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  #1  
Alt 20.04.2005, 20:36
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo,

ich habe schon im BK-Forum gepostet, aber hier möchte ich ebenfalls schreiben...
Wir verlieren gerade unsere Mutter, sie liegt im Sterben! Nach 9 Jahren verliert der Körper nun den Kampf gegen die Krebszellen! Sie hat so tapfer durchgehalten.
Aber nun ging es plötzlich ganz schnell.
Vor 6 Wochen der dramatisch verschlechterte Befund, vor 2 Wochen die Einlieferung ins Krankenhaus und seit einer Woche bangen wir täglich!
Es ist unglaublich, wie rasend schnell das dann alles geht.
Wir wussten ja - Krebs im Endstadium. Daran ist nichts mehr zu rütteln. Die Ärzte tun nichts mehr, weil alle Behandlung das Leid nur noch unnötig verlängern würde.

Man kann das aber nicht verstehen und nicht wahrhaben. Es ging die letzten Tage rapide bergab. Sie aß und trank nichts mehr, wurde nur über den ZVK ernährt. Sie musste dauernd brechen. Irgendwann konnte sie kaum noch reden. Und schlief ganz viel und tief und kam kaum noch zu sich... phantasierte... Mein Vater ist rund um die Uhr bei ihr.
Gestern war es dann soweit: Sie hat nochmal all ihre Kraft zusammengenommen und sich von uns Kindern (mir und meinem Bruder) verabschiedet. Sie brachte noch ein paar Sätze hervor und dann umarmte und küsste sie uns zum Schluss. Dann fing sie an zu weinen. Wir natürlich auch und mein Vater auch.
Es war sehr schlimm.
Aber es war ein bewegender Moment, und sehr sehr wertvoll. Irgendwann werden wir vielleicht sehr positiv darauf zurückblicken.

Seit gestern Abend bekommt sie Morphin in geringer Dosis, um die Atmung zu verlangsamen. Denn der Sauerstoff musste die letzten Tage wieder stetig höher gestellt werden. Sie hatte das Gefühl, als drücke ihr jemand den Brustkorb zusammen.
Durch das Morphin ist sie nun ruhiger. Aber sie kämpft noch immer gegen ihren sterbenden Körper. Sie gibt bis zum Schluss nicht auf, registriert erst seit gestern, dass sie es nicht schaffen kann.
Durch das Morphin ist sie nicht mehr wirklich bei Bewusstschein. Schon ohne das Medikament war sie nur noch wenige Minuten am Tag wirklich in unserer Welt - den Rest war sie schon woanders... wo immer das auch ist...

Wir sind in einem psychischen Ausnahmezustand. Ich musste das jetzt mal aufschreiben. Ich weiß nicht, in welches Forum ich damit soll. BK war die Primärerkrankung und dort hab ich vor 2 Wochen auch geschrieben, als ich noch Fragen zur neuen Diagnose usw. hatte.
Angehörigenforum?
Irgendwie fehlt ein Forum für die letzte Phase des Lebens... denn ins Hinterbliebenenforum will ich noch nicht.

Wir sind alle neben der Spur. Mein Vater, mein Bruder und ich. Die restliche Familie ebenfalls. Es ist so furchtbar!
Doch zur Zeit kann ich nichts fühlen. Ich bin innerlich wie tot. Kann nicht weinen, kann nicht denken, betrachte das alles wie eine Außenstehende. Außer, wenn ich sie gerade gesehen habe oder meinen Vater, wie er ständig kurz vorm Weinen ist.
Mein Körper revoltiert, mir ist schlecht, kalt, ich zittere dauernd. Doch meine Seele ist irgendwie leer.

Grüße an alle
macht jemand was ähnliches durch?
maryleen
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  #2  
Alt 20.04.2005, 21:48
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Liebe Maryleen,

Du beschreibst ein Erleben das bedrückender nicht sein kann. Die Mutter liegt im Sterben und das ist dann so wie Du es beschreibst und Ihr müßt das durchleben und das ist dann auch so, wie Du es beschreibst.

Ich habe es vor mehr als sechs Jahren erlebt als meine Mama starb und vor drei Jahren bei meinem Papa. Die Bilder, die Empfindungen sind jederzeit abrufbar.
Ich glaube es gibt etwas in uns, was uns einen Schutz gibt das alles irgendwie auszuhalten. Etwas in uns tritt einen Schritt zur Seite und wir funktionieren.

Ich möchte Dir etwas aus meiner Erfahrung erzählen, was Dir vielleicht ein Trost sein kann. Drei Tage bevor meine Mama starb, ist sie fast gestorben. Ärzte,Schwestern und ich als Laie waren davon überzeugt. Sie lag da mit geöffneten Augen ohne einmal zu blinzeln, sie reagierte nicht und - was mich völlig aus der Fassung brachte - sie röchelte schrecklich. Es war eine Situation in der ich für sie froh war, daß sie es zu Ende bringt, aber ich war außer mir, daß sie auf diese Art sterben mußte. Nach einigen Stunden rappelte sie sich plötzlich auf, ging sogar aufs Klo, trank etwas, und sprach klar und deutlich. Am nächsten Tag meinte sie, ach, wär ich doch gestorben, ich war sicher es würde nun vorbei sein. Ich fragte, Mama, wie war das gestern und sie sagte, es war gar nichts,ich hatte keine Schmerzen, keine Angst, ich habe dich aus weiter Entfernung wahr genommen, es war alles in Ordnung. Und ich sagte, aber du hast so geröchelt, keine Luft bekommen und sie meinte, wirklich, das hab ich nicht bemerkt. Drei Tage später schlief sie in den Tod hinein.

Ich erzähle Dir das weil ich schon vor ihrem Tod so oft von Leuten erzählt bekam, wie schrecklich sie das empfanden. Und es war auch für mich entsetzlich. Es war dann wie ein Geschenk, daß ich mit Mamanoch darüber sprechen konnte und dieses Erlebnis hat nachträglich einigen Menschen geholfen.
Wir haben alle keine Erfahrung, kein Wissen, wie das ist mit dem Sterben und können es nur aus unseren Vorstellungen heraus beurteilen.

Alles, was Ihr empfindet ist normal. Es ist ein Ausnahmezustand. Wenn ich Euch etwas raten darf dann sprecht mit ihr,sagt ihr, daß sie gehen darf, daß ihr füreinander da sein werdet.

Ich wünsche Euch viel Kraft.
Briele
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  #3  
Alt 20.04.2005, 23:07
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Liebe Maryleen,
ja,ich habe auch meine Mama bis zum Tod begleitet und alle deine Zeilen lassen in mir wieder dieBilder und Gefühle von damals aufsteigen.Vor allem an meine Angst kann ich mich erinnern.Ich hatte große Angst davor,ev.nicht die Kraft zu haben, bis zum Schluß dabei zu sein und davor,nicht zu wissen,wie ihr Sterben sein wird.Es hat mir geholfen, mir immer wieder wie ein Mantra vorzusagen:" es geht jetzt nicht um dich und deine Angst, es geht jetzt darum, sie nicht alleine zu lassen und ihr den letzten Liebesdienst zu erweisen". Und trotz schlimmer Erkankung ( Hirntumor)war ihr Sterben letztlich ganz sanft, ein "Hinübergleiten".

Auch ich hatte ein ähnliches Erlebnis mit meiner Mutter wie Briele. Auch meine Mama sagte einen Tag vor ihrem Tod plötzlich mit ganz klarer, fester Stimme,als sie aus dem Schlaf aufschreckte: " Ich bin ja immer noch da ! Ich habe geglaubt,ich bin schon gestorben und es war wunderschön "

Nach ihrem Tod habe ich viele Bücher gelesen. In einigen stand, dass Sterbende in der Lage sind,zwischen den Welten hin und her zu wechseln,dh. zeitweise ihren Körper verlassen können. Sie erleben die nach außen hin oft schrecklich scheinenden Veränderungen ihres Körpers nach "innen " ganz anders.Ich glaube das, denn es schien bei meiner Mama so zu sein.Vielleicht kann dir das ein wenig Trost sein,wenn es ganz schwer wird?
Es heißt auch immer,dass der letzte Sinn, der erlischt, der Gehörsinn ist.Deshalb wäre es vielleicht gut,wenn du deiner Mama noch wichtige Worte sagst bis zuletzt.

Weißt du,ich bin wirklich nicht sicher,ob ich an ein Weiterleben nach dem Tod glaube. Eines habe ich aber erlebt: einen überwältigenden Frieden unmittelbar nach ihrem letzten Atemzug,Ehrfurcht, Schaudern und das plötzlich ganz starke Gefühl, dass hier nur mehr eine leere Hülle liegt und sie woanders hingegangen ist.( Ach, man kann das so schwer beschreiben)

Liebe Maryleen, viel Kraft wünsche ich dir und deiner Familie,bin in Gedanken bei euch,
Alina
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  #4  
Alt 21.04.2005, 11:07
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo Maryleen,

dein Bericht hat bei mir auch all die Erinnerungen an meinen Vater im letzten Jahr wieder erneuert. Es ist schlimm und so ziemlich das Furchtbarste was man erleben kann. Ich weiss das auch. Man weiss nicht mehr wo oben + unten ist und alles ist unreal wie in einem Alptraum und man funktioniert nur noch irgendwie, ich fühlte mich auch noch in den ersten Wochen danach wie ein Zombie, durch das viele Weinen ausgepowert und man steht echt neben sich. Die Zeit ist ein Alptraum und es gibt glaube ich nichts was einem da wirklich helfen kann. Ausser der Trost, dass es irgendwann auch wieder anders werden wird, nie mehr wie früher und man trägt das alles in sich für den Rest seines Lebens, aber man kann lernen damit zu leben. Der Alptraum wird vorrüber gehen.

Dass Du Dich leer fühlst ist nachvollziehbar, denn da passieren Dinge die man nicht wirklich realisieren will oder kann. Man denkt bis zuletzt und eigentlich immer dass es nicht sein KANN.... weil es so unvorstellbar ist. Vielleicht auch ein Schutzmechanismus um es irgednwie auszuhalten. Mach Dir keine Gedanken darüber wie Du reagierst, es ist wie es ist.

Aber jetzt steckst Du mitten drin und das einzige was ich raten kann ist: sage noch alles was Du sagen willst auch wenn Du nicht sicher sein kann ob deine Mutter es so bewusst hört, irgendwie spüren wird sie es ganz sicher, vor allem für den eigenen Abschied ist es aber auch wichtig das zu tun denn die Endgültigkeit die danach kommt ist furchtbar. Ich hatte vorher keine Vorstellung davon.

Wünsche Dir viel Kraft.

Kerstin
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  #5  
Alt 21.04.2005, 11:29
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo,

wie schön, so schnell so liebe und tröstende Beiträge zu erhalten. Vielen Dank!!

Unsere Mutter quält sich sehr! Ich wünsche ihr einfach nur noch, dass sie bald gehen kann und ihr Körper mit ihrer Seele gleichzieht, denn die Seele ist bestimmt schon nicht mehr wirklich hier. Ich hoffe und ich glaube, dass meine Mutter bald aus diesem "bösen Traum" aufwacht - beim Abschied brachte sie mühsam noch die Worte auf "Ich habe geträumt... das alles hier ist einfach nur ein Traum gewesen" und ich glaube, das ist wirklich so.
Das Leben hier auf dieser furchtbaren Welt mit dieser beschissenen, miesen Krankheit, wird nur ein Traum für sie gewesen sein und bald wacht sie in einer viel schöneren Welt auf und hat endlich ihre Ruhe vor dem ganzen Mist hier!!!
Das tröstet mich etwas.
Wir müssen zwar hier weitermachen, aber sie hat es bald geschafft und es geht ihr gut!

Gestern Abend sah es mehrfach so aus, als wenn es soweit wäre. Doch ihr Körper quält sich und will noch nicht gehen. Der Medikamentencocktail wurde nochmal umgestellt und höher dosiert.
Nun heißt es wieder warten.


@ Briele
Ja, ich bin auch ganz dankbar um diese Schutzfunktion. Scheinbar gab es letzte Woche bei mir eine Art "overflow" und dann wurden alle Systeme runterfahren. Ich habe Angst davor, wenn sie wieder hochgefahren werden und das Verstehen und Begreifen einsetzt.

Briele, danke für die Schilderung Deines Erlebnisses mit Deiner Mama. Das tröstet mich ein wenig. Vielleicht empfinden die Angehörigen das Sterben als ganz ganz schlimm und in Wirklichkeit ist es etwas schönes für den Sterbenden und das kann uns aber keiner mitteilen? Ich hoffe es. Wenn man das nur wüsste.


@ Alina
Bewundernswert, dass Du bis zum Schluss dabei warst. Bei uns war es schon immer so, auch während den diversen Krankheitsphasen, dass unsere Eltern uns Kinder (dabei sind wir jetzt ja auch schon 28 und 25) schützen wollten. Wir durften auf den Wunsch meiner Mutter hin nur selten ins Krankenhaus, weil sie nicht wollte, dass wir sie so schwach sehen. Das war nicht einfach für uns, aber es war ihr Wunsch und den respektierten wir.
Jetzt hatten wir vor zwei Tagen einen ergreifenden Abschied, sie wollte uns sehen und hat sich von uns verabschiedet. Und in der jetzigen Phase sehen wir sie gerade nicht. Das ist auch wieder nicht einfach, auf der anderen Seite wurden wir immer so ferngehalten von den Phasen, in denen es ihr wirklich schlecht ging, dass es wahrscheinlich wirklich ein großer Schock wäre.
Ich möchte aber heute vielleicht wenigstens nochmal kurz rein, um ihren Kampf mit dem Tode zu sehen und um verstehen zu können, dass sie nicht mehr lange da sein wird. Denn dieser "Schutz" von meinen Eltern verhindert auch das Verstehen, was da bald passieren wird. Ich habe aber auch große Angst davor.
Und ich weiß: Es wäre nicht der Wunsch meiner Mutter, dass wir sie in dieser Phase so leiden sehen, das respektiere ich eben. Ist aber nicht leicht.
Ich bin froh, dass wir den Abschied hatten und in den letzten Tagen noch oft da sein konnten.

Alina, auch die Worte Deiner Mutter kurz vor ihrem Tod trösten mich. Wenn eine Sterbende sagt, dass das Sterben wunderschön ist, dann muss das doch einfach so sein!!!

Was ein paar letzte Worte angeht: Mein Vater hat ihr nun auch gesagt, dass sie doch gehen kann... dass sie sich nicht mehr quälen soll... dass wir immer bei ihr und sie immer bei uns sein wird.
Ich selbst bin froh, dass ich meiner Mutter bereits alles gesagt habe, was ich sagen wollte. Wir haben vor dieser letzten Phase im Krankenhaus auch noch einige Dinge aus der Kindheit geklärt. Es ist alles im Reinen. Sie kann gehen, denke ich, sie selbst hat alles gesagt, was zu sagen war und ich auch.


@ Kerstin
Danke auch für Deine Worte.
Wie schön, dass mir Hinterbliebene hier antworten. Ich wusste wirklich nicht, wohin damit, aber Eure Erfahrungen und Worte tun mir sehr gut. Ihr wisst eben genau, was wir zur Zeit durchmachen.
Ich habe auch Angst vor der Endgültigkeit. Aber ich begreife es zur Zeit noch nicht. Nach Euren Worten habe ich mir aber nochmal Gedanken gemacht, ob noch irgendetwas offen wäre, aber wir haben alles vor einigen Tagen und Wochen geredet... wir haben uns schon mit dem Thema Sterben beschäftigt... und meine Mutter auch. Ich bin daher heilfroh, dass es so war, auch wenn es schwierig war.
Denn was bis vor zwei Tagen ungeklärt war (da war sie auch noch ab und zu in dieser unseren Welt), würde es ein Leben lang bleiben.

Ich danke Euch!
Nachher fahre ich wieder mit meinem Bruder ins Krankenhaus. Er liest auch manchmal hier und ich denke, ihn trösten Eure Worte vielleicht genauso wie mich.

Liebe Grüße
maryleen
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  #6  
Alt 21.04.2005, 15:47
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Liebe Maryleen,
wir haben uns gestern abend sehr lange im Chat unterhalten und ich hab immer wieder an Euch denken müssen. Ich bete für Euch, das Deine Ma nicht leiden muss und das sie freidlich einschlafen kann.
Was Du von dem Traum Deiner Mutter schreibst, kann ich bestätigen. In den letzen Stunden meiner Ma war es auch so, das sie irgendwie schlief, aber auch irgendwie wieder nicht. Sie schreckte ab und zu im Bett auf, und wenn wir sie fragten, was sie hätte, sagte sie nur ".... nichts, ich träume nur....". Das hat mir gezeigt, das sie in ihren Gedanken und mit íhren Sinnen schon weit weg war, nur ihr Körper wollte noch nicht mit.
Liebe Maryleen, ich wünsche Euch für die kommende Zeit viel Kraft und ich hoffe, das ihr weiterhin in der Familie füreinander da seid. Das ist das wichtigste und hilft über die kommenden schweren Stunden wenigstens etwas hinweg.
Liebe Grüße von Anja
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  #7  
Alt 21.04.2005, 18:34
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Liebe Maryleen
Als mein gelibter Papa starb war ich 26. Innert 4 Monaten ist er unter grausamen Qualen gestorben.In dieser Zeit hatte ich 12 Kilo abgenommen. Habe nichts mehr gegesen nur Kaffee getrunken. Als er starb ging für mich die Welt unter. Wollte nur noch allein sein mit seinem Foto.
Vielleicht kann ich Dich auch eibisschen trösten. In dieser Trauerzeit hatte ich immer wieder das Gefühl das er bei mir ist. Ich bin heute sogar sicher das er da war. Es ist nicht einfach vorbei. Und dieses Gefühl das er irgendwo ist und die Träume in denen er zu mir kommt und lacht und zufrieden ist haben mir immer wieder geholfen das eigene Leben normal weiterführen zu können. Der Schmerz wird immer weniger wie bei einer offenen Wunde.
Hab Zuversicht auch wenn bei Dir im Moment die Wunde frisch ist und unsagbar schmerzt.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen viel Kraft und Deiner Mutti ein schmerzloses und sanftes weggehen. Liebe Grüsse und denke immer daran Du bist nicht allein in Deinem Schmerz. Viele Menschen fühlen mit Dir. Marijanka
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  #8  
Alt 21.04.2005, 22:29
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo Maryleen und alle anderen Angehörigen,

ich weiß gar nicht so genau wie ich anfangen soll. Als ich deinen Beitrag gelesen habe, hatte ich einfach das Bedürfnis spontan zu schreiben. Meine Familie macht gerade das gleiche durch ... meine Mutter liegt ebenfalls im Sterben.
Im September 2004 wurde bei ihr Krebs festgestellt. "Leider" kann ich die Krebsart nicht genau nennen, da der Primärtumor, trotz OP, nicht gefunden wurde. Leber und Lunge waren bereits von Metastasen befallen. Die Chemo schlug kurzzeitig an. In der Weihnachtszeit ging es ihr sogar recht gut. Aber das war nur ein kleiner Hoffnungsschimmer. Danach bekam sie noch mal kurz Chemo. Diese musste aber abgebrochen werden, da sie kaum noch essen konnte bzw. mochte. Mit künstlicher Ernährung wollte man sie wieder etwas aufpeppeln. Anfang April wurde meine Mutter per Notarzt wieder ins Krankenhaus eingeliefert, sie bekam ganz schlecht Luft. Seit letzten Freitag wird ihr nun Wasser aus der Lunge gezogen.
Ihr Zustand wurde von Tag zu Tag schlechter. Gestern haben wir uns von ihr verabschiedet, was ganz gut war, denn heute war sie nicht mehr ansprechbar. Heute lag sie nur da, die Augen ganz glasig - ich weiß nicht, ob sie uns erkannt hat. Als das Schmerzmittel nachließ, wehrte sich ihr Körper wieder deutlich. Mein Bruder und ich waren noch bei ihr, als die Schwester eine weitere Spritze brachte. Wir warteten noch bis meine Mutter wieder ruhiger wurde. Es macht mich wütend und traurig sie so zu sehen. Sie war immer eine starke und gesunde Frau. Am Sonntag hat sie Geburtstag - sie wird 53. Ich hoffe, dass sie nicht mehr lange leiden muss. Ihre Mutter starb im gleichen Alter an Brustkrebs. Vielleicht möchte ja jemand auf meine Fragen antworten, die mich bschäftigen: Hat meine Mutter Schmerzen? Spürt sie noch etwas? Warum wehrt sich der Körper so heftig? Muss sie noch lange leiden?

Maryleen, dir und deiner Familie wünsche ich ganz viel Kraft!

Liebe Grüße, Carina
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  #9  
Alt 22.04.2005, 10:05
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo Carina,

ich glaube nicht dass irgend jemand Dir hier sagen kann wie es für Deine Mutter ist, auch wenn wir unsere eigenen Lieben so oder ähnlich sehen oder gesehen haben "wissen" wir es ja auch nicht. Ich kann dir nur raten: frag die Ärzte und bestehe darauf dass deine Mutter so starke Medikamente bekommt dass sie wenigstens keine Schmerzen hat, die müssen das so einstellen dass es garnicht zum nachlassen und damit zu einer Reaktion des Körpers unter den wieder auftretenden Schmerzen kommt, auch wenn sie es vielleicht nicht mehr so BEWUSST spürt. Die Sedierung geht natürlich immer auch auf Kosten der Wachheit, falls das organisch überhaupt noch möglich ist, was nach allem was ich gesehen + verstanden habe ja wohl nicht immer SO eindeutig zu trennen ist. Aber das muss man dann eben in Kauf nehmen. Mein Vater hatte über 9 Wochen nach OP-Komplikationen auf der Intensiv gelegen, wegen Langzeitbeatmung und div. kleinen Eingriffen und Infektionen wurde sein "Bewusstsein" (was immer das ist, ist ja nicht messbar) immer wieder getrübt und beeinträchtigt, er konnte ja aber auch wenn die Augen offen waren nicht mehr sprechen... so konnte man immer nur aus der Mimik versuchen zu lesen oder sehen wie "klar" die Augen vielleicht dreinblicken... genau "gewusst" haben es die Ärzte auch nicht WAS er mitbekommt. Am Ende bekam er gegen Schmerzen und Ängste eine Art Morphium, man sagte es uns sei ca. 100 mal stärker als Morphium und er würde ganz sicher nichts spüren und eher in so einen wohlig-warmen (aber eben nicht klaren) Zustand verfallen. Das war zwar furchtbar aber zu wünschen er wäre mehr bei Bewusstsein wäre ja nur egoistisch gewesen. Ausserdem liessen die Organe immer mehr nach (Leber´) und das geht ja auch an das Gehirn.

Schliesslich stimmten wir der Limitierung der Intensivmassnahmen zu was ganz furchtbar war aber die Ärzte sagten uns er würde so oder so sterben, nur würde es so evtl. noch ein paar Tage dauern, also wurde er abgesehen von der Sedierung auf "Umweltbedingungen" eingestellt und sofort ging sein Blutdruck extrem nach unten. der Arzt sagte später er dachte nun würde es sehr schnell gehen. Aber von dem Nachmittag dauerte es noch bis zum nächsten Morgen kurz nach 8 Uhr bis sein Herz endlich aufhörte noch so schwach zu schlagen... ich weiss auch nicht warum das Herz noch so lange konnte.... die Ärzte sagten uns aber abgesehen von dem starken Medikament sei auch sein Gehirn längst nicht mehr genug durchblutet für BEWUSSTE Wahrnehmungen, auch die sogenannten taktilen Reize (Anfassen, Hand halten) wären nicht mehr vorhanden. Er wäre eigentlich schon nicht mehr hier, nur das Herz schlug noch ganz schwach....

Das hört sich alles ganz furchtbar an und war es auch, ich schreibe das hier nur damit Du siehst dass es vermutlich für Deine Mutter (wenn sie gut versorgt ist, und das ist sie sicher) nicht so schlimm ist wie für Dich..... Die Ärzte sagten auch zum Thema "Abschiednehmen" dass es nun nur noch unser Abschied sei, er würde es nicht mehr spüren.-... ich bin irgendwann in der Nacht gegangen was ich mir übrigens immer noch nicht verzeihen kann, weil ich dort allein war, nach dem Tag und der Entscheidung war ich irgendwann am Ende und wollte vielleicht auch den Ärzten glauben die mich da heulen sahen und mir sagten es sei wirklich OK, ich hätte ihn wirklich bis zum Ende wo er noch was spüren konnte begleitet.... ich wollte es glauben weil ich nicht mehr konnte... vermutlich war er wirklich schon sehr weit weg, trotzdem würde ich es heute anders machen und bis zum Ende bleiben, und bedauere es sehr dass es nicht so war, aber damals konnte ich nicht anders, ich hatte solche Angst und konnte nicht mehr.... jetzt versuche ich langsam zu lernen das zu akzeptieren, dass es nun mal so war....

Versuch Deinen Impulsen zu folgen und quetsch die Ärzte aus, alles wissen die auch nicht aber die können Dir eher Gewissheit geben als irgend jemand hier.....

Alles Gute + viel Kraft
Kerstin
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  #10  
Alt 22.04.2005, 21:44
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Hallo Kerstin,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich hoffe auch, dass es für meine Mutter nicht weiter schlimm war ... sie ist heute morgen eingeschlafen. Es ist schwer zu begreifen, dass sie nicht mehr nach Hause kommen wird - aber ihr Leiden ist endlich vorbei.

Carina
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  #11  
Alt 22.04.2005, 22:30
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Hallo!!

Vielen vielen Dank für die Antworten!
Ich würde so gerne noch näher drauf eingehen und meine Gedanken schreiben, aber mir fehlt die Kraft.

Meine Mutter ist gestern mittag für immer eingeschlafen... und es war friedlich, sie hörte einfach auf zu atmen und ließ los.
Es passierte also 1,5 Tage nach der ersten Morphiumdosis und sie hat keine Schmerzen gehabt, soweit wir das beurteilen können.
Und ich bin sehr dankbar für den Abschied, den sie uns noch vor der ersten Gabe von Morphin schenkte.

Nun sind wir alle in einem dichten Nebel des Nicht Begreifens gefangen und nur ab und zu setzt das Begreifen ein, nur kurz, dann fließen sofort die Tränen und es kommt eine Panik hoch, doch dann verschwinden wir wieder im Nebel.
Alles sehr unwirklich.

Ich bin froh, dass Ihr Leiden ein Ende hat.
Aber ich verstehe es gar nicht, dass sie nicht mehr da ist. Ich glaube, mein Verstand hat das noch gar nicht wahrgenommen.
Wir organisieren und organisieren und halten uns daran nun fest... muss ja so viel getan werden nun und ich möchte die Trauerfeier und das ganze drumherum so schön als möglich machen und unterstütz meinen Vater bei jedem Gang und überhaupt bei allem, zusammen mit meinem Bruder.

Das Loch kommt wohl danach.
Liebe grüße
maryleen
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  #12  
Alt 22.04.2005, 22:37
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Liebe Carina,

mein herzliches Beileid.
Ich glaube, wir zwei wissen zur Zeit genau, was der jeweils andere durchmacht!
Ich hoffe, Du schaffst das alles und ich wünsche Dir viel Kraft, das alles durchzustehen.
Kannst Dich gerne bei mir melden, wenn Du Dich austauschen möchtest - in ein paar Tagen, wenn sich alles gesetzt hat, tut das sicher richtig gut... wenn erst mal alles vorbei ist und das Begreifen so richtig einsetzt.
Momentan bin ich nämlich noch von einer Kälte und Gefühllosigkeit überzogen... zwischendrin bricht das zusammen und ich heule, aber dann bin ich wieder wie tot und fühle gar nichts.

Weiß nicht, wie das bei Dir ist.
Ich wünsche Dir was
maryleen
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  #13  
Alt 22.04.2005, 23:17
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Hallo Maryleen,

danke für deine Antwort. Dir und deiner Familie mein herzliches Beileid.
Was ich ich momentan fühle, kann ich kaum beschreiben. Mir geht es so ähnlich wie dir. Ich habe heute einige Verwandte angerufen, da mein Vater nicht in der Lage dazu war. Dabei war ich relativ gefasst. Zwischendurch sind mir immer wieder die Tränen in die Augen geschossen. Und im Moment sitze ich hier, starre vor mich hin, mir ist kalt, meine Augen sind müde ... ich weiß nicht was ich denken und fühlen soll.
Würde mich freuen, wenn wir in Kontakt bleiben. Melde dich einfach, wenn dir danach ist.

Liebe Grüße,
Carina
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  #14  
Alt 23.04.2005, 12:44
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Liebe Carina,

danke für Deine Worte.
Ja, lass uns einfach ein bisschen darüber schreiben, wie es uns geht und was wir nun so kurz nach dem Tod alles tun...
Natürlich nur, wenn es uns danach ist... manchmal will ich am liebsten von allem nichts hören und sehen - und schon 2 Stunden später ruf ich jemanden an um zu reden und schaue mal ins Forum, das geht immer so hin und her.

Wie geht es Dir heute?
Bei mir geht es so.
Gestern war ich völlig versteinert und innerlich tot und bin in einen Aktionismus verfallen und habe sämtliche Erledigungen mit meinem Vater vorgenommen. Heute ist weniger zu tun, was die ganze Organisation angeht.
Heute Morgen war die Todesanzeige meiner Mutter in unserer Zeitung, damit haben mein Vater und ich uns sehr viel Mühe gegeben, mit den Texten, mit der Gestaltung usw.

Meine Mama wurde auch heute Morgen ausgeläutet - d.h. die Kirchenglocken läuteten um 9 h eine Viertelstunde lang in einem bestimmten Rhythmus und ich wohne einen Ort weiter weg von meinen Eltern, so dass ich extra für diesen Moment hingefahren bin. Dann haben sie leider etwas früher angefangen mit dem Läuten, aber ich habe es gerade noch geschafft.
Bis dahin war ich gefasst, wobei es mir heute Morgen ziemlich mies ging, körperlich gesehen, innerlich bin ich weiterhin tot. Traurig, aber tot.
Als ich dann die Glocken hörte, kamen die Tränen.
Seufz.

Später haben wir uns Mama im Sarg angesehen, um zu schauen, wie das dann mit dem Schmücken wird. Hätte nicht gedacht, dass ich das alles mal kann, aber das sind eben unsere letzten Momente zusammen auf der Erde und da möchte ich alles so schön als möglich machen.

Momentan halte ich alles aus, aber ich glaube auch: Wenns dann soweit ist, dass alles vorbei ist, und wir nichts mehr zu organisieren haben... dann wird sich meine Seele und mein Körper schon richtig melden!!
Man muss aufpassen, dass man sich nicht übernimmt.

Ich bin jetzt mal heimgefahren und werde mich ein bisschen hinlegen und versuchen, zur Ruhe zu kommen. Aber Ruhe ist in unserem Fall gar nicht so gut.

Liebe Carina,
würde mich freuen, von Dir zu hören, was Du so tust, wie Du so damit umgehst, jeder verhält sich ja anders...
Ich wünsche Dir auf alle Fälle weiterhin viel Kraft.

Liebe grüße
maryleen
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  #15  
Alt 26.04.2005, 22:58
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Hallo Maryleen,

wie geht es dir und deiner Familie? Ich kann meinen Gefühlszustand schlecht beschreiben. Im Moment bin ich gefasst, aber auch sehr nachdenklich, starre in meinen PC und mache beim Tippen immer wieder eine Pause. Aber es hilft mir auch, mich mit jemandem auszutauschen, der das Gleiche durchmacht.
Gestern Nachmittag haben wir von meiner Mama Abschied genommen. Für die Abschiednahme hatte ich aus ihrem Kleiderschrank eine schöne Bluse und Hose ausgesucht. Als wir den Aufbahrungsraum im Bestattungsinstitut betraten, fing ich sofort an zu weinen. Meine Mutter lag da, als würde sie schlafen und gleich die Augen aufmachen ... aber das tat sie nicht. Ich glaubte sogar zu sehen, wie sich ihre Bluse bewegte - verrückt! Wir standen mindestens eine halbe Stunde an ihrem Sarg. Daheim hatte ich ihr ein paar Zeilen zum Abschied geschrieben. Den Brief legte ich ihr auf die Decke. Dabei streichelte ich ihre Hand - sie war so kalt. Ich habe wohl erst gestern realisiert, dass meine Mama tot ist. Man fragt sich dennoch jeden Tag, ob es wirklich wahr ist.
Ist schon seltsam, dass man solche persönlichen Eindrücke einer fremden Person mitteilt - und vielen anderen. Aber es erleichtert!
Irgendwie fällt es mir heute schwer zu schreiben. Deshalb verabschiede ich mich mal. Bis demnächst.

Liebe Grüße und viel Kraft,

Carina
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