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Alt 09.04.2012, 00:16
Adlerin Adlerin ist offline
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Registriert seit: 08.04.2012
Beiträge: 2
Standard Mein Bruder hat Krebs

Hallo zusammen,

nach wenigen Tagen stillem Mitlesen schreibe ich kurz entschlossen selbst einen Beitrag.

Vor wenigen Tagen erhielten wir die schockierende Diagnose: mein Bruder (23 Jahre alt) hat Krebs. Es handelt sich um eine extrem seltenes malignes Lymphom. Ich kenne die genaue Bezeichnung, möchte sie hier aber nicht hier öffentlich schreiben, da ich verhindern will, dass meine Eltern oder mein Bruder beim googlen auf meinen Eintrag stoßen.

Er hat bereits 4 Wochen im Krankenhaus verbracht, mit unzähligen Untersuchungen und letztendlich einer Entfernung der Milz, um die absolut katastrophal niedrigen Thrombozytenwerte zu behandeln. Bei genauerer Untersuchung des Organs kam dann die Krebsdiagnose.

Aktuell geht es meinem Bruder gut. Er ist zwar etwas geschwächt von der Milzentfernung und leidet ab und zu unter Hitzewallungen, aber ansonsten hat er keinerlei Symptome. Er ist ein paar Tage zu Hause, bevor er am Dienstag wieder ins Krankenhaus muss. Geplant ist eine Chemotherapie mit anschließender Rehabilitation.

Ich habe keine Ahnung, was meinem Bruder als Prognose genannt wurde, aber die wenigen Quellen im Internet besagen, dass die Heilungschancen extrem schlecht sind. Ich bin keine Medizinerin, aber ich glaube, es wäre ein Wunder, wenn er das überlebt.

Ich weiß nicht recht wohin mit all meinen Gedanken und Gefühlen. Mir geht so vieles durch den Kopf, ich habe auch liebe Menschen, mit denen ich darüber reden kann, aber immer wieder übermannen mich einfach all diese Gedanken, Sorgen, Befürchtungen und winzigkleinen Hoffnungen. Sein Knochenmark wurde mehrmals untersucht und war jedes Mal in Ordnung, wobei ich natürlich nicht weiß, inwiefern da auch nach möglicherweise veränderten Zellen gesucht wurde.

Es will einfach nicht in meinen Kopf. Mein Bruder, der sich schon seit der frühen Jugend mit einer chronischen Krankheit herumschlagen muss, soll jetzt auch noch Krebs haben, der möglicherweise nicht behandelbar ist. Es darf einfach nicht sein, dass er stirbt. Ich möchte kein Einzelkind werden. Ich möchte nicht alleine für meine Eltern verantwortlich sein, wenn sie alt werden. Ich möchte mit ihm in die Zukunft blicken, erleben, was er nach seinem Studium macht, ob er auch promovieren will, so wie ich gerade, ich möchte weiter fachsimpeln mit ihm über technische Fragen, ich möchte einfach nicht, dass er und seine besonderer Charakter von diesem Planeten verschwinden. Jedenfalls nicht so früh. Mich quälen so viele Gedanken. Ich möchte nicht übrig bleiben, da mein Bruder in meinen Augen immer das "geliebtere" Kind von uns beiden war. Mein Vater hat sich eh nie viel für mich interessiert, auch wenn er natürlich immer das Gegenteil behauptet. Es erscheint mir so unfair, dass meinen Eltern möglicherweise mein Bruder weggenommen wird. Ich denke, es hätte besser mich treffen sollen als ihn.

Entschuldigt, dass der Eintrag etwas wirr ist. Es macht mir große Probleme dies zu schreiben, da es alles so real werden lässt. Mein Bauch krampft sich zusammen, meine Schultern sind angespannt, alles in mir steht unter Stress.

Ich will unbedingt versuchen, ihm in der kommenden Zeit, egal was passieren mag, eine Stütze zu sein. Ihm wie ich nur kann zu helfen, für ihn da zu sein, mir seine Sorgen anzuhören, die er vielleicht unseren Eltern lieber nicht anvertrauen mag. Das Problem ist nur, dass ich selber nicht der stabilste Mensch bin. Ich habe einen ausgeprägten Hang zur Depression und es gibt aktuell viele Baustellen in meinem Leben. Ängste, die es zu überwinden gilt, einem Partner, von dem ich mich möglicherweise trennen muss, unendlich viel, was ich bei der Arbeit regeln und organisieren muss. Ich habe große Angst, dass ich all das nicht schaffe. Natürlich wirft so eine Diagnose jeden aus der Bahn, aber da ich vorher nicht auf sicheren Füßen stand und auch davon abgesehen kein stabiles Fundament habe, nicht in mir selbst ruhe, stellt das ganze eine noch größere Herausforderung für mich da, als es das sonst eh schon ist. Ich muss extrem auf mich aufpassen und gleichzeitig will ich meinem Bruder alle erdenkliche Unterstützung bieten.

Ich traue mich nicht zu fragen, aber ich würde gern wissen, was sie meinem Bruder genau gesagt haben hinsichtlich seiner Heilungschancen. Einerseits denke ich mir - die Milz ist weg, das Knochenmark ist ok - der Rest muss doch mit Chemo zu schaffen sein! Andererseits ist er ohne Milz natürlich besonders krankheitsanfällig, seine chronische Erkrankung kann auch jederzeit wieder ausbrechen, zumal er aktuell keine Immunsuppressiva nimmt (die höchstwahrscheinlich den Krebs verursacht haben) und er ist extrem untergewichtig (liegt in der Familie, aber auch an seiner anderen Krankheit), weshalb ich große Angst habe, dass er das ganze körperlich einfach nicht übersteht.

Ich weiß gar nicht, was ich mit diesem Beitrag bezwecken will und ich weiß auch gar nicht, ob ich abgesehen von diesem nächtlichen Intermezzo noch mal hier schreiben werde. Aber vielleicht haben andere betroffene Angehörige ein paar Denkanstöße für mich, irgendetwas, was die furchtbare Situation ein wenig erträglicher macht ...

Liebe Grüße
Adlerin
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