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  #1  
Alt 13.04.2017, 19:26
Angehoeriger01 Angehoeriger01 ist offline
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Registriert seit: 13.04.2017
Beiträge: 5
Standard Verhältnis psychisch belastend

Hallo!

Ich poste absichtlich in diesem Forum, um Menschen zu erreichen, die ähnliche Problematiken durchgemacht haben. Ich wohne in einer Wohnung im elterlichen Mehrfamilienhaus und habe Sorge zu hart zu Ihr zu sein.

Ich habe folgendes Problem: Das Verhältnis zu meiner Mutter ist seit längerem angespannt, da sie mich - bereits vor ihrer Krankheit - als seelischen Mülleimer verwendet hat und ich nach 25 Jahren nichtmehr darauf klarkomme. Sie hat sich seit meinem Grundschulalter über meinen Vater beschwert (Was prinzipiell auch gerechtfertigt ist, er ist Alkoholiker) anstatt die Konsequenzen zu ziehen und auszuziehen.

Nun ist sie krebskrank. Die OP verlief (Gott sei Dank) gut mit makroskopischer Tumorfreiheit und nun ist sie in der Chemo.
Sie beschwert sich zunehmend über mich und möchte, dass alles was ich tue vom Herzen kommt und dass sie es spürt. Wenn es mir mal garnicht in die Pläne passt, z.B. wenn sie spontan einkaufen gehen will, muss ich mich zugegebener weiße zusammenreißen, aber ich gehe mit ihr, ohne mich zu beschweren.
Dann kann es jedoch sein dass ich meine Miene verziehe (Ich lasse mir verbal nichts anmerken!) und das genau das kann bereits Anlass für sie sein, einen einstündigen Monolog zu beginnen indem sie mich fertig macht.

Erschwerdend kommt hinzu, dass sie schon immer ein sehr komplizierter Mensch war: Neulich gab es einen 1 stündigen Disput, weil ich anstatt 0,3 l Saft, einen 0,5er gekauft habe. Darf ja nichts weggeschmissen werden.

Diese Vorkommnisse und das zunehmende beschweren über meinen Vater machen mich psychisch fertig, wodurch ich neben Arbeit und Studium noch weniger Kraft dafür habe, ihr fröhlich und mitfühlend Hilfe zu leisten.
Psychische Hilfe lehnt sie ab. Ausziehen möchte sie auch nicht, da sie Angst davor hat einsam und hilflos zu sein. Verstehe ich auch, obwohl ich ihr anbiete regelmäßig bei ihr zu übernachten. Hiflos zu sein verstehe ich nicht, da sie Krankengeld bezieht und externe Dienste in Anspruch nehmen könnte.
Ihr meine Probleme mitteilen funktioniert leider auch nicht, da sie jeden Hauch von Kritik abprallen lässt, ständig ins Wort fällt oder cholerisch reagiert. Nur sie sei die Leidende und uns betrifft es ja nicht, wir sind ja gesund.

Nun zu meinen zwei Fragen:
Bin ich wirklich der schlechte Mensch für den sie mich hält? Wie soll ich mich verhalten? Wäre es zu hart wenn ich meine Psyche schützen will und ausziehe? Helfen würde ich ihr trotzdem.

Geändert von Angehoeriger01 (13.04.2017 um 19:34 Uhr)
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  #2  
Alt 13.04.2017, 21:25
Benutzerbild von Tinele
Tinele Tinele ist offline
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Beiträge: 822
Standard AW: Verhältnis psychisch belastend

Ich hab in vielen Therapiestunden gelernt mich zu schützen und mich um MICH zu kümmern . Zu bist erwachsen , zieh aus und du darfst dich auch sher wohl um dich kümmern ! Du musst sogar . Wenn es deiner Mutter nicht passt und sie dir die Hölle heiß macht , musst du auf dich achten . Du kannst sie nicht mehr ändern , aber deine einstellung dazu . Krebs hin oder her !
__________________
Mein Mohle - Diagnose von SPK Krebs am 3.6.2014

Seither ist nichts mehr , wie es vorher war .

Du weißt erst wie stark du bist , bis stark sein die einzige Option ist , die dir noch bleibt !
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  #3  
Alt 14.04.2017, 13:24
hierfalsch hierfalsch ist offline
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Beiträge: 395
Standard AW: Verhältnis psychisch belastend

Lieber Angehöriger01,

Ich denke ausziehen ist die beste Lösung.

Deine Mutter will, dass alles was Du tust, von Herzen kommt? - Nun. Das heißt doch im Umkehrschluss, dass ihr die Dinge, die Du eigentlich NICHT willst, nicht angenehm sind. Gut, das lässt sich machen, ich würde sie da knallhart beim Wort nehmen.

Zieh aus, mach Dein Ding. Aber komm regelmäßig zu Besuch und überschütte dann Deine Mama, die es nicht leicht hat, mit Zuneigung und von Herzen kommender Aufmerksamkeit. Ich bin sicher, dass Dir das gelingen wird. Etwas Abstand wirkt oft Wunder...
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  #4  
Alt 15.04.2017, 19:32
Safra Safra ist offline
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Beiträge: 533
Standard AW: Verhältnis psychisch belastend

Hallo,

ich glaube, es gibt diesen Begriff vom "gesunden Egoismus", und das ist das, was Du bisher nicht gehabt hast. Du warst Dein Leben lang der psychische Mülleimer Deiner Mutter, weil sie nicht die Traute hatte, die Konsequenzen aus ihrer vermurksten Ehe zu ziehen. Nur sie war immer die Leidende (auch Du hast doch unter dem alkoholkranken Vater gelitten) und Leid tragende. Und vielleicht hast Du auch schon zu hören bekommen, dass Du ihr ja so viel zu verdanken hast, und das sie sich ja immer für Dich aufgeopfert hat u.ä.? Würde mich jedenfalls nicht wundern. Für mich ist das irgendwo Erpressung. Du bist erwachsen und hast das Recht und die Pflicht, Dein Leben so zu gestalten, wie Du es Dir vorstellst. Nun ist diese Krebserkrankung sicher eine Ausnahmesituation und für alle Teile belastend, trotzdem muss meines Erachtens jeder, auch der Kranke, nach dem ersten Schock versuchen, seinen Teil dazu beizutragen, dass alle mit der Situation irgendwie klar kommen und leben können. Und wenn Du studierst, dann brauchst Du auch den nötigen Freiraum, das zu schaffen, was Dich im anderen Falle Jahre zurückwerfen könnte.

Mich packt immer die Wut, wenn ich lese, wie egoistisch manche Leute mit ihren Familienangehörigen umgehen, ich selber hätte das gar nicht ausgehalten. Bitte gib Dir einen Ruck und zeige Deiner Mutter die Grenzen, damit Du nicht auch noch kaputt gehst!

Liebe Grüße! Safra
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  #5  
Alt 18.04.2017, 14:11
Benutzerbild von mohnblume79
mohnblume79 mohnblume79 ist offline
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Beiträge: 601
Standard AW: Verhältnis psychisch belastend

Lieber Angehoeriger01,

ich kenne die Krebserkrankung von zwei Seiten - als Angehörige (meine Mutter) und später als selbst Betroffene.

Als meine Mutter erkrankte, war ich Anfang - Mitte 20. Wir hatten ein belastetes Verhältnis, das aus der Pubertät/Erwachsenwerden so geworden war und steckte in einer ähnlichen Situation wie Du jetzt. Ich habe mich daher in einen Semesterferien dagegen entschieden, die Zeit bei ihr zu verbringen, habe woanders einen Ferienjob angenommen. Das ist ziemlich hart angekommen und ich habe mich im Nachhinein dann auch gefragt, ob ich das anders hätte lösen sollen. Aber ich hätte es nicht gekonnt, ohne dafür einen viel zu hohen Preis zu bezahlen.
Zunächst hat das natürlich für Streit und Vorwürfe gesorgt, aber wir haben uns wieder angenähert und waren am Schluß ausgesöhnt und sie hat mir nichts mehr vorgeworfen.

Zu Deinen Fragen würde ich sagen:

Zitat:
Zitat von Angehoeriger01 Beitrag anzeigen
Bin ich wirklich der schlechte Mensch für den sie mich hält?
Nein auf keinen Fall, ich denke in den Äußerungen Deiner Mutter an Dich zeigt sich lediglich ihre Hilflosigkeit über ihr eigenes Leben. Nur deshalb kann sie nicht sehen, was Du für sie machst. Versteckt darin ist bestimmt auch der Punkt, dass sie sich auf Dich verlässt und sich womöglich sogar schlecht dabei fühlt, Dich zu belasten.
Andere (stabilere) Mütter würden bestimmt ein großes DANKE dafür finden, was Du versuchst neben Deinem eigenen vollen Leben zu leisten.
Zitat:
Zitat von Angehoeriger01 Beitrag anzeigen
Wie soll ich mich verhalten?
Es ist schwierig, Dir da konkret zu raten, aber Du kannst/darfst auch den Mut zur Veränderung haben, finde ich. Frei nach dem Motto:
"Es muss anders werden, wenn es besser werden soll."

Es gibt aus meiner Sicht die Möglichkeit, jetzt sofort Schritte zu ergreifen und Dich mehr zu distanzieren, wenn Du es jetzt wirklich dringend brauchst. Das macht Dich sicher nicht zu einem schlechten Menschen.

Andererseits könntest Du auch überlegen, ob Du die xxx Wochen, die die Chemo noch dauern wird (wie lange ist das) in den sauren Apfel beisst und weiter machst wie bisher und erst danach konkrete Schritte angehst und kommunizierst (ausziehen etc.) und bis dahin Deine Mutter nicht damit behelligen.
Mit so einer Aussicht würde sich das Heute dann vielleicht auch schon besser ertragen lassen.

Was ich vielleicht abdrehen würde, ist das, was Du mit dem spontanen Einkaufen beschreibst. Mit Arbeit und Studium würde ich Deiner Mutter sagen, dass Du mehr Planbarkeit brauchst und sie bitten, dass Ihr immer eine oder zwei Wochen im Voraus plant. Eventuell macht es Sinn, dass sie eine Liste macht und Du das alleine in den nächsten 1-2 Tagen mitbringst.
Dadurch änderst Du nicht die Hilfeleistung, aber die Art der Hilfe, das könnte Dir vielleicht mehr Freiraum geben.
Genauso vielleicht eine "Ausnahme von der Regelung", z.B. dass Du an einem Tag der Woche nie Zeit hast, was dann wirklich ein freier Tag für Dich wäre.
Hast Du Geschwister oder andere Freunde/Bekannte, mit denen man die Wochentage aufteilen könnte?

Genauso würde ich einen einstündigen Monolog unterbrechen, z.B. indem Du ihr sagst, dass Du gerne noch bei ihr bleibst, wenn ihr die Zeit gut füreinander nutzt, aber dass Du gehen wirst, wenn der Tonfall so bleibt, weil Dich das belastet.

Vielleicht kannst Du sie doch auch ermuntern, eine psychologische Unterstützung zu suchen - dem nach was Du über die Situation mit Deinem Vater erzählst, würde es ihr bestimmt etwas geben. Vielleicht braucht sie nur den Anschubser (einen Ersttermin). Hat das Krankenhaus, wo sie die Chemotherapie bekommt, eine Psychoonkologie?

Grundsätzlich finde ich wichtig, dass Du nichts unter Schuldgefühlen "weil sie doch Krebs hat" tust: Deine Mutter hat eine gute Prognose und Ihr stellt jetzt auch Weichen für die Zukunft miteinander und dazu wird gehören, dass Du den Freiraum hast, den Du brauchst.


Alles Gute Dir für den Weg! Schreib doch gerne mal wie es dann bei Euch weitergegangen ist.

Geändert von gitti2002 (18.04.2017 um 15:49 Uhr) Grund: Zitatcode eingefügt
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  #6  
Alt 18.04.2017, 16:02
Mugi Mugi ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: Verhältnis psychisch belastend

Hallo Angehoeriger01!

Du brauchst wirklich keine Sorge zu haben, dass du zu hart zu deiner Mutter bist. Eigentlich ist und war sie zu hart zu dir.
Du brauchst dir kein schlechtes Gewissen zu machen (oder einreden lassen), dass du dich zu wenig oder schlecht kümmern würdest. Es ist vollkommen richtig und auch wichtig, dass du auch auf dich schaust und dich um dich kümmerst. Was ganz wichtig ist: mach dir vorallem nicht selbst ein schlechtes Gewissen!!!!

Du erinnerst mich ein wenig an eine ehemalige Studienkollegin. Ihr Vater war ebenfalls Alkoholiker und sie und ihre Mutter haben auch darunter sehr gelitten. Nur dürften die beiden besser zusammen gehalten haben als das bei euch der Fall ist. Ihre Mutter hatte es aber ebenfalls nicht geschafft, ihren alkoholkranken Mann zu verlassen. Zum einen, weil sie einfach einer Generation angehört, die das Eheversprechen sehr ernst nimmt – „in guten, wie in schlechten Tagen“, zum anderen, weil sie einfach nicht die Kraft und die Mut hatte, ihn zu verlassen. Die Gefahr zur Gewalttätigkeit bestand nämlich, wenn er alkoholisiert war.
Ich weiß nicht, ob das bei deiner Mutter so ähnlich sein kann.
Jedenfalls baut sie ihren Frust über ihre mangelnde Kraft bzw. den Mut zur Trennung bei dir ab, und das ist nun mal nicht richtig. Und gerade weil es für dich dadurch doppelt schwer ist, MUSST du auch auf dich achten und DARFST ruhig „egoistisch“ sein.

Wenn sie möchte, dass alles was du tust, von Herzen kommen muss und soll, dann kannst du ihr vielleicht irgendwie klar machen, dass du Zeit für dich brauchst Den woher soll deine Kraft kommen, damit du alles von Herzen aus tun kannst?
Versuche wirklich ihre Monologe zu beenden. Sag ihr vielleicht, dass du fertig bist, nicht mehr kannst und verlasse den Raum.
Vielleicht kannst du ihr auch irgendwie klar machen, dass gerade im Hinblick auf die Krankheit eine Unterstützung durch externe Dienste besser helfen könnte. Diese könnten ihr auch medizinisch weitaus besser helfen, als du es je könntest. Dann hättest du auch mehr Energie um ihr auf andere Weise zu helfen. Davon könnte sie doch doppelt profitieren.
Zitat:
Zitat von Angehoeriger01 Beitrag anzeigen
Nur sie sei die Leidende und uns betrifft es ja nicht, wir sind ja gesund.
Du bist doch auch betroffen! Auch als Angehöriger! Außerdem leidest du doch wohl auch unter deinem alkoholsüchtigen Vater.

Lass dir bitte von niemanden einreden, dass du ein schlechter Mensch bist. Gerade dein Beitrag hier im Forum zeugt davon, wie sehr du dir Sorgen machst und dass du für deine Mutter da sein möchtest, obwohl euer Verhältnis so schwer ist.

Wie du dich verhalten sollst, kann dir wohl hier keiner genau sagen. Die Entscheidung kann dir keiner abnehmen, weil eben du alleine damit leben musst.
Aber vielleicht gibt es noch andere Hilfe? Geschwister? Verwandte? Bekannte?
Hier in Österreich hat man als Student die Möglichkeit über die Uni Hilfe bei Psychologen in Anspruch zu nehmen. Ist so etwas wie ein Kummerkasten an den man sich wenden kann (nicht nur bei Problemen bezüglich des Studiums). Gibt es soetwas auch bei deiner Uni?

Lass dich jedenfalls nicht unterkriegen!
Sei gedrückt und umarmt,
deine Mugi.

Geändert von gitti2002 (18.04.2017 um 16:05 Uhr) Grund: NB
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