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  #1  
Alt 05.01.2012, 13:13
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sywal sywal ist offline
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

[CENTER]1994[CENTER]

Beim Kontrollultraschall, im Februar 1994, wurde wieder eine 3,6x9mm große Veränderung festgestellt. Im März war sie vollkommen gleichgeblieben und im Juni auf 3,2 x 5,3cm angewachsen. Im Juli wurde das 2. Rezidiv entfernt. „Es war kein Problem, auch hinsichtlich der Radikalität bestehen keine Bedenken. Die histologische Untersuchung ergab ein höher differenziertes myxoides Liposarkombild“.
Ich war nach jedem operativen Eingriff wieder sehr schnell am Arbeitsplatz, bzw. stand auch im Krankenhaus telefonisch zur Verfügung. Am Tag nach dieser Operation war ein wichtiger, aber nicht endgültig abschließender Geschäftstermin von meinem Chef vereinbart worden. Mit gutem Gewissen ging ich ins KH, hatte ich doch alles sicher auf- und vorbereitet. Im Aufwachraum, als ich die Augen öffnete, stand mein Chef neben mir. Er hatte sich zum Gewebetransport angeboten. Da hörte ich ihn zu seinem Freund, meinem Chirurgen sagen:“Gib ihr irgend etwas, ich brauche sie morgen in der Firma“. Dr. S. antwortete: „Bist deppat? – Komm...“ und sie gingen in einen anderen Raum. Dieser Vorfall fiel mir erst Monate später wieder ein, als ich mein Ausscheiden aus diesem Betrieb überlegte.

1994 berichtete eine aus Amerika stammende Publikation dass 136 Melanompatienten „geimpft“ wurden und sich dadurch die Fünf-Jahres-Überlebensrate um das Fünffache erhöhte. In einer Ärztezeitung wurde über den österreichischen Aufbau einer Anlage zur Produktion eines Lebendimpfstoffs gegen Krebs berichtet. Alleine für diese Anlage wurden von einem Pharmaunternehmen 150 Mio Schilling bereitgestellt. Und, „sollte sich langfristig ein günstiger Einfluß auf 5-Jahres-Überlebensraten zeigen, könnte der Nobelpreis fällig sein“.

Selbstverständlich kontaktierte ich den in der Zeitung erwähnten künftigen Nobelpreisträger, bekam auch einen Termin. Eine Empfehlung für meine Therapie wurde in Aussicht gestellt. Der Herr Professor hatte keine Zeit, stellvertretend befragte mich ein Oberarzt eingehend. Er überlegte laut, ob man mich in die, in der Zeitung vorgestellte Phase I Studie einschleusen könnte. Dazu hatte ich aber überhaupt keine Lust und das war auch nicht der Zweck des Gesprächs. Es stellte sich dann heraus, dass der Oberarzt sehr gerne den Herstellungsmodus meiner Therapie hätte, versuchte diesen zu kopieren. Unter dem Vorwand, dass ich nachsehen müsse ob das zu kopierende Papier auch das richtige sei, bekam ich die Arbeitsvorlage nochmals in die Hand – und gab sie nicht mehr her. Darauf hin wurde mir gedroht, die mich behandelnden Ärzte anzuzeigen, da dieser Therapieversuch nicht von den Instanzen bewilligt worden war. Rechtlich gesehen war dies nonsen. Sicherheitshalber schrieb ich ein Gedächtsnisprotokoll, schickte es dem behandelnden Arzt. Er schrieb dem Randomisierer einen Brief, dieser antwortete „dass das Gespräch im Beisein einer Krankenschwester geführt wurde, er niemals gedroht hätte“. Ich hatte die Schwester nicht gesehen aber vielleicht hat sie unter dem Tisch gelegen und genau diese Drohung verschlafen?

Kurze Zeit später erfuhr ich von einer öffentlichen Gesprächsrunde, unter Beteiligung von 2 an Krebs erkrankten Schauspielern, 2 Onkologen samt Verstärkung, und dem deutschen Arzt Dr. D. (Buchstabe geändert), welchen ich für meine Therapie in Erwägung gezogen hatte. Beide Schauspieler waren auch bei Dr. D. in Behandlung.
Der Raum war voll, ich hatte Glück noch einen Sitzplatz zu bekommen. Doch wirklich sachlich war die Diskussion nicht. Dr. D. war von den österreichischen Onkologen zu einem bestimmten Thema eingeladen worden, hatte hierzu seine Dias mitgebracht – doch nun war man nicht mehr gewillt über das angekündigte Thema zu sprechen, man wollte Dias zu einem anderen Thema sehen. Da Dr. D. diese nicht mitgenommen hatte, wollte der eine Onkologe kurzerhand die Diskussion absagen. „So geht’s nicht“ übertönte einer der beiden prominenten Patienten das laute Gemurmel. Das Ganze kam mir wie eine Hexerverbrennung vor. Warum waren diese Experten zu keiner sachlichen Diskussion fähig? In der Pause fragte ich einen Schauspieler, wie er als Patienten solch eine Unfairness gegenüber seinem behandelnden Arzt zulassen könne. „Ich bin sowohl bei Dr. D. als auch bei dem einen Onkologen in Behandlung. Wenn ich den Mund aufmache falle ich zwischen 2 Sessel durch“.
Die Gesprächsrunde abschließend sagte dann einer der beiden anerkannten Onkologen zu Dr. D. „eine Tumorvakzine lasse ich mir noch einreden, aber das was sie da fabrizieren nicht“.

Mit einer an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Freundin ging ich nun zu diesem Spitzenonkologen, legte das Behandlungskonzept samt Herstellungsmodus vor und bat um eine Empfehlung für die Kasse. Ja, er würde eine Empfehlung schreiben, da die Vakzinierung weltweit bekannt sei. Aber, er würde diese Empfehlung direkt an die Kasse schicken, sonst würde er sie am nächsten Tag in der Zeitung lesen können. Der schreibt das sicher nicht, dachte ich. Doch Jahre später, bei Akteneinblick sah ich, dass der Onkologe tatsächlich nicht ein, sondern 3 Stellungnahmen geschrieben hatte.

08 94:“ …..Nach meinen Erkundigungen wird dabei offenbar eine …....hergestellt, wie sie bereits Anfang der 70-ger Jahre im Sinne einer ….....an mehreren Zentren in den USA und in Europa mit wechselndem Erfolg durchgeführt wurde. Ich glaube daher sagen zu können, dass – von meiner Warte aus – die Patientin sich in dem vorliegenden Einzelfall dieser Behandlung durchaus unterziehen kann“. Kein Wort stand da, dass er mir Strahlen- oder Chemotherapie empfohlen hätte bzw. eher angebracht wäre.

02. 96: „.... dass ich das angewandte Verfahren für in seinen Grundgedanken zwar experimentell interessant, jedoch in seiner Ausführung für wahrscheinlich ineffektiv erachte....Ich glaube aber, dass mit dessen Anwendung der Patientin zumindest kein Schaden zugefügt wurde. …..“
Hier schreibt der Experte, dass er Therapievorschläge (u.a. Strahlentherapie) gemacht hätte, welche auch von meiner Freundin, gemäß Gesprächsnotiz, nicht gehört wurden.

07. 96.: ...dass bei der vorliegenden Vakzine es sich um eine völlig unbelegte Therapiemodalität handelt, die mit insuffizienten Methoden sowie im vorliegenden Fall unter Hintanstellung grundsätzlicher Überlegungen durchgeführt wurde.

Mittlerweile hat dieser Experte, mit ein paar Kollegen, eine Vakzine gegen Krebserkrankungen zum internationalen Patent angemeldet.

Was war/ist nur mit diesen Ärzten los? Da herrscht ja Krieg! Vor wem haben die Angst? Für wen oder was wird dieser Krieg geführt? Für die Heilung von Krebspatienten? Das konnte ich nicht so ganz glauben – glaube ich heute noch nicht! Würden alle an einem Strang ziehen, wäre diese Geisel der Menschheit vielleicht nicht besiegt aber doch die Spitze genommen.

Selbstverständlich gehört die Humanmedizin in einen gewissen gesetzlichen Rahmen, Scharlatanen Grenzen gesetzt. Was aber tun wenn bei sogenannten „verwaisten Krankheiten“ kein öffentliches materielles Interesse besteht? Wenn es nur einzelne engagiert Ärzte gibt, welche auch noch dazu, wie oben beschrieben, angefeindet werden? Die Grundlagen meiner Therapie stammten aus einem universitären Krebsforschungsinstitut. Mit dem Leiter dieses Institutes hatte ich schriftlich Kontakt aufgenommen, sehr schnell eine erfreuliche Antwort bekommen. Dann, erst danach hatte ich mich zur Therapie entschlossen. Damals wusste ich noch nicht auf welches Glatteis ich mich begeben hatte.
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  #2  
Alt 05.01.2012, 19:52
mädl2010 mädl2010 ist offline
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Ich bin immer wieder sprachlos.

Das mit den Ärzten untereinander, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen. Einer gegen den andren und überhaupt... Es ist als Patient nicht einfach und man kann es schlicht und einfach NICHT verstehen. Man muss als kranker Mensch noch soviel Kraft haben um seine Gesundheit und beste Behandlung kämpfen zu können. Oftmals aber ist die Kraft kaum noch da.
Kraft - die Diagnose zu verkraften, Kraft - zu kämpfen, Kraft - um auch alles in FRAGE zu stellen.

Meine Daumen sind gedrückt und ich wünsche Dir eine 'gute' Diagnose und einen 'guten' Befund.

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  #3  
Alt 06.01.2012, 10:55
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

1995
Meine Freundin sollte (und wollte auch) nach ihrer Total-OP eine medikamentöse Therapie machen. Zur sogenannten Chemotherapie (ein sehr verallgemeinender Begriff) war sie nicht bereit. Es wurde ihr ein „natürlicher“, „homöopathischer“ Wirkstoff vorgeschlagen, am Ende stand „rekombinant“, und eine Strahlentherapie. Bevor sie zu dieser Therapie ihre Einwilligung gab, wollte sie mit meinem Arzt sprechen, sie vereinbarte einen Termin. Da doch eine weite PKW-Fahrt zu bewältigen war, ersuchte ich eine Arbeitskollegin uns zu begleiten. Doch dann, fast schon vor der von uns gewählten Autobahnabfahrt wurde die Autobahn, wegen einem größeren Unfall, gesperrt. Wir saßen bei brütender Hitze und ohne Ausweichmöglichkeit fest. Keiner von uns hatte ein Handy. Ich bat meine Kollegin den netten Mann auf der Nebenspur zu fragen, ob er nicht unseren Onkologen anrufen könne. Kurze Zeit später teilte er uns mit, dass der Arzt nur mehr per Fax zu erreichen war, er seine Sekretärin angerufen und gebeten hat, dem Arzt ein FAX zu schicken. Nach einiger Zeit, ohne Rückmeldung, baten wir unseren „Beifahrer“ die Gendarmerie anzurufen und zu bitten den Arzt zu informieren bzw. in der Ordination aufzuhalten. Und wirklich, das funktionierte. Es gab und gibt sie ja doch noch die Menschen welche bereit sind zu helfen, Zeit zu opfern.

Zufrieden fuhren wir wieder Richtung Heimat, meine Freundin wusste nun, dass sie die von der Klinik empfohlene Therapie machen will. Kurze Zeit später kam es bei ihr zu einem Darmverschluss, sie wurde wieder stationär aufgenommen. Da sie mit ihrem behandelnden KH-Arzt sehr zufrieden war empfahl sie mir doch auch mal mit ihm zu sprechen, vereinbarte gleich einen Termin.

Ich legte die Befunde vor, der Professor begann laut nachzudenken. „Chemo bringt's nicht, Strahlen auch nicht. Aber Strahlen und Hyperthermie wäre eine Möglichkeit“. So rief er seinen Oberarzt an und informierte ihn, dass ich gleich vorbeikommen werde. Vor irgendeiner Therapiefestlegung sollte eine MRT und ein Skelettröntgen durchgeführt werden. Fest davon überzeugt,dass kein Rezidiv gefunden wird, legte ich mich in die Röhre. 3 Wochen später wurde mir mitgeteilt, dass ich geirrt hatte. Es war wieder ein Rezidiv gewachsen. Der Oberarzt sah zum Fenster raus und sagte: „Zu mir können Sie wieder kommen, wenn die Chirurgen nicht mehr schneiden“. Er empfahl einen Termin in der plastischen Chirurgie dieses Krankenhauses. Meine Freundin nahm mich bei der Hand sagte: „komm, jetzt trinken wir erst mal einen Kaffee, rauchen eine und dann suchen wir die Plastische“.

Diesen Termin nahm ich war, 3 Wochen später sollte die OP sein. Da offenbar keine weitere Therapiemöglichkeit bestand, entschloss ich mich wieder für meinen bereits eingeschlagenen Weg, informierte meinen Arzt. Die plastische Chirurgin teilte mir mit, dass mein bisheriger Chirurg bei der OP anwesend sein wird. Ich war gerührt, dachte, wie sehr doch diese Ärzte auch um mein seelisches Wohlbefinden bemüht sind. Doch, würde dies gut gehen? Ich wollte die vom Onkologen empfohlenen Infusionen bekommen, diese ins öffentliche KH mitnehmen. Auch musste wieder ein Tumorstück verschickt werden. Mein Chirurg sollte hier mit fremden Kollegen zusammenarbeiten. Würde es Kompetenzstreitereien, ausgetragen auf meinen Rücken, geben? Ich bat Freunde während der Operationszeit medidativ Friede und Ruhe in den OP-Raum zu schicken.

Als ich aus der Narkose aufwachte saß meine Freundin schon neben dem Bett, streichelte mich.
Am übernächsten Tag, beim Fieber messen wurde festgestellt, dass ich Fieber hätte. 37,5°. Irgendwie, durch die Körpersprache, durch den Ton der Schwester hatte ich das Gefühl, als wäre dies ein Versagen meinerseits. „Das glaube ich nicht“ stellte ich fest und „gibt's ein nicht digitales Fieberthermometer zum nachmessen?“ Die Schwester kam, setzte sich vor mir, schob das Fieberthermometer unter meine Achsel und blieb, das Ding haltend, vor mir sitzen. Was soll denn das, dachte ich und sagte nicht, dass das wesentliche Silberteil aus der Achsel herausragte. Na ja, dann hatte ich 35,7°. Bei der Visite wurde dann irgendwie eigenartig der Frau Professor mitgeteilt, dass ich 37,5° habe. Nein, das stimmt nicht, stellte ich richtig, ich habe 35,7° und wenn ich Fieber habe, dann nur, weil ich noch nicht auf der großen Seite war. „Wo ist das Problem?“ fragte die Frau Primaria. „Ich kann nicht auf die große Seite gehen, ich spüre das Essen schon im Hals stecken“. „Wo ist das Problem?“ wiederholte sie immer wieder, bis ich sagte: „Na und rauchen will ich auch eine“. So wurde eine Bananenmilch verordnet und 1mal am Tag sollte ich mit einem Rollstuhl zu den Rauchern geschoben werden. Als die Visite den Raum verließ flüsterte mir eine Schwester zu: „passen sie auf, dass sie nach der Bananenmilch genügend zu trinken bekommen“. Hmm?

Nächster Tag um 6 Uhr spürte ich, wie mir ein Löffel ziemlich unsanft in den Mund geschoben wurde. Die Bananenmilch. Jetzt wollte ich es genau wissen, was die Schwester gemeint hatte. Bis 11 Uhr ersuchte ich um Wasser, ich bekam es nicht, nicht einmal ein einziges Glas. Da ich, trotz Erlaubnis, nicht zu den Rauchern geschoben wurde, das Zimmerklo hatte man aus dem Zimmer entfernt, Krücken gab's auch nicht, nahm ich einen Sessel und schob ihn vor mir her, das operierte Bein nicht belastend. Am WC angelangt setzte ich mich zum Fenster-WC, begann meinen Bauch ganz leicht zu massieren und mit meinem Darm zu sprechen: „na kommt's ich brauche euch, seid so lieb und gebt's ein bisserl was her, wir wollen doch keinen Darmverschluss. Bitte nur ein bisserl“. Diese „Methode“ hatte ich von einer alten Hausärztin. Als ich wegen starker Menstruation bei ihr war, ich geschäftlich ins Ausland musste fragte ich sie um Rat. Zuerst sagte sie, ich soll nicht fahren und letztendlich „geh nach Hause und sprich mit deiner Gebärmutter“. Das tat ich dann auch, zuerst etwas spöttisch, dann sehr ernst und intensiv. Es hatte gewirkt, genauso wie hier, der Darm lies etwas frei. Entspannt lehnte ich mich zurück und rauchte eine Zigarette. Es würde keinen Darmverschluss geben. Am nächsten Tag, selbe Handlung nur diesmal: „Nun kommt's ihr könnt das ja, jetzt gebt's alles her“. Der Darm arbeitete zu meiner vollsten Zufriedenheit.

Ich glaube am 5. Tag kam eine Krankengymnastin, sie sollte mich lehren das Bein wenig zu belasten. Unter anderem sagte sie: „immerhin wurde der Satorius amputiert“. Bei wem fragte ich. Na bei ihnen. Bei mir wurde was amputiert? Bitte was ist der Satorius? Ein Muskel. Jetzt wurde ich aber sehr grantig. Warum wurde mir das nicht gesagt, verlangte Einblick in den Patientenakt. Der wurde nicht bewilligt mit der Begründung, dass man ohnehin gleich nach der OP mit mir gesprochen hätte. Es dauerte nicht lange bis ich beobachten konnte, wie eine problemlose Patientenaufklärung funktioniert. Meine vis a vis Bettnachbarin wurde nach ihrer OP in das Zimmer geschoben. Gleich darauf kam die Oberärztin und besprach mit ihr den Operationsverlauf. Die Patientin antwortete und fragte auch – und konnte sich am nächsten Tag an nichts erinnern. Ich möchte da nichts unterstellen, aber ich weiß jetzt, dass ich nach einer Operation absolut nichts entscheiden darf und werde auch in Zukunft ein Arzt-Patientengespräch erst am nächsten Tag erbitten.

Zu Hause, die Hirnwindungen funktionierten wieder, erfuhr ich von meinem Hausarzt, dass er vom KH angerufen worden war. Die mitgebrachte Seleninfusion war, für das schulmedizinische KH-Personal eine tödliche Dosis, man wollte dies hinterfragen. Mit diesem Arzt hatte ich, mit Sondergenehmigug, ein Wochenendseminar für Ärzte besucht, in welchem das begleitende Procedere gelehrt wurde. So konnte er mit gutem Gewissen grünes Licht für meine dem KH übergebene Therapie geben. Ich hatte schon einmal eine Sondergenehmigung bekommen. Bei einer Medizinertagung wurde auch ein Sterbebegleitseminar angeboten. Am Vormittag "kratzte ich verbal noch die Kurve", konnte als ausschließliche Patientin unentdeckt bleiben. Am Nachmittag stellte mich der Vortragende als Patientin vor. Tief beeindruckt war ich von der unterschiedlichen ärztlichen Verarbeitung der Todesfälle. Zeitweise schmerzte es mich Ärzte so leiden sehen zu müssen.

Vom Chirurgen erfuhr ich, dass er bei der Primaria des KH einen Fortbildungskurs besucht hatte und er deswegen zur OP eingeladen wurde.

Ein Jahr später stellte ich mich vereinbarungsgemäß wieder in der Ambulanz vor. 4 oder 5 Studenten (?) kamen mit der Primaria. Ich teilte ihr mit, dass die Operationsnarbe schmerzt, ganz besonders der Hautzipfel, der am Ende der Narbe wegstand und am gegenüberliegenden Oberschenkel rieb. Das kommt von der Chemo, sagte sie, „habe ich nicht bekommen“ (und wurde von ihr auch nicht empfohlen). „Ach so ja, das kommt von der Strahlentherapie“ und ich, „hab ich nicht bekommen“ (und wurde von ihr auch nicht empfohlen). Erstaunt sah sie mich an, sagte „jössas, sie sind die, die alles verweigert“, gab den Studenten den Auftrag meinen Oberschenkel abzutasten, eine Überweisung an ein pyhsikalisches Institut zu schreiben und verließ den Raum.

Mit dem physikalischen Institut machte ich einen Glücksgriff. Die Einzelturnstunde, bei einer sehr engagierten Frau, baute nicht nur meinen buckelig und hinkenden Gang sondern sehr oft auch meine Seele auf.

Bei meiner Freundin wuchsen mehrere, mit freiem Auge sichtbare, schmerzende Dippel. Ein Dippel wurde chirurgisch angegangen – es waren Metastasen. Jedes ½ Jahr war meine Freundin zum Gyn gegangen und nun sollte sie mit knapp 35 Jahren gehen müssen. Sie zog sich immer mehr zurück, auf ihr Hochbett, in die hinterste Ecke. Sie hatte enorme Schmerzen, die Schmerzmittel halfen nicht mehr. So überredete ich sie ins KH zu fahren, schleppte sie in die Ambulanz. Auf der Station aufgenommen konnte sie, schmerzfrei, ca. 3 Wochen später für immer einschlafen.
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  #4  
Alt 08.01.2012, 12:28
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1995 - 2002

Ich hatte begonnen mein Leben neu zu orientieren. Die 1994, mit Kredit renovierte 3 Zimmer Wohnung im 10. Stock, mit schönem Ausblick und der Möglichkeit den Sonnenuntergang zu beobachten, hatte ich kurz vor der OP 1995 in eine 1 Zimmer Wohnung im 2. Stock getauscht. Die Pension war beantragt, und befristet bewilligt worden, mein Einkommen nun geringer und sozialstaatabhängig. Die Armut meiner Kindheit und nach Familiengründung wollte ich nicht noch mal erleben, nur um weiter in einer großen schönen Wohnung zu leben. Habe ohnehin nur einen Popsch für den ich nur eine Sitzfläche brauche. Habe aber einen Gaumen, der gerne mehr als täglich Kartoffel ohne irgendetwas hätte, und ab und zu wollte ich ins Kino gehen. 1994, als ich den Kredit aufnahm, dachte ich noch nicht an eine Umorientierung. Das Geld, welches ich durch Wohnungsverkleinerung einsparte, ging noch einige Jahre für die Rückzahlung meiner Schulden drauf. Aber ich hatte, auf lange Sicht gesehen, den richtigen Schritt gesetzt. Hatte gelernt zu unterscheiden zwischen „was will ich“ und „was brauche ich“. Die freiwillige Reduktion des Lebensstandards erlebte ich ohne größere Probleme.

Mein Hausarzt hat, wie schon die Hausärztin vor ihm, die Kassenordination zurückgelegt. Der Chirurg wurde Primar in einem Privatkrankenhaus geworden und stand für mich nicht mehr zur Verfügung. Meine materiellen und psychischen Resourcen für weitere Behandlungen waren gleich Null. Sicherlich gab es einige Anläufe zu Therapien. Auch hier lernte ich, dass ich zuerst die Gesamtkosten gesichert haben muss und erst dann eine Therapie eingehen kann. Alles andere würde wenig Sinn machen. So verlegte ich meine Ziele nicht auf Hilfe bei anderen Menschen suchen sondern konzentrierte mich auf „mein Wissen ist mehr Macht über mich“.

Durch den Streit mit der Behörde wegen Rückerstattung der Behandlungskosten kam es auch zum verbalen Eklat mit den beiden Onkologen, welche an der Diskussion mit den Schauspielern teilgenommen hatten. Beide Onkologen empfahlen OP+Chemo+Strahlentherapie, sie leiteten auch Studien bei welchen diese Therapien an Patienten beobachtet wurden.

Der erste Experte behauptete u.a. auch, dass sich myxoide Liposarkome vorwiegend im Bauchraum entwickeln. Gemäß meinen, vorerst sehr einfachen Recherchen stimmte dies nicht. Ich suchte und fand auch woher dieser Arzt möglicherweise seine Information hatte. In einem anerkannten medizinischen Lexikon war die häufigste Lokalisation mit „Bauchraum“ angegeben. So erlaubte ich mir den Herausgeber auf diesen Fehler aufmerksam zu machen und wirklich, in der nächsten Auflage, sollte, laut Rückantwort, der Eintrag geändert werden.

Nach einer Befragung jenes Onkologen, welcher diese 3 Gutachten geschrieben hatte, wurde mir per Bescheid mitgeteilt, dass ich einen Grad 3 Tumor hatte, mein Einspruch mit Berufung auf die vorliegenden histologischen Befunde wurde abgelehnt. Mittlerweile etwas in die medizinische Statistik eingelesen empfand ich seine Behauptung, er könne mit OP+Chemo+Strahlen 80% der Patienten mit meiner Diagnose (myx. LIS Grad 1!) ein Rezidiv ersparen als Medizinerwitz. Menschen die gestorben sind können, und nur das ist wissenschaftlich belegbar, kein Rezidiv entwickeln. Er berief sich auf eine internationale Studie, nannte den Autor. Vor der Behörde sagte er noch „diese Studie gebe ich ihnen“, am nächsten Tag meinte er „wie komme ich dazu, gehen's in die Bibliothek“. Hatte er diese Publikation sinnerfüllt gelesen und entdeckt, dass sie seine Aussage nicht bestätigt? So lernte ich die Fachbibliothek kennen und, nach dem ich den Überblick hatte, begann ich sämtliche internationale Studien zu kopieren, deren Ergebnisse zu katalogisieren. Jene wenigen Publikationen, welche in dieser Bibliothek nicht vorhanden waren ließ ich von einem Literaturservice besorgen. Letztendlich waren es dann 7 Ordner Unterlagen. Aber es gab bis 1999 keine einzige Studie welche für ein operables myxoides Liposarkom Grad 1 einen Überlebensvorteil durch die empfohlene Therapie brachte.

Es gab und gibt aber sehr wohl Patienten mit Weichteilsarkomen, welche von den „scharfen“ Therapien profitierten, die Überlebens- und rezidivfreie Zeit verlängert werden konnte! Es gibt sie auch unter den Liposarkompatienten (Grad 1!), z.B. bei Inoperabilität!

Zu guter letzt wurde mir von einer Freundin das Studienprotokoll des Onkologen zugeschickt. U.a. ist hier zu lesen: „....Die Verabreichung einer ….mit potentiell aggressiver Charkteristik ist daher von großem klinischen Interesse in der Therapie dieser Tumoren, könnte aber auch beispielgebend für die ….Behandlung anderer aggressiver Malignome sein.
Und, unter Einschlußkriterien dieses Studienprotokolls waren keine Grad 1 Weichteilsarkome zu finden. War das die Erklärung für den Grad 3 Bescheid?

Irgendwann begann ich mich komplett zurückzuziehen, ging zu keinem Arzt mehr, wenn ich nur daran dachte bekam ich Panikattacken. 1 Mal in der Woche verließ ich für Lebensmitteleinkäufe die Wohnung, das telefonieren mit Freunden fiel immer schwerer, bis ich auch dies bleiben ließ. Dann fand ich in einer Zeitung ein Inserat, dass ein kleinerer Hund abgegeben wird. Alleine würde ich es nicht mehr schaffen mit den Öffis zu fahren, so bat ich meine Tochter mich zu begleiten. Wasti hieß der kleine Kerl, mein Therapiehund. Ob ich nun wollte oder nicht, mit ihm musste ich das Haus verlassen und auch ab und zu mit anderen Menschen sprechen.
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  #5  
Alt 10.01.2012, 16:26
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Hallo ihr Lieben!

Heute habe ich endlich meinen Chirurgen erreicht. Er hatte noch keinen Kontakt zu den beiden anderen Kollegen (plastische, Gefäß), welche er zur OP beiziehen will. Morgen oder übermorgen soll ich Bescheid bekommen. Ich will hoffen, dass er sich das Ergebnis der CTPET bereits angesehen hat.
Bis zu dem Telefonat hatte ich große Angst, dass er sagt: "tut leid, sie haben eine/mehrere Metastasen, ich kann sie nicht mehr operieren". In dieser Warteschleife hatte/habe ich Kopfschmerzen, Hals und Rippen schmerzten und meine Hüfte begann auch wieder zu toben. Bin überzeugt, dass das Ganze mit der angeschlagenen Psyche zu tun hat.
Hat er sich die PET noch nicht angesehen, kann ja alles noch kommen.
Aber nun will ich hoffen, dass der Chirurg bei seinen Kollegen etwas (für mich positives) erreicht, die zur Teamarbeit gewillt sind und mit mir der genauere OP-Plan besprochen wird.

Und zum Schluß wieder ein ganz großes Danke!
Sywal
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  #6  
Alt 12.01.2012, 17:35
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Hallo da draußen!

Heute nachmittag wurde ich angerufen, dass ich morgen um 8 Uhr in der Gefäßambulanz sein soll. Vielleicht lerne ich da meinen Gefäßchirurgen kennen, vielleicht aber auch irgendeinen Arzt, der den Auftrag hat meine Gefäße anzuschauen.
Werde morgen berichten.
Schönen Abend
Sywal
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  #7  
Alt 13.01.2012, 11:44
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Hallo!
Nun bin ich wieder zu Hause, habe den geplanten Gefäßchirurgen kennengelernt.
Anfangs gab's gleich ein Mißverständnis, der Chirurg wußte im Moment nicht warum ich seine Dienste in Anspruch nehme und ich wollte mich nicht mit einem Arzt unterhalten, der mich ohnehin nicht operiert, und teilte dies höflich und freundlich mit.

Ich fragte dann den Arzt ob er bereit ist im OP zu stehen und nicht zu arbeiten, sollte sich herausstellen, dass eine Gefäßtransplantation nicht nötig ist. Ja, auch das hatte er schon erlebt und damit kein Problem gehabt. Er fragte mich dann ob ich über die unerwünschten Wirkungen Bescheid wisse und ich ihn, ob bei Gefäßversagen eine weitere OP möglich ist. Ja wäre, aber....... letztendlich heißt es dann Bein ab. Aber er sagte auch, dass ein großer Unterschied besteht zwischen Patienten mit Gefäßerkrankungen und meinem Fall.
Beim Ultraschall stellte sich heraus, dass der Tumor ca. 2mm vom Gefäß entfernt ist, vielleicht gäbe es gefäßtechnisch noch was anderes, dachte er laut nach und, aber das seien Spekulationen, da muss man abwarten. Die Vene im linken Bein ist OK, sie kann transplantiert werden.
Auch über die Nachsorge bzgl. Blutverdünnung haben wir gesprochen, die würde in der Gefäßambulanz sein. Wir waren uns einig, dass dies beim Hausarzt möglicherweise inadequat sei. Das war für mich auch ein sehr wichtiger Punkt.

Abschließend, ich bin zufrieden. Jetzt vereinbaren die Chirurgen, wann wir uns im OP treffen.
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  #8  
Alt 10.01.2012, 08:51
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2003 - 2005


Schön langsam war ich in die 2. Reihe der Abrufbaren vorgerückt. Obwohl immer wieder berichtet wird dass wir älter werden, hat sich mein Bekanntenkreis sehr verkleinert. Aber die Todesfälle, von der 2. Reihe aus betrachtet zeigten, dass vieles nicht so ist wie man in einer zivilisierten sozialen Welt vermuten würde.

So begann ich mich mit meiner Endlichkeit auseinanderzusetzen, versucht einen Platz in einem Sterbebegleitseminar zu bekommen. Zuerst wollte man mir die Teilnahme verweigern. Der Kursleiter meinte, als Krebskranke wäre ich wohl beim Psychologen besser aufgehoben. Dann durfte ich doch teilnehmen, und mit der Bezahlung der Kursgebühr war der Kursplatz gesichert. Mehrere Abende und ein Wochenende lauschte ich den Vortragenden. Beruhigend war das Gelehrte für mich nicht. Sollte ich nicht einem plötzlichen Tod erliegen, so würden hohe Abhängig- und Hilflosigkeiten auf mich warten. Einige Betreuende meinen dem Sterbenden gutes zu tun, verweigern z.B. das „gesundheitsschädliche“ Lieblingsessen, ein Glaser Wein, eine Zigarette oder wirkende aber lebensverkürzende Schmerzmittel. Andere wieder finden einen Weg den Kranken ins Lieblingsbeisel zu bringen, lassen dort das Lieblingsessen pürieren und achten darauf, dass sich der Abschied nehmende nicht verschluckt. Sie versuchen die bisherigen Gepflogenheiten bis zum Ende zu ermöglichen. Zumindest diese beiden persönlichen Betreuungsgruppen leiden unter schwersten psychischen und physischen Belastungen mit, sie sind bis zur völligen Erschöpfung für den Sterbenden da. Das wollte und will ich meiner Tochter nicht antun, sie braucht ihre Kräfte für mein Enkerl. Für mich stand und steht fest, wenn ich nur irgendeine Wahl habe, gehe ich zum Sterben in ein Hospiz.

Durch dieses Seminar wurde mir aber auch klar, dass ich eine Patientenverfügung schreiben muss. Damals hatte solch eine Verfügung, hinterlegt bei einem Verein, keine bindende Wirkung für den behandelnden Arzt.

Die nächste mir gestellte Aufgabe war, mich von den mit Panikattacken begleitenden Zahnarztbesuchen zu befreien. In der Volksschulzeit mussten wir in die Schulzahnklinik, auch wenn man bei einem niedergelassenen Arzt regelmäßig kontrolliert oder behandelt wurde. In dieser Klinik wurde gebohrt und gebohrt....... So hatte ich schon als Jugendliche keinen einzigen Zahn der nicht mit Füllmaterial versehen war. Sehr früh trug ich eine Teilprothese. Die Standardfüllungen wurden in der Fachwelt immer mehr kritisiert, auch erschienen vereinzelt Publikationen welche nahe legten, dass belastete Zähne zugeordneten Organen schaden können. Als einer meiner letzten 5 Zähne zu schmerzen begann, ließ ich mir unter Teilnarkose diese Zähne reißen. Diesen Schritt habe ich bis heute nicht bereut, auch wenn ich in keinen harten Apfel beißen kann – der wurde eben ab sofort klein geschnitten. Die Sarkombelastung wurde ich aber nicht los.

Anfang 2003 hatte ich das Gefühl, dass sich etwas in der rechten Leiste staut. Mit Gymnastik löste sich dieses Hindernis auf. Sicherheitshalber, ich konnte den Oberschenkel noch immer nicht ansehen, ersuchte ich eine, so glaubte ich befreundete Nachbarin, doch einmal zu tasten ob sie einen Dippel spürt. Sie tastete, spürte angeblich nichts. Im Mai entdeckte ich das Rezidiv selbst, zufällig beim Anziehen. Erschrocken rief ich eine befreundete Ärztin an, versprach ihr unverzüglich zur MRT zu gehen, sie würde sich um einen Kollegen kümmern. Am Wohnort wollte ich nicht in ein öffentl. Krankenhaus gehen, hatte ich es mir doch mit den beiden Spitzenonkologen verscherzt. Und bei denen führte kein Weg vorbei.

Die MRT ergab, trotz Vorlage aller Vorbefunde, „ eine 7x5x5cm große septierte cystische flüssigkeitsgefüllte RF. In erster Linie ist an eine Lymphocele zu denken. Für ein Liposarkomrezidiv ist die RF äußerst untypisch“.
Flüssig, flüssig – das kannte ich von einem histologischen Befund. Ich suchte und fand im Befund von 1995 „Im myxoiden Stroma mehrerenorts sog. Pooling-Phänomen – Ausbildung von Grundsubstanzseen mit am Rand angereicherten Tumorzellen.
Der empfohlene Chirurg, in einem kleineren Krankenhaus am Rande der Stadt arbeitend, meinte, dass die Raumforderung nicht operationswürdig sei. „Bitte“ sagte ich, „dass ist offenbar wieder ein Rezidiv. 1995 wurden lt. histologischem Befund im Tumor Seen gefunden. Und selbst wenn es eine wachsende Zyste ist, ich kämpfe seit Jahren um die Erhaltung meines Beines und soll mir jetzt die Gefäße von einer raumfordernden Zyste abdrücken lassen?“ Nach Abtastung der Läsion war er dann doch bereit, das Ding rauszunehmen.

Ohne viel zu tun hat sich ein Kreis um mich geschlossen, in welchem ich mich geborgen fühlte. Es waren wieder zum überwiegenden Teil fremde Menschen die mir beistanden. Ich erfuhr, dass die sog. befreundete Nachbarin damals, als ich sie bat den Oberschenkel abzutasten, sehr wohl einen Dippel gespürt hatte, das Ergebnis den Nachbarn erzählte. Viele haben es gewusst – nur ich nicht. Eigenartigerweise war ich nicht zornig, ich war bestürzt, wie gemein Menschen sein können.

In dieses KH fuhr ich mit dem Zug. Mir wurde ein 3-Bett-Zimmer zugewiesen und aus dem Fenster sehend, konnte ich meine geliebten Berge, besser gesagt Hügel, sehen. Vor Freude spürte ich, wie mir die Tränen runterkullerten. Dann kam eine sehr nette Schwester und erledigte den Verwaltungskram. Am nächsten Tag war die OP geplant.
Bei der ersten Visite nach der OP erfuhr ich, dass der Tumor in toto entfernt wurde. Der Tumor war so schön, wir haben ihn fotografiert, sagte der Arzt schelmisch. Hier fühlte ich mich wohl, der kleine Garten des KH wurde mein Lieblingsplatz. Das viele Grün, die liebevolle Pflege ließen mich rasch genesen.

Der histologische Befund bestätigte meinen Verdacht, es war ein Rezidiv. Es war aber auch vermerkt, dass die den Tumor umgebende Kapsel an 2 Stellen eingerissen bzw. defekt war. „Sie haben den Tumor in toto entfernt“ fragte ich den Chirurgen? „Ja“ antwortete er, „ganz sicher. Ich habe ihnen ja erzählt, dass wir das Sarkom fotografiert haben. Dabei haben wir ihn auch einmal umgedreht. Der Defekt muss dabei passiert sein“. Insgesamt fuhr ich dann noch 3 mal in dieses KH. Zur Nahtentfernung und 2 weiteren Nachbehandlungen, es war zu einer beträchtlichen Lymphansammlung gekommen. Abschließend stellte ich fest, dass ich mich in diesem KH sehr wohl und geborgen gefühlt habe.

Und nun erlebte ich einen kleinen Exkurs in einen anderen medizinischen Bereich, nämlich der Schilddrüse.
Kurz nach meiner Scheidung, vor vielen Jahren, wurde ich wegen immer wiederkehrenden Depressionen und Gewichtsabnahme in eine Schilddrüsenambulanz geschickt. Dort stellte man eine vergrößerte Schilddrüse fest, ein Medikament wurde verschrieben. Wie es in großen KH so ist, hat man immer wieder einen anderen Arzt – so lange bis mich mal ein Arzt fragte, wozu ich eigentlich dieses Medikament nehme. Er wollte mich auf die Psychosomatik schicken. Ich bestand darauf, dass er den Arbeitsauftrag der Überweisung erfüllte, wartete den Befund ab, gab dem Arzt recht und hörte mit der Einnahme der Pulver auf.

Jahrzehnte später ging ich wegen Herz rasen und starkem zittern zum Hausarzt, er überwies mich zum Internisten. Dieser stellte fest, dass ich zur Schilddrüsenambulanz müsse, um eine chirurgische oder radioaktive Behandlung durchführen zu lassen. Ich folgte dieser Empfehlung, vorerst wurden Tabletten verschrieben. Ziemlich schnell kam aber die mündliche und schriftliche Empfehlung der endgültigen Sanierung, welche ich ablehnte. Die Schilddrüse ist die Hormonzentrale, Hormone sind lebensnotwendig, so kann ich dieses Organ doch nicht einfach so raus nehmen lassen. Bzgl. Nebenwirkungen war es doch günstiger die nun reduzierte Dosis von ¼ F. weiter zu nehmen, mit der Möglichkeit diese abzusetzen, als lebenslang von der Einnahme des Hormonersatzes abhängig zu sein. Auf die Empfehlung der endgültigen Sanierung fragte ich immer „warum“, bekam nie eine Antwort. Nach vielen Monaten bekam ich endlich Antwort: "Für Diskussionen haben wir hier keine Zeit, da müssen sie schon in eine Privatordination gehen". Zu Beginn der Behandlung wurde u.a. ein ausführlicher Ultraschall gemacht, so war eine US-Kontrolle fällig. Der Mann fuhr mit dem Schallkopf an der Schilddrüse herum. War der Schallkopf kaputt? Er las sich die Bewertung des 1. US durch, verzog sein Gesicht und schon wieder hatte ich das kalte Eisen am Hals. "Stimmt was nicht", fragte ich. Nein, nein, sagte er, passt schon und drückte auf den Ausschaltknopf. Als dann diese US-Kontrolle im Arztbrief nicht erwähnt wurde war es für mich an der Zeit eine Privatordination aufzusuchen. Mit allen Befunden ausgestattet irrte ich mich doch prompt (und das war wirklich keine Absicht), legte auf Verlangen der Ärztin die sehr alten US-Aufnahmen, nicht jene des KH vor. Eigenartiger Weise glich ihre Bewertung jener des Altbefundes und nicht der letzten Aufnahmen. Auch sie empfahl die endgültige Sanierung, auf meine Standardfrage bekam ich endlich Antwort: „Damit die lästigen (3 monatlichen) Kontrollen entfallen“.
Zu Hause angekommen suchte ich nun im Internet den Autor einer, schon vor Jahren aufgehobenen Publikation über inadequate Schilddrüsenbehandlung. Es gab ihn noch, er war mittlerweile Professor geworden und arbeitete von meinem Wohnort weiter entfernt. So kontaktierte ich ihn mittels Mail, fragte an ob seine alte Publikation noch Gültigkeit hätte. Ja, sie hat und er war bereit sich meine Befunde anzusehen. Ich schickte ihm sämtliche Befunde in Kopie und dann kam seine Antwort:
„......annähernd normal große bzw. lediglich gering vergrößerte SD, die von Seiten des Szintigrammes und des Ultraschalles keine wirklichen wesentlichen Auffälligkeiten aufweist. Im Ultraschall werden wiederholt kleinere, echoärmere Areale / Läsionen beschrieben, die jedoch – meiner Meinung nach – in Abhängigkeit von den Ultraschallgeräten, etc. als nicht wirklich aufffällig bzw. beunruhigend derzeit einzustufen sind. Die Laborwerte weisen ebenfalls eine nahezu durchgehend euthyreote (normale) Funktionslage auf, lediglich die TG-AK sind erhöht, jedoch in einem Ausmaß, welcher ebenfalls als nahezu „physiologisch = normal“ anzusehen ist. …........Wie anhand der Laborbefunde unter F-Therapie nachzuvollziehen ist, handelt es sich bestenfalls um eine „intermittierende“ latente hyperthyreote bzw. subklinische hyperthyreote Stoffwechsellage, die jedoch auch aufgrund von anderen externen Einflüssen (Jodgaben etc.) zu erklären wäre. Aus meiner Sicht ergeben sich derzeit – immer unter dem Aspekt der mir vorliegenden Befunde betrachtet – keinerlei zwingende Notwendigkeiten für die Durchführung einer SD Operation; ebenso wäre die Gabe von F. zu hinterfragen......“.
Tja, über die (Minderheits)Probleme mit Jod in den Nahrungsmitteln hatte ich schon einiges gelesen, aber auch Kontrastmittel können Jod enthalten. Ich neutralisierte die Stellungnahme, legte sie bei der nächsten KH-Kontrolle vor und teilte mit,dass ich das Medikament bereits abgesetzt hatte. Ich weiß nicht ob es einen Zusammenhang gibt, ärztlicherseits wird dies verneint. Meine persönlichen Beobachtungen ergaben, dass doch einige, ohne Schilddrüse herumlaufenden Menschen eine Diabetes entwickeln. Und diesen Rucksack wollte ich mir nicht auch noch aufbürden.
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