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Alt 10.10.2005, 15:46
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Registriert seit: 07.10.2005
Beiträge: 24
Standard Es ist so unendlich schwer...

hallo zusammen

wir haben heute vor einer woche die nachricht bekommen, dass meine mama unheilbar an krebs erkrankt ist... die ärzte können leider nichts mehr tun, und momentan bekommt sie einfach schmerztherapie... vielleicht sollte ich euch kurz die ganze geschichte erzählen - wie es dazu kam etc...

also, angefangen hat alles im januar 2004... damals ging es meiner mama plötzlich sehr schlecht, sie konnte nichts mehr essen und ihr war ständig schlecht... nach mehreren überzeugungsversuchen von mir (24) und meinem bruder (20) ist sie dann anfang februar endlich zum hausarzt gegangen... ich muss dazu vielleicht sagen, dass meine mama sehr auf die alternative medizin schwört und ihre hausärztin auch eher auf naturheilbasis arbeitet, wurde erst mal mit solchen mitteln versucht ihre beschwerden zu lindern...

nachdem dies dann aber langfristig gesehen nicht viel gebracht hat, haben wir kinder sie dann im april 04 endlich überreden können sich in einer uniklinik gründlich untersuchen zu lassen... nach sono, ct und mrt bekamen wir dann im mai den bericht, dass die ärzte einen tumor auf der leber entdeckt haben... anfang juni dann wurde meine mutter ins KH eingewiesen und ihr wurden laporoskopisch einige gewebeproben der leber entnommen welche dann untersucht worden sind... anscheinend war der tumor bösartig, und knapp 3 woche später wurde meiner mutter dann ca. 70% der leber komplett entfernt... die operation war relativ schwierig, da meine mutter bei der OP viel blut verloren hat... nach dem eingriff war sie dann erstmal knapp 4 wochen im KH, danach durfte sie wieder nach hause...

danach folgten dann regelmässige untersuchungen (alle 2 wochen), und im dezember 04 wurde dann leider wieder eine bösartige zelle auf dem verbleibenden teil der leber gefunden... anfang dieses jahres dann, hat meine mama eine chemo angefangen... zu beginn der therapie ging es ihr sehr gut, und wir glaubten schon an ein gutes ende... im april dieses jahres dann, begannen dann aber die probleme... meine mutter hatte plötzlich enorm viel wasser im bauch... sie bekam dagegegen tabletten, welche sie aber sehr schlecht vertrug... nach 2-maligen punktieren und wasser ziehen (das erste mal waren es knapp 8 liter, das zweite mal knapp 5 liter!) ging es ihr dann kurzfristig wieder besser... ende august dann fing es aber plötzlich wieder an und seit mitte september ging es ihr dann so schlecht, dass sie nur noch zuhause im bett lag...

in der nacht vom 2.10 auf den 3.10 rief mich dann mein bruder mitten in der nacht an (er wohnt noch zuhause) und teilte mir mit, dass mama im bad ganz schlimm gestürzt sei - sie wollte wohl auf toilette... ich bin dann sofort hingefahren und wir haben sie dann gemeinsam ins nächste krankenhaus gebracht... dort wurde ihre platzwunde am kopf genäht und die ärzte haben sie dann untersucht... am montag mittag bekamen wir dann die nachricht, dass es für meine mama keine hilfe mehr gibt... der leberkrebs war so stark und agressiv, dass er sowohl in der lunge wie auch im bauchfell metastasen gebildet hat... nach etlichen untersuchungen und rücksprache mit ihrem behandelnden arzt, wurde dann rasch klar, dass meine mama schon länger von dieser diagnose gewusst haben muss...

ich muss dazu sagen, dass ich niemals wirklich mit einem ihrer ärzte gesprochen habe - da mache ich mir natürlich jetzt viele vorwürfe... meine mutter beteuert allerdings niemals von den ärzten über den ernst der lage informiert worden zu sein... sie meinte ihr wurde immer wieder gesagt, dass das schon in ordnung käme... die ärztin im KH wo sie jetzt liegt, hat mir dann aber erklärt, dass viele patienten die diagnosen schlicht und einfach verdrängen... ich weiss jetzt nicht, wo die wahrheit liegt, aber das spielt wohl nun auch keine rolle mehr...

die nachricht darüber, dass meine mama nicht mehr lange hier sein wird, hat mich so tief getroffen, und hat mich derart umgehauen, dass ich die ersten 2 tage nur geheult habe... mein mann und meine besten freunde waren zwar sofort für mich da, aber ich konnte es einfach nicht begreifen...

meine mama ist 53 jahre alt, und war ihr leben lang immer gesund!!! sie war immer mein vorbild, war immer stark, und kein problem konnte sie je bezwingen... nach der scheidung meiner eltern vor 13 jahren hat meine mutter mich und meinen bruder alleine grossgezogen, und das verhältnis von uns war immer super!!! sie ist meine beste freundin!!!

und nun soll sie bald von dieser welt gehen müssen??? warum nur???? das ist doch nicht fair... wir brauchen sie doch...

momentan liegt sie nun wie gesagt im KH (dieses ist das bezirksspital ca. 5min von unserem wohnort entfernt) und erhält morphium, zur schmerzlinderung... letzte woche wirkte sie seit langem mal wieder richtig gelöst, was wohl bestimmt daran liegt, dass sie endlich keine schmerzen mehr hat... dieses wochenende war es dann aber so, dass wir bemerkt haben, dass sie zum teil sehr verwirrt ist... sie verwechselt die tage, sie erzählt von besuchern die gar nicht da waren und sie bricht plötzlich mitten im satz ab und starrt dann ins leere... schmerzen hat sie nach eigener aussage keine, und darüber bin ich sehr froh!!! dennoch verunsichert mich ihr zustand natürlich sehr... mein bruder und ich besuchen sie täglich und verbringen mehrere stunden bei ihr im KH... die ärzte konnten uns auf unsere frage wie lange "es" denn noch gehen kann keine genaue antwort geben... die eine ärztin meinte dass liege auch oft daran, wie schnell der jeweilige patient bereit ist loszulassen...

letzten montagnachmittag musste ich nach der diagnose zu meiner mama ans bett sitzen und alles genau aufschreiben... wie sie beerdigt werden will, wer was kriegen soll etc.. für mich und meinen bruder war dies sehr schlimm, denn anscheinend hat sie sich mit ihrem schicksal schon relativ gut abgefunden... sie meinte auch wir sollten nicht traurig sein, und wir wären ja inzwischen auch erwachsen und könnten nun auf eigenen beinen stehen...

ich hatte nun eine woche zeit mich mit dem gedanken abzufinden, dass sie wohl nicht mehr lange bei uns sein wird... bloss... es ist einfach so schwer... sie ist doch meine mama!!! wenn ich daran denke, was sie noch alles vorhatte... was sie noch alles erleben wollte... ich kann gar nicht beschreiben wie es mir zur zeit geht... ich bin traurig, hilflos, fühle mich leer... und doch merke ich seit ca. 2 tagen, dass da auch ein anderes gefühl dazu gekommen ist... momentan kann ich es (noch) nicht einordnen, aber ich glaube, dass mein verstand langsam zu begreifen beginnt...

ich habe mich die letzte woche bestimmt 1000x gefragt warum uns weshalb... warum meine liebe, herzensgute mama? warum nicht jemand anderer, denn man zwar auch bedauert, aber denn man eben nicht kennt... dessen schicksal einen nicht so betrifft...

auf der anderen seite habe ich mich gefragt ob es von mir nicht egoistisch ist so zu weinen... schliesslich muss nicht ich gehen sondern mama... ich werde hierbleiben können... werde weiterhin in urlaub fahren können, im sommer an den see zum grillen, werde weiterhin musik hören, werde weiterhin die 4 jahreszeiten durchleben dürfen... halt einfach bloss ohne sie...

ich weiss, der schmerz wird wohl irgendwann vergehen, aber im moment... ich denke meine mama ist mit dem loslassen schon einen gewaltigen schritt weiter als ich, und dafür bewundere ich sie von ganzem herzen!!! manchmal wünschte ich, ich wüsste genau wie lange wir noch zusammen sein können, und kurz darauf bin ich froh, dass ich es vielleicht nicht weiss...

wir geniessen die zeit zusammen, und ich hoffe von ganzem herzen, dass sie niemals schmerzen leiden muss... ich hoffe, dass sie einfach mal friedlich einschlafen wird, wenn es soweit sein sollte... und ich wünsche mir, dass ich dann an ihrer seite sein darf... ich möchte sie auf diesem letzten stück begleiten, möchte ihr zeigen, dass wir da sind... vor diesem letzten schritt habe ich sehr viel angst, besonders davor, dass ich vielleicht zu spät kommen könnte, oder dass sie geht ohne dass ich bei ihr bin...

momentan ist sie noch da und in knapp 2h werde ich wieder an ihrem bett sitzen können, ich hoffe es geht ihr heute etwas besser als gestern...

Siri
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