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  #1  
Alt 26.05.2015, 12:05
AkCo AkCo ist offline
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Beiträge: 2
Standard Papa ging nicht zum Arzt

Ich bin ganz neu hier weil ich auf der Suche nach Antworten bin. Ich weiß, dass ich keine Antworten auf meine Fragen bekommen werde. Aber es tut gut, meine Geschichte niederzuschreiben..

Ich lebe seit drei Jahren in den USA und habe mit meinem Mann eine Tochter. Ich habe vorher bei meinem Papa in Deutschland gewohnt. Er war immer schon ein sehr zurück gezogener Mensch. Er hatte nur ein paar Freunde und die meiste Zeit hat er mit seiner Familie verbracht. Auch wenn er nicht gerne, bzw nie über seine Gefühle geredet hat, ich weiß wie sehr er mich und seine Familie geliebt hat. Er hat alles für mich getan und war so glücklich dass ich meine eigene kleine Familie habe.

Vor etwa 1.5 Jahren hat es angefangen, dass er immer mehr an Gewicht verloren hat. Anfangs dachten wir, dass er eine Diät macht, da er immer schon leicht übergewichtig war. Er nahm Ende des Sommers 2014 sehr viel mehr und schneller ab. Sein Verhalten fing an sich Ende letzten Jahres zu verändern. Er hat sich mehr und mehr zurückgezogen.
Meine Familie und ich haben seit letztem Sommer versucht ihn auf seinen Gewichtsverlust anzusprechen. Er hat es jedes Mal mit der gleichen Antwort beantwortet. Er meinte er hat keine Beschwerden und fühlt sich so besser. Er hat auch sehr gereizt reagiert und wurde aggressiv, sodass wir uns nur noch seltener getraut haben ihn anzusprechen.

In den letzten Monaten sah er immer schlechter aus. Wir haben immer weniger geskypt, weil er immer Ausreden für mich hatte. Unsere Sorge um ihn wurde von Woche zu Woche schlimmer. Er sah am Ende nur noch nach Haut und Knochen aus. Er konnte kaum noch richtig reden, er hatte Probleme beim Sitzen, Gehen. Er war müde und abgeschlagen. Er hat schlecht Luft bekommen.

Mein Papa war in den letzten 20 Jahren nicht beim Arzt. Ich weiß nicht warum..
Am Freitag Abend wurde er in seiner Wohnung bewusstlos gefunden. Am Samstag Abend ist er im Krankenhaus verstorben.
Die Diagnose war Nierenkarzinom mit Metastasen in der Lunge, Bauch, Knochen.
Als er zusammengebrochen ist, ist man beim ersten Untersuchen von Diabetis ausgegangen, bevor man die Ergebnisse hatte. Er ist vor Erschöpfung und Unterernährung zusammengebrochen. Er hat alleine gewohnt.

Er hat das alles ganz alleine mit sich ausgemacht. Er war am Montag noch arbeiten und hat sich ab Dienstag das erste Mal seit 20 Jahren krankgemeldet.
Wir wussten alle, dass er sehr schwer krank sein muss, aber keiner von uns hat damit gerechnet dass es so schnell geht.

Ich habe so viele Fragen an ihn, die nur er mir beantworten könnte.

Hat hier jemand auch eine solche Erfahrung gemacht mit einem Angehörigen?
Ich versuche zu verstehen, warum er mit keinem von uns reden wollte. Warum er keine Hilfe annehmen wollte. Wir hatten alle in der Familie ein sehr gutes Verhältnis.

Und wie lange dauert in der Regel so eine Krankheit wenn man sie unbehandelt lässt?

Er ist innerhalb von 24 Stunden gestorben und ich hatte keine Chance ihn noch leben zu sehen. Ich habe mich am Telefon von ihm verabschiedet.

P.S. Ich habe das auch in der Kategorie Nierenkrebs gepostet. Dort hat mir jemand geraten es auch hier mal zu posten.
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  #2  
Alt 26.05.2015, 15:01
mausi69 mausi69 ist offline
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Beiträge: 1.379
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo

Mein aufrichtiges Beileid zum Verlust deines Papas.

Viele Fragen die dir leider niemand beantworten kann. Ich vermute das dein Papa gewusst hat wie krank er ist. Er wollte euch sicherlich dir am meisten alles ersparen.

Vermutlich wusste er sogar das er Krebs hat. Aber all das sind nur Vermutungen.

Du wirst einen Weg finden müssen, zu akzeptieren was passiert ist.

Es tut mir sehr leid für dich und ich kann sehr gut nachvollziehen das es schlimm ist so viele Fragen zu haben die einem niemand mehr beantworten kann.

LG mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=62514
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  #3  
Alt 26.05.2015, 20:50
Servala Servala ist offline
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Ort: Aerzen
Beiträge: 32
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo,

mein Beileid zum Verlust deines Vaters.

Es ist schrecklich einen geliebten Menschen verlieren, besonders dann wenn man hinterher so viele offene Fragen vor sich hat und sie einen einfach nicht loslassen.

Aber... ich bin überzeugt davon, das dein Papa wusste wie krank er ist hat für sich beschlossen, seinen Weg so zu gehen wie er ihn gegangen ist. Das mag schmerzhaft für euch Hinterbliebene sein, aber er hat es wahrscheinlich für das beste gehalten, wollte euch Leid ersparen.

Es wird schwer, sehr schwer werden das zu akzeptieren.

Direkt habe ich so etwas noch nicht erlebt, das heißt das ich damals als mein Opa gestorben ist zu klein war um mich da richtig dran erinnern zu können. Meine Oma hat immer erzählt, das er auch mit niemandem reden wollte, nicht zum Arzt gegangen ist. Immer hat er gesagt es geht ihm gut. Bis ganz zum Schluss.

Gestorben ist er an Leberkrebs. Mein Vater hat sehr lange damit zu kämpfen gehabt, das er nicht helfen konnte bzw. durfte. Irgendwann wurde es aber besser und er konnte akzeptieren, das Opa sich nun einmal so entschieden hatte.

Ich wünsche dir alle Kraft die du brauchst für die schwere Zeit die du im Moment durchlebst.
__________________
Ich werde dich/euch immer lieben und so in Erinnerung behalten, wie du/ihr war(s)t.

Romy, mein Schatz 27.04.1981 - 26.04.2015
Gedenkseite

Meine Mama 23.10.1952 - 23.05.2005

Mein Papa 14.04.1946 - 20.02.1984

Geändert von Servala (27.05.2015 um 13:57 Uhr) Grund: Rechtschreibfehler... sorry :(
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  #4  
Alt 27.05.2015, 13:16
Benutzerbild von Eval2589
Eval2589 Eval2589 ist offline
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Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo,

mein aufrichtiges Beileid - ich wünsche viel Kraft und Trost um diese schwere Zeit durchzustehen.
__________________
In dankbarer Erinnerung an meine Oma
EK 12/09 seitdem Stoma, Chemotherapie
07/12 Peritonalcarzinose
am 11.02.2013 ins Licht gegangen
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  #5  
Alt 29.05.2015, 08:55
AkCo AkCo ist offline
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Beiträge: 2
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Ich habe beschlossen, nicht zur Beerdigung meines Papas zu gehen. Ich habe sehr lange darüber nachgedacht und ich bin mir ganz sicher, dass meine Entscheidung die Richtige ist.
Vor 16 Jahren habe ich bereits meine Mama verloren. Auch bei ihrer Beerdigung war ich nicht..

Für.mich bedeutet Beerdigung nicht, dass ich meinem geliebten Menschen die letzte Ehre erweisen muss.. Für mich ist es viel wichtiger, meinen Papa in Erinnerung zu behalten als er noch gelebt hat, anstatt als wir ihn zu Grabe tragen.
Ich weiß, Papa würde das so wollen.
Er selbst war nie bei meiner Mamas Grab..

Von einer Bekannten, die meinen Papa nicht einmal kannte, musste ich mir anhören, dass mein Papa bestimmt traurig wäre, wenn ich nicht zur Beerdigung gehe. Er ist doch schließlich mein Papa wurde mir gesagt. Das, in solch einer schweren Stunde, zu verdauen war nicht einfach. Es hat mich zweifeln lassen.. Ich hatte einen großen Kloß im Hals.
Aber ich weiß, dass ich alles richtig mache. Nicht zur Beerdigung zu gehen bedeutet für mich nicht, dass mir mein Papa egal war. Es bedeutet, dass ich ihn immer im Herzen trage und ich weiß, dass er auf mich Herunter schaut und stolz auf mich ist.

Es ist fast eine Woche her, seitdem er gefunden wurde. Es schmerzt so sehr.
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  #6  
Alt 29.05.2015, 09:27
mausi69 mausi69 ist offline
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Beiträge: 1.379
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo

Sicherlich ist es ganz allein deine Entscheidung ob du zur Beerdigung deines Papas gehst oder nicht, aber ich kann deine Angehörigen und Bekannten verstehen, wenn sie sagen es gehört sich das du deinem Papa auf seinem letztem Weg begleitest.

Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen nicht zur Beerdigung meiner Mama zu gehen. Das hätte ich mir im Leben nicht verzeihen können.

Du sagst du willst deinen Vater in Erinnerung behalten als er noch lebte, die Beerdigung würde doch daran nichts ändern.

Tut mir leid, entweder bin ich da altmodisch, aber in mein Weltbild schickt es sich das man seine Lieben aufihren letzten Weg begleitet.

LG mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=62514
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  #7  
Alt 29.05.2015, 09:55
Landleben Landleben ist offline
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Registriert seit: 04.05.2014
Ort: Österreich
Beiträge: 185
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo Akco !

Für viele scheint Deine Entscheidung nicht richtig zu sein, aber jeder hat das Recht, auch in solchen Situationen, seine eigene Meinung dazu zu haben.
Was die Leute sagen, kann ( soll ) Dir egal sein.

Landleben
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  #8  
Alt 29.05.2015, 13:24
Servala Servala ist offline
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Registriert seit: 27.04.2015
Ort: Aerzen
Beiträge: 32
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Hallo Akco,

ich denke jeder kann sich frei entscheiden, ob er eine Beerdigung besuchten möchte oder nicht. Ganz egal, was andere dazu sagen mögen.

Wenn dein Bauch oder dein Herz dir sagen das es für dich die richtige Entscheidung ist, dann ist sie das auch. Hör auf dein Gefühl was das angeht und lass dich zu nichts drängen.
Wichtig ist nur, das du dir wirklich sicher bist, was das Richtige ist und das kannst nur du selbst heraus finden. Manchmal werden solche Entscheidungen aus einer Art unbewusster Ablehnung hervor gerufen und manchmal fühlt es sich für einen selbst einfach nicht richtig an zu einer Beerdigung zu gehen. Hm, das ist eigentlich nicht ganz was ich ausdrücken möchte, aber irgendwie finde ich gerade nicht die richtigen Worte.

Bei meiner Frau wollte ich zuerst nicht gehen, vor allem weil es auch ein weiter Weg war bis dorthin. Sie wollte immer in ihrer Heimatstadt beigesetzt werden. Dann habe ich mich mit meinen Freunden unterhalten und irgendwie kam das Gespräch auf die Beerdigung. Ich wurde gefragt ob ich im Auto mitfahren wollte und da wurde mir auf einmal ganz klar, das ich es wollte. Ansonsten hätte ich mit dem Zug elend lange fahren müssen. Hatte Angst vor der langen Zeit alleine. Die Strecke bis zu ihrer Heimatstadt bin ich nur ein einziges Mal alleine im Zug gefahren, als wir uns zum ersten Mal persönlich getroffen haben und irgendwie ist die Erinnerung daran zu schmerzhaft. Aber so bin ich wirklich froh gewesen, das ich dabei sein konnte. Es hat auf merkwürdige Art gut getan, auch wenn der Schmerz schrecklich war und ich lange das Gefühl hatte ich würde es nicht schaffen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Stärke für die kommende Zeit.
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Romy, mein Schatz 27.04.1981 - 26.04.2015
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Mein Papa 14.04.1946 - 20.02.1984

Geändert von Servala (29.05.2015 um 13:31 Uhr) Grund: Hatte was vergessen.
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  #9  
Alt 29.05.2015, 18:36
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Papa ging nicht zum Arzt

Was Du anschneidest ist ein schwieriges Thema. Doch wenn dein Bauch und dein Gefühl Dir sagen das es für Dich besser ist nicht zur Beerdigung zu gehen dann handele so.
Trotzdem meine Frage: Kann nicht auch ein wenig Wut dabei sein das dein Vater dich aus dem Rest seines Lebens rausgehalten hat? Aber auch das ist eine natürliche Reaktion.
__________________
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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