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  #1  
Alt 17.10.2006, 18:39
gummibärchen gummibärchen ist offline
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Standard Ärzte- Halbgötter in Weiss

Hallo, ich bin neu hier.
Mein Schwiegervater hat ein nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, Metastasen in der Leber und vielleicht im Kopf (kann auch eine angeborene Anomalie sein).
Er hat jetzt gerade seinen zweiten Chemo- Zyklus hinter sich. Und es geht ihm im Moment echt dreckig. Schmerzen im Rücken ohne Ende, und er ist extrem wackelig auf den Beinen. Mein Problem ist, dass beide, meine Schwiegereltern, Ärzte für Halbgötter in Weiss halten und nichts hinterfragen.
Allerdings ist es jetzt schon zum 2. Mal vorgekommen, dass er seine Medikamente nicht richtig nimmt.
Ich bin sowie so schon die "Böse", die über Testament und Patientenverfügung spricht.
Jetzt soll am Montag über den weiteren Verlauf der Behandlung entschieden werden. Die Ärzte waren schon nach den 1. Zyklus nicht wirklich zufrieden. Habt ihr einen Tipp, wie man damit umgeht, denn ich denke man muss sich schon Gedanken machen ob Strahlentherapie das Richtige ist oder nicht.
Gibt es da eine Möglichkeit ohne beiden vor den Kopf zu stoßen, enger in die Behandlung eingebunden zu werden - man glaubt uns nicht, dass mein Schwiegerpapa nicht mehr alles richtig mit bekommt. Und Schwiegermama will dass nur bedingt wahr haben bzw. ihren Mann nicht als hirnlosen Trottel da stehen lassen.
Mein Mann hat sich gut damit abgefunden, dass sein Papa stirbt, aber er hat nicht die Zeit und die Möglichkeit an allen Terminen teilzunehmen. Mit meinem Schwager kann man darüber gar nicht reden, er verdrängt total.

Zumal der Hausarzt ein totaler Idiot ist. Er hat schon mal ziemliche Scheiße gebaut weil er Morphiumpflaster, extreme Schmerztabletten und Psychopharmaka auf einmal verschrieben hat - Kreislaufkollaps.

Falls ihr Ideen habt, wie man sensibel mit dem Thema umgehen kann - bitte meldet euch.

Liebe Grüße Gummiobärchen
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  #2  
Alt 17.10.2006, 20:15
Angi Angi ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Liebe/s Gummibärchen,

schon ein sehr schwieriges Thema, und den Ratschlag gibt es wohl nicht, jede Situation ist da anders. Mein Vater war mit der Erkrankung meiner Mutter auch sehr überfordert. Allerdings war er dankbar und einverstanden, dass sich meine Schwester und ich um die Gespräche mit den Ärzten gekümmert haben und hat entsprechende Vollmachten (mündlich) den Ärzten erteilt, bzw. war dann auch dabei . Allerdings war meine Mutter zunächst garnicht in der LAge Fragen zu stellen oder ihre Meinung kundzutun.

Auch ist natürlich jeder Mensch anders. Eine schwierige Gratwanderung das dann zu akzeptieren, vor allem weil man ja doch ziemlich hilf-und machtlos ist und doch gerne das einzig richtige tun möchte. Auskünfte und Erklärungen werden die behandelnden Ärzte wohl vorranging dem Patienten und dessen Ehefrau geben (und auch nur geben dürfen). Ich denke ich würde probieren mit Schwiegervater und -mutter zu reden und zu fragen ob Hilfe , Beistand bei Gesprächen, Beschaffung von Informationen, Einholung einer Zweitmeinung etc. gewünscht ist. Auch die Nichteinnahme von Medikamenten dergleichen sollte sicherlich vertrauensvoll besprochen werden können, vielleicht kannst du mit deiner Schwiegermutter nochmal ins Gespräch kommen? Es ist sicher sehr schwer und ganz hart zu sehn was die Krankheit mit einem geliebten Menschen anrichtet, ihn verändern kann....ich hoffe dass ihr in der Familie euch gegenseitig gut stützen könnt und ein Miteinander finden könnt,

mit liebem Gruß

ANgi
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  #3  
Alt 17.10.2006, 21:27
gummibärchen gummibärchen ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

hallo Angi,

im Prinzip ist er schon damit einverstanden, das wir informiert werden. Allerdings macht er auf Menschen die ihn nicht kennen einen "normalen" Eindruck. Aber er bekommt nicht mehr alles mit oder will auch nicht alles wahr haben. das führt dazu das wir nicht immer genau wissen welche Medikamente er nehmen soll oder auch nicht. Oder dass wir auch nicht wissen was man in Zukunft mit ihm vorhat. meine S-Mutter fragt auch nicht immer nach - aus Angst vor der Antwort. Und da ich ja nicht seine Tochter bin kann ich ja nicht im vollen Umfang informiert werden.

Ich denke beide wissen dass die Prognosen nicht rosig sind, wir gehen von knapp 1 Jahr aus. Aber beide wollen, dass sich das gegenseitig nicht eingestehen, um den anderen zu schützen.

Solange die Ärzte nicht begreifen, das er nicht mehr Herr seiner Sinne ist, bleibt uns nur die Entmündigung und das will und kann ich meiner S-Mutter nicht antun.

Lg Kerstin
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  #4  
Alt 18.10.2006, 00:43
Angi Angi ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Liebe Kerstin,

ja, das ist sehr schwierig. Eine "Entmündigung" in dem Sinne gibt es ja auch nicht mehr aber ich verstehe was Du meinst. Der Grat ist schmal. Wann und wie entscheidet der Mensch eigenverantwortlich wieviel Wahrheit er ertragen will und Kann? Und hat er das Recht egoistisch, ohne Rücksicht auf sorgende Familienangehörige, zu entscheiden, dass er die WAhrheit nicht wissen will? Wo ist die Grenze wo er die Entscheidung noch bewusst selbst treffen kann, wo nimmt die Krankheit Einfluss und er wäre auf die Hilfe von außen angewiesen? Das frage ich mich zumindest selbst zuweilen und ich kann nur sagen, dass ich für mich selbst Entscheidungen formuliere und treffe solange ich das noch bei vollem Bewusstsein kann, aber ich weiß auch, aus unmittelbarer Umgebung, dass es viele Menschen gibt, die sich darüber keine Gedanken machen oder machen wollen. Manchmal aus dem Missverständnis heraus auch dem geliebten Menschen um sich herum nicht zusätzlich zu belasten, manchmal schlicht aus einem ähnlichen Grund warum zuweilen Kinder sich bei drohender Gefahr/Feuer in einem Schrank verstecken wollen anstatt zu laufen.Und so gibt es noch viele Grauzonen dazwischen. Ich verstehe Dein Dilemma gut. Vielleicht hilft unter Umständen ein ehrliches Gespräch über Deine und seine Gefühle mit Deinem Schwiegervater? Du/Ihr kennt ihn am Besten, aus der Ferne redet/schreibt es sich leicht. Manchmal erzählte mir auch ein Betroffener , dass die erste Reaktion schlicht Schock, dann Verdrängung war bevor weitere Reaktionen und Behandlungen stattfinden konnten. Andere wollten den Ernst der Lage vermeintlich bis zum Schluss nicht wahrhaben. Aber ehrlich , ich bin mir nicht ganz sicher ob das tatsächlich so ist .Als meine Oma den Ernst der Lage mit Lungenkrebs im Endstadium begriff (sie hatte zuvor zweifelhaften, kostspieligen Blutwäschemethoden den Vorzug gegeben und sich scheinbar ein halbes Jahr lang gesund gefühlt) und die Werte eines Befundes auf den Tisch bekam, schwarz auf weiß, war es mit ihrem Lebenswillen schlagartig vorbei. Aber auch das ist nur mein subjektives Empfinden, weil dann der zeitliche ABlauf bis zu ihrem Tod mir wie ein Zeitraffer vorkam.
Es ist auch schwer mit diesen Statistiken und Prognosen...meine Mutter hat die Diagnose "Kleinzelliges Brochialkarzinom " mit viel Glück und OPeration überlebt, sie ist nun seit vier Jahren metastasenfrei. Sie lag aber auch schon auf der Neurointensiv im Koma und mein Vater hatte ihre amtliche Betreuung übernehmen müssen. Der Tumor sorgte indirekt dafür, dass sie ihre Umgebung nicht mehr wahrnehmen konnte. Naja, bin ein rationaler Mensch und lese die Forschungsberichte der Universitäten, las damals die Statsitiken, Behandlungsmethoden, SChäden durch Chemo und Strahlentherapie, Heilung, Verlängerung, Verbesserung der Lebensqualität durch Chemo und Strahlentherapie, und es war doch, in diesem besonderen Fall anders.
Liebe Kerstin, bitte entschuldige, bin ins erzählen gekommen, manchmal holen Bilder und Empfindungen einen wieder ein. Ich habe die Erfahrung bisher gemacht, dass Betroffene Personen zumeist sehr gut über ihren Zustand und die Folgen Bescheid wussten, dass aber bei einigen "Nur" die Angst zu groß war darüber zu sprechen, die Angst die sie selber hatten und die Angst um ihren Lebenspartner/Familienangehörigen und die erst mit einem Aussenstehende /Anonymen darüber sprechen konnten.Ich weiß nicht ob Dir das hilft, aber ich wünsche Dir ,dass Du zu einer Lösung für Euch /Dich kommen kannst,

mit liebem Gruß Angi
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  #5  
Alt 18.10.2006, 12:07
Schnucki Schnucki ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Hallo Gummibärchen,

ich muß jetzt ehrlich zugeben, etwas geschockt bin ich, wenn ich so massive Wörter wie Entmündigung lese.

Ich hatte gestern ein Gespräch mit dem Sozialdienst im KH. Eben wegen: Was ist wenn pflegebedürftig etc etc.

Die Sozialarbeiterin riet mir, meine Mutter, die ja die Betroffene ist, nicht zu überfordern. Meine Mum hat eine Patientenverfügung, Testament braucht sie nicht, ist alles schon lange geregelt, ich weiß, wie sie sich die Beerdigung vorstellt. Aber das Thema Pflege ist ausgespart. Wenn es wäre, geht sie in ein Pflegeheim? Wie stellt sie es sich vor? etc.

Das ist genau der Punkt, den ihr meines Erachtens bei Deinem Schwiegervater nicht ganz richtig macht. Der Schwiegervater ist der Betroffene, er muß jetzt mal primär mit dem Gedanken zurechtkommen. Er wird sich auch damit auseinandersetzen, in dem Tempo, wie er es will. Es geht nicht spurlos an ihm vorüber. Wenn er darüber sprechen will, wird er es tun. Dann wird auch so etwas wie Patientenverfügung etc. auf den Tisch kommen. Aber: Er muß es wollen. Es hilft nichts, ihn unter Druck zu setzen. Dann wird er - wie auch seine Frau - abblocken.

Seinen Medikamentenplan zu erfahren ist sicher nicht so schwer. Da denke ich, wirst auch Du oder zumindest Dein Mann Auskunft bekommen.

Ich versteh Dich schon, Du bist gesund, Du möchtest doch bitte Bescheid wissen, alles geregelt haben. Du bist der Meinung, alles in die Hand nehmen zu müssen. Das müssen aber auch die Betroffenen selbst wollen. Alles andere ist etwas entwürdigend. Ich helfe meiner Mutter, soweit sie es zuläßt. Ich rede auch mit den Ärzten, dem Sozialdienst. Aber: Ich sage ihr auch nur was, wenn sie es wissen will.

Sorry, aber es liest sich wirklich für mich sehr hart. Versuche halt auch mal etwas Deine Schwiegerleute zu verstehen. Es gibt Menschen, die wollen gar nicht alles so genau wissen. Sie haben Vertrauen, daß behandelt wird. Aber mehr interessiert sie nicht. Sie haben wenigstens noch Hoffnung. Es ist ihr gutes Recht, eben nicht so informiert zu sein. Wenn Ihr mehr wissen wollt, dann sollte sich vielleicht mal Dein Mann mit den Ärzten zusammensetzen. Und für sich die Infos holen.

LG

Astrid
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  #6  
Alt 18.10.2006, 12:46
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PetraGP PetraGP ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Hallo Gummibärchen,

auch wenn ich mich jetzt sehr weit aus dem Fenster lehne, ich möchte trotzdem auch was dazu sagen....
Ärzte so zu verurteilen finde ich nicht richtig, ohne Schulmedizin geht es eben nicht!
Ferner möchte ich mich komplett Schnuckis Aussagen anschließen:

Dein Schwiegervater IST und BLEIBT die Person, der die Krankheit miterlebt, er hat zu Kämpfen und wenn es ihm gut tut, warum soll er dann nicht auf die Ärzte vertrauen. Was käme denn Deiner Meinung nach für Dich (für ihn) als Alternative in Frage? Chemo ist ein Muss bei Lungenkrebs, da geht kein Weg daran vorbei, denn sonst ist das Leben sehr schnell vorbei.
Und er hat noch seine Ehefrau an der Seite, die beiden müssen mit der schrecklichen Situation klarkommen, schliesslich werden sie im Laufe der langen Zeit (die sie wahrscheinlich schon verheiratet sind) zusammengeschweißt sein, sprich sie hängen aneinander.
Für eine Entmündigung sehe ich wirklich kein Anlaß, ich finde das auch sehr krass und kühl gehandelt.
Krebs verändert den Menschen, der ihn ertragen muss.
Und ob der Hausarzt wirklich ein Idiot ist, mach Dir doch selber mal ein Bild von ihm, geh doch mal hin und schau ihn Dir an.
Der Kreislaufkollaps kann bei so einem Krankheitsbild auch durchaus andere Ursachen haben.
Mich erschreckt es immer wieder, wie leichtfertig manche mit der Psyche kranker Menschen umgehen.
Für alle, die das jetzt zu hart von mir sehen, ich bitte um Entschuldigung...nichts für ungut.

Gummibärchen, versuch doch einfach etwas liebevoller mit Deinem Schwiegervater umzugehen, ich denke Deinen Aussagen nach zu urteilen ist seine Lebenszeit begrenzt.
Vermittel ihm nicht das Gefühl, dass er nicht mehr in der Lage ist selber über sein Schicksal zu entscheiden.

Liebe Grüße, Petra
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