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  #1  
Alt 16.11.2014, 20:17
Tochter1970 Tochter1970 ist offline
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Standard muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Hallo Zusammen,
ich lese hier schon geraume Zeit im Stillen mit und hab mich gerade angemeldet, um mir auch einmal meine Angst von der Seele zu schreiben.
Meine Mutter (66 Jahre) hat mir kurz vor Pfingsten Aufnahmen ihrer Lungenflügel gezeigt, auf denen ein deutlicher Fleck zu sehen war. Ich habe sie erst einmal beruhigt, dass heißt noch gar nichts, auch Röngenbilder sind nicht 100 %ig, etc. Im Juli war sie mehrfach in der Lungenfachklinik für diverse Untersuchungen. Bei den Untersuchungen und Arztgesprächen war ich fast immer dabei und wir bekamen dann auch die Gewissheit: Lungenkrebs mit Metastasen in der Leber. Interessanter Weise steht das Stadium nicht auf dem Bericht. Die Onkologin teilte uns mit, dass OP und Bestrahlung nicht machbar sei, man aber sehr zuversichtlich mit der Chemo sei. Blauäuig wie wir waren, haben wir uns keine zweite Meinung eingeholt. Uns war wichtig, dass dieser Mist jetzt schnell bekämpft werden muss. Wir haben einen Onkologen ein paar Orte weiter, der die Chemo durchführen wollte. Am 04.08. bekam meine Mutter die erste Chemo (geplant waren pro Zyklus 6 Stück alle 3 Wochen). Auf Anraten des Onkologen hat sie sich auch einen Port setzen lassen. Die erste Chemo hat meine Mutter auch gut ertragen. Nach ca. 10 Tagen ging aber der Durchfall etc. los. Die Bluttests waren nicht so toll, so dass man mit der zweiten ein paar Tage länger gewartet hat. Danach ging es meiner Mutter noch schlechter. Kurzatmigkeit, extremer Gewichtsverlust. Wir waren froh, dass sie den Port hatte, sie bekam dann auch relativ schnell darüber die künstliche Ernährung. Die Wohnung konnte sie gar nicht mehr verlassen. Die Kurzatmigkeit wurde immer schlimme, so dass ich sie endlich am 30.09. mit dem Rettungswagen ins nahegelegene Krankenhaus bringen lassen musse. Vorher wollte sie auf gar keine Fall dortin. Hat mich viele Tränen und Überredung gekostet. Dort war sie jetzt 6 Wochen mit allen Höhen und Tiefen. Auch haben wir dort erst erfahren, dass sie "nur" eine palliative Chemo bekommen hat. Ich habe aber auch erst im Krankenhaus verstanden, was das heißt. Der Sozialdienst im Krankenhaus hat uns sehr unterstützt, Pflegestufe beantragt (sie hat sofort die 1 bekommen), ein SAPV-Team empfohlen und für die Enlassung am 20.10. alles vorbereitet. Auch haben wir uns im Krankenhaus die Hospizstation angesehen. Mir hat sie gut gefallen. Meine Mutter ist, glaube ich, immer noch schockiert, dass ich ihr soetwas vorschlagen konnte. Leider waren die Blutergebnisse am 20.10. so schlecht, dass sie nicht entlassen wurde. Die Nieren waren kurz vorm versagen. Eine Dialyse käme nicht in Frage, wäre für sie zu anstrengend. Man hat dann festgestellt, dass die eine Niere gestaucht war und mit einem kleinen Eingriff ein Stäbchen eingesetzt. Ein paar Tage später wurde festgestellt, dass der Port voller Keime sei und dieser raus müsste. Die Ärztin wollte aber keinen neuen setzen. Sie hatte die Hoffnung, dass meine Mutter wieder ans essen kommt. Ist aber nicht so. Zwischenzeitlich hat sie eine Magensonde. Jetzt war am 11.11. Entlassung. Sie ist jetzt zu Hause, wir haben ein gutes SAPV-Team samt Ärtzin. Die Pflege über die Caritas läuft auch an. Ich bin noch vom Arbeitgeber noch bis einschließlich morgen von der Arbeit befreit und hoffe, dass ich bis morgen alles ans Laufen bekommen. Die Ernähungsprumpe funktioniert nicht richtig, wir haben jetzt schon die zweite. Beide gehen immer wieder auf Störung, so dass meine Mutter diese irgendwann ausschaltet. Nun bin ich morgen noch ein paar Stunden bei ihr, der örtliche Hospizverein kommt nachmittags und ich habe auch am Nachmittag noch Termin mit der Pflegedienst, um alles weitere zu besprechen. Die wollen schon einmal Einspruch gegen Stufe 1 einlegen (obwohl die noch gar nichts gemacht haben, sind sie der Meinung, dass wir mit Stufe 1 nicht hinkommen). Sorgen mache ich mir, wenn ich dann nicht mehr jeden Tag stunden lange da bin, um meine Mutter zu unterstützen. Ich kann dann nur noch jeden zweiten Tag nach der Arbeit (und natürlich am Wochenende). Ich muss mich ja auch irgenwann um mein Leben (inklusive Mann und Haushalt) kümmern. Auch mache ich mir jetzt schon Sorgen um Weihnachten. Traditionell feiern wir bei mir. Sie kann die Wohnung aber nicht mehr verlassen (zweiter Stock ohne Aufzug). Klar fahre ich dann Heiligabend zu ihr. Aber was ist, wenn sie dann schon nicht mehr da ist. Auf der einen Seite habe ich davor wahnsinns Angst, auf der anderen Seite wünsche ich mir natürlich auch, dass es für sie (und natürlich auch für mich) möglichst schnell und schmerzlos vorbei geht.
Sorry, wenn ich vielleicht etwas wirr geschrieben habe. Schon mal vielen Dank fürs Zuhören.
Petra
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  #2  
Alt 16.11.2014, 20:30
Dirk_Berlin Dirk_Berlin ist offline
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Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Ich bewundere Deine Kraft. Es tut mir sehr leid, das es um Deine Mama schon so schlimm steht. Ich wünsche Dir viel Kraft für die schwere Zeit. LG Dirk
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  #3  
Alt 16.11.2014, 20:40
mausi69 mausi69 ist offline
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Beiträge: 1.379
Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Liebe Petra!

Es tut mir sehr leid das deine Mama diese schlimme Diagnose bekommen hat. Macht euch keine Vorwürfe das ihr euch keine zweite Meinung eingeholt habt, ich vermute das der Krebs im fortgeschrittenen Stadium bei deiner Mama festgestellt wurde!

Es ist gut das ihr schon ein Hospiz mit ins Boot geholt habt! Es wird eine schwere Zeit und dafür wünsche ich dir und deiner Mama die nötige Kraft!

Lg mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=62514
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  #4  
Alt 16.11.2014, 21:18
Tochter1970 Tochter1970 ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Euch beiden schon einmal vielen Dank fürs Kraft wünschen. Es ist halt sehr schwierig, da wir bis vor kurzem noch dachten, dass wir noch im Anfangsstadium sind und sicher waren, dass sie es schafft.
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  #5  
Alt 16.11.2014, 22:34
Benutzerbild von Geliplie
Geliplie Geliplie ist offline
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Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Liebe Petra.
1970. irgendwie sind wir hier alle in einem Alter und meiner Meinung nach viel zu jung, unsere Eltern zu verlieren. Deine Mütter ist mit 66 nochmal 9 Jahre jünger als meine. Wir dachten auch, dass wir das in den Griff bekommen. Ich habe mich mit dem Gedanken, dass Mama sterben könnte, nicht befasst. Ich wusste, dass sie die OP schafft, das hat sie mir versprochen und das hat sie ja auch. Dass wir nicht mehr unendlich haben, war mir klar. Was mir nicht klar war, dass wir ab Diagnose nur 4 Wochen haben. Und dass sie nicht an dem Krebs stirbt. Und ich habe es noch nicht realisiert.
Was ich eigentlich sagen will: wenn es dir möglich ist, nutze alle Zeit, die du hast mit deiner Mama. Ich habe sofort Sonderurlaub genommen bis Ende des Jahres, um komplett für Sie da sein zu können. Und da danke ich meinen Eltern, dass ich insoweit abgesichert war, dass das möglich war. Ich könnte auch gar nicht arbeiten.

Weihnachten... Ich mag nicht daran denken. Letztes Jahr war das erste Weihnachten ohne meinen Vater und wir sind an die Ostsee gefahren. Ob ich jetzt wieder dahin kann? Den gleichen kleinen Baum im Baumarkt kaufen? Mit noch einer Person weniger? Ihre Sachen stehen da... Wer soll im Zimmer meiner Eltern schlafen? Mama schlief da mit Papa, als er nicht mehr da war, mit meinem Sohn. Hierbleiben kann ich auch nicht.

Ich wünsche euch sehr viel Kraft. Und bleib hier, ohne die Mädels hier im KK wäre ich völlig aufgeschmissen gewesen. Und sie helfen auch jetzt noch.
Aufschreiben hilft so sehr.

Liebe Grüße, Geli
__________________
Geli

http://www.krebs-kompass.org/showthr...t=63898&page=3
__________________
13.02.2013
06.11.2014
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  #6  
Alt 17.11.2014, 08:07
Tochter1970 Tochter1970 ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

Hallo Geli,
es tut mit sehr leid, dass deine Mama den Kampf schon verloren hat. Und 4 Wochen ab Diagnose ist eine verdammt kurze Zeit um alles überhaupt zu realisieren. Ich versuche so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Sonderurlaub kann ich leider nicht nehmen. Mit meine, Hausarzt bin ich aber so verblieben, dass er mich jeder Zeit krank schreibt, wenn ich das Bedürfnis Habe. Das ist schon einmal eine tolle Sache.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft die Zeit jetzt zu überstehen und für deinen Sohn da zusein.
LG Petra
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  #7  
Alt 18.11.2014, 13:01
Tochter1970 Tochter1970 ist offline
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Standard AW: muss es mir auch einmal von der Seele schreiben

So heute ist der erste Tag, an dem meine Mutter ganz alleine zu Hause ist. Ich muss wieder arbeiten, fahre aber heute abend wieder zu ihr hin. Naja, ganz allein ist so auch nicht richtig. Heute morgen/vormittag war das SAPV-Team da, gegen Mittag kommt die Pflegekraft und heute abend wieder das SAPV-Team. Und Hausnotruf hat sie natürlich auch. Und ein Nachbar geht auch einmal am Tag schauen, ob alles okay ist. Man macht sich trotzdem so seine Gedanken, ob alles in Ordnung ist und wie es ihr so alleine geht.
Gestern war eine Dame vom Hospizverein da, da Mutti einmal ausprobieren will, ob das was für sie ist. Wäre mir wichtig, da dann wieder jemand bei ihr wäre. Mir ist bei dem Gespräch dann nur aufgefallen, dass sie das komplett weggeblendet hat, wie schlimm krank sie ist. Ist aber vielleicht auch gut so, wer mag auch schon die ganze Zeit darüber nachdenken, dass es zu Ende geht und man nicht mehr viel Zeit hat. Für Mutti ist es so schon schlimm genug, dass sie nichts mehr essen kann, den Weg zur Toilette nur noch selten schafft und auch im Haushalt nichts mehr machen kann.
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  #8  
Alt 18.11.2014, 22:37
Tochter1970 Tochter1970 ist offline
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Heute Abend kam ich zur Mutti als gerade die SAPV Ärztin da war. Der Hausarzt von Mutti stellt sich quer und will mit dem SAPV Team nicht zusammen arbeiten. Wäre aber lt. der SAPV Ärztin auch nur wichtig, wenn Mutti ihr Blut überprüfen lassen möchte bezüglich ihrer Blutkörperchen und evtl Bluttransfusionen, die dann im KH gemacht werden könnten. Mutti hat die Transfusionen rundweg abgelehnt, obwohl die Ärztin sie darauf hingewiesen hat, was das bedeutet. Im ersten Moment musste ich ziemlich schlucken, konnte aber dann verstehen warum sie das nicht möchte. Sie mag sich so schon nicht mehr abziehen und dann auch noch Krankentransport, Treppe runter tragen , KH Aufenthalt und alles wieder zurück mit der Gewissheit, dass es nur kurzfristig die Situation verbessert?!
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