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Alt 20.03.2013, 21:33
Maja5 Maja5 ist offline
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Registriert seit: 20.03.2013
Beiträge: 1
Standard Bruder hat Lungenkrebs

Hallo,
ich dachte ich schreibe mal in diesem Forum, weil mir verschiedene Dinge und Fragen durch den Kopf gehen. Ich habe mehrere Geschwister, ein Bruder verunglückte tödlich mit 24 Jahren, fünf Jahre später der Vater mit 52 an Herzinfarkt. Das ist viele Jahre her. Nun 2010 starb erst die Mutter mit 72 nach langem Leiden und Anfang Februar diesen Jahres erfuhr ich nun auch noch, das mein ältester Bruder Lungenkrebs hat. Er ist 54 Jahre alt. Trotz grosser Familie gibt es das Wort Zusammenhalt so gut wie gar nicht, das seit dem mein Vater starb.

Bei dem nun betroffenen Bruder handelt es um den sog. Tyrann der Familie. Seitdem ich denken kann (bin eine der jüngsten) trank er und machte allen in der Familie das Leben schwer. Er ist psychisch krank, schon lange in Rente und hat bis vor drei Jahren nur gesoffen und besonders unserer Mutter das Herz schwer gemacht. Manche der Geschwister meinen, er habe sie unter die Erde gebracht….. Nun ja. Er ist schon einmal fast draufgegangen wegen einer Leberzirrhose. Nach dem Tod der Mutter hörte er auf zu trinken, hatte keine andere Wahl. Und nun….holt ihn der Krebs ein…. Als ich es erfuhr, wusste er es schon eine Woche. Als er es erfuhr, klagte er bereits Monate im Vorfeld über einen ungewöhnlich harten, kugeligen Bauch, Gelenkschmerzen usw. Niemand vermutete Krebs dahinter. Letztendlich spuckte er Blut, klagte dann über zunehmende Schmerzen überall und war fast zusammen gebrochen. Nur ich und ein jüngster Bruder bzw. seine Frau kümmerten sich bisher um ihn. Er ist allein lebend, war nie verheiratet, keine Kinder. Das Wort Freunde hat er nie gekannt und seine psychische Vorerkrankung hat es einem schon nie leicht gemacht, mit ihm längere Zeit ohne Probleme auszukommen. Heute vergöttert er jeden, am nächsten Tag ist man sein grösster Feind….. Selbst als Mutter starb, nahm das kein Ende…. im Gegenteil, nicht er – nein – wir, der Rest der Familie ist schuld an ihrem tot…. Usw. usw.

Nun ja, jedenfalls als er das mit seinem Krebs erfuhr (5 Stunden Krankenhausuntersuchung), sagte man ihm, er habe bereits einen Tumor in der Lunge, Metastasen im Bauch, Leber….diversen Knochenabschnitten und zwei grosse Beulen (auch Metastasen) auf dem Kopf. Ich weiss nicht alles über seine Krankheit, da ich es nicht alles wissen möchte…. Bin selbst aus nervenärztlichen Gründen in Rente und seitdem ich es weiss mit ihm, geht es mir noch schlimmer als sonst…. stärkere Depressionen….. Infektanfälliger….. In der Familie schert es einen Teil überhaupt nicht was er hat, andere fragen nur am Rande, wie es mit ihm verläuft….. Ich selbst hatte auch schon Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs durchzustehen und muss, als sog. Risikopatient alle halbe Jahre selbst bangen…. bei der Vorsorge…..

Mein Bruder hat bereits 2 Chemos hinter sich…… soll eine flüssige Chemo sein, also keine Bestrahlung…. Haare sind natürlich auch schon ausgefallen. Durch seine alkoholische Vorkarriere hat er es besonders schwer, da die Organe bei ihm schon nicht mehr die Besten sind. Die Ärzte sollen ihm gesagt haben, er habe noch drei Monate….6 Monate wären schon utopisch. Meine Schwägerin meinte, er hätte die sog. Palliativdiagnose…. Er hat sich bereits mehrfach übergeben, sogar einmal falsche Schmerzmittel erhalten, ist jetzt bereits auf Morphium. Vor einer Woche, nach der zweiten Chemo hatte er nur noch gebrochen….meine Schwägerin wollte, das er ins Krankenhaus geht…. Er ist Tag und Nacht bei ihr und mein jüngsten Bruder…. Sie meinte er würde sonst unter zuviel Flüssigkeitsmangel leiden und müsse dringend neu eingestellt werden. Ich habe ihm sowohl bei ihr öfter zu Hause besucht, im Krankenhaus und mich nebenbei um seine Wohnung gekümmert…. Obwohl ich weiss, wäre er noch kerngesund, würde er auch mit mir den Spuk von Beleidigungen weiter treiben usw….. weiss ich nicht, warum ich so mit leide….. Ich bin wohl die Einzigste in der Familie die echte Tränen hat fließen lassen bisher. Und es ist für mich nicht einfach, trotzdem noch mit den Geschwistern zu reden, denen er total egal ist, man steht zwischen den Stühlen….aber ich habe mit diesen Geschwistern kein Streit sonst….und ich brauche sie dennoch auch manchmal…. Es ist nervenaufreibend, sowohl mit meinen kranken Bruder als auch den anderen Geschwistern….. mal habe ich Wut auf die, mal kann ich sie verstehen. Es geht bei meinen Tränen nicht nur um mein Bruder, sondern es kommt natürlich alles wieder hoch, auch der Tot meiner Mutter usw…. und oft denke ich, gut das die das nicht mehr miterleben muss….dann würde sie wohl ein zweites Mal sterben….. das sind die schlimmsten Gedanken, die mich belasten…und da ich allein lebe kommen mir Gedanken, die Stadt zu verlassen, stelle mir vor wie es ist, wenn nun mehr der Bruder auch noch stirbt…. verbinde keine guten Gedanken mit meiner Stadt…einfach nur weg…wenigstens ein paar Monate….. verstehe nicht….warum ich so darunter leide, was mein Bruder hat…hat man vorher doch nie gross Kontakt mit einander gehabt…bzw. ihn gemieden….

Nun ja, meine Schwägerin, die sich um ihn kümmert, macht es einen auch nicht leichter….sie hat selbst erst nen Bruder verloren an dieser Krankheit und ihn auch gepflegt…sie hat mehr Nerven für solche Dinge…aber sie redet mein Bruder auch schon als tot…. spricht immer von Beerdigung usw…. müssten wir uns keinen Kopf machen, sie würde sich dann auch kümmern….. redet so gefühllos….und doch hat sie ebenfalls mehr Tränen für ihn über als andere Geschwister…. Alles ist so verwirrend. Da mein Bruder gewöhnt ist, normalerweise alleine zu leben und meine Schwägerin teilweise übermässig die Krankenschwester raushängen lässt, hat er darüber bei mir schon öfter geklagt….er fühle sich ja dort nicht wirklich wohl….und er tickte durch, als er ins Krankenhaus sollte wegen seiner Brecherei….. gegen Willen bringe ihn da keiner rein, scheiss Krankenhaus…scheiss Tabletten usw.. er war nur am meckern. Er wollte in seine Wohnung. Ich habe über eine Stunde auf ihn eingeredet, doch ins Krankenhaus zu gehen. Seine olle psychische Krankheit ist ja schon so ausgeprägt, das er mit keinen Menschen länger klarkommt, aber er ist so undankbar nun mehr auch noch gegenüber meiner Schwägerin und meinen anderen Bruder… er klagte, er würde dort nicht genug zu essen bekommen, nur bei ihr rumhängen…., redet über Dinge ihrer Ehe, die ihn nichts angehen…. Ich hatte echt nen Hals als ich das alles hörte….nur am maulen…. und er meinte, er hätte ja das Gefühl, er läge beiden nur zur Last…obwohl das offen angesprochen wurde…. das es nicht so ist. Als er dann doch endlich ins Krankenhaus kam, habe ich offen mit meiner Schwägerin darüber geredet…wollte sie ein bisschen über seine Verfassung im Bilde halten….. u. a. deshalb, weil er im Krankenhaus meinte, er könne ja dann mal ein paar Tage auch bei mir verweilen. Ein zwei Tage wären auch nicht das Problem gewesen, aber ich weiß, dabei wäre es nicht geblieben…. Er hätte sich bei mir einquartieren wollen, was überhaupt nicht gegangen wäre…da ich kein Auto habe, die Nerven nicht habe und er bei mir auch nach kurzer Zeit am meckern wäre…. Jedesmal wenn ich ihn sehe, reisse ich mich zusammen, aber danach fühle ich mich so mies…… habe Ängste…. Gedanken……. Wut…. Denke noch an die eigene Zukunft, habe dann wieder Angst selbst so eine Krankheit zu kriegen….und keine richtige Lebensfreude mehr…. Es schwankt zwischen jetzt und in der Zukunft…man funktioniert nur irgendwie…Und mir wird schlecht, wenn ich daran denke, wenn er nicht überlebt….

Ich hätte gar nicht die Verantwortung für ihn übernehmen können. Meine Schwägerin wollte ihn dann aus dem Krankenhaus auch wieder abholen, so ihre letzten Worte…. Sie meinte noch, er weiß genau das er sonst niemand hat, der sich um ihn so kümmern würde….und sie meinte, sie stünde darüber, was er da alles schlimmes äussere…..Und ? Sie hatte ihn nicht abgeholt, hat ihn auflaufen lassen, er musste mit nen Taxi in seine Hütte….dann hatte ich ihm laufend am Faden……ich solle mich um ihn kümmern…. Er käme dann zu mir…meine Schwägerin wäre verlogen usw…. Ich erklärte ihm nochmal….ich könne das nicht – außerdem war ich schwer erkältet….für ihn Lebensgefährlich…. Ich meinte, er solle sich an seine Betreuerin wenden, bräuchte Leute die sich um ihn kümmern, er könne nicht alleine zu hause bleiben…. Unverantwortlich in seiner Lage… Stunden lang meldete er sich dann nicht mehr, sondern war beleidigt. Ich hatte nur einen Hals auf meine Schwägerin……fand ihre widersprüchliche Tour nicht gut….. aber wollte auch nichts mehr dazu sagen, das mir das alles zuviel wurde. Mein Bruder rief dann nur ein letztes mal an, meinte, ich hätte ihn bei meiner Schwägerin in den Dreck gezogen…… ich wäre verlogen…usw…… er wolle mit mir nix mehr zu tun haben…… sterbe lieber alleine….. !!! Ich nehm ihn in seiner Situation eigentlich nicht ernst….. aber er ist einer, der sich schon zu gesunden Zeiten einen Freibrief rausnahm, anderen gegenüber verletzend zu sein…..durch seine Krankheit….

Ich musste das alles erstmal verdauen….. frage mich, ob ich was falsch gemacht habe, habe Wut auf meinen Bruder und meine Schwägerin, komme mir nun vor wie die Dumme…..und anderweitig denke ich, lass die beiden machen…..halte dich ganz raus…… halte Abstand….
Der Kontakt zu meinen Bruder war für mich sehr belastend aber zeitgleich auch erleichternd, kann man nicht beschreiben…… ihn noch sehen zu können, das er da ist….. und zeitgleich aushalten zu müssen, wie er nur mault….als ob wir nicht auch alle sterblich sind….. usw.
Ich selbst will noch zu seinen Lebzeiten meines Bruders …. meine Stadt verlassen…halte das hier einfach nicht mehr aus….. kann mich aber nicht richtig darauf konzentrieren….. habe dann auch irgendwie ein mieses Gewissen….. ihn im Stich zu lassen…. einfach krank, dieses durcheinander….. Weiss auch nicht, ob ich den Kontakt nochmal aufnehmen soll oder nicht…. Na ja, nicht jetzt, aber in einigen Tagen…. ? wenn sich die Lage beruhigt hat, aber auf der anderen Seite möchte ich am liebsten, das alles vorbei wäre, er geheilt wäre oder nicht mehr lange leiden muss… kann auch keine weiteren Verletzungen von ihm mehr ertragen…. ausser sein Leidensweg…..will mir aber keine Vorwürfe machen müssen….gegenüber unserer verstorbenen Mutter, die ihn schon unendlich mehr bemitleidete als unsereiner…. Sie hat ihn übermässig geliebt…. Warum auch immer.

So wie er aussieht, kann ich mir nicht vorstellen, das er eine weitere Chemo schafft…und er meinte, eine Metastase unter der Achsel wäre kaputt gegangen, aber an anderen Stellen hätten sich trotzdem neue gebildet….er redet immer, er habe ja noch vier Monate vor sich…. Aus anderen Berichten hier lese ich, das es manchmal noch über ein Jahr so gehen kann….dieser Kampf usw. und auch sogar Jahre mit manchen Krebstypen.

Ich weiss nicht wie ich mich weiter verhalten soll. Ich tue mir mehr an als meine gesunden Geschwister mit ihm, aber ich muss trotzdem auch an meine eigene Gesundheit denken, da ich durch dieses Prozedere schon wieder kranker bin…..mehr Depressionen, keine Lebensfreude mehr richtig…weniger als vorher jedenfalls….. und mit meinen anderen Geschwistern kann ich sowieso nicht richtig darüber reden. Das Wort Freunde kenne ich zur Zeit auch nicht mehr…..meldet sich doch kaum noch einer, seitdem sie es alle wissen, was mich bewegt…. Denken alle nur an sich !

Ich verstehe nicht, warum die Metastasen am Kopf meines Bruder nicht zusätzlich bestrahlt werden. ? Habe gehört, die geht man anders an. Unter Pallativstation verstehe ich Sterbestation. Auf der einen Seite heisst Chemo lebensverlängernde Maßnahme, auf der anderen Seite Hoffnung auf Heilung ??? Wenn er noch am kämpfen ist mit allem, wo käme er wohl hin, hätte er keine Verwandten die sich kümmern würden ? – und er ja nun auch noch am kämpfen ist, obwohl die Ärzte meinten…. Nur noch drei Monate…. Käme er dann in ein Pflegeheim…. ?? danke fürs lesen…. Tut mal richtig gut, hier zu schreiben…. Es ist eben die Hölle, die man durch macht….Ich versuche ja nicht immer daran zu denken, aber desto mehr Zeit vergeht, desto erdrückender ist der Zustand, wenn man an ihn denkt…. Kann nicht so leben wie früher…. Eben wegen diesen verdammten gemischten Gefühlen und dieser verzwickten Lage in unserer Familie. Hoffe, ihr wisst Rat.
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  #2  
Alt 21.03.2013, 16:07
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Bruder hat Lungenkrebs

Hallo Maja,
es ist ja schlimm was du im Augenblick durchmachst. Du selber kannst auf Grund deiner gesundheitlichen Situation nicht für deinen Bruder sorgen. Auch wenn du auf deine Schwägerin böse bist sie hat schon sehr viel für deinen Bruder getan. Wenn sie sagt sie kann nicht mehr dann ist dies auch zu verstehen. Du sagst dein Bruder wird palliativ behandelt im KH. Gibt es dort so was wie eine Sozialstation. Dort könntest du hingehen und dort sagen das keiner aus der Familie deinen Bruder zur Pflege aufnehmen kann. Die wissen eventuell dort wo dein Bruder nach dem KH-Aufenthalt hingehen kann. Wenn ich das richtig gelesrn habe hat dein Bruder ja auch einen Betreuer. Ist das denn ein offizieller Betreuer vom Amt? Im Zweifelsfall entscheidet der was weiter mit deinem Bruder geschieht. Ich wünsche dir ganz viel Kraft.
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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