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  #1  
Alt 11.07.2014, 13:54
David88 David88 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2014
Beiträge: 5
Standard [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Hallo,
ich lese schon seit letztem Jahr (2013) hin und wieder hier im Forum. Heute habe ich mich entschlossen selbst einen Eintrag zu schreiben, um mir meinen Kummer von der Seele zu schreiben.
Ich bin 25 Jahre jung wohne mit meinen Eltern und Großeltern unter einem Dach (3 Familienhaushalt), selbst studiere ich noch.
2013 erkrankte mein Vater an Magenkrebs, nach 3 Chemotherapien wurde ihm der ganze Magen und ein teil der Lymphen entfernt. Zum heutigen Stand wurden keine neuen Tumorzellen entdeckt und er befindet sich in der Eingliederung seiner Arbeit.
Ungefähr zur gleichen Zeit erkrankte mein Großvater (77) erneut an Krebs. Er hatte vor 14 Jahren einen Nierentumor. Alles wurde entfernt und es hieß er war geheilt... doch letztes Jahr bekam er oft starkes Nasenbluten, es platzten immer wieder Adern. Er wurde darauf hin operiert und dabei fand man einen Tumor in der Nasennebenhöhle. Bei den folgenden Untersuchungen wurden Metastasen in der Lunge, Nasennebenhöhle und im Gehirn gefunden. Diese sollen vom Nierenkrebs von vor 14 Jahren gewesen sein.
Mein Großvater bekam eine Strahlentherapie welche am 14 April 2014 beendet wurde, die Untersuchung ergaben, dass die Tumore im Hirn kleiner geworden sind.
Allerdings hatte er Ende April einen starken Krampfanfall mit Atemstillstand, ich habe ihn damals in die stabile Seitenlage gelegt woraufhin er wieder anfing zu atmen. Nach einem 1 Wöchigen Krankenhausaufenthalt wurde er mit einer Kortison (Dexa) entlassen.

Wir sollten das Kortison langsam absetzten und uns von Woche zu Woche hangeln. Allerdings schaffen wir es nicht unter 2mg zu kommen da er sonst immer wieder Krampfanfälle bekommt. Er hat auch seinen Lebensmut komplett verloren und liegt so gut wie nur noch im Bett.
Er hat nun auch Pflegestufe 2 bekommen, so oft ich kann hole ich ihm aus dem Bett und fahre mit ihm ein wenig rum. Mehrmals täglich muss ich ihn aus dem Bett "heben" um ihn auf seinen Toilettenstuhl zu setzten, da es sonst keiner im Haus schafft.
Des Nachts steht er teilweise alleine auf und fällt hin, woraufhin er sich dann komplett einmacht und ich dann zusammen mit meiner Mutter ihn komplett waschen muss und wieder ins Bett hieven.

Ich selbst schlafe mittlerweile nur noch 3-4 Stunden am Tag, da ich dauernd die Angst habe, gleich geht die Tür auf und meine Großmutter ruft mich ich solle schnell kommen. Ich weiß dann genau es ist wieder etwas passiert.
Das kommt dann so ca 5-7 mal am Tag vor.
Mittlerweile bekommt er Nachts auch Beruhigungs/Schlaftabletten damit er durchschlafen kann. Ich arbeite Nachts dann für einigen Stunden im Druckhaus einer Zeitung.

Ich bin Nervlich ziemlich am Ende, denn das Thema Krebs begleitet mich nun jeden Tag zu jeder Zeit seit über 1 Jahr. Doch diese tägliche Anspannung dass wieder etwas mit meinem Großvater ist und ich gleich wieder aufspringen muss macht mich ziemlich fertig.

Hat jemand Erfahrung mit einer solch Ähnlichen Situation und Tipps wie man ruhiger wird und sich nicht immer verrückt mit dem Gedanken "Gleich rufen sie mich wieder" macht?
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  #2  
Alt 11.07.2014, 18:57
Marmot Marmot ist offline
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Registriert seit: 13.01.2014
Ort: Potsdam
Beiträge: 198
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Hallo lieber David88,

was du da leistest und durchmachst, das ist unfassbar schwer! Ich bin der Meinung, dass du dringend selbst Hilfe brauchst, du brichst sonst zusammen. Wie willst du dein Studium schaffen bei der Belastung?

Gibt es niemanden, der für dich wenigstens mal eine Stunde am Tag die Betreuung übernehmen kann, damit du dich irgendwie entspannen kannst? Ich selbst habe mir psychologische Hilfe geholt und komme damit gut zurecht, dann mache ich, wann immer es geht, Yoga und versuche mit Atemübungen "die Welt da draußen" auch draußen zu lassen. Das lernt man aber auch nicht unbedingt von heute auf morgen, du brauchst viel Geduld und die hast du bestimmt jetzt nicht mehr übrig (?). Vielleicht kannst du trotz aller Belastungen Sport in deinen Alltag einbauen, den du magst. Das holt dich auch ein wenig "runter".

Man Scheixxx, du bist auch noch so jung und musst das alles leisten, tut mir leid wirklich.

Viele Grüße
Marmot
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  #3  
Alt 12.07.2014, 23:10
David88 David88 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2014
Beiträge: 5
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Letzte Nacht musste ich nur 2 mal raus (24Uhr und 3 Uhr) dann kam musste er erst wieder um 7 Uhr morgens. Zum Glück helfen die Beruhigungstabletten etwas.
Heute konnte er auch nach 6 Tagen sein großes Geschäft verrichten. Allerdings nimmt der Gesundheitszustand immer weiter ab, heute kamen auch die Laborergebnisse der letzten Untersuchung... die Leberwerte sind nicht gut, zu hoch.
Heute konnte ich wirklich ein wenig abschalten da meine Tante sich ein paar Stunden um ihn gekümmert hat. Ich konnte ein paar Stunden Schlaf nachholen.
Morgen kommen meine Eltern aus ihrem 2 Tägigen Urlaub zurück, dann muss ich alles nicht mehr alleine wuppen und habe etwas mehr Unterstützung.

Heute hatte er auch wieder einige kleine Krampfanfälle wo er komplett weggetreten ist. Trotz Dexa 3mg die er 3 mal am Tag bekommt. Ich will Montag gleich einen neuen Termin beim Onkologen machen, da sich der Zustand in den letzten 3 Wochen nach der Untersuchung so stark verschlechtert hat. Wir müssen auch Pflegestufe 3 beantragen damit wir ein Krankenbett bekommen, ich kann ihn mittlerweile nicht mehr wirklich aus dem tiefen Bett heben. Ich nehme täglich 3-5 starke Schmerztabletten zu mir da mein Rücken ziemlich schmerzt.

Zum Thema Sport, ich bin eigentlich immer sehr gern Rad gefahren, allerdings fehlt mir einfach die Zeit. Ich weiß wohl, dass ich mir die Zeit nehmen muss, da ich sonst noch zusammen breche.
Aber irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl die anderen mit der "Arbeit" allein zu lassen.

Ich freue mich einfach erstmal morgen auf meine Eltern, die mich dann ein wenig entlasten können.
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  #4  
Alt 13.07.2014, 20:50
Marmot Marmot ist offline
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Ort: Potsdam
Beiträge: 198
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Hi David,

freut mich, dass deine Eltern dich wieder unterstützen können; nimm`jede Hilfe an, die auch dich entlastet!!! Ich weiß, wie schwer das ist und das man in Gedanken nur bei dem Kranken ist und ständig die Uhr im Kopf hat, aber diese Krankheit darf nicht auch noch dich kaputt machen, du hast noch so viel vor dir.

LG
Marmot
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  #5  
Alt 13.07.2014, 21:03
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Lieber David,
Zitat:
Wir müssen auch Pflegestufe 3 beantragen damit wir ein Krankenbett bekommen, ich kann ihn mittlerweile nicht mehr wirklich aus dem tiefen Bett heben
der behandelnde Arzt deines Großvaters kann ein Pflegebett rezeptieren. Im Sanitätshaus wird das Bett ausgeliehen, bitte sprich den Arzt darauf an.

Von einer bestimmten Pflegestufe ist die Verordnung nicht abhängig.

Ich möchte dir und deiner Familie ein großes Kraftpaket auf die Reise schicken.

Tschüß,
Elisabethh.
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  #6  
Alt 24.07.2014, 14:41
ute.1703 ute.1703 ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

David,
hoffentlich habt ihr schon das Pflegebett.
Die nächtliche Anspannung wirst Du nicht los. Ich habe im Schlaf das Telefon gehöhrt, obwohl es nicht geklingelt hat. Ihr müsst nach Lösungen suchen. Wollt ihr immer zu Hause pflegen ? Allein ? Warum kommt keine Pflegekraft, wenigstens zum Waschen. Ist aber auf lange Sicht nicht ausreichend. Gibt es eine ambulante onkologische ärzteliche Versorgung?
Was machst Du wenn Opa keinen Stuhlgang hat und Einläufe benötigt ?
Du kannst und solltest nicht allein pflegen u Dich verantwortlich fühlen. Wie ist die Hospitz Möglichkeit ? Zur Pflegestufe 3, wurde bei meiner Mutti abgelehnt, 4 Wochen vor ihrem Tod, da sie noch die Arme bewegen u einen Löffel zum essen halten konnte. Das war übrigens das einzigste was noch ging. Mutti konnte sich nicht mal mehr im Bett drehen. Glaube mir, es kann so schlimm werden, daß es Deine jetzigen Vorstellungen bei weitem übersteigt.
Nochmal, trage diese Verantwortung nicht !! Was ist, wenn Du krank wirst ??
LG Ute
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  #7  
Alt 25.07.2014, 10:38
David88 David88 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2014
Beiträge: 5
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

In den letzten Tagen ist einiges passiert. Ich habe daher leider nicht die Zeit gefunden etwas zu schreiben.

Ich habe letzte Woche den palliativ Dienst angerufen und nun kommt jeden Tag jemand und versorgt ihn medizinisch. Wir haben nun auch ein Krankenbett, dass mir die Arbeit sehr erleichtert. Der Antrag für Pflegestufe 3 ist nun auch draußen.

Der Zustand meines Großvaters ist viel schlechter geworden. Er ist quasi wie in einem Wachkoma. Er trinkt und isst schon eine weile nicht mehr. Ich hatte ihn eine Infusion geben lassen, da er stark dehydriert war und unsere Hausärztin meinte, dass es ein grausamer tot sei zu verdursten.
Ich wurde dann allerdings von den palliativ Ärzten eines besseren belehrt. Im Gegenteil, die Leute die verdursten sind schmerzfreier und können leichter gehen. Er bekommt daher nun keine Infusion mehr.

Mehrmals am Tag drehe ich ihn, da er sich selber nicht mehr drehen kann. Ich muss auch mehrmals die Windeln wechseln. Denn hin und wieder nimmt er doch etwas trinken kann und saugt an dem Strohhalm. Täglich betreiben wir auch Mundpflege damit sein Mund nicht austrocknet.

Mittlerweile rechnen wir jeden Tag damit, dass er für immer einschläft. Die Ärzte können natürlich kein genauen Zeitraum sagen, aber man soll innerhalb der nächsten 10 Tage damit rechnen.

Vielen Dank für die Kommentare, sie geben mir Kraft nicht allein mit solchen Sorgen zu sein.

Gruß
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  #8  
Alt 25.07.2014, 22:03
ute.1703 ute.1703 ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

David,
sehr gut, daß jetzt der pallivative Dienst kommt. Die kennen sich wenigstens aus , verlängern nicht und achten auf Schmerzbefreiung.
Ich hatte Angst vor den letzten Stunden, Minuten. Es war sehr friedlich !
Wir konnten uns noch unterhalten, dann war Mutti müde, schlief und redete weiter. Mal Wortfetzen, mal Sätze. Ich habe alles mitgeschrieben. Ihre Letzten Worte, ganz klar und sehr bestimmend:" Ich will jetzt meine Brüder sehen." ( alle schon lange tot )
ich, Atheist, finde es verstörend tröstlich
Es folgten noch einige tiefe Atemzüge, die immer seltener wurden...
hab keine Angst, auch das Schließen der Augen geht ganz leicht.
legt eine Kerze u Blume bereit
sage Deinem Opa, daß er keine Angst haben muss. Du bist da und kümmerst Dich um alles, besonders um Oma. Er kann beruhigt gehen usw
Meine Mutti u Schwiegermutter wurden wirklich danach ruhiger, obwohl wir nicht wissen, ob sie es noch verstanden haben.
Du hast alles getan was Du konntest u noch mehr. Es tut weh u man fragt warum er, jetzt. Es gibt auch kein Ventiĺ für Hilflosigkeit u Wut.
Ich denke an Dich
Umarmung
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  #9  
Alt 01.08.2014, 14:28
David88 David88 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2014
Beiträge: 5
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Heute morgen um 6:34 Uhr ist mein Großvater friedlich eingeschlafen.

Du wirst nicht vergessen, du lebst in uns weiter.

Ich danke für die Kommentare, welche mir wirklich viel Kraft gegeben haben.

Gruß
David
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  #10  
Alt 01.08.2014, 22:26
mokilove mokilove ist offline
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Registriert seit: 22.07.2014
Beiträge: 29
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Lieber David,

meine aufrichtige Anteilnahme für Dich und Deine Familie.

Du hast es toll gemacht, mein voller Respekt!

Gruß

Anna
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  #11  
Alt 01.08.2014, 23:27
ute.1703 ute.1703 ist offline
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Registriert seit: 24.07.2014
Beiträge: 6
Standard AW: [Tagebuch]Ich pflege meinen Großvater...

Lieber David,
auch ich möchte Dir ein herzliches Beileid schicken.
Nun hat es Dein Großvater überstanden und ist friedlich gegangen.
Du hast Dich bewundernswert um ihn gekümmert und bist bestimmt auch jetzt wieder für Deine Familie da. Du benötigst aber auch Ruhe und Zeit zur Trauer. Denke bitte auch mal an Dich.
Alles Liebe
Ute
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