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Alt 13.11.2005, 15:18
NicoleK NicoleK ist offline
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Registriert seit: 13.11.2005
Ort: Thüringen
Beiträge: 26
Unglücklich Uneinigkeit der Angehörigen

Hallo!

Ich lese nun schon seit einiger Zeit hier im Forum, und nun möchte ich doch einmal um eure Hilfe bzw. einen Rat bitten.

Also, mein Vater (er ist 64) ist im Endstadium eines sehr bösartigen Krebses. Leider weiss ich nicht mal genau, was für Krebs es ist. Es fing mit Schulterschmerzen an, kurz darauf wurde ihm eine tumorbefallene Niere entfernt, er als geheilt zur Reha geschickt.
Dort brach er unter einem Schmerzschock zusammen und wurde in eine Herz-Lungenspezialklinik eingewiesen, wo ein großer Lungentumor diagnsotiziert wurde, welcher sich schon von innen nach außen in die Wirbelsäule gefressen hat und somit inoperabel ist. In der Lunge sind auch schon viele Metasthasen.
Er wurde zur Bestrahlung geschickt, wo er einen kompletten körperlichen Zusammenbruch erlitt und schon an der Schwelle zum Tode stand. Er lag einige Tage im Dillirium, von dem er sich überraschenderweise soweit erholte.
Nach der Bestrahlung wurde er wieder zurück gebracht und eine Chemo begonnen.
Nach dieser wurde er als Notfallpatient vom Hausarzt wieder in die Klinik eingewiesen, er wurde notoperiert. Ihm wurde der von Metasthasen zerfressene und geplatzte Darm entfernt, ein künstlicher Ausgang gelegt.
Zwei Tage später auf der Intensivstation erlitt er eine Lungenembolie.

Dies alles in kurzer Erzählung. All das ereignete sich seit Anfang Juli, beginnend mit den Schulterschmerzen.
Mittlerweile hat mein Vater soweit abgenommen und wiegt bei 1,78m noch 35 Kilo. Er verweigert das Essen, das Trinken und ist auch völlig wirr. Sei es durch die Krankheit oder die Medikamente.
Nun wurden wir als Angehörige darauf angesprochen meinen Vater in ein Hospiz zu geben.
Und ich muss leider sagen, in meinen Augen wäre dies auch die beste Verfahrensweise.
Ich selbst lebe nur in einer kleinen Wohnung, habe zwei Töchter, eine davon in der Schule, die andere noch im Säuglingsalter, mein Mann ist beruflich leider fast jede Woche unterwegs. Er kann mir leider hier kann nicht beistehen, weil sein Arbeitgeber keine Beurlaubung genehmigen will. Ihm steht nur die Möglichkeit einer Kündigung. Aber das mit einer 4köpfigen Familie?

Mein Bruder hat in den Zeiten zwischen den Krankenhausbehandlungen die Pflege meines Vaters zuhause übernommen, soweit ich es einrichten konnte habe auch ich geholfen. Sei es körperliche Hygiene, füttern usw.

Nun steht wie gesagt die Aussage des behandelten Arztes da, meinen Vater ins Hospiz zu geben. Alleine die jetzt erforderliche Pflege mit Sauerstoffgabe, künstliche Ernährung usw. ist doch allein und privat doch gar nicht mehr realisierbar. Zudem ist mein Vater soweit verwirrt, daß er teilweise sehr agressiv ist.

Mein Bruder ist aber hier absolut dagegen und möchte meinen Vater nach Hause holen, wohl wissend, daß er das NICHT schaffen wird. Mein Bruder ist 31 und alleinstehend.
Jetzt schaltet sich noch die Schwester meines Vaters ein und allesamt *prügeln* jetzt auf mich als herzlose Tochter ein.

JA, ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen, und JA, ich weiss was häusliche Pflege bedeutet. Habe schliesslich auch meine Mutter jahrlang bis zu ihrem Tode daheim gepflegt. Nur damals hatte ich noch keine eigene Familie, keine Kinder, die trotz allem ja doch ein *normales* Leben führen sollen, denn es geht nun mal *danach* auch weiter.

Mir wurde dierekt ins Gesicht gesagt, wo meine Prioritäten liegen. Ob mir meine Kinder oder mein Vater lieber wäre. Ich hätte schliesslich nur einen Vater und die Kinder hätten noch alle Zeit der Welt... usw.usf.
Mir wurde allen Ernstes vorgeschlagen, ich solle die Kinder in Pflegefamilien geben um *frei* zu sein für die Pflege meines Vaters.

Ich weiss nicht was ich tun soll.
Ich werde meine Kinder NIEMALS weggeben, und dennoch würde ich doch so gerne helfen.
Bloß wie kann ich es, wenn man gegen mich, und gegen den Rat der Ärzte arbeitet?
Hosbiz? Niemals! Zuhause mit Hilfe aller.

Verzeiht, wenn ich so emotionslos über meinen Vater schreibe und dann wegen meiner Kinder so emotionsgeladen bin.
Ich versuche nur meine Stärke zu bewahren, kann mir doch einen Zusammenbruch gar nicht erlauben. Und die Tatsachen sprechen nun mal für sich!

Ich liebe meinen Vater so sehr, ich habe doch nur noch ihn als Eltern.
Soll ich mich zurückziehen, und somit den letzten Konatkt zu meinem Vater auch noch verlieren, weil mir dies schon angedroht wurde, oder wo stehen meine Chancen etwas anderes auszurichten?

Ich will mich nicht vor der Pflege drücken, ich möchte nur das Beste für meinen Vater. Und diese Intensivmedizinische Betreuung kann ich ihm leider nicht geben, und somit wäre er doch im Hospiz sehr gut aufgehoben.

Um seine Meinung können wir ihn leider nicht mehr bitten.

Entschuligung für das wirre Schreiben. Ich bin mit meinen Gedanken schon völlig durcheinander.

Nicole
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  #2  
Alt 13.11.2005, 16:22
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: Uneinigkeit der Angehörigen

Hallo Nicole,


ich kann Dich gut verstehen.

Zu allererst: ich kenne Dich zwar nicht, aber ich glaube Dir, dass Du natürlich nur das beste für Deinen Vater willst. Es ist ungerecht und gemein, Dir etwas anderes zu unterstellen. Es kann nicht sein dass Dein Mann (heutzutage!!!) seinen Job kündigt. Ausserdem bin ich sicher, dass Dein Vater das auch niemals gewollt hätte, solche Opfer wollen Eltern nicht von ihren Kindern, da bin ich ganz sicher.

Dass Du trotzdem Schuldgefühle hast, kann ich gut verstehen, die hat man vermutlich IMMER weil man sich IMMER fragt/fragen wird ob man genug getan hat. Aber ich finde das ganz übel, dass Dir jemand aus Deiner Familie sowas auch noch einreden will.

Man muss das Ganze auch realistisch sehen, ob man in der Lage ist so eine Pflege sicher zu stellen. Ich kann natürlich nicht beurteilen, inwieweit z.B. ein ambulanter Pflege/Hospizdienst die Pflege bei deinem Bruder unterstützen und wirklich möglich machen kann. Ich finde es ganz wichtig, NUR an das zu denken was das Bestmögliche für Deinen Vater ist. Wen es IRGENDWELCHE Zweifel daran gibt dass er zuhause die optimale sichere Betreuung gibt, incl. Schmerzlinderung und allem, dann DARF man meiner Ansicht nach die Pflege zuhause nicht durchsetzen. Bei sowas kann auch Egoismus dahinter stecken... es geht jetzt aber NUR um Deinen Vater.

Ich weiss nicht, was Du tun kannst um Dich mit den Verwandten zu einigen. Wenn es realisierbar ist und Dein Bruder ihn aufnehmen will + kann (dazu müsste man sicher erst alles mit einem entsprechenden Dienst abklären), ich denke dann solltest Du ihn so gut es geht (mit den Kindern) unterstützen. Frag noch mal die Ärzte: können sie das befürworten, die Pflege zuhause? Es ist einerseits eine sehr ehrenwerte Haltung Deines Bruders, denn da kommt sicher sehr Schweres auf ihn zu... aber man muss eben vor allem sehen ob es wirklich geht....

Als mein Vater letztes Jahr vor seinem Tod über 9 Wochen auf der Intesiv lag, ging mit dem Rest der Familie bei mir auch alles den Bach runter. mein bruder hat sich nach 3 Besuchen ausgeklinkt, er konnte das nicht mehr ertragen, wollte nichts mehr hören oder sehen. Meine Mutter (geschieden von meinem Vater) hat mich Null unterstützt damit ich hinfahren kann , ich habe nämlich auch 2 Kinder... habe schliesslich Babysitter bezahlt oder am WE war mein Mann da, aber wenn ich gekonnt hätte wäre ich möglichst jeden oder jeden zweiten Tag hingefahren, ging nicht, keiner hat geholfen, obwohl wir alle in einer Strasse wohnen. Und später wurde alles noch schlimmer. Alles ist sowas von verfahren.... es ist für alle eine emotional äussert schwierige Ausnahmesituation, und da kann einiges schief gehen. Ich kann mir schon ungefähr vorstellen, was da abgeht.

Es ist schwer, überhaupt was zu raten. Ausser vielleicht, sich möglichst eine für alle neutrale kompetente Person (Arzt, Hospizdienst o.ä.) zu suchen und als Vermittler wirken zu lassen. Hört sich hart an... aber hinterher könnt ihr Euch dann noch streiten bis die Fetzen fliegen... aber jetzt MÜSSt ihr Euch irgendwie zusammen raufen. Ist bestimmt sehr schwer, ich kann das nachfühlen.

Aber Du hast Dir bestimmt nichts vorzuwerfen. Versuch, Dir da nichts einreden zu lassen. Und zieh Dich nicht zurück, das würdest Du Dir selbst später evtl. nicht verzeihen können... es geht jetzt nur um ihn. Sie können Dir nicht verbieten ihn zu sehen. Ich weiss es ist schlimm in so einer Situation noch solchen Streit zu haben, es ist ein Alptraum, ich kenne das alles....

Kinder weggeben ist indiskutabel. Lass Dich nicht emotional erpressen. Du willst schon das Richtige tun.

Alles Gute + viel Kraft wünsche ich Dir
Kerstin
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  #3  
Alt 13.11.2005, 16:50
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Beiträge: 3.320
Standard AW: Uneinigkeit der Angehörigen

Liebe Nicole,

Eine Bitte an Dich, laße Dich von niemanden in eine Ecke drängen und Dir keine Schuldgefühle einflößen, welche in meinen Augen Erpressung sind! Ich finde es schäbig in der jetztigen Situation so mit Dir umzugehen, und von Dir zu verlangen, Deine Kinder in fremde Hände zu geben.

Beide Dein Bruder und die Schwester Deines Vaters haben wohl keinerlei Erfahrung W A S da auf Dich zukommen würde. Der jetztige Zustand Deines Vaters läßt eine alleinige Pflege durch Verwandte garnicht so zu. Ihr dürft ihn je nach Medikation auch nicht selbst behandeln, sondern müßt einen Arzt hinzuziehen, bzw. müßtet einen Sozial- und Pflegeverein beauftragen, welcher wiederum auch nur beschränkt intensivmedizinisch handeln darf. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter vom Hospiz kommen auch nur stundenweise, das aber deckt den hart werdenden 24 Stundentag nie ab.

Können die Ärzte, evtl. der Psychologe im Krankenhaus, mit Deinem Bruder Tacheles reden, wie die kommende Zeit verlaufen wird, und das niemals von einer Person geschafft werden kann? Daß er in einem Hospiz optimal versirgt und aufgehoben wäre. Jeder könnte, wie es Euch möglich ist, Zeit mit ihm verbringen. Was bringt es Dir, Dich jetzt zu verausgaben, am Ende bist Du körperlich und seelisch kaputt, und Deine Familie hat den Kürzeren gezogen.

Ziehe Dich nicht von Deinem Vater zurück, das würdest Du sehr sehr lange in und mit Dir tragen.

Ich wünsche Dir viel Kraft, durch Unterstützung den optimalen Weg für Deinen Vater zu finden, und daß die Familie nicht im Zorn auseinander geht.
__________________
Jutta
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