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  #616  
Alt 24.08.2006, 15:34
tharau tharau ist offline
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Liebe Andrea,
du hast dir wirklich alle Antworten schon selbst gegeben, Susanne hat recht.
Deine Tochter hat in all ihrem Streß die Trauer versucht zu unterdrücken - um überleben zu können. Nun hat sie ab und zu freie Zeit für Gedanken, die sie vorher verdrängt hat. Und das Trauertier läßt sich nicht einfach abschütteln, es will gezähmt werden. Das ist wohl die Trauerarbeit, die man aufschieben, aber nicht vermeiden kann. Sie wird es auf ihre Art meistern, ich bin mir sicher. Sie hat hier ihre Familie, die für sie da ist, und sie hat eine Mutter, die in schwerer Zeit viel Gefühl, Kraft, Traurigkeit und Zuversicht zeigt. Das setzt sich meistens auch bei den Kindern fort.

Ich wünsche euch alles Gute-
und denk an Rosenstolz (Das Lied, das Kraft gibt)

Lieber Gruß
Ulrike
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Schatten, die auf unser Leben fallen,
sind nichts anderes als ein sicheres Zeichen dafür,
dass es irgendwo ein Licht geben muss,
das es sich lohnt zu suchen.
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  #617  
Alt 24.08.2006, 15:35
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Sani Sani ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Andrea,ich bins nochmal,mir fiel etwas ein,was uns früher immer getröstet hat,der Blick nach oben!Weißt du noch,ich hab Vanessa immer gesagt,sie solle nach oben schauen,der hell blinkende Stern,der sei ihr Opa,der sie grüssen wolle und auf sie aufpasst.Noch heute,heute genau zwei J.und neun M,sieht sie nach oben und sucht ihn.
Zudem denk daran,die Spirale des Lebens,wenn es grad mal richtig gut nach oben gegangen ist,ja dann,dann rutscht man in voller Fahrt hinunter,rauf mußt man klettern,runter gehts in einem Rutsch,ich denk ann dich,Susanne
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  #618  
Alt 24.08.2006, 16:49
Anemone Anemone ist offline
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Hallo liebe Andrea,
das tut mir so leid, dass dich das elende Tier wieder fest im Griff hat, deine gute Stimmung nach dem Urlaub hat mir so gut gefallen, weil sie mir die Hoffnung gegeben hat, dass ich vielleicht auch irgendwann wieder so weit sein werde.
Jetzt würde ich dir soo gerne helfen und dich irgendwie trösten, aber ich fürchte, das wird mir nicht gelingen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dich der Kummer deiner Tochter so tief runtergerissen hat. Mir geht es heute noch so, dass ich meine "Kinder" (37 und 33 J.) am liebsten immer glücklich sehen möchte und es mir eigentlich nur richtig gut geht, wenn ich weiß, dass das bei ihnen auch so ist.
Mein Schatz hat sich darüber oft amüsiert und gemeint, das sei mein Gluckentrieb. Ach ich weiß nicht, ob man das so nennen kann. Eigentlich bin ich nicht so, habe meine Kids schon früh zur Selbständigkeit erzogen. Aber ich habe mittlerweile doch kapiert, dass ich mich auch damit arrangieren muss, wenn bei ihnen nicht alles so läuft, wie sie (oder ich) es wünschen.
Bei deinem Mädchen kommt jetzt halt einiges zusammen. Das hast du ja selbst alles schon geschrieben. Aber Schuldgefühle solltest du nicht haben. Irgendwann ist es halt so weit, dass man sie nicht mehr in die Arme nehmen kann und ihre Welt ist wieder in Ordnung.
Andrea, ich weiß auch nicht so genau, was ich dir sagen soll, fühl dich einfach mal fest gedrückt von mir, und ich wünsche dir, dass du und dein Mädchen das Tier bald wieder in seinen Verschlag sperren könnt.
Ganz viele liebe Grüße,
Anemone
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  #619  
Alt 24.08.2006, 17:05
SylviaW SylviaW ist offline
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Hallo zusammen

liebe Rowa, ganz lieben Dank für deine Besserungswünsche. Heute früh ging es besser und pünktlich zum Feierabend kamen die Kopfschmerzen mit aller Kraft wieder.

Hallo AndreaS, ich habe ja nun nicht umbedingt die Ahnung von Kindern, aber ich schreibe trotzdem mal meine Gedanken dazu.
Dein Mädchen ist nun alleine auf Mallorca, die Geborgenheit der Familie fehlt, der Schutz und der Halt. Es ist alles neu und ungewohnt und obwohl es ihr bestimmt gut gefällt, fehlt doch was. Die Mama fehlt, die Geschwister und natürlich auch der Papa.
Vielleicht kommt deshalb jetzt das Trauertier bei ihr durch.
Und ich kann gut verstehen daß du mitleidest, Gewissenbisse hast weil es dir mal gerade etwas besser ging, aber ich gebe meinen Vorschreibern total recht. Du darfst das alles, du darfst, nein du sollst dich nach dieser langen Zeit besser fühlen. Ohne schlechtes Gewissen.
Ganz klar möchtest du Saskia jetzt trösten, sie in den Arm nehmen und für sie da sein.
Wie Anemone geschrieben hat, es kommt leider die Zeit wo durch ein " in den Arm " nehmen die Welt nicht mehr in Ordnung kommt.
Hab keine Schuldgefühle, es ist okey was du fühlst.

Liebe Grüße
Sylvia
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  #620  
Alt 24.08.2006, 17:30
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AndreaS AndreaS ist offline
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Liebe Sani,

wie könnte ich Dich vergessen. Hab so lange darauf gewartet, Dich am „Stammtisch“ zu sehen. Schließlich warst Du mit eine der ersten, die mir immer wieder die schönen Dinge des Lebens vor Augen geführt hat. Ich bin sehr froh zu lesen, dass der „Untermieter“ sich zumindest still verhält, möge es noch lange Zeit zumindest so sein, bis Du ihn letztlich doch ganz verscheuchen wirst.

Vielleicht hast Du manches mitgelesen, so wirst Du wissen, dass wir unseren Stern immer suchen und immer glücklich sind, wenn wir ihn finden – was meistens der Fall ist.

Nur im Augenblick hilft der „Zauber“ nicht wirklich. Saskia ist tatsächlich verzweifelt, auch – und da sind wir wieder bei dem Phänomen dass das Glück das Unglücklichsein irgendwie rausfordert, weil sie Claus an ihrem Leben so gerne teilhaben lassen würde. „Er bekommt es nicht mit“ sagte sie gestern unter Tränen und ich spürte, dass all meine verzweifelten Versuche sie vom Gegenteil zu überzeugen fehl schlugen.

Mitte September werde ich bei ihr sein. Ich glaube, es ist für beide Seiten dringend notwendig. Ich habe Sehnsucht nach ihr, möchte sie nicht ständig belästigen mit Mama-Anrufen, weiß aber nun, dass auch sie mich vermisst. Geborgenheit, ich glaube das ist es, was ihr im Augenblick am meisten fehlt.
Übrigens hast Du vielleicht gelesen, dass Barbara mich begleiten wird. Unsere Freundschaft konnten wir „rüberretten“ aus dem Forum ins richtige Leben. Auch da werden wohl manche Tränen wieder fließen, aber das reinigt auch wieder und hilft wieder ein Stück weiter.

Wie geht es Turbo, was macht die Schule? Den Schulwechsel hat sie jetzt schon einige Zeit hinter sich. Wie geht es ihr dabei? Ich fänd es schön, wenn Du Dich hin und wieder zu uns gesellen und erzählen würdest, habe Dich ehrlich vermisst.

Der Vergleich mit der Spirale trifft es wirklich gut, ungebremst rutscht man nach unten.

Das Schreiben hat doch geholfen, mir geht es immer so, wenn ich das Gefühlswirrwarr formuliert habe, kann ich schon wieder klarer sehen.

Ich weiß, dass ich darf und ich weiß, dass Saskia einverstanden ist. Sie mag meinen Freund in der Ferne, das hat sie auch gestern mehrfach betont. Vielleicht ist sie um so mehr verwirrt über ihre momentanen Gefühle, über die plötzlich so stark auftretende Sehnsucht.

Und ihr Job macht es nicht gerade leichter, ständiges Abschiednehmen, alle zwei Wochen aufs Neue. Und auch hier irgendwie die Gewissheit, wahrscheinlich werde ich diesen Menschen, den ich gerne mag, nie wieder sehen...

Hin und wieder passiert es halt, schön, dass man es nach wie vor darf. Ich möchte den Weg, den ich nun eingeschlagen habe nicht mehr verlassen, ich werde ihn weitergehen, glücklich darüber, dass es mir wieder Freude bereitet weiterzugehen. Aber hin und wieder werde ich auf diesem Weg stehen bleiben müssen, vielleicht auch noch mal kurz umkehren, um dann wieder Anlauf zu nehmen. Bei allem Glück, das vielleicht ab jetzt wieder für mich bereit liegt, werde ich – werden wir alle – unseren Stein in der Hosentasche behalten, eine gewisse Traurigkeit wird nie wieder ganz verschwinden. Und das ist auch gut so.

Meinem Kind nicht helfen zu können, das tut weh, ist echt schlimm. Aber eure Ratschläge hier und hinter der Kulisse haben mich erreicht. Und ihr habt wohl recht: Irgendwann kann auch eine Mama nicht mehr zaubern ….

@Simone danke für deine Zeilen per pm – trau Dich, Du bist willkommen, das weißt Du

@Seelenfreundin super Idee!

@und mein Freund in der Ferne. Danke für das lange Telefongespräch, der Kloß ist noch immer weg
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  #621  
Alt 24.08.2006, 20:44
Wolke Wolke ist offline
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Liebe Andrea,

schön, dass es dir schon wieder etwas besser geht. Schleich dich einfach auf leiser Sohle weiter vom Loch weg.

Weißt du warum deine Tochter gerade jetzt so down ist? Weil DU jetzt in der Lage bist sie zu unterstützen. Denn du bist momentan in einer anderen Phase als sie. Stell dir vor ihr stürzt zusammen runter. Wer soll denn dann dem anderen wieder raufhelfen?

Du stehst noch oben am Loch und versuchst sie hochzuziehen. Wir stellen uns hinter dich und ziehen mit.

Diese "Freund in der Ferne Geschichte" ist irgendwie an mir vorbei gegangen, aber was immer dir gut tut, nimm mehr davon und stärke dich damit für deine Tochter.

Ein wenig finde ich mich in ihr wieder. Auch wenn ich nicht unten im Loch bin, so kam das Tier doch gerade in einer Situation der Veränderung angesch....Ich hatte bei mir das Gefühl es ist gerade jetzt so, weil ich meiner Ma nicht von der neuen Wohnung etc erzählen kann und sie ihr nicht zeigen kann. Vielleicht fehlt es Saskia auch, dass sie von ihrem neuen Abschnitt ihrem Stern nicht direkt berichten kann.

Seid beide dolle geknuddelt.

Liebe Grüße auch an alle anderen

Wolke
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  #622  
Alt 24.08.2006, 21:30
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AndreaS AndreaS ist offline
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Briele hat mir heute eine liebe e-mail geschrieben, deren Inhalt ich nach Rücksprache mit ihr als Antwort hier reinstellen möchte. Ihre Worte sind zu richtig, um sie euch vorzuenthalten. Wirklich schade, dass es mit dem Posten hier nicht mehr zu klappen scheint. @Briele: Danke !

Ich glaube Du solltest versuchen es ein bisschen auseinander zu halten. Weiß nicht ob das geht. Saskias Trauer ist nicht Deine Trauer, so wie Deine nicht die ihre war. Es ist etwas anderes über ihre Trauer traurig zu sein.

Es geht einfach nicht, daß einer für den anderen trauert, das muß jeder für sich machen. Auch wenn man den anderen noch so lieb hat. So wie Du auch Claus nichts abnehmen konntest beim Leiden, beim Sterben und ich meinen Eltern auch nicht.

Das sind die Bereiche im Leben, in denen man letztlich alleine ist, man nur hoffen kann, daß einer in der Nähe ist, der einen versteht, zuhört, einer, der einen hält und nicht davon rennt.

Die Trauer ist da und wartet auf einen. Wohin man auch geht, sie hockt da und anscheinend kann man sie jahrelang übersehen. Ich hab von Menschen gelesen, da starb ein Elternteil und sie kamen erstaunlich gut darüber hinweg. Dann starb ein anderer, nahe stehender Mensch und plötzlich kam der Verlust hoch, den man schon ganz in der Vergangenheit glaubte.

Nun ist die Trauer mit Saskia nach Mallorca mitgereist und aus welchen Gründen immer, plötzlich ist sie ungeheuer präsent. Sie tut mir leid, die Saskia, Papas große Tochter, einsam, mitten im Trubel, aber zu wenig allein um gut darüber nachdenken zu können.

Sie wird sich alleine fühlen, aber welche Alternative gibt es? Mallorca abzubrechen, heim zu fahren? Macht nicht viel Sinn, oder?

Macht sie Dir Vorwürfe, oder glaubst Du diese herauszuhören? Denk daran, Andrea, wenn es einem ganz schlecht geht, dann sucht man einen Schuldigen. Papa bietet sich nicht an, aber Du.

Ich verstehe sie ja, da spielt sich daheim eine Menge ab, sie ist nicht dabei und kommt sich wie der letzte, verlassenste, ärmste Mensch vor. Man kann sie verstehen, aber Du musst und darfst und sollst jetzt nicht einen Kilometer zurück gehen um mit ihr noch einmal den Weg zu gehen. Es würde einfach keinen Sinn machen, weder ihr helfen, noch Dir ein besseres Gefühl geben. Begleiten wirst Du sie immer, aber ein Teil von Dir ist schon weiter. Weil eine sehr lange, harte Zeit hinter Dir liegt.

Bald wirst Du bei Ihr sein. Körperliche Nähe wird Euch beiden helfen und ich hoffe von Herzen, daß Ihr einander gut tut.

Fürs erste Mal eine ganz feste Umarmung von mir.

Deine Briele


Liebe Wolke

Zitat:
Vielleicht fehlt es Saskia auch, dass sie von ihrem neuen Abschnitt ihrem Stern nicht direkt berichten kann.
genau DAS hat sie mir gestern gesagt.
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  #623  
Alt 24.08.2006, 21:54
Wolke Wolke ist offline
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Vielleicht kann Saskia sich ihrem Papa anders mitteilen. Vielleicht über schreiben, egal ob hier oder Tagebuch oder wo auch immer. Vielleicht kann sie ihm in Gedanken berichten, aber im Grunde ist es auch egal.

Da es dir besser geht kann er dich ja beruhigt nur ein kleines bisserl vernachlässigen und über Mallorca viel heller strahlen um bei ihr zu sein. Er wird sie fest im Blick haben und ganz sicher vor lauter Stolz so aus der Wolke gucken

Briele hat es getroffen, ich kann es immer nicht so gut in Worte fassen, was durch meinen wirren Kopf schwirrt

Sag ihr liebe Grüße, in Gedanken sind auch wir bei ihr
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  #624  
Alt 25.08.2006, 00:24
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rowa rowa ist offline
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hallo Andrea,

Briele hat es gut formuliert, und es leuchtet ein.
Vorher war Deine Tochter die Starke, jetzt zeigst Du Stärke und tröstest sie und bist für sie da (wie es jede Mutter tut). Sie durchlebt eine Phase, die Du schon hinter Dir hast. Du hast mal geschrieben, jeder trauert anders. Deine Tochter hat die Trauer verdrängt und wird nun von dieser wieder reingeholt.
Mitte September seht ihr euch doch, dann sprecht euch aus. Persönlich ist doch besser als per Telefon. Es wird ihr dann bestimmt besser gehen und Dir auch. Ich finde, du solltest Dir kein schlechtes Gewissen einreden und Du darfst Dich besser fühlen, Du bist so weit.


Viel Kraft wünscht Dir
Rowa
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  #625  
Alt 25.08.2006, 08:32
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AndreaS AndreaS ist offline
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Gedanken in der Traurigkeit

Hatte gestern mit meiner jüngeren Tochter noch ein langes, gutes Gespräch. Und irgendwie kamen wir bezüglich der Trauer zu folgendem Vergleich:

Unser Leben ist ein langer Weg, dessen Ziel der Tod ist.
Wir gehen diesen Weg, an mancher Stelle gabelt er sich, gesellen sich Menschen dazu, die mit Dir auf genau diesem Weg gehen, Dich begleiten, bei Dir bleiben.
Wir wollen diesen Weg immer weitergehen, weil er schön ist, weil es sich gut darauf geht, weil uns alles daran gefällt und wir keinen Grund sehen, diesen Weg zu verlassen.
Doch plötzlich endet er und vor uns liegt ein riesiger Abgrund.
Unser Weggefährte ist an seinem Ziel angekommen, wir noch nicht.
Wir stehen vor dem Abgrund, hier ist der wunderbare Weg, den wir mit Freude gemeinsam gegangen sind, zu Ende und wir wissen nicht weiter.
Sollen wir die Abkürzung nehmen? Der Abgrund ist sehr verlockend.
Lange Zeit steht man am Ende des Weges, regungslos, verzweifelt.
Man bleibt einfach da und starrt in den Abgrund.
Dann geht man den Weg zurück, ganz langsam, mit schweren, müden Schritten.
Hin und wieder bleibt man auch stehen, verharrt auf dem Weg, den man nicht verlassen möchte.
Auf dem Weg zurück begegnen uns wieder die Dinge, die wir so schön fanden, die uns glücklich gemacht haben, aber sie sind nicht mehr so schön, machen nur noch traurig.
Aber auf diesem Gang zurück gabelt sich irgendwann dieser alte Weg noch mal und wir schlagen eine neue Richtung ein.
Und mit viel Glück stoßen auch hier neue Wegbegleiter auf uns, oder wir auf sie und wir gehen gemeinsam den neuen Weg weiter, der uns an unser Ziel bringen kann.
Auch auf dem neuen Weg, bleiben wir oft stehen, verweilen ein wenig.
Der alte Weg ist noch sichtbar, auch wenn wir ihn verlassen haben, er liegt parallel zum neuen Pfad.
Und wenn wir uns umblicken, zurückschauen, sehen wir wieder die Dinge, die wir so schön fanden, die uns glücklich gemacht haben und wir zeigen auf den alten Weg, erklären den neuen Wegbegleitern wie schön es dort zu gehen war und sind glücklich und dankbar, dass wir ihn hatten gehen dürfen.



Bei uns regnet es in Strömen, trotzdem wünsch ich euch ein paar Sonnenstrahlen im Herz und Mut und liebe Wegbegleiter, egal an welcher Stelle des Lebenswegs ihr gerade steht....

LG
Andrea
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  #626  
Alt 25.08.2006, 09:04
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rowa rowa ist offline
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guten Morgen Andrea,

mir war es ein Bedürfnis, gleich heute morgen den Laptop anzuschalten.
Wie geht es Dir heute?
Aus Deinen Worten entnehme ich, dass Dir das lange Gespräch mir Deiner jüngeren Tochte gut getan hat. Und der Vergleich mit dem Weg ist genau zutreffend in unserer Trauer, das passt. Ich hoffe nur, dass sich der neue Pfad nicht wieder gabelt bzw. dass nicht allzu schnell ein neuer Abgrund kommt. Es wäre schön, wenn sich irgendwann mal ein netter Wanderer sich auf dem Weg dazugesellt.

Bei uns ist auch richtiges Sch...wetter mit Nieselregen. So fängt das WE "schön" an.

Ich wünsche allen auch etwas Sonne im Herzen und Kraft, dieses miese Wetter zu ertragen.
liebe Grüße
Rowa
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  #627  
Alt 25.08.2006, 10:00
SimoneHH SimoneHH ist offline
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Guten Morgen alle zusammen,

so Andrea nun hast du auch das geschafft, mit deinen Gedanken und denen deiner Tochter hast du mich überzeugt, daß auch ich mich in einem "Witwenstammtisch" gut aufgehoben fühlen kann. Eure Gedanken waren so treffend und haben mich so angerührt, daß ich endlich mal wieder richtig meinen Tränen freien Lauf lassen konnte und mich unheimlich erleichtert fühle, denn ich habe manchmal das Gefühl, gar nicht richtig über den Tod meiner Ma vor einem Monat trauern zu können. Ich bin zwar traurig und sensibel, weine auch ab und zu aber dieses hemmungslose Schluchzen, was mir sonst eigentlich bei jeder Liebesschnulze passiert, das wollte sich nach ihrem Tod einfach nicht mehr einstellen.
Eure in Worte gefaßten Gedanken haben es wieder hervorgeholt und mit diesen Worten fällt es mir einfacher mit meinem Sohn über seine geliebte Omi zu sprechen, er blockt deses Thema ziemlich ab und ich habe Angst, daß es irgendwann später auf ihn zurückkommen wird.

@Rowa,
Liebe Rowa, ich denke es haben sich schon etliche nettte Wanderer auf deinen, Euren Weg begeben, wenn du z.B. dieses Forum betrachtest.

Liebe Grüße Simone
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  #628  
Alt 25.08.2006, 10:48
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rowa rowa ist offline
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Hallo liebe Simone,

da hast Du recht, dass sich auf meinen und unseren Weg viele nette Wanderer da zugesellt haben, uns begleiten, wir zusammen ein Stück des Weges gehen. Das ist das Gute hier im Forum.

Ich meine aber einen anderen Wanderer, eher einen neuen Lebensgefährten. Jetzt noch nicht, so wirklich noch nicht, aber in ferner Zukunft, wenn ich vielleicht das Glück habe, dass jemand mein Leben mit dem bereichert, was ich im Moment vermisse, sein Leben mit mir teilt und wir zusammen den Weg zum Ziel gehen. Ich kann es heute noch nicht sagen, was die Zukunft bringt, aber immer alleine bleiben. Ich weiß nicht. Das sagt mein Verstand, mein Herz meint was anders. Viellecht schafft es irgendwann jemand einmal, mein Herz umzustimmen. Das habe ich mit dem netten Wanderer (Wegbegleiter)gemeint.

Hier im Forum sind wir eine starke Wandergemeinschaft, nur gehen wir nicht auf dem schmalen Pfad, sondern nehmen eine ganze Strassenbreite ein!!!!!

LG
Rowa
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  #629  
Alt 25.08.2006, 11:16
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Liebe Andrea,

habe in meiner Gedichtesammlung was gefunden:

Das Eis schmilzt langsam von der Seele, tropft herunter,
die Augen sehen vieles wieder bunter.
Ein kleines Feuer flackert schon im Blick.
Sie werden wieder kalt, denkt man zurück.

Ein erstes Lächeln, eine erste Reaktion.
Du hörst bewusster jeden leisen Ton.
Beim ersten Mal ist es noch wie ein Schlag.
Ist es zu früh, das Lächeln, das ich wag?

Ist es Verrat an dem, den ich verlor?
Liebte ich mehr, als mein Herz noch fror?
Gewissensbisse, weil das Lächeln man genießt.
Konflikte, weil das Leben wieder sprießt.

Doch je bunter die Welt mit jedem Tag erscheint,
verringern sich die Stunden, in denen man noch weint.
Immer öfter ist das Lächeln um den Mund.
Irgendwann bemerkst du: Graues wurde bunt.


liebe Grüße
Rowa
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  #630  
Alt 25.08.2006, 11:38
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AndreaS AndreaS ist offline
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ja, ich weiß, quassle wieder zu viel, aber beim Innehalten und Zurückblicken läuft halt vieles wieder über...

Liebe Rowa,

ich denke, deine Grundeinstellung wird dir sehr hilfreich sein. Das Herz kann jetzt noch nichts anderes sagen, wenn ich mich recht erinnere, hast du diesen schrecklichen Weg erst im Mai begonnen. Das ist wohl die Zeit, in der man langsam beginnt, nicht mehr zu verharren und sich ganz vorsichtig auf den Rückweg macht.

Zitat:
Hier im Forum sind wir eine starke Wandergemeinschaft
das ist sehr wahr. Ich weiß nicht, wo ich heute ohne das Forum stünde. Keine Ahnung. So viele Seelen sind mir hier begegnet, deren Gedanken und Gefühle mich erreicht, ermuntert und gestützt haben.

Hier im Forum ist mir auch mein neuer Wegbegleiter begegnet. Nicht gesucht, aber gefunden. Ungewöhnlicher Weg, verkehrte Reihenfolge. Aber wann hat man im "richtigen" Leben die Gelegenheit, die Gefühle und Gedanken eines Menschen so offen und ehrlich zu erfahren, wie hier auf der Plattform voller Schmerz, Trauer und Verzweiflung.

Dann waren sich wieder Herz und Verstand uneinig. Mein Herz sagte "ja", der Verstand "das geht doch nicht". Und wieder half mir das Forum sehr dabei. Menschen, auf ihrem Weg bereits weiter, über den Zweispalt Herz und Verstand evtl. schon hinweg, bereits auf dem neuen Weg mit einem Wegbegleiter, der die Freude zurückbrachte. Diese Gespräche halfen mir sehr, mich zu sortieren. "Komm her, geh weg" über lange Zeit wehrte ich mich, den alten Weg zu verlassen, dem neuen zu folgen.

Aber was ich meinen Kindern immer und immer wieder sagte :"Geh, wohin dein Herz dich trägt" mittlerweile habe ich diesen Satz auch für mich in Anspruch genommen. Und ich bin glücklich darüber, dass mein Freund in der Ferne mir und den Kindern das Lachen zurückgibt, ohne zu verlangen, dass unsere Trauer aufhört, dass er Interesse an dem alten Weg hat, wissen möchte, was uns hat werden lassen wie wir heute sind. Und bin glücklich darüber, dass er sein Lächeln in den Augen wiederfindet, dass auch er uns teilhaben lässt an seinem alten Leben. Glücklich, dass sich alles wieder sinnvoll anfühlt.

Nein, man kann niemandem seinen Schmerz abnehmen, aber man kann ihn irgendwie gemeinsam tragen, sich zuhören, eben weil es nicht derselbe Schmerz ist, ist der Blickwinkel oft ein anderer, das Verständnis für die Trauer jedoch immer gegenwärtig.

"Alles hat seine Zeit" und ich bin sicher, wir alle, trotz Wirrwarr in Kopf und Bauch, wir alle werden merken, wann was seine Zeit hat.

Heute geht es mir wieder besser, viel nachgedacht habe ich. Und wie Simone es schreibt, manchmal ist es so wichtig, dass man wieder weinen kann, damit das Atemholen nicht mehr so schwer fällt. Denn egal wie schön das neue Leben sich anfühlt, wie dankbar ich darüber bin, die Traurigkeit, sie bleibt.

LG
Andrea
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