalb der Klinik verbringen konntest, quatschen und Whisky trinken.
Du wirst ihn als denjenigen in Gedanken behalten, der dich aufgerichtet hat.

Traurige Grüße

Zeka
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