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  #1  
Alt 13.08.2015, 12:17
Nichtaufgeben! Nichtaufgeben! ist offline
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Standard Wo nimmt man Kraft her?

Hallo,
bis jetzt bin ich eher stille Leserin im Forum gewesen. Heute brauch ich von Betroffenen Beistand und Rat?
Seit Februar ist unser Leben anders. Mein Mann hat nach einer beidseitigen Lungenentzündung einen Knubbel im Darm ertastet. Ich habe das zunächst garnicht so ernst genommen, sondern mich so gefreut, dass endlich Antibiotika angeschlagen haben und Entzündung rückläufig war.
Zur Hausärztin sind wir aber dann doch gegangen, weil er von der Darmsanierung wegen AB so heftige Schmerzen bekam. Die Ärztin hat im Ultraschall unklare Strukturen gesehen und ins Krankenhaus überwiesen. Zum Glück ist die Uniklinik direkt nebenan. Erst wurde Verdacht auf Stuhlwalze gestellt wegen ABBehandlung und er ist mit Abführmittel entlassen worden.Nur hat das nichts geändert, Stuhlgang war ja die ganze Zeit da. Knubbel blieb...
Also wieder in die Notaufnahme und nun kam schnell heraus: großer Tumor am Darm, höchstwahrscheinlich Krebs.
Es folgten die härtesten Wochen unseres Lebens. Während der Diagnostik hielten sich Ärzte ganz bedeckt, ob was zu machen sei. Fest stand, Tumor und am Bauchfell Verdickungen. Die anderen Organe laut CT und Sonographie frei.
Zum Glück sind wir in der Uniklinik direkt im zertifizierten Darmkrebszentrum gelandet.
Nach der ersten OP konnte der Tumor (Siegelringcarzinom) im Gesunden entfernt werden allerdings gab es lokal begrenzte Reste im Bauchfell. Es folgte eine 18h Zweit-OP in der das ganze Bauchnetz, 23 Lympfdrüsen, ein Teil vom Zwerchfell entfernt wurde und somit R0 erreicht wurde. Anschließende Hipec Chemospülung.
Nach 4 Tagen Intermediären Station Verlegung auf die normale. Nach 14 Tagen Entlassung, trotz Wundheilungsstörung an der Bauchnaht.
Zusammen haben wir die Reha angetreten, wo es geschafft wurde, dass Wundheilungsstörung so weit im Griff war, dass ambulante Chemo beginnen konnte. Seit dem 20.4 hat er nun Xeloda Chemo als adjuvante Chemo begonnen werden konnte. Allerdings nie bei 100%, da Nebenwirkungen sehr stark durchschlagen. Er entwickelte von den Tabletten eine Art Beulenpest, Hühnereigroße Beulen (keine Blasen) am ganzen Körper. Immer am 8.Tag. Jedesmal müssten dann Tabletten abgesetzt werden. Egal ob herunterdosiert wurde. Nur 2 Zyklen von 5 Zyklen liefen normal. Deshalb erfolgte nun Umstellung auf 48hPumpe anstatt Tabletten. Oxaliplatin wird wohl einigermaßen vertragen, aber das andere soll mittels Pumpe nun besser klappen.
Nun hat er Montag seine 6. Chemo erhalten und es geht ihm richtig schlecht. Er kommt nicht mehr hoch, völlig kraftlos, Kopfschmerzen und Übelkeit.
Ich fühle mich so hilflos. Ich habe so Angst, dass Chemo nicht wirkt in niedriger Dosierung. Oxaliplatin ist bei 75% fU bei 50%.
Ich habe furchtbare Angst vor Metastasen. Ich brauche meinen Mann.
Er ist erst 43, ich bin 41.
Operierende Ärzte haben von guten Prognosen gesprochen. Auch die Onkologin bevor Chemo begonnen hat.
Woher nehmt ihr die Kraft? Ich war krankgeschrieben seit Februar und habe seit 2 Tagen Wiedereingliederung begonnen. Meine Kollegen sind super. Keiner erwartet zu viel, aber ich gehe schon jetzt auf Zahnfleisch. Weil es mir nur gutgehen kann, wenn es ihm gut geht.
Liebe Grüße,
Nina
  #2  
Alt 13.08.2015, 13:29
Wind Wind ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Liebe Nina,

wo nimmt man die Kraft her? Keine Ahnung. Man kann leider nicht wählen zwischen haben oder nicht haben. Man hat sie einfach. Und auch du wirst sie haben … ganz sicher.
Vielleicht ist es ganz gut, dass du wieder ein wenig arbeitest. Du bekommst mal wieder einen anderen Input und es dreht sich nicht nur alles um die Krankheit deines Mannes. Vielleicht lenkt es etwas ab und tut dir ganz gut. Ich für meinen Teil bin froh, wenn ich arbeite. Natürlich wissen meine Kollegen alle Bescheid, aber ich werde meist ganz normal behandelt und dafür bin ich sehr dankbar. Mitleid und wehmütige Blicke helfen mir ja auch nicht weiter. Klar, ich könnte hier jederzeit sagen, dass es kein so guter Tag ist und ich für manche Dinge keinen Kopf habe, aber das verbiete ich mir selber. Ich brauche wenigstens hier eine gewisse Normalität in meinem Leben.
Versuche nicht so viel darüber nachzudenken, was wäre, wenn … ich weiß, das ist leichter geschrieben als getan … ich bin da leider auch kein Paradevorzeigebeispiel … aber am Ende … niemand weiß, was kommt und du vergeudest vielleicht jetzt wertvolle gemeinsame Zeit mit Grübeln und traurig sein. Die Ärzte haben euch Hoffnung gemacht und das muss erstmal alles sein, was zählt. Darauf müsst ihr bauen. Was anderes bleibt euch auch gar nicht übrig.

Alles Liebe zu euch Beiden!
  #3  
Alt 13.08.2015, 14:09
Nichtaufgeben! Nichtaufgeben! ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Danke dir Wind!
Es ist eben ein ständiges Auf und Ab. Heute eher Ab...
Ja, das Arbeiten tat gut. Aber die Zeit davor war auch extrem wichtig für mich.
Habe im Juli letzten Jahres meinen Vater verloren. Er ist viel zu früh an Alzheimer gestorben und ich habe ihn täglich beim Sterben begleitet. Hatte einen ganz besonderen Vater und bis zu letzt einen Zugang zu ihm. Ein paar Monate später trifft es meinen Mann. Es ist deshalb manchmal so schwer, positiv zu denken. Während der Sterbebegleitung meines Vaters habe ich durchgearbeitet und nebenbei mit meinem Mann einen Fachgeschäft eröffnet. Ich war so durch mit meiner Kraft. Deshalb tat es erst einmal gut, zu Hause zu sein. Vor allem, da ich einen Job habe, der alles fordert und ich lange Zeit garnicht mehr essen konnte. Jetzt traue ich mir zu, Wiedereinzusteigen. Es wird sich zeigen, ob ich das packe...
Bin stellvertretende Schulleiterin einer zwei Zweigstellen umfassenden Schule. Deshalb brauche ich ganz dringend die Unterstützung meiner Kollegen, um zu packen.
Auch wenn die Ärzte so positiv in die Zukunft geblickt haben, war es schon ein sehr fortgeschrittener Krebs, 9/23 Lympfdrüsen waren betroffen und Bauchfell und Zwerchfell betroffen. Auch wenn in der Mammut-OP R0 erreicht wurde, kann ich nicht glauben, dass wir mit Thema Krebs durch sind.
Vor allem, wenn Chemo meinen Mann so fertig macht. Eigentlich soll doch die Darmkrebs-Chemo so gut zu vertragen sein. Und er bekommt noch nicht mal 100% der Dosis.
Ich weiß, heute kann man mich in die Ecke stellen- heute ist einfach ein ganz schwarzer Tag...
  #4  
Alt 13.08.2015, 17:53
Nichtaufgeben! Nichtaufgeben! ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Jetzt ist der Tag doch noch besser geworden.
Habe in der Onkologie angerufen und durfte ihn Ibuprofen 600 geben.
Nun kommt er wieder aus dem Bett und will nun tatsächlich auch essen.
Juchuu!
  #5  
Alt 13.08.2015, 17:58
Löffel Löffel ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Liebe Nina,
ich wünsche Dir alle Kraft die du brauchst.
Diese Krankheit ist ein ewiges auf und ab und ich hiffe für euch dass es bald nur noch bergauf geht.
LG
Evelin
  #6  
Alt 13.08.2015, 18:48
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Liebe Nina,

Zitat:
Ich war krankgeschrieben seit Februar und habe seit 2 Tagen Wiedereingliederung begonnen. Meine Kollegen sind super. Keiner erwartet zu viel, aber ich gehe schon jetzt auf Zahnfleisch. Weil es mir nur gutgehen kann, wenn es ihm gut geht
Hut ab und ein großes Kompliment an Dich, was Du in der Vergangenheit alles geleistet hast.

In der jetzigen Situation musst Du schauen, dass bei aller Sorge um die Behandlungen Deines Mannes Zeit für Dich bleibt. Baue kleine Oasen in Deinem Alltag ein, wo Du Dir etwas gönnst. Tue dies ohne schlechtes Gewissen.
Nach allem, was Du über Deinen Vater und Deinen Mann erlebt hast,ist es kein Wunder, dass Du mit den Kräften am Ende bist.

Es gibt Hilfen für Angehörige von Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Bitte wende Dich einmal an den Sozialdienst der Klinik, wo Dein Mann behandelt wird oder eine Beratungsstelle der Wohlfahrtsverbände.

Für die Behandlung Deiner Ängste ist empfehlenswert, sich an einen Psychotherapeuten zu wenden. Er kann mit Dir über Methoden sprechen, wie man mit der Angst in Deiner jetzigen Situation umgehen kann. Außerdem tut es den meisten gut, sich den Kummer von der Seele zu reden.

Nun möchte ich Dir ein großes Kraftpaket schicken,
Liebe Grüße,
Elisabethh.
  #7  
Alt 13.08.2015, 19:58
Nichtaufgeben! Nichtaufgeben! ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Ich danke euch für eure lieben Worte.
Und wünsche euch, dass ihr auch alle genügend Kraft habt und haben werdet.
Ich habe mir während der Endphase der Erkrankung meines Vaters schon psychologische Unterstützung geholt. Mein Vater und ich waren wie Spiegelbilder. Ihn verschwinden zu sehen und NICHTS dagegen zu tun können war sehr hart. Und dann zu füttern, sehen, wie er vergisst wie Schlucken geht...grausam.
Das ist meine größte Angst. Jetzt ist der wichtigste Mensch in meinem Leben auch schwerkranke. Ich schaffe es einfach nicht mehr, ihn beim Sterben zu begleiten. Bzw. das Kopfkino dazu macht mich fertig.
Aber wenn es ihm einigermaßen gut geht, dann bin ich voller hoffnungsvoller Gedanken. Und heute Abend geht es ihm wieder einigermaßen gut.
Also wieder kraftvoll an den nächsten Morgen denken. Wir besiegen dieses Mistvieh!!!
  #8  
Alt 14.08.2015, 10:04
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Tinele Tinele ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Du weißt nicht wie stark du bist , bis stark sein die einzige Option ist die du hast !


Ich mag diesen Spruch sehr . Seit über einem Jahr habe ich nun einen Krebskranken Mann Zuhause . Was mich am Anfang überrollt hat wie eine übergroße Dampfwalze , gehört nun zum Alltag . Ich dachte diesen Schmerz nicht zu überleben und das mich das alles kaputt macht , jetzt muss ich feststellen , es macht einen stärker und der Mensch kann sehr viel aushalten wenn er keine Wahl hat .

Natürlich bin ich oft traurig und auch erschöpft , aber das Leben geht weiter Tag für Tag .......
  #9  
Alt 14.08.2015, 13:52
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Ach Tinele, ich habe wirklich wirklich Respekt vor dir!
Ich hoffe, dass es bei euch auch Hoffnung gibt? Ich wünsche euch das so sehr!!
Viele Grüße,
Nina
  #10  
Alt 14.08.2015, 17:26
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Tinele Tinele ist offline
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Mein Mann hat SBK Krebs und ist jetzt Frührentner mit 47 . Im Moment ist er krebsfrei , die Hoffnung stirbt zuletzt .....

Im Nachhinein wirst auch du sehen , wie stark du warst .
  #11  
Alt 15.08.2015, 16:50
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Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Liebe Tinele, dann hoffe ich, dass dieser Zustand laaaange so bleibt (auch gerne immer &#128512!
Schlimmsten Chemonachwirkungen haben nachgelassen- Waaser-Durchfall nimmt man ja schon als normal hin. Er hat heute5 Stunden in seinem Laden geschafft. Ich bin so dankbar!
Am meisten macht mir zu schaffen, dass er häufig fragt:"Aber eine Lungenmetastase hab ich nicht? Oder?" (Wegen Räuspern und Husten- wirklich minimal) PUH!! Was muss da eine Angst sein, bei mir ja auch...
Euch allen ein schönes Wochenende!!
Viele Grüße,
Nina
  #12  
Alt 13.09.2016, 10:59
Nichtaufgeben! Nichtaufgeben! ist offline
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Hallo ihr Lieben,
Achtung, ich muss gleich warnen. Mein Beitrag ist für viele vielleicht "Jammern auf hohem Niveau". Für alle, denen es viel schlimmer geht möchte ich mich im Vorfeld entschuldigen. Aber ich brauche irgendwie ein Ventil, in dem im meinem Kummer mal Luft machen kann und vielleicht kann mich der ein oder andere auch verstehen? Dann wäre es sehr lieb, wenn ihr mir eure Strategien einmal mitteilen könntet.

Es geht um die Erkrankung meines Mannes.
Ehrlich, ich habe nicht mehr die Kraft jede Einzelheit der Tumorerkrankung aufzuschreiben. Denn jedesmal tut es verdammt weh und die Aufzählung alleine nimmt mir manchmal die Luft zum Atmen.
Kurzfassung ist: Darmkrebs, T3 Tumor, lokaler Befall des Bauchfells, N2b aber L0 und V0 und am wichtigsten ist nach HIPEC R0 und bis zum heutigen Datum tumorfrei seit dem 02.03.15.
Die Ärzte haben ihm gute Chancen ausgerechnet gesund zu werden und alle Therapien waren kurativ ausgerichtet.

Nun kommt aber mein Problem.
Alles hat sich geändert. Die Lebensfreude ist weg, gewichen einer Grundangst.
Ich habe als Ehefrau durch die Erkrankung eine Depression bekommen und war lange Zeit arbeitsunfähig. Stecke gerade in der Wiedereingliederung und merke schon jetzt in der 3.Woche, wie sehr meine Kräfte wieder aufgebraucht sind.
Mein Mann und ich haben und hatten während der Krebserkrankung Phasen, in denen wir trotzig das Leben genossen hatten. Das gelingt uns also schon. Aber immer wieder holt uns eine tiefgreifende Traurigkeit ein. Und die Angst...
Beispielsweise hat eine Kollegin von mir zwei gutartige Lebertumore gehabt. Natürlich hat sie auch ein Dreivierteljahr noch Schmerzen und Verdauungsprobleme. Das ist für sie schwierig, aber nie lebensbedrohend. Für uns bedeutet jeder Bauchschmerz, jede Anomalie der Verdauung: Ist der Krebs zurück? Und leider lebt er seine Sorgen auch über den Bauch aus.
Einen Darmverschluss gab es im April auch schon einmal, der mich dann völlig aus der Bahn geworfen hat. Zu dem Zeitpunkt wurde er komplett auf den Kopf gestellt, der Verschluss konnte jedoch durch einen einfachen Einlauf gelöst werden- Schuld war höchstwahrscheinlich eine Sauerkrautmahlzeit am Abend zuvor.
Wie lernt man nun mit der Angst umzugehen?
Gestern hat er beispielsweise den Port herausbekommen. Da er jetzt ein Jahr nicht benutzt worden ist und er auch nie besonders gut funktioniert hat, haben die Ärzte dazu geraten.
Nun ist ihm gestern und heute morgen leicht übel gewesen (ohne Übergeben einfach nur ein komisches Gefühl) und sofort sind meine Alarmglocken wieder an.
Im November/Dezember soll ein letztes PET-CT gemacht werden. Wenn dieses auch wieder ohne Befund ausfällt, dann geht die Nachsorge in halbjährigen Rhythmus und Ultraschalluntersuchungen über.
Er arbeitet wieder komplett seit Ende der Chemo und baut seinen kleinen Einzelhandel weiter auf. Seine Diagnose erreichte ihn nämlich drei Monate nachdem er einen Fachhandel aufgemacht hatte.
Ich möchte so gerne daran glauben, das alles wieder gut wird. Auf der anderen Seite haben wir -wie ihr alle- in den Abgrund geschaut und wir wissen was noch kommen kann.
Wie macht man das? Die Balance schaffen, sich der Endlichkeit so sehr bewusst zu sein und trotzdem weitermachen und Lebensfreude zu haben?
Ich will und kann nicht naiv glauben, er ist geheilt. Aber ich kann auf der anderen Seite auch nicht die ganze Zeit mit dem Entsetzen leben. Wie macht ihr das? Habt ihr Lösungen?
Ich merke dazu noch, dass ich wirklich erkrankt bin an der Depression. Eigentlich sollte ich in die Reha, aber ich wollte ihn nicht allein lassen. Vielleicht gelingt mir das später einmal.
Ich war immer gesund und fit. Aber zuerst ist mein Vater so qualvoll an Alsheimer gestorben und ein halbes Jahr später erhalten wir die schlimme Diagnose.
Mein Mann geht auch nicht zum Psychologen. Er will es mit sich ausmachen. Aber bin ich diejenige, die ihn aufbaut. Das ging auch im ersten Jahr der Erkrankung. Ich war immer für ihn da. Im Krankenhaus, bei jeder Chemo und Nachsorge. Nur nun merke ich, es ist absolut keine Kraft mehr in mir. Völlig ausgesaugt und leer.
In mir ist Wut, Traurigkeit, Angst... Aber keine Lust auf Leben mehr.
Könnte schon wieder weinen, aber ich reiße mich immer zusammen, weil ich die Starke bin. Deshalb brenne ich so aus.
Ich habe schon professionelle Unterstützung geholt. Meine wirklich tolle Hausärztin hat mich an eine sehr gute Psychologin überwiesen. Schon während der Pflege meines Vaters. Das war gut, dass sie mich deshalb schon länger kennt. Und weil ich nicht in die Reha wollte, musste ich hier ein Programm für mich starten. Das ging mit Sport und hat mir total geholfen, so dassich wieder so stabil wurde, das ich mir das Arbeiten zugetraut habe.
Aber nun habe ich seit einem Monat eine Sportverletzung und kann nicht laufen. Es wirft mich richtig zurück, weil ich meine Ängste nicht ablaufen kann.
Es geht also nicht immer nur schlecht, aber momentan schon.

Jetzt habe ich viel geschrieben- danke euch fürs Lesen.
Nina
  #13  
Alt 13.09.2016, 11:19
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Tinele Tinele ist offline
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Standard AW: nichts ist wie vorher

Hallo ,

du jammerst nicht auf hohem Level . Für jeden hier ist sowas schlichtweg ein Alptraum . Die einen bekommen ein Happy End , die Anderen nicht .

Ich hatte schon Depressionen vor seiner Erkrankung . Wollte gerade in die Reha bei seiner Diagnose . Später landete ich sechs Wochen in einer Klinik und es war sehr knapp . Ich stand an zwei Abenden minimal vor dem Suizid .
Nun gute 1,5 Jahre später hab ich viel gelernt . Meine Depression wird wohl nie mehr ganz verschwinden . Aber der Krebs macht hier eine Pause ( ich glaube auch nicht an ein für immer ) und genieße es sehr . Diese ganzen Angstgedanken verdränge ich , weil sie zu nix führen . Und mit der Zeit lernt man schlichtweg auch damit zu leben .
Ich arbeite Vollzeit auf dem LKW und ernähre meine Familie . Schlapp machen is nicht , daß bete ich mir dauernd vor und es hilft . Wenn ich jetzt auch noch ausfalle , können wir das Finanzbuch zumachen .
Wie gesagt , ich hatte schwere Depression . Nun würde ich es als ne mittlere einschätzen . Mir persöhnlich hilft der Zwang , daß ich einfach weiter machen muss . Ich es mir nicht erlauben kann , mich hinzusetzen und mich der Depression völlig hinzugeben . Und ich will auch nicht ! Das ist MEIN Leben und weder der Krebs und seine Folgen , oder meine eigene Erkrankung kriegen mich klein !
Denn ich hab das Recht auf ein LEBEN . Und nicht nur bloße Existenz . Mit lachen , lieben , entspannen , schönen Stunden , Natur etc ........

Such dir Dinge die dich aufbauen , schau nach vorne , was willst du noch erleben , wo willst du hin , was gibt dir Kraft ......

Vielleicht konnte ich dir einen kleinen Denkanstoß geben . Fakt ist , geb euren Krankheiten nicht den Raum , den sie wollen . Krebs oder Depression , ich stell sie mir immer als fressende Monster vor , die sich alles holen wollen . Und ich sage NEIN , nicht mit mir BASTA !

Alles Gute .
__________________
Mein Mohle - Diagnose von SPK Krebs am 3.6.2014

Seither ist nichts mehr , wie es vorher war .

Du weißt erst wie stark du bist , bis stark sein die einzige Option ist , die dir noch bleibt !

Geändert von Tinele (13.09.2016 um 11:32 Uhr)
  #14  
Alt 13.09.2016, 11:54
Ines11 Ines11 ist offline
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Standard AW: nichts ist wie vorher

Hallo zusammen
Das hast du sehr gut geschrieben Tinele
Ich kann das alles sehr gut nachvollziehen von dir "Nichtaufgeben"!
Mein Partner ist 36 und 2014 bekam er die Diagnose Darmkrebs. Mittlerweile wurden Metastasen in Lunge und Leber festgestellt. Zu dem leidet er unter chronischer Hepatitis B!
Ich selbst bin 33 und war vor 8 Jahren (in der Zeit habe ich meinen Partner kennen gelernt) ebenfalls wegen Starken Depressionen in Behandlung!
Mein Partner hat es gewusst und verstanden und mir beigestanden. Wie in vielen anderen Sachen die mir bisher passiert sind! Er war immer für mich da und das mit seiner stärke und selbstverständlichkeit!!!
Genauso bin ich es ihm schuldig!!! Auch wenn wir nicht verheiratet sind, aber wir gehören zusammen, in guten wie in schweren Tagen!!!
Seit der Krebs Diagnose habe ich auch wieder mit Depressionen zu kämpfen. Hatte 2 Nervenzusammenbrüche aber dennoch stehe ich wieder auf!!! Das muss ich, ich muss auch mit kämpfen! Wir haben eine 4 jährige Tochter, die uns braucht und für die ich auch noch stark sein muss!
Ich versuche die Krebs Erkrankung oft auszublenden und genieße jedes lachen meines Partners!!!
Aber oft holen einen die gedanken ein!
Ich kann es verstehen das jedes Bauchweh angst macht. 2x hatte mein Patner Darmverschluss und 1x stand er kurz vor der Hirn Trombose, da der Port verrutscht war. Es war jedes mal 5 vor 12!!!
Ich habe mir zu rate gezogen mehr für mich zu tun um Kraft zu tanken. Versuch das doch mal.
Und wenn es nur ein wöchentliches Frühstück mit Freunden ist oder ein einfacher Spaziergang.
Es klingt sehr makaber aber mein Partner und ich nutzen jetzt die Schicksalsschläge und machen witzchen darüber... das macht Mut und schafft wieder kraft!
Er kam damals mit Darmverschluss in die klinik, als er noch das Stoma hatte, weil er Erdnüsse gegessen hatte
Seit her nenne ich ihn nur noch "Erdnüsschen"
Aber es gibt uns kraft. Es zeigt was wir schon alles gemeistert haben!
Und in diesem Forum zu lesen und zu schreiben ist mir persönlich viel mehr eine Hilfe als mit Freunden oder Psychologen zu sprechen!

Lg Ines
  #15  
Alt 13.09.2016, 14:38
Safra Safra ist offline
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Beiträge: 533
Standard AW: Wo nimmt man Kraft her?

Hallo an alle,

ich hatte - als selber betroffen - nach der Chemo den großen Zusammenbruch. Den ganzen Tag nur noch Angst und geheult. Es hörte gar nicht auf. Durch "Vitamin B" bekam ich schnell einen Termin bei einer lieben Psychologin, wo ich mich die erste zeit ausheulen konnte. Dann wurde es besser. Hat mir gut getan, und wenn Ihr Psychologen an der Hand habt, ist das schon mal gut.

Die zweite Sache, die mir immer hilft, wenn die Gedanken zu sehr kreiseln, ist Ablenkung - irgendeine Sache, bei der man sich konzentrieren muss. Das können auch Handarbeiten sein, Malen, Töpfern - was auch immer.

Die Angst geht niemals weg, das höre ich auch von betroffenen Freunden. Aber je länger es her ist, desto mehr überwiegt wieder der Alltag, und sie ist nicht mehr so vordergründig, kommt allerdings wieder vor jeder Untersuchung.
Das mit dem In-sich- reinhorchen und bei jedem Zwicker Panik schieben ist auch normal. Ging mir auch so. Mit der Zeit weiß man es aber zu wichten. So ungefähr: Jetzt schmerzt es hier, und da weiß ich, dass sich in 2 Minuten die Blähung meldet. Oder: Heute schmerzt der ganze Bauch - naja, wieder mal eine bestimmte Wetterlage. Das muss man aber erst mitbekommen, und das dauert ein bisschen. Mein Mann sagt zwar nicht viel, aber wenn ich mal das Gesicht verziehe, merke ich auch an seiner Reaktion, dass sofort die Alarmglocken schrillen. Also: lasst die Zeit für Euch arbeiten, Geduld, Geduld!

Safra
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