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  #1  
Alt 03.05.2015, 21:49
Cera Cera ist offline
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Beiträge: 14
Standard Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Hi,

habe das Gefühl, ich muss einfach mal alles los werden, bei Menschen, die das vielleicht besser verstehen können oder einfach durch das Schreiben...

Mein Papa hat Blasenkrebs. Die Erstdiagnose bekam er vor 13 Jahren. Damals war ich 17 und hatte einfach nur Angst, dass er stirbt und habe versucht, es so wenig wie möglich an mich rankommen zu lassen. Er hat eine Neoblase bekommen, die Lymphknoten waren unauffällig. Etwas später war der erste Lymphknoten auffällig und er bekam eine Chemotherapie, die auch gut gewirkt hat und es war wieder ok. Das Spiel mit den Lymphknoten wiederholte sich ein paar Mal. Die Chemo hat immer geholfen, bis er auf einmal Allergisch darauf reagiert hat. Die Ersatzchemo hat auch geholfen, aber nicht so gut und es waren auch mehr Lymphknoten betroffen. Nicht mehr nur im Bauchraum, sondern inzwischen auch am Hals. Im Oktober 2014 hieß es es wäre ok und er machte Chemopause. Im Januar 2015 kam dann der Schock. Metastasen in der Leber und es ging ihm schnell schlechter und er hat Gelbsucht. Die Ärzte haben meiner Mum gesagt, dass eigentlich nicht mehr wirklich was hilft, mein Dad wollte unbedingt eine Chemo.
Letzte Woche war er im Krankenhaus, weil er so viel Wasser im Bauch hatte, dass es auf die Lunge gedrückt hat und er so schlecht Luft bekam. Dann bekam er eine Drainage/Katheder, damit er es jetzt selber rauslassen kann. Einen Tag später wurde er operiert, weil er Blut gebrochen hatte. War wohl ein Riss in der Speiseröhre. Ein CT wurde auch gemacht. Das Ergebnis hat mein Dad am Telefon nur besch... genannt. Ich hoffe, meine Mum sagt mir morgen mehr.

Dieses Gefühl "Es kann nur schlimmer werden" ist furchtbar. Zu sehen, wie mein Papa abbaut und ihm beim Sterben zugucken... und gleichzeitig für ihn stark sein... Keine Ahnung, wie lange man das durchhält.

Man hört dann... du musst auch an dich selber denken und mal entspannen... naja, leichter gesagt als getan... meine Ehe ging vor 1,5 Jahren in die Brüche. Ich Arbeite, kümmere mich um meine 3 Zwerge und studiere. Ich habe zwar meinen Freund, der sich Mühe gibt, aber ich merke, wie ich um mich rum ein Mäuerchen baue und nichts und niemanden an mich ranlassen will. Ich finde es doof alleine zu sein und kann aber auch keinen Trubel haben.

Ich bin froh, dass es nicht schon vor 13 Jahren schief gegangen ist, aber im Moment habe ich das Gefühl, dass es einen trotzdem wie unvorbereitet umhaut. Ich wusste immer, dass es eine Zeitbombe ist, aber jetzt ist es einfach nur scheisse. Wie geht man am Besten mit sowas um?
__________________
Das Leben ist ein scheiss Spiel, aber die Grafikauflösung ist super...
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  #2  
Alt 03.05.2015, 22:19
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

liebe cera,


mein mann (49) baut genauso ab wie dein papa... und es ist schwer, dass mitansehen zu müssen. es bricht einem das herz.

wir gehen in unserer Familie offen damit um, lassen alle Gefühle zu und mein mann redet auch gut darüber, wie sch***** es ihm geht.

ich selbst tröste mich mit dem gedanken, dass ich mir vorstelle,
das es irgendwann auch wieder gute zeiten für die angehörigen gibt, wenn man diese jetzt überlebt.
aber genauso habe ich auch angst vor dem endgültigen abschied.

__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #3  
Alt 03.05.2015, 22:29
Cera Cera ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Mit meiner Mum kann ich auch offen reden. Mein Papa hat die Situation noch überhaupt nicht realisiert.
Letztes Weihnachten hatte ich ein total komisches Gefühl im Bauch. So ein Gedanke, das letzte Weihnachten mit meinem Papa, obwohl es den Moment ja noch garnicht so schlimm aussah.
Ich glaube, die Ungewissheit zerfrisst mich. Was kommt auf einen zu, wie lange dauert es, wie kann ich ihm helfen...

Dazu kommt noch andere Verlustangst. Dass meinem Freund oder meiner Mum auch was passieren könnte. Irgendwie, dass der Tod nicht so weit weg ist, wie man immer dachte...
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  #4  
Alt 04.05.2015, 13:29
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Naja, der Tod IST ja auch leider nicht so weit weg, wie man immer dachte.

Diese Information steckt in allem möglichen, wie zB in Zeitungsanzeigen, Sätzen wie "Lebe den Tag", "Lebe heute", "Genieße den Augenblick" und vielem mehr.

Du schreibst es schon selbst: verdrängen geht nicht mehr ...

Man kann jetzt nur versuchen, anzunehmen was "ist" - so schwer es auch fällt - mit allen Ängsten und Gefühlen die dazugehören.

Du kannst es in dieser Situation selber vermutlich nicht sehen, aber hey:
ihr hattet bis jetzt 13 geschenkte Jahre!!!!!
Es hätte, das schreibst Du auch selbst, schon viel früher vorbei sein können ...

Für Deinen Vater ist wichtig, dass er die Gewissheit hat, dass ihr für euch sorgt, wenn er es nicht mehr kann und irgendwann nicht mehr da ist.
Dass er weiß: mein Mädchen ist stark und erwachsen und wenn ich weg bin, schaffen sie und Mama das gemeinsam.
Das erleichtert letztendlich das Loslassen für den, der "gehen" muss.

Diese Zeit ist eine Zeit des Lernens - auch für Dich!

Zitat:
Dass meinem Freund oder meiner Mum auch was passieren könnte
Ja, das könnte es. Auch Dir oder einem Deiner Kinder. Auch darüber musst Du Dir bewusst sein.

Diese Situation birgt die große Chance in sich, dass Du erkennst, was WIRKLICH wichtig ist im "Nutzen der Zeit", was im Umgang miteinander wirklich "Lebenswert" hat.

Wie lange es dauert wissen wir nicht.
Was genau kommt wissen wir auch nicht.

Was wir wissen ist: wir alle, Du und ich und jeder der irgendwann geboren wurde wird den Weg des Sterbens irgendwann gehen.

Sterben ist für mich die Geburt in eine andere Daseinsform. Und seit ich meine persönliche Einstellung verändert habe, hat das Sterben und auch der Tod jeglichen Schrecken für mich verloren.

Früher hat die Angst vor allem möglichen, vor Ungewissheit etc mich dirigiert.
In der Arbeit mit Sterbenden lernte ich dann, dass ALLES anders ist, als ich es vorher dachte.

Hab keine Angst, Dein Herz zeigt Dir in allem den richtigen Weg.

Ganz viel Kraft,
Angie
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... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!
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  #5  
Alt 04.05.2015, 21:50
Cera Cera ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Doch, ich sehe die Geschenkten 13 Jahre... dass er seine Enkel kennen gelernt hat... leider hat er aber auch zu lange nicht begriffen, dass die Arbeit vielleicht doch nach der Familie kommen sollte. Oder es war eine falsche Sicherheit, dass man die Zeit ja dann noch nutzen kann... oder die Arbeit gab ihm das Gefühl, dass alles normal ist...

Mein Opa ist im März gestorben. Mit dem Tod an sich habe ich kein Problem. Aber ich finde es irgendwie mehr okay, wenn man vorher ein schönes und langes Leben hatte.
Mit 59 an Krebs sterben finde ich zu früh.

Auf dem ct sah man wohl, dass es sich ausgebreitet hat und auch in den Knochen hängt...
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  #6  
Alt 05.05.2015, 00:32
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HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Ja, es ist eindeutig zu früh und wohl deshalb so schwer zu begreifen und zu akzeptieren und vielleicht ist es ja auch von allem ein bisschen gewesen, was ihn sein Leben auf seine Weise hat verbringen lassen.
Nachher ist man ja leider immer schlauer....

Ich wünsche euch so sehr, dass ihr noch eine gute intensive Lebenszeit miteina haben dürft.

Ach, wie ist das alles traurig ....
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  #7  
Alt 05.05.2015, 21:56
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Geliplie Geliplie ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Ich drück dich auch mal hier. Ja, das ist zu früh.. Ich hoffe für euch.
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Geli

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  #8  
Alt 24.06.2015, 21:38
Cera Cera ist offline
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Beiträge: 14
Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Mein Papa ist am Dienstag ins Hospiz gezogen. Er wollte am Montag schon hin, weil es ihm auf einmal so schlecht ging und hatte riesenglück, dass er überhaupt so schnell dort hin durfte. Vor ein paar Wochen hatte man eigentlich das Gefühl dass es gleich schlecht bleibt, vor 2 Wochen wollte er noch unbedingt selber Rasen mähen... und jetzt? Schafft er es nicht mehr alleine zur Toilette oder 3m vom Tisch zum Bett. Sich vom Liegen hinzusetzen... Es verschlechtert sich unglaublich schnell. Heute war ich mit mit meinen Kids da. Ich glaube, das war auch schon zu viel für ihn. Hatte das Gefühl von gestern auf heute war es schon schlechter. Das ist so scheisse...
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  #9  
Alt 26.06.2015, 17:51
kinas28 kinas28 ist offline
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Beiträge: 43
Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Liebe Cera.....befinde mich selber in solch einer Situation wie du.
Verlustangst...angst was kommt.....was geht in meinem Papa vor.. leidet er....alles nur noch angst....und jeden Tag kann es soweit sein.....
...manchmal habe ich zwischendurch auch mal einen guten Tag.....das sind meistens Tage wo ich annehme.....und mich meinem glauben widme.....heisst....ich glaube an ein Leben danach...
.....ich wünsche Dir viel Kraft......
Sanik
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  #10  
Alt 28.06.2015, 20:46
Cera Cera ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Mein Papa ist am Donnerstag gestorben...
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  #11  
Alt 28.06.2015, 21:32
Femaleinstinkt Femaleinstinkt ist offline
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Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Liebe Cera, das tut mir sehr leid. Manchmal geht es so schnell.
Fühl Dich gedrückt.
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  #12  
Alt 29.06.2015, 14:24
Chari Chari ist offline
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Beiträge: 164
Standard AW: Verdrängen funktioniert nicht mehr...

Ich wollte dir auch nur sagen dass es mir leid tut, dass du deinen Papa nun verloren hast. Ich hoffe er konnte ohne Schmerzen im Hospiz einschlafen und musste nicht leiden.

Deine Gesamtsituation mit geschieden, 3 kleinen Kindern, arbeiten und dann noch dazu studieren klingt sehr sehr anstrengend. Ich hoffe du findest etwas Zeit für dich um das ganze auch verarbeiten zu können.
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